Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.daß der Hof bereits im Anfang 1749 durch seinen Gesandten Waclaw Rzewuski legte nun in der That sein Amt nieder Am 18. August ging der Reichstag wiederum ohne alle 1) Vgl. Beer, Aufzeichnungen des Grafen Bentinck. Wien 1871. p. CXIX. 2) Kitowicz, Pamietn., p. 18.
daß der Hof bereits im Anfang 1749 durch ſeinen Geſandten Waclaw Rzewuski legte nun in der That ſein Amt nieder Am 18. Auguſt ging der Reichstag wiederum ohne alle 1) Vgl. Beer, Aufzeichnungen des Grafen Bentinck. Wien 1871. p. CXIX. 2) Kitowicz, Pamiętn., p. 18.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0094" n="80"/> daß der Hof bereits im Anfang 1749 durch ſeinen Geſandten<lb/> in Wien, v. Loos, die Zuſtimmung Öſtreichs zur Aufhebung<lb/> des <hi rendition="#aq">liberum veto</hi> zu erhalten ſuchte und ungeachtet der erſten<lb/> Ablehnung wiederholt die Unterhandlung aufnhmeen ließ. In Öſt-<lb/> reichs Intereſſe aber lag eben ſo wenig wie in dem der andern<lb/> Mächte, Frankreich ſelbſt nicht ausgenommen, eine Stärkung<lb/> der königlichen Gewalt in Polen; man blieb daher in Wien<lb/> bei der erſten Antwort ſtehen, daß der Moment nicht geeignet<lb/> ſei, indem ein ſolcher Verſuch ſofort ein Bündniß Preußens,<lb/> Frankreichs, Schwedens und der Pforte zur Beſchützung der<lb/> polniſchen Freiheit heraufbeſchwören würde <note place="foot" n="1)">Vgl. <hi rendition="#g">Beer</hi>, Aufzeichnungen des Grafen Bentinck. Wien 1871.<lb/><hi rendition="#aq">p. CXIX.</hi></note>.</p><lb/> <p>Waclaw Rzewuski legte nun in der That ſein Amt nieder<lb/> und wurde zum Landboten gewählt. Kaum aber eröffnete dem<lb/> Herkommen nach der Marſchall des letzten Reichstages am<lb/> 4. Auguſt den neuen, als ſofort das Geſchrei ſich erhob, in der<lb/> Landbotenſtube ſitze gegen alles Recht und Geſetz ein Senator.<lb/> Vergebens erklärte Rzewuski, er ſei kein Woiwode mehr; die<lb/> Gegner antworteten, die Niederlegung ſeines Amtes ſei eine<lb/> abgekartete Komödie, man wiſſe, daß er nach dem Schluß des<lb/> Reichstages wieder Woiwode ſein werde. Sie weigerten ſich<lb/> zur Wahl des Marſchalls zu ſchreiten, ſo lange er ſeinen Sitz<lb/> nicht verlaſſe. Drei Tage dauerte hierüber der Streit. Am<lb/> Abend des 3. Auguſt brachte man ein Manifeſt ein, welches<lb/> Wydzga, der Landbote von Belz, bei dem Warſchauer Grod-<lb/> gericht eingereicht hatte, in dem er gegen alle Beſchlüſſe des<lb/> Reichstages aus dem angegebenen Grunde proteſtirte. Darauf<lb/> blieb zwar der Reichstag noch einige Tage zuſammen und der<lb/> Marſchall ſandte zwei Boten aus, um Wydzga zur Zurücknahme<lb/> ſeines Proteſtes zu bewegen. Alle aber wußten, daß er ſofort<lb/> nach Eintragung ſeines Manifeſtes Warſchau verlaſſen hatte <note place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Kitowicz</hi>, Pamiętn., p. 18.</hi></note>.</p><lb/> <p>Am 18. Auguſt ging der Reichstag wiederum ohne alle<lb/> Frucht auseinander. In der Sitzung des Senates, die ihm<lb/> folgte, erklärte Michael Czartoryski öffentlich, dieſelbe Hand,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [80/0094]
daß der Hof bereits im Anfang 1749 durch ſeinen Geſandten
in Wien, v. Loos, die Zuſtimmung Öſtreichs zur Aufhebung
des liberum veto zu erhalten ſuchte und ungeachtet der erſten
Ablehnung wiederholt die Unterhandlung aufnhmeen ließ. In Öſt-
reichs Intereſſe aber lag eben ſo wenig wie in dem der andern
Mächte, Frankreich ſelbſt nicht ausgenommen, eine Stärkung
der königlichen Gewalt in Polen; man blieb daher in Wien
bei der erſten Antwort ſtehen, daß der Moment nicht geeignet
ſei, indem ein ſolcher Verſuch ſofort ein Bündniß Preußens,
Frankreichs, Schwedens und der Pforte zur Beſchützung der
polniſchen Freiheit heraufbeſchwören würde 1).
Waclaw Rzewuski legte nun in der That ſein Amt nieder
und wurde zum Landboten gewählt. Kaum aber eröffnete dem
Herkommen nach der Marſchall des letzten Reichstages am
4. Auguſt den neuen, als ſofort das Geſchrei ſich erhob, in der
Landbotenſtube ſitze gegen alles Recht und Geſetz ein Senator.
Vergebens erklärte Rzewuski, er ſei kein Woiwode mehr; die
Gegner antworteten, die Niederlegung ſeines Amtes ſei eine
abgekartete Komödie, man wiſſe, daß er nach dem Schluß des
Reichstages wieder Woiwode ſein werde. Sie weigerten ſich
zur Wahl des Marſchalls zu ſchreiten, ſo lange er ſeinen Sitz
nicht verlaſſe. Drei Tage dauerte hierüber der Streit. Am
Abend des 3. Auguſt brachte man ein Manifeſt ein, welches
Wydzga, der Landbote von Belz, bei dem Warſchauer Grod-
gericht eingereicht hatte, in dem er gegen alle Beſchlüſſe des
Reichstages aus dem angegebenen Grunde proteſtirte. Darauf
blieb zwar der Reichstag noch einige Tage zuſammen und der
Marſchall ſandte zwei Boten aus, um Wydzga zur Zurücknahme
ſeines Proteſtes zu bewegen. Alle aber wußten, daß er ſofort
nach Eintragung ſeines Manifeſtes Warſchau verlaſſen hatte 2).
Am 18. Auguſt ging der Reichstag wiederum ohne alle
Frucht auseinander. In der Sitzung des Senates, die ihm
folgte, erklärte Michael Czartoryski öffentlich, dieſelbe Hand,
1) Vgl. Beer, Aufzeichnungen des Grafen Bentinck. Wien 1871.
p. CXIX.
2) Kitowicz, Pamiętn., p. 18.
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