ganzen Republik, man könnte fast sagen, der Abgott des kleinen Adels. Im Winter 1744 war er in Warschau. Mit einer Frau viel älter als er verheirathet, entbrannte er in Liebe für die junge und schöne Tochter des Woiwoden von Krakau, deren Mutter der Woiwode ihrem Manne, einem Bürger von Krakau, entführt hatte. Auf einem Balle beim Kronmarschall Bielinski tanzte er die ersten Tänze mit ihr und forderte dann die Tochter des alten Poniatowski auf. Diese aber -- man sagt auf Anstiften der stolzen Mutter -- lehnte den Tanz mit den Worten ab: "Tanze Ew. Gnaden, mit wem Sie den ganzen Abend getanzt." Heftig und rasch wie Tarlo war, rief er laut: "Ein Schelm, wer noch mit der Tochter des Woiwoden von Masovien tanzt", und als ihr ältester Bruder Kasimir mit ihr sofort in die Reihen trat, schrie Tarlo durch den Saal: "Du bist also ein Schelm." Am anderen Morgen schossen sie sich zu Pferde. Als Tarlo des Gegners Pferd traf und Poniatowski mit diesem zugleich stürzte, soll er aus Schreck gerufen haben: "Ich liebe den Woiwoden." Dem Duell folgten von beiden Seiten Pasquille, und zum zweiten- male forderte Tarlo den jungen Poniatowski heraus. Jetzt gerieth ganz Warschau in Aufregung. Der Kanzler der Krone Zaluski verbot im Namen des Königs das Duell, das geist- liche Gericht in Warschau bedrohte die Ungehorsamen mit der Excommunication, aber vergebens. Am 16. März 1744 fand es dennoch, und keineswegs heimlich, in Mariemont bei War- schau statt. Große Schaaren von Bürgern eilten hinaus, um dabei zu sein, selbst die Schüler der Jesuiten versäumten ihre Stunden. Poniatowski erschien von großem Gefolge begleitet, Tarlo mit wenigen Freunden. Zweimal schossen sie auf ein- ander, ohne zu treffen. Dann griffen sie zum Degen und nach einigen Gängen erhielt Tarlo einen Stich mitten ins Herz. Mit dem Ruf: "O mon Dieu!" sank er hin und verschied augenblicklich. Die einen sagten, er habe sich in der Leiden- schaft selbst aufgerannt, die andern, der Secundant Ponia- towski's, ein Major v. Korff, habe ihm den Todesstoß un- vermerkt gegeben.
ganzen Republik, man könnte faſt ſagen, der Abgott des kleinen Adels. Im Winter 1744 war er in Warſchau. Mit einer Frau viel älter als er verheirathet, entbrannte er in Liebe für die junge und ſchöne Tochter des Woiwoden von Krakau, deren Mutter der Woiwode ihrem Manne, einem Bürger von Krakau, entführt hatte. Auf einem Balle beim Kronmarſchall Bielinski tanzte er die erſten Tänze mit ihr und forderte dann die Tochter des alten Poniatowski auf. Dieſe aber — man ſagt auf Anſtiften der ſtolzen Mutter — lehnte den Tanz mit den Worten ab: „Tanze Ew. Gnaden, mit wem Sie den ganzen Abend getanzt.“ Heftig und raſch wie Tarlo war, rief er laut: „Ein Schelm, wer noch mit der Tochter des Woiwoden von Maſovien tanzt“, und als ihr älteſter Bruder Kaſimir mit ihr ſofort in die Reihen trat, ſchrie Tarlo durch den Saal: „Du biſt alſo ein Schelm.“ Am anderen Morgen ſchoſſen ſie ſich zu Pferde. Als Tarlo des Gegners Pferd traf und Poniatowski mit dieſem zugleich ſtürzte, ſoll er aus Schreck gerufen haben: „Ich liebe den Woiwoden.“ Dem Duell folgten von beiden Seiten Pasquille, und zum zweiten- male forderte Tarlo den jungen Poniatowski heraus. Jetzt gerieth ganz Warſchau in Aufregung. Der Kanzler der Krone Zaluski verbot im Namen des Königs das Duell, das geiſt- liche Gericht in Warſchau bedrohte die Ungehorſamen mit der Excommunication, aber vergebens. Am 16. März 1744 fand es dennoch, und keineswegs heimlich, in Mariemont bei War- ſchau ſtatt. Große Schaaren von Bürgern eilten hinaus, um dabei zu ſein, ſelbſt die Schüler der Jeſuiten verſäumten ihre Stunden. Poniatowski erſchien von großem Gefolge begleitet, Tarlo mit wenigen Freunden. Zweimal ſchoſſen ſie auf ein- ander, ohne zu treffen. Dann griffen ſie zum Degen und nach einigen Gängen erhielt Tarlo einen Stich mitten ins Herz. Mit dem Ruf: „O mon Dieu!“ ſank er hin und verſchied augenblicklich. Die einen ſagten, er habe ſich in der Leiden- ſchaft ſelbſt aufgerannt, die andern, der Secundant Ponia- towski’s, ein Major v. Korff, habe ihm den Todesſtoß un- vermerkt gegeben.
