Politik war, er hat ernstlich nie darauf bestanden, auch die Republik in sie zu verwickeln, und eben so wenig darnach ge- strebt, sei es die Macht der Krone zu erweitern, sei es an irgend einem Punkt der innern Anarchie durch Reformen zu steuern. Abgesehen von den Jahren des 7jährigen Krieges, in welchen August III. nothgedrungen in Warschau saß, war er während der ganzen 30 Jahre seiner Herrschaft nur die kür- zeste Zeit in Polen. Nur wenn ein Reichstag oder ein Con- silium des Senats, welches gesetzlich nur auf dem Grund und Boden der Republik stattfinden konnte, gehalten werden mußte, kam er auf wenige Wochen, bisweilen nur auf Tage dorthin. Um sobald als möglich nach dem geliebten Dresden zurückeilen zu können, hat er ab und zu einen Senat nahe der Gränze, z. B. in Fraustadt, gehalten. Für Brühl aber, dem die pol- nischen Dinge fremd genug sein mußten, war fast allein die Vergebung der Würden und Ämter von Interesse, weil sie für ihn eine reiche Einnahmequelle war. Ohne bedeutende Summen dabei zu erhalten, hat er sie selten verliehen; häufig genug sie gradezu an den Meistbietenden verkauft.
Sehr natürlich daher, daß die Geschichte Polens in dieser Zeit auf den ersten Blick so gut wie keine innere Entwickelung zeigt. Sie ist in der That nur in der Tiefe des Lebens und zwar in zwei verschiedenen Richtungen vorhanden: einmal in der fort und fort steigenden Entsittlichung der Masse des Adels, und zum anderen in der allmähligen langsamen Ver- breitung der Reformideen in einem im Vergleich zu jener Masse sehr kleinen Kreise. Weder die eine noch die andere läßt sich der Natur der Sache nach so zu sagen von Etappe zu Etappe verfolgen: erst dadurch, daß am Ende der Epoche die Früchte beider zu Tage treten, offenbart es sich unzweifel- haft, daß sie vorhanden gewesen. Die äußere Erscheinung des nationalen Lebens beherrscht vollkommen das alte Treiben; in der Masse zügelloses Genießen, in den großen Familien das Ringen um Macht, welches sich ab und zu mit den wechseln- den Constellationen der allgemeinen europäischen Politik ver- knüpft.
Politik war, er hat ernſtlich nie darauf beſtanden, auch die Republik in ſie zu verwickeln, und eben ſo wenig darnach ge- ſtrebt, ſei es die Macht der Krone zu erweitern, ſei es an irgend einem Punkt der innern Anarchie durch Reformen zu ſteuern. Abgeſehen von den Jahren des 7jährigen Krieges, in welchen Auguſt III. nothgedrungen in Warſchau ſaß, war er während der ganzen 30 Jahre ſeiner Herrſchaft nur die kür- zeſte Zeit in Polen. Nur wenn ein Reichstag oder ein Con- ſilium des Senats, welches geſetzlich nur auf dem Grund und Boden der Republik ſtattfinden konnte, gehalten werden mußte, kam er auf wenige Wochen, bisweilen nur auf Tage dorthin. Um ſobald als möglich nach dem geliebten Dresden zurückeilen zu können, hat er ab und zu einen Senat nahe der Gränze, z. B. in Frauſtadt, gehalten. Für Brühl aber, dem die pol- niſchen Dinge fremd genug ſein mußten, war faſt allein die Vergebung der Würden und Ämter von Intereſſe, weil ſie für ihn eine reiche Einnahmequelle war. Ohne bedeutende Summen dabei zu erhalten, hat er ſie ſelten verliehen; häufig genug ſie gradezu an den Meiſtbietenden verkauft.
Sehr natürlich daher, daß die Geſchichte Polens in dieſer Zeit auf den erſten Blick ſo gut wie keine innere Entwickelung zeigt. Sie iſt in der That nur in der Tiefe des Lebens und zwar in zwei verſchiedenen Richtungen vorhanden: einmal in der fort und fort ſteigenden Entſittlichung der Maſſe des Adels, und zum anderen in der allmähligen langſamen Ver- breitung der Reformideen in einem im Vergleich zu jener Maſſe ſehr kleinen Kreiſe. Weder die eine noch die andere läßt ſich der Natur der Sache nach ſo zu ſagen von Etappe zu Etappe verfolgen: erſt dadurch, daß am Ende der Epoche die Früchte beider zu Tage treten, offenbart es ſich unzweifel- haft, daß ſie vorhanden geweſen. Die äußere Erſcheinung des nationalen Lebens beherrſcht vollkommen das alte Treiben; in der Maſſe zügelloſes Genießen, in den großen Familien das Ringen um Macht, welches ſich ab und zu mit den wechſeln- den Conſtellationen der allgemeinen europäiſchen Politik ver- knüpft.
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Politik war, er hat ernſtlich nie darauf beſtanden, auch die
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irgend einem Punkt der innern Anarchie durch Reformen zu
ſteuern. Abgeſehen von den Jahren des 7jährigen Krieges, in
welchen Auguſt III. nothgedrungen in Warſchau ſaß, war er
während der ganzen 30 Jahre ſeiner Herrſchaft nur die kür-
zeſte Zeit in Polen. Nur wenn ein Reichstag oder ein Con-
ſilium des Senats, welches geſetzlich nur auf dem Grund und
Boden der Republik ſtattfinden konnte, gehalten werden mußte,
kam er auf wenige Wochen, bisweilen nur auf Tage dorthin.
Um ſobald als möglich nach dem geliebten Dresden zurückeilen
zu können, hat er ab und zu einen Senat nahe der Gränze,
z. B. in Frauſtadt, gehalten. Für Brühl aber, dem die pol-
niſchen Dinge fremd genug ſein mußten, war faſt allein die
Vergebung der Würden und Ämter von Intereſſe, weil ſie für
ihn eine reiche Einnahmequelle war. Ohne bedeutende Summen
dabei zu erhalten, hat er ſie ſelten verliehen; häufig genug ſie
gradezu an den Meiſtbietenden verkauft.
Sehr natürlich daher, daß die Geſchichte Polens in dieſer
Zeit auf den erſten Blick ſo gut wie keine innere Entwickelung
zeigt. Sie iſt in der That nur in der Tiefe des Lebens und
zwar in zwei verſchiedenen Richtungen vorhanden: einmal in
der fort und fort ſteigenden Entſittlichung der Maſſe des
Adels, und zum anderen in der allmähligen langſamen Ver-
breitung der Reformideen in einem im Vergleich zu jener
Maſſe ſehr kleinen Kreiſe. Weder die eine noch die andere
läßt ſich der Natur der Sache nach ſo zu ſagen von Etappe
zu Etappe verfolgen: erſt dadurch, daß am Ende der Epoche
die Früchte beider zu Tage treten, offenbart es ſich unzweifel-
haft, daß ſie vorhanden geweſen. Die äußere Erſcheinung des
nationalen Lebens beherrſcht vollkommen das alte Treiben; in
der Maſſe zügelloſes Genießen, in den großen Familien das
Ringen um Macht, welches ſich ab und zu mit den wechſeln-
den Conſtellationen der allgemeinen europäiſchen Politik ver-
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Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roepell_polen_1876/73>, abgerufen am 23.07.2024.
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