Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 1. Leipzig, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

meist die Entstehungsart der Wiesen, und oft
noch ihr Schicksal. Nur in einigen Gegenden,
ich rede hier vorzüglich von Deutschland, wür-
digte man in den neuern Zeiten die Wiesen ei-
niger Aufmerksamkeit. Dennoch aber schadete
denselben, und deren Beförderung die Bra-
che, und die sehr breiten Reine zwischen den
Feldern, daher man die nähere Sorge für
die Wiesen als unnütz ansahe. Eben so sehr
hindern ihn noch die Gerechtigkeiten der Grund-
stücken und Personen auf fremden Gütern.

Nicht weniger nachtheilig war ihm der Man-
gel an botanischen Kenntnissen, und die An-
wendung derselben auf die Oekonomie, oder die
ökonomische Botanik war ganz unbekannt. Sie
ist es, welche den Nutzen der Gräser und
pflanzen zu ökonomischen Endzwecken, zur Nah-
rung, Gesundheit, Fettheit und Güte der
Milch bey den Hausthieren lehret.

Ich habe schon bemerkt, daß einige Gegen-
den, wo eine glückliche Viehzucht ihn unent-
behrlich machte, ihn mehrerer Anfmerksamkeit
würdigten; entweder weil sie die Natur selbst da-
zu nöthigte, und statt des Ackerbaues dieselben
Wiesenbau und Viehzucht treiben hieß, oder
weil andere zufällige Umstände ihn daselbst ein-
führten. Man darf hierbey nur an gewisse ge-
birgige Gegenden denken, so werden diese die
weitere Erläuterung dieses Satzes seyn. In
verschiedenen Provinzen Deutschlands veranlaß-
te die Wechselwirthschaft einen Wiesenbau, den

man
L 5

meiſt die Entſtehungsart der Wieſen, und oft
noch ihr Schickſal. Nur in einigen Gegenden,
ich rede hier vorzuͤglich von Deutſchland, wuͤr-
digte man in den neuern Zeiten die Wieſen ei-
niger Aufmerkſamkeit. Dennoch aber ſchadete
denſelben, und deren Befoͤrderung die Bra-
che, und die ſehr breiten Reine zwiſchen den
Feldern, daher man die naͤhere Sorge fuͤr
die Wieſen als unnuͤtz anſahe. Eben ſo ſehr
hindern ihn noch die Gerechtigkeiten der Grund-
ſtuͤcken und Perſonen auf fremden Guͤtern.

Nicht weniger nachtheilig war ihm der Man-
gel an botaniſchen Kenntniſſen, und die An-
wendung derſelben auf die Oekonomie, oder die
oͤkonomiſche Botanik war ganz unbekannt. Sie
iſt es, welche den Nutzen der Graͤſer und
pflanzen zu oͤkonomiſchen Endzwecken, zur Nah-
rung, Geſundheit, Fettheit und Guͤte der
Milch bey den Hausthieren lehret.

Ich habe ſchon bemerkt, daß einige Gegen-
den, wo eine gluͤckliche Viehzucht ihn unent-
behrlich machte, ihn mehrerer Anfmerkſamkeit
wuͤrdigten; entweder weil ſie die Natur ſelbſt da-
zu noͤthigte, und ſtatt des Ackerbaues dieſelben
Wieſenbau und Viehzucht treiben hieß, oder
weil andere zufaͤllige Umſtaͤnde ihn daſelbſt ein-
fuͤhrten. Man darf hierbey nur an gewiſſe ge-
birgige Gegenden denken, ſo werden dieſe die
weitere Erlaͤuterung dieſes Satzes ſeyn. In
verſchiedenen Provinzen Deutſchlands veranlaß-
te die Wechſelwirthſchaft einen Wieſenbau, den

