Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.dem letztern August Czartoryski die einträgliche Starostei von Noch scandalöser waren die Vorgänge bei der Einsetzung 1) Kitowicz in seinen Pamietniki. Posen 1840. p. 14 schließt seinen
dem letztern Auguſt Czartoryski die einträgliche Staroſtei von Noch ſcandalöſer waren die Vorgänge bei der Einſetzung 1) Kitowicz in ſeinen Pamiętniki. Poſen 1840. p. 14 ſchließt ſeinen
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0092" n="78"/> dem letztern Auguſt Czartoryski die einträgliche Staroſtei von<lb/> Warſchau ab.</p><lb/> <p>Noch ſcandalöſer waren die Vorgänge bei der Einſetzung<lb/> des Tribunals im Jahre 1749. Der Führer der Parthei der<lb/> Potocki in allen Wahlen, Michael Potocki, war geſtorben, der<lb/> Großfeldherr Joſeph Potocki durch die Laſt ſeiner Jahre ent-<lb/> kräftet. Dieſe Gunſt des Schickſals auszunutzen, ſtrengten natür-<lb/> lich die Czartoryski alle Kräfte an. Auf allen Landtagen boten<lb/> ſie alles auf, die Wahl ihrer Kandidaten durchzuſetzen und, wo<lb/> dies nicht gelang, wenigſtens Doppelwahlen herbeizuführen.<lb/> Ihre Abſicht war, ihren Neffen, den Unterkämmerer Kaſimir<lb/> Poniatowski, denſelben, der Adam Tarlo im Duell erſtochen,<lb/> zum Marſchall wählen zu laſſen. Er kam mit großem Gefolge<lb/> nach Petrikau, wo unter dem Vorſitz des hiezu vom König er-<lb/> nannten Biſchofs von Poſen, Theodor Czartoryski, die Prüfung<lb/> der Wahlen und die Einſetzung des Tribunals herkömmlich ſtatt-<lb/> finden ſollte. Seine Anhänger riefen ihn zum Marſchall aus,<lb/> aber die Partheigänger der Potocki griffen zu den Säbeln und der<lb/> junge Poniatowski entfloh aus der Kirche wie der Stadt. Seine<lb/> Parthei dagegen hielt Stand. Da der Kandidat der „Fa-<lb/> milie“ zum Marſchall nicht durchzuſetzen war, kam es darauf<lb/> an, daß das Tribunal überhaupt nicht zu Stande kam. Nach<lb/> dem Herkommen rief man die von den einzelnen Woiwod-<lb/> ſchaften gewählten nach einander zur Eidleiſtung auf, bei jedem<lb/> Namen aber, der nicht zu ihrer Parthei gehörte, ſchrien die<lb/> Czartoryskiſchen <hi rendition="#aq">vacat,</hi> d. h. ſie proteſtirten gegen die Recht-<lb/> mäßigkeit der Wahl, und umgekehrt ſchrien eben ſo die Po-<lb/> tockiſchen bei jedem Namen ihrer Gegner. Auf dieſe Weiſe<lb/> ward die Einſetzung des Tribunals zum <hi rendition="#g">erſtenmale</hi> ſeitdem<lb/> es überhaupt beſtand, verhindert. Ein ganzes Jahr hindurch<lb/> entbehrte in Folge hievon Kronpolen ſeines höchſten Gerichts-<lb/> hofes. Nachdem die Geſetzgebung der Republik durch die Ge-<lb/> wohnheit der Zerreißung der Reichstage zum Stillſtand ge-<lb/> bracht worden war, war jetzt der Anfang damit gemacht, auch<lb/> die Rechtspflege gewaltſam zu hemmen <note xml:id="seg2pn_10_1" next="#seg2pn_10_2" place="foot" n="1)"><hi rendition="#g">Kitowicz</hi> in ſeinen <hi rendition="#aq">Pamiętniki.</hi> Poſen 1840. <hi rendition="#aq">p. 14</hi> ſchließt ſeinen</note>.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [78/0092]
dem letztern Auguſt Czartoryski die einträgliche Staroſtei von
Warſchau ab.
Noch ſcandalöſer waren die Vorgänge bei der Einſetzung
des Tribunals im Jahre 1749. Der Führer der Parthei der
Potocki in allen Wahlen, Michael Potocki, war geſtorben, der
Großfeldherr Joſeph Potocki durch die Laſt ſeiner Jahre ent-
kräftet. Dieſe Gunſt des Schickſals auszunutzen, ſtrengten natür-
lich die Czartoryski alle Kräfte an. Auf allen Landtagen boten
ſie alles auf, die Wahl ihrer Kandidaten durchzuſetzen und, wo
dies nicht gelang, wenigſtens Doppelwahlen herbeizuführen.
Ihre Abſicht war, ihren Neffen, den Unterkämmerer Kaſimir
Poniatowski, denſelben, der Adam Tarlo im Duell erſtochen,
zum Marſchall wählen zu laſſen. Er kam mit großem Gefolge
nach Petrikau, wo unter dem Vorſitz des hiezu vom König er-
nannten Biſchofs von Poſen, Theodor Czartoryski, die Prüfung
der Wahlen und die Einſetzung des Tribunals herkömmlich ſtatt-
finden ſollte. Seine Anhänger riefen ihn zum Marſchall aus,
aber die Partheigänger der Potocki griffen zu den Säbeln und der
junge Poniatowski entfloh aus der Kirche wie der Stadt. Seine
Parthei dagegen hielt Stand. Da der Kandidat der „Fa-
milie“ zum Marſchall nicht durchzuſetzen war, kam es darauf
an, daß das Tribunal überhaupt nicht zu Stande kam. Nach
dem Herkommen rief man die von den einzelnen Woiwod-
ſchaften gewählten nach einander zur Eidleiſtung auf, bei jedem
Namen aber, der nicht zu ihrer Parthei gehörte, ſchrien die
Czartoryskiſchen vacat, d. h. ſie proteſtirten gegen die Recht-
mäßigkeit der Wahl, und umgekehrt ſchrien eben ſo die Po-
tockiſchen bei jedem Namen ihrer Gegner. Auf dieſe Weiſe
ward die Einſetzung des Tribunals zum erſtenmale ſeitdem
es überhaupt beſtand, verhindert. Ein ganzes Jahr hindurch
entbehrte in Folge hievon Kronpolen ſeines höchſten Gerichts-
hofes. Nachdem die Geſetzgebung der Republik durch die Ge-
wohnheit der Zerreißung der Reichstage zum Stillſtand ge-
bracht worden war, war jetzt der Anfang damit gemacht, auch
die Rechtspflege gewaltſam zu hemmen 1).
1) Kitowicz in ſeinen Pamiętniki. Poſen 1840. p. 14 ſchließt ſeinen
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