allen Jahren dergleichen Wetterwechsel vor, und doch findet sich kein Brand, wenigstens nicht so allgemein; und warum waren nicht alle Körner hier brandig, da doch die ganze Pflanze und auch alle Körner in ihrer Milch diesem Wech- sel ausgesetzt waren? Warum wirket nicht die- ser Witterungswechsel in allen Feldern, die er betrifft, gleich stark, oder gar nur in einigen, und warum selbst da, wo er wirket, nicht auf dem ganzen Felde, sondern nur in einigen Aehren, oft nur in den Theilen einzelner Kör- ner? Denn es lassen sich keine Ursachen ange- ben, warum der Wechsel der Witterung, der in einem Halme, in einer Aehre wirkte, nicht in al- len wirken sollte.
Da man das Unzureichende in allen diesen Meinungen sahe, so hielt die Fürstl. Jablonow- sche Gesellschaft dieses vor wichtig, einen Preis auf die Entdeckung der wahren Ursachen des Brandes zu setzen. Ich habe in der von der- selben gekrönten Preisschrift eine andere Theorie aufzustellen mich bemühet, aus der sich, wie ich daselbst ausführlich dargethan, alle Erscheinun- gen erklären lassen. Die Ursache des Brandes liegt, einigen Beobachtungen und Erfahrungen nach, in einem Verderben des sogenannten Glu- ten der Pflanzen, der so wohl in der Frucht, als in den Pflanzen selbst, und vorzüglich in dem Mark derselben, welches der Grundstoff zur Frucht ist, sich befindet. Ich habe daselbst ge- zeigt, daß der Brand nicht allein in den Aehren
oder
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allen Jahren dergleichen Wetterwechſel vor, und doch findet ſich kein Brand, wenigſtens nicht ſo allgemein; und warum waren nicht alle Koͤrner hier brandig, da doch die ganze Pflanze und auch alle Koͤrner in ihrer Milch dieſem Wech- ſel ausgeſetzt waren? Warum wirket nicht die- ſer Witterungswechſel in allen Feldern, die er betrifft, gleich ſtark, oder gar nur in einigen, und warum ſelbſt da, wo er wirket, nicht auf dem ganzen Felde, ſondern nur in einigen Aehren, oft nur in den Theilen einzelner Koͤr- ner? Denn es laſſen ſich keine Urſachen ange- ben, warum der Wechſel der Witterung, der in einem Halme, in einer Aehre wirkte, nicht in al- len wirken ſollte.
Da man das Unzureichende in allen dieſen Meinungen ſahe, ſo hielt die Fuͤrſtl. Jablonow- ſche Geſellſchaft dieſes vor wichtig, einen Preis auf die Entdeckung der wahren Urſachen des Brandes zu ſetzen. Ich habe in der von der- ſelben gekroͤnten Preisſchrift eine andere Theorie aufzuſtellen mich bemuͤhet, aus der ſich, wie ich daſelbſt ausfuͤhrlich dargethan, alle Erſcheinun- gen erklaͤren laſſen. Die Urſache des Brandes liegt, einigen Beobachtungen und Erfahrungen nach, in einem Verderben des ſogenannten Glu- ten der Pflanzen, der ſo wohl in der Frucht, als in den Pflanzen ſelbſt, und vorzuͤglich in dem Mark derſelben, welches der Grundſtoff zur Frucht iſt, ſich befindet. Ich habe daſelbſt ge- zeigt, daß der Brand nicht allein in den Aehren
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allen Jahren dergleichen Wetterwechſel vor, und
doch findet ſich kein Brand, wenigſtens nicht ſo
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hier brandig, da doch die ganze Pflanze und
auch alle Koͤrner in ihrer Milch dieſem Wech-
ſel ausgeſetzt waren? Warum wirket nicht die-
ſer Witterungswechſel in allen Feldern, die er
betrifft, gleich ſtark, oder gar nur in einigen,
und warum ſelbſt da, wo er wirket, nicht auf
dem ganzen Felde, ſondern nur in einigen
Aehren, oft nur in den Theilen einzelner Koͤr-
ner? Denn es laſſen ſich keine Urſachen ange-
ben, warum der Wechſel der Witterung, der in
einem Halme, in einer Aehre wirkte, nicht in al-
len wirken ſollte.
Da man das Unzureichende in allen dieſen
Meinungen ſahe, ſo hielt die Fuͤrſtl. Jablonow-
ſche Geſellſchaft dieſes vor wichtig, einen Preis
auf die Entdeckung der wahren Urſachen des
Brandes zu ſetzen. Ich habe in der von der-
ſelben gekroͤnten Preisſchrift eine andere Theorie
aufzuſtellen mich bemuͤhet, aus der ſich, wie ich
daſelbſt ausfuͤhrlich dargethan, alle Erſcheinun-
gen erklaͤren laſſen. Die Urſache des Brandes
liegt, einigen Beobachtungen und Erfahrungen
nach, in einem Verderben des ſogenannten Glu-
ten der Pflanzen, der ſo wohl in der Frucht,
als in den Pflanzen ſelbſt, und vorzuͤglich in dem
Mark derſelben, welches der Grundſtoff zur
Frucht iſt, ſich befindet. Ich habe daſelbſt ge-
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Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 1. Leipzig, 1781, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie01_1781/173>, abgerufen am 22.11.2024.
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