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Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.

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Rechte und Gesetze, was nützen uns alle Beschwerden bei den
gewaltthätigen Nachbarn, wenn wir nicht ein Heer besitzen,
welches im Verhältniß zu der weiten Ausdehnung des Vaterlandes
hinreichend ist, ad manutentionem unserer Rechte, und zugleich
ad tuitionem der Ehre Ew. Königl. Majestät!" Der Hof ver-
sprach in Petersburg vorstellig zu werden, aber der Reichstag
ward zerrissen, und der russische Hof kehrte sich an die Klage
Augusts (December 1738) nicht, daß die russischen Truppen die
Ursache großer und gefährlicher Unruhe in Polen wären.

Nun begann der Krongroßfeldherr, wie es früher bereits
oft genug da gewesen war, auf eigne Hand neben der Krone
große Politik zu treiben. Bereits während des Jahres 1738
hatte er mit französischen und schwedischen Agenten in Ver-
bindung gestanden 1). Jetzt nahm er den Plan einer Erhebung
der Nation in der Form einer Conföderation zum Kriege gegen
die Russen in Verbindung mit den Schweden und Türken leb-
hafter auf. Anfang 1739 sandte er einen Vertrauten, Gu-
rowski, nach Konstantinopel, und verhieß, wenn die Pforte
50,000 Türken und 50,000 Tartaren nach Polen zur Hilfe
senden würde, einen allgemeinen Aufsitz des polnischen Adels
in der Stärke von 200,000 Mann. Ja, als Münnich im
Mai 1739 sein Heer wiederum durch polnisches Gebiet nach
dem Dniester führte, begann der Krongroßfeldherr auf eigne
Faust gewissermaßen den Krieg. Er ließ durch Reiterschaaren
die Russen auf ihrem Marsch umschwärmen und einzelne
Kommandos derselben überfallen. Allein durch den Sieg
Münnichs bei Chocim (28. August) und den Abschluß des
Friedens zu Belgrad (17. September), welchem im December
der Frieden zwischen Rußland und der Pforte folgte, fielen
Potocki's Pläne zu Boden. Am Ende des Jahres machte er
seinen Frieden mit dem Hofe, der freilich nicht von langer
Dauer war.

1) Hiemit hängt der Überfall und die Ermordung des schwedischen
Agenten Sinclair in Schlesien zusammen. Vgl. über diesen Vorgang die
Aufzeichnung eines zeitgenössischen Breslauers, in der Zeitschrift für
Geschichte und Alterthum Schlesiens
1855 I, 178--189.

Rechte und Geſetze, was nützen uns alle Beſchwerden bei den
gewaltthätigen Nachbarn, wenn wir nicht ein Heer beſitzen,
welches im Verhältniß zu der weiten Ausdehnung des Vaterlandes
hinreichend iſt, ad manutentionem unſerer Rechte, und zugleich
ad tuitionem der Ehre Ew. Königl. Majeſtät!“ Der Hof ver-
ſprach in Petersburg vorſtellig zu werden, aber der Reichstag
ward zerriſſen, und der ruſſiſche Hof kehrte ſich an die Klage
Auguſts (December 1738) nicht, daß die ruſſiſchen Truppen die
Urſache großer und gefährlicher Unruhe in Polen wären.