man
L 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0195" n="169"/>
mei&#x017F;t die Ent&#x017F;tehungsart der Wie&#x017F;en, und oft<lb/>
noch ihr Schick&#x017F;al. Nur in einigen Gegenden,<lb/>
ich rede hier vorzu&#x0364;glich von Deut&#x017F;chland, wu&#x0364;r-<lb/>
digte man in den neuern Zeiten die Wie&#x017F;en ei-<lb/>
niger Aufmerk&#x017F;amkeit. Dennoch aber &#x017F;chadete<lb/>
den&#x017F;elben, und deren Befo&#x0364;rderung die Bra-<lb/>
che, und die &#x017F;ehr breiten Reine zwi&#x017F;chen den<lb/>
Feldern, daher man die na&#x0364;here Sorge fu&#x0364;r<lb/>
die Wie&#x017F;en als unnu&#x0364;tz an&#x017F;ahe. Eben &#x017F;o &#x017F;ehr<lb/>
hindern ihn noch die Gerechtigkeiten der Grund-<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;cken und Per&#x017F;onen auf fremden Gu&#x0364;tern.</p><lb/>
        <p>Nicht weniger nachtheilig war ihm der Man-<lb/>
gel an botani&#x017F;chen Kenntni&#x017F;&#x017F;en, und die An-<lb/>
wendung der&#x017F;elben auf die Oekonomie, oder die<lb/>
o&#x0364;konomi&#x017F;che Botanik war ganz unbekannt. Sie<lb/>
i&#x017F;t es, welche den Nutzen der Gra&#x0364;&#x017F;er und<lb/>
pflanzen zu o&#x0364;konomi&#x017F;chen Endzwecken, zur Nah-<lb/>
rung, Ge&#x017F;undheit, Fettheit und Gu&#x0364;te der<lb/>
Milch bey den Hausthieren lehret.</p><lb/>
        <p>Ich habe &#x017F;chon bemerkt, daß einige Gegen-<lb/>
den, wo eine glu&#x0364;ckliche Viehzucht ihn unent-<lb/>
behrlich machte, ihn mehrerer Anfmerk&#x017F;amkeit<lb/>
wu&#x0364;rdigten; entweder weil &#x017F;ie die Natur &#x017F;elb&#x017F;t da-<lb/>
zu no&#x0364;thigte, und &#x017F;tatt des Ackerbaues die&#x017F;elben<lb/>
Wie&#x017F;enbau und Viehzucht treiben hieß, oder<lb/>
weil andere zufa&#x0364;llige Um&#x017F;ta&#x0364;nde ihn da&#x017F;elb&#x017F;t ein-<lb/>
fu&#x0364;hrten. Man darf hierbey nur an gewi&#x017F;&#x017F;e ge-<lb/>
birgige Gegenden denken, &#x017F;o werden die&#x017F;e die<lb/>
weitere Erla&#x0364;uterung die&#x017F;es Satzes &#x017F;eyn. In<lb/>
ver&#x017F;chiedenen Provinzen Deut&#x017F;chlands veranlaß-<lb/>
te die Wech&#x017F;elwirth&#x017F;chaft einen Wie&#x017F;enbau, den<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L 5</fw><fw place="bottom" type="catch">man</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[169/0195] meiſt die Entſtehungsart der Wieſen, und oft noch ihr Schickſal. Nur in einigen Gegenden, ich rede hier vorzuͤglich von Deutſchland, wuͤr- digte man in den neuern Zeiten die Wieſen ei- niger Aufmerkſamkeit. Dennoch aber ſchadete denſelben, und deren Befoͤrderung die Bra- che, und die ſehr breiten Reine zwiſchen den Feldern, daher man die naͤhere Sorge fuͤr die Wieſen als unnuͤtz anſahe. Eben ſo ſehr hindern ihn noch die Gerechtigkeiten der Grund- ſtuͤcken und Perſonen auf fremden Guͤtern. Nicht weniger nachtheilig war ihm der Man- gel an botaniſchen Kenntniſſen, und die An- wendung derſelben auf die Oekonomie, oder die oͤkonomiſche Botanik war ganz unbekannt. Sie iſt es, welche den Nutzen der Graͤſer und pflanzen zu oͤkonomiſchen Endzwecken, zur Nah- rung, Geſundheit, Fettheit und Guͤte der Milch bey den Hausthieren lehret. Ich habe ſchon bemerkt, daß einige Gegen- den, wo eine gluͤckliche Viehzucht ihn unent- behrlich machte, ihn mehrerer Anfmerkſamkeit wuͤrdigten; entweder weil ſie die Natur ſelbſt da- zu noͤthigte, und ſtatt des Ackerbaues dieſelben Wieſenbau und Viehzucht treiben hieß, oder weil andere zufaͤllige Umſtaͤnde ihn daſelbſt ein- fuͤhrten. Man darf hierbey nur an gewiſſe ge- birgige Gegenden denken, ſo werden dieſe die weitere Erlaͤuterung dieſes Satzes ſeyn. In verſchiedenen Provinzen Deutſchlands veranlaß- te die Wechſelwirthſchaft einen Wieſenbau, den man L 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie01_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie01_1781/195
Zitationshilfe: Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 1. Leipzig, 1781, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie01_1781/195>, abgerufen am 21.11.2024.