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ganzen Republik, man könnte faſt ſagen, der Abgott des kleinen
Adels. Im Winter 1744 war er in Warſchau. Mit einer
Frau viel älter als er verheirathet, entbrannte er in Liebe
für die junge und ſchöne Tochter des Woiwoden von Krakau,
deren Mutter der Woiwode ihrem Manne, einem Bürger von
Krakau, entführt hatte. Auf einem Balle beim Kronmarſchall
Bielinski tanzte er die erſten Tänze mit ihr und forderte dann
die Tochter des alten Poniatowski auf. Dieſe aber — man
ſagt auf Anſtiften der ſtolzen Mutter — lehnte den Tanz mit
den Worten ab: „Tanze Ew. Gnaden, mit wem Sie den ganzen
Abend getanzt.“ Heftig und raſch wie Tarlo war, rief er
laut: „Ein Schelm, wer noch mit der Tochter des Woiwoden
von Maſovien tanzt“, und als ihr älteſter Bruder Kaſimir
mit ihr ſofort in die Reihen trat, ſchrie Tarlo durch den
Saal: „Du biſt alſo ein Schelm.“ Am anderen Morgen
ſchoſſen ſie ſich zu Pferde. Als Tarlo des Gegners Pferd
traf und Poniatowski mit dieſem zugleich ſtürzte, ſoll er aus
Schreck gerufen haben: „Ich liebe den Woiwoden.“ Dem
Duell folgten von beiden Seiten Pasquille, und zum zweiten-
male forderte Tarlo den jungen Poniatowski heraus. Jetzt
gerieth ganz Warſchau in Aufregung. Der Kanzler der Krone
Zaluski verbot im Namen des Königs das Duell, das geiſt-
liche Gericht in Warſchau bedrohte die Ungehorſamen mit der
Excommunication, aber vergebens. Am 16. März 1744 fand
es dennoch, und keineswegs heimlich, in Mariemont bei War-
ſchau ſtatt. Große Schaaren von Bürgern eilten hinaus, um
dabei zu ſein, ſelbſt die Schüler der Jeſuiten verſäumten ihre
Stunden. Poniatowski erſchien von großem Gefolge begleitet,
Tarlo mit wenigen Freunden. Zweimal ſchoſſen ſie auf ein-
ander, ohne zu treffen. Dann griffen ſie zum Degen und nach
einigen Gängen erhielt Tarlo einen Stich mitten ins Herz.
Mit dem Ruf: „O mon Dieu!“ ſank er hin und verſchied
augenblicklich. Die einen ſagten, er habe ſich in der Leiden-
ſchaft ſelbſt aufgerannt, die andern, der Secundant Ponia-
towski’s, ein Major v. Korff, habe ihm den Todesſtoß un-
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Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roepell_polen_1876/89>, abgerufen am 23.07.2024.
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