Unterstützung vertrauen, und in diesem Vertrauen griffen sie bald nach den Wilnaer Vorgängen mit allem Eifer das Werk an. Ihr Plan, welchen sie in einer Denkschrift vom 20. Mai nach Petersburg mittheilten 1), war, sobald die ersten 10,000 Russen in Lithauen eingerückt wären, hier Ende Juli die Con- föderation zu errichten. Gleichzeitig sollte ein zweites russisches Corps nach Weißrußland unter dem Vorwande vorrücken, von König August die Satisfaction zu erzwingen, welche er der Kaiserin für die ihr durch das Schreiben vom 10. Januar zu- gefügte Beleidigung ungeachtet ihrer mehrmaligen Forderung bisher nicht gegeben hatte. Ein drittes Corps sollte von Kiew aus vorgehen, um die Kronarmee im Zaum zu halten, und hierauf die Güter Mniszeks, Wessels, Wodzinski's heimzusuchen. Wenn dann die Truppen, wie sie könnten, bis Mitte August ins Herz der Kronlande vorgedrungen wären, wollte man am 12. September, an welchem Tage der Adel zu den Landtagen überall in Massen versammelt sein würde, auch für diese Lan- destheile die Conföderationen ins Leben rufen. Gleich auf den Landtagen sollten die Marschälle der einzelnen Conföderationen gewählt werden, welche dann ihrerseits wieder einen General- marschall wählen und in Warschau oder einem andern Ort zusammenkommen würden, um die Generalconföderation zu er- richten; alles in den herkömmlichen legalen Formen. Sobald die Generalconföderation constituirt sei, sollte sie sofort die Anerkennung des bisher von der Republik den Czaren Ruß- lands verweigerten kaiserlichen Titels aussprechen, Biron als rechtmäßigen Herzog von Kurland proclamiren, der Kaiserin für ihre Unterstützung Dank sagen, sich zu der von Rußland oft, aber vergebens geforderten Gränzregulirung bereit erklären, und alles thun, um ein dauernd gutes Vernehmen mit Ruß- land sicher zu begründen. In Betreff der fernern Schritte ließen sie Katharina die Wahl, entweder nach dem Beispiel Peter des Großen vom Jahre 1716--1717 einen Pacifications- reichstag unter ihrer Vermittelung zur Ausgleichung mit dem
1) Gedruckt bei Schmitt a. a. O., S. 338--343.
Unterſtützung vertrauen, und in dieſem Vertrauen griffen ſie bald nach den Wilnaer Vorgängen mit allem Eifer das Werk an. Ihr Plan, welchen ſie in einer Denkſchrift vom 20. Mai nach Petersburg mittheilten 1), war, ſobald die erſten 10,000 Ruſſen in Lithauen eingerückt wären, hier Ende Juli die Con- föderation zu errichten. Gleichzeitig ſollte ein zweites ruſſiſches Corps nach Weißrußland unter dem Vorwande vorrücken, von König Auguſt die Satisfaction zu erzwingen, welche er der Kaiſerin für die ihr durch das Schreiben vom 10. Januar zu- gefügte Beleidigung ungeachtet ihrer mehrmaligen Forderung bisher nicht gegeben hatte. Ein drittes Corps ſollte von Kiew aus vorgehen, um die Kronarmee im Zaum zu halten, und hierauf die Güter Mniszeks, Weſſels, Wodzinski’s heimzuſuchen. Wenn dann die Truppen, wie ſie könnten, bis Mitte Auguſt ins Herz der Kronlande vorgedrungen wären, wollte man am 12. September, an welchem Tage der Adel zu den Landtagen überall in Maſſen verſammelt ſein würde, auch für dieſe Lan- destheile die Conföderationen ins Leben rufen. Gleich auf den Landtagen ſollten die Marſchälle der einzelnen Conföderationen gewählt werden, welche dann ihrerſeits wieder einen General- marſchall wählen und in Warſchau oder einem andern Ort zuſammenkommen würden, um die Generalconföderation zu er- richten; alles in den herkömmlichen legalen Formen. Sobald die Generalconföderation conſtituirt ſei, ſollte ſie ſofort die Anerkennung des bisher von der Republik den Czaren Ruß- lands verweigerten kaiſerlichen Titels ausſprechen, Biron als rechtmäßigen Herzog von Kurland proclamiren, der Kaiſerin für ihre Unterſtützung Dank ſagen, ſich zu der von Rußland oft, aber vergebens geforderten Gränzregulirung bereit erklären, und alles thun, um ein dauernd gutes Vernehmen mit Ruß- land ſicher zu begründen. In Betreff der fernern Schritte ließen ſie Katharina die Wahl, entweder nach dem Beiſpiel Peter des Großen vom Jahre 1716—1717 einen Pacifications- reichstag unter ihrer Vermittelung zur Ausgleichung mit dem
1) Gedruckt bei Schmitt a. a. O., S. 338—343.
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Unterſtützung vertrauen, und in dieſem Vertrauen griffen ſie
bald nach den Wilnaer Vorgängen mit allem Eifer das Werk
an. Ihr Plan, welchen ſie in einer Denkſchrift vom 20. Mai
nach Petersburg mittheilten 1), war, ſobald die erſten 10,000
Ruſſen in Lithauen eingerückt wären, hier Ende Juli die Con-
föderation zu errichten. Gleichzeitig ſollte ein zweites ruſſiſches
Corps nach Weißrußland unter dem Vorwande vorrücken, von
König Auguſt die Satisfaction zu erzwingen, welche er der
Kaiſerin für die ihr durch das Schreiben vom 10. Januar zu-
gefügte Beleidigung ungeachtet ihrer mehrmaligen Forderung
bisher nicht gegeben hatte. Ein drittes Corps ſollte von Kiew
aus vorgehen, um die Kronarmee im Zaum zu halten, und
hierauf die Güter Mniszeks, Weſſels, Wodzinski’s heimzuſuchen.
Wenn dann die Truppen, wie ſie könnten, bis Mitte Auguſt
ins Herz der Kronlande vorgedrungen wären, wollte man am
12. September, an welchem Tage der Adel zu den Landtagen
überall in Maſſen verſammelt ſein würde, auch für dieſe Lan-
destheile die Conföderationen ins Leben rufen. Gleich auf den
Landtagen ſollten die Marſchälle der einzelnen Conföderationen
gewählt werden, welche dann ihrerſeits wieder einen General-
marſchall wählen und in Warſchau oder einem andern Ort
zuſammenkommen würden, um die Generalconföderation zu er-
richten; alles in den herkömmlichen legalen Formen. Sobald
die Generalconföderation conſtituirt ſei, ſollte ſie ſofort die
Anerkennung des bisher von der Republik den Czaren Ruß-
lands verweigerten kaiſerlichen Titels ausſprechen, Biron als
rechtmäßigen Herzog von Kurland proclamiren, der Kaiſerin
für ihre Unterſtützung Dank ſagen, ſich zu der von Rußland
oft, aber vergebens geforderten Gränzregulirung bereit erklären,
und alles thun, um ein dauernd gutes Vernehmen mit Ruß-
land ſicher zu begründen. In Betreff der fernern Schritte
ließen ſie Katharina die Wahl, entweder nach dem Beiſpiel
Peter des Großen vom Jahre 1716—1717 einen Pacifications-
reichstag unter ihrer Vermittelung zur Ausgleichung mit dem
1) Gedruckt bei Schmitt a. a. O., S. 338—343.
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Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roepell_polen_1876/202>, abgerufen am 23.07.2024.
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