Bologna das erwähnte Filatorium, welches aber sehr zusammengesetzt ist, und viele tausend Räder und Zähne hat. Becher erfand ein weit einfacheres, wo ein Mensch auf einmal tausend Stränge abwinden kann, da hingegen die bolognesische Maschine mit Wasser getrie- ben werden muß. Er erbaute sie zu Harlem, wo die Stadt ein ansehnliches Haus von 300 Schuhen dazu errichtete. Diese Erfindung verdiente um desto eher hier eine Erwähnung, da sie von einem Deutschen ist, und die Sei- dencultur durch die Erleichterung der Arbeit nicht wenig befördert.
Die meisten Schriftsteller erhielt dieses Ge- schäfte in dem achtzehenten Jahrhunderte. Die ersten sind die Schriften, welche die Berliner Akademie der Wissenschaften 1713 ergehen ließ, durch ein Mitglied derselben: Der Sei- denbau nach seiner Möglichkeit und Wirklich- keit; und eine andere Schrift: Der Seidenbau in seiner Vorbereitung, gehörigen Bestellung und endlichen Gewinnung, durch ein Mitglied der Königlichen Preußischen Societät der Wis- senschaften, Berlin 1714. Ein Hauptbuch zum Seidenbau erschien zwar in Paris, aber doch von einem Deutschen, und kann also mit zu der deutschen Litteratur gerechnet werden. Es besorgte nämlich Ernst Ludwig Carl 1722 und gab zu Paris heraus ein Werk unter fol- gender Inschrift: Traite de la Richesse des princes et de leurs Etats et des moyens sim-
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Bologna das erwaͤhnte Filatorium, welches aber ſehr zuſammengeſetzt iſt, und viele tauſend Raͤder und Zaͤhne hat. Becher erfand ein weit einfacheres, wo ein Menſch auf einmal tauſend Straͤnge abwinden kann, da hingegen die bologneſiſche Maſchine mit Waſſer getrie- ben werden muß. Er erbaute ſie zu Harlem, wo die Stadt ein anſehnliches Haus von 300 Schuhen dazu errichtete. Dieſe Erfindung verdiente um deſto eher hier eine Erwaͤhnung, da ſie von einem Deutſchen iſt, und die Sei- dencultur durch die Erleichterung der Arbeit nicht wenig befoͤrdert.
Die meiſten Schriftſteller erhielt dieſes Ge- ſchaͤfte in dem achtzehenten Jahrhunderte. Die erſten ſind die Schriften, welche die Berliner Akademie der Wiſſenſchaften 1713 ergehen ließ, durch ein Mitglied derſelben: Der Sei- denbau nach ſeiner Moͤglichkeit und Wirklich- keit; und eine andere Schrift: Der Seidenbau in ſeiner Vorbereitung, gehoͤrigen Beſtellung und endlichen Gewinnung, durch ein Mitglied der Koͤniglichen Preußiſchen Societaͤt der Wiſ- ſenſchaften, Berlin 1714. Ein Hauptbuch zum Seidenbau erſchien zwar in Paris, aber doch von einem Deutſchen, und kann alſo mit zu der deutſchen Litteratur gerechnet werden. Es beſorgte naͤmlich Ernſt Ludwig Carl 1722 und gab zu Paris heraus ein Werk unter fol- gender Inſchrift: Traité de la Richeſſe des princes et de leurs Etats et des moyens ſim-
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Bologna das erwaͤhnte Filatorium, welches
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Raͤder und Zaͤhne hat. Becher erfand ein
weit einfacheres, wo ein Menſch auf einmal
tauſend Straͤnge abwinden kann, da hingegen
die bologneſiſche Maſchine mit Waſſer getrie-
ben werden muß. Er erbaute ſie zu Harlem,
wo die Stadt ein anſehnliches Haus von 300
Schuhen dazu errichtete. Dieſe Erfindung
verdiente um deſto eher hier eine Erwaͤhnung,
da ſie von einem Deutſchen iſt, und die Sei-
dencultur durch die Erleichterung der Arbeit
nicht wenig befoͤrdert.
Die meiſten Schriftſteller erhielt dieſes Ge-
ſchaͤfte in dem achtzehenten Jahrhunderte. Die
erſten ſind die Schriften, welche die Berliner
Akademie der Wiſſenſchaften 1713 ergehen
ließ, durch ein Mitglied derſelben: Der Sei-
denbau nach ſeiner Moͤglichkeit und Wirklich-
keit; und eine andere Schrift: Der Seidenbau
in ſeiner Vorbereitung, gehoͤrigen Beſtellung
und endlichen Gewinnung, durch ein Mitglied
der Koͤniglichen Preußiſchen Societaͤt der Wiſ-
ſenſchaften, Berlin 1714. Ein Hauptbuch
zum Seidenbau erſchien zwar in Paris, aber
doch von einem Deutſchen, und kann alſo mit
zu der deutſchen Litteratur gerechnet werden.
Es beſorgte naͤmlich Ernſt Ludwig Carl 1722
und gab zu Paris heraus ein Werk unter fol-
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Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 1. Leipzig, 1781, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie01_1781/335>, abgerufen am 25.11.2024.
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