derlegung desselben, worinnen er aber den Staub, der auf den Blättern gewisser Blumen, z. B. der Aurikel, oder auf einigen Früchten, z. B. den Pflaumen, liegt, mit jenem befruch- tenden Blüthenstaub verwechselt. Aus Man- gel dieser Kenntnisse, die so viel auf den Pflanzenbau selbst wirken, nahm man viele irrige Grundsätze an; so gab man damals drey Ursachen von der Ausartung der Pflanzen an, da doch unsere Zeiten nunmehr die wahren ge- nauer gezeigt haben. Man leitete die Aus- artung theils daher, wenn keine ächten Pflan- zen zur Saamenerziehung genommen worden, welches auch allerdings gegründet, allein im- mer noch nicht die Hauptursache ist. Außer dieser hatte man noch zwey andere, die durch Erfahrungen und Theorie als ungegründete erwiesen sind, nämlich das Clima und den Grund und Boden. Denn die beyden letztern können unmöglich die Natur der Pflanzen än- dern, ob sie schon verursachen können, daß die Pflanzen in ihrer Art kleiner oder größer und im Geschmacke angenehmer oder unange- nehmer, und sie selbst von längerer oder kür- zerer Dauer sind.
Des Ritters Linne in einer für die Gärt- ner fremden Sprache, ich meyne, der lateini- schen, geschriebenes System, die darinnen ent-
halte-
von dem Blumenstaube, welcher die Gewächse und Kräuter befruchten soll.
derlegung deſſelben, worinnen er aber den Staub, der auf den Blaͤttern gewiſſer Blumen, z. B. der Aurikel, oder auf einigen Fruͤchten, z. B. den Pflaumen, liegt, mit jenem befruch- tenden Bluͤthenſtaub verwechſelt. Aus Man- gel dieſer Kenntniſſe, die ſo viel auf den Pflanzenbau ſelbſt wirken, nahm man viele irrige Grundſaͤtze an; ſo gab man damals drey Urſachen von der Ausartung der Pflanzen an, da doch unſere Zeiten nunmehr die wahren ge- nauer gezeigt haben. Man leitete die Aus- artung theils daher, wenn keine aͤchten Pflan- zen zur Saamenerziehung genommen worden, welches auch allerdings gegruͤndet, allein im- mer noch nicht die Haupturſache iſt. Außer dieſer hatte man noch zwey andere, die durch Erfahrungen und Theorie als ungegruͤndete erwieſen ſind, naͤmlich das Clima und den Grund und Boden. Denn die beyden letztern koͤnnen unmoͤglich die Natur der Pflanzen aͤn- dern, ob ſie ſchon verurſachen koͤnnen, daß die Pflanzen in ihrer Art kleiner oder groͤßer und im Geſchmacke angenehmer oder unange- nehmer, und ſie ſelbſt von laͤngerer oder kuͤr- zerer Dauer ſind.
Des Ritters Linné in einer fuͤr die Gaͤrt- ner fremden Sprache, ich meyne, der lateini- ſchen, geſchriebenes Syſtem, die darinnen ent-
halte-
von dem Blumenſtaube, welcher die Gewaͤchſe und Kraͤuter befruchten ſoll.
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derlegung deſſelben, worinnen er aber den
Staub, der auf den Blaͤttern gewiſſer Blumen,
z. B. der Aurikel, oder auf einigen Fruͤchten,
z. B. den Pflaumen, liegt, mit jenem befruch-
tenden Bluͤthenſtaub verwechſelt. Aus Man-
gel dieſer Kenntniſſe, die ſo viel auf den
Pflanzenbau ſelbſt wirken, nahm man viele
irrige Grundſaͤtze an; ſo gab man damals drey
Urſachen von der Ausartung der Pflanzen an,
da doch unſere Zeiten nunmehr die wahren ge-
nauer gezeigt haben. Man leitete die Aus-
artung theils daher, wenn keine aͤchten Pflan-
zen zur Saamenerziehung genommen worden,
welches auch allerdings gegruͤndet, allein im-
mer noch nicht die Haupturſache iſt. Außer
dieſer hatte man noch zwey andere, die durch
Erfahrungen und Theorie als ungegruͤndete
erwieſen ſind, naͤmlich das Clima und den
Grund und Boden. Denn die beyden letztern
koͤnnen unmoͤglich die Natur der Pflanzen aͤn-
dern, ob ſie ſchon verurſachen koͤnnen, daß
die Pflanzen in ihrer Art kleiner oder groͤßer
und im Geſchmacke angenehmer oder unange-
nehmer, und ſie ſelbſt von laͤngerer oder kuͤr-
zerer Dauer ſind.
Des Ritters Linné in einer fuͤr die Gaͤrt-
ner fremden Sprache, ich meyne, der lateini-
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v) von dem Blumenſtaube, welcher die Gewaͤchſe und
Kraͤuter befruchten ſoll.
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Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 2,1. Leipzig, 1782, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie02_1782/105>, abgerufen am 24.11.2024.
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