Nun begann der Krongroßfeldherr, wie es früher bereits
oft genug da geweſen war, auf eigne Hand neben der Krone
große Politik zu treiben. Bereits während des Jahres 1738
hatte er mit franzöſiſchen und ſchwediſchen Agenten in Ver-
bindung geſtanden 1). Jetzt nahm er den Plan einer Erhebung
der Nation in der Form einer Conföderation zum Kriege gegen
die Ruſſen in Verbindung mit den Schweden und Türken leb-
hafter auf. Anfang 1739 ſandte er einen Vertrauten, Gu-
rowski, nach Konſtantinopel, und verhieß, wenn die Pforte
50,000 Türken und 50,000 Tartaren nach Polen zur Hilfe
ſenden würde, einen allgemeinen Aufſitz des polniſchen Adels
in der Stärke von 200,000 Mann. Ja, als Münnich im
Mai 1739 ſein Heer wiederum durch polniſches Gebiet nach
dem Dnieſter führte, begann der Krongroßfeldherr auf eigne
Fauſt gewiſſermaßen den Krieg. Er ließ durch Reiterſchaaren
die Ruſſen auf ihrem Marſch umſchwärmen und einzelne
Kommandos derſelben überfallen. Allein durch den Sieg
Münnichs bei Chocim (28. Auguſt) und den Abſchluß des
Friedens zu Belgrad (17. September), welchem im December
der Frieden zwiſchen Rußland und der Pforte folgte, fielen
Potocki’s Pläne zu Boden. Am Ende des Jahres machte er
ſeinen Frieden mit dem Hofe, der freilich nicht von langer
Dauer war.

1) Hiemit hängt der Überfall und die Ermordung des ſchwediſchen
Agenten Sinclair in Schleſien zuſammen. Vgl. über dieſen Vorgang die
Aufzeichnung eines zeitgenöſſiſchen Breslauers, in der Zeitſchrift für
Geſchichte und Alterthum Schleſiens
1855 I, 178—189.
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[62/0076] Rechte und Geſetze, was nützen uns alle Beſchwerden bei den gewaltthätigen Nachbarn, wenn wir nicht ein Heer beſitzen, welches im Verhältniß zu der weiten Ausdehnung des Vaterlandes hinreichend iſt, ad manutentionem unſerer Rechte, und zugleich ad tuitionem der Ehre Ew. Königl. Majeſtät!“ Der Hof ver- ſprach in Petersburg vorſtellig zu werden, aber der Reichstag ward zerriſſen, und der ruſſiſche Hof kehrte ſich an die Klage Auguſts (December 1738) nicht, daß die ruſſiſchen Truppen die Urſache großer und gefährlicher Unruhe in Polen wären. Nun begann der Krongroßfeldherr, wie es früher bereits oft genug da geweſen war, auf eigne Hand neben der Krone große Politik zu treiben. Bereits während des Jahres 1738 hatte er mit franzöſiſchen und ſchwediſchen Agenten in Ver- bindung geſtanden 1). Jetzt nahm er den Plan einer Erhebung der Nation in der Form einer Conföderation zum Kriege gegen die Ruſſen in Verbindung mit den Schweden und Türken leb- hafter auf. Anfang 1739 ſandte er einen Vertrauten, Gu- rowski, nach Konſtantinopel, und verhieß, wenn die Pforte 50,000 Türken und 50,000 Tartaren nach Polen zur Hilfe ſenden würde, einen allgemeinen Aufſitz des polniſchen Adels in der Stärke von 200,000 Mann. Ja, als Münnich im Mai 1739 ſein Heer wiederum durch polniſches Gebiet nach dem Dnieſter führte, begann der Krongroßfeldherr auf eigne Fauſt gewiſſermaßen den Krieg. Er ließ durch Reiterſchaaren die Ruſſen auf ihrem Marſch umſchwärmen und einzelne Kommandos derſelben überfallen. Allein durch den Sieg Münnichs bei Chocim (28. Auguſt) und den Abſchluß des Friedens zu Belgrad (17. September), welchem im December der Frieden zwiſchen Rußland und der Pforte folgte, fielen Potocki’s Pläne zu Boden. Am Ende des Jahres machte er ſeinen Frieden mit dem Hofe, der freilich nicht von langer Dauer war. 1) Hiemit hängt der Überfall und die Ermordung des ſchwediſchen Agenten Sinclair in Schleſien zuſammen. Vgl. über dieſen Vorgang die Aufzeichnung eines zeitgenöſſiſchen Breslauers, in der Zeitſchrift für Geſchichte und Alterthum Schleſiens 1855 I, 178—189.

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Zitationshilfe: Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roepell_polen_1876/76>, abgerufen am 24.11.2024.