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Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.

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15. März: der Kanzler Czartoryski, der Woiwode von Inow-
raclaw, Andreas Zamoyski, der Bischof von Ploczk, Szep-
ticki u. A. sprachen sich gegen den Herzog Karl aus, und der
erstere versagte es sich dabei nicht, den König daran zu erinnern,
daß er ihm die bösen Folgen der Erhebung des Prinzen schon
im Jahre 1758 vorausgesagt habe. Er rechtfertigte zugleich
die Intervention Rußlands durch eine Begründung, welche
später von diesem ihm selbst und seinen ihm theuersten Lebens-
plänen entgegengehalten ward. "Denn" -- sagte er -- "wie
es ein essentieller politischer Grundsatz in ganz Europa ist, so
ist es am essentiellsten für das uns benachbarte, befreundete
und in Vertragsverhältnissen mit uns stehende Rußland, das
Recht und die Freiheiten, auf welchen unsre Republik ruht, in
der Form des einmal festgestellten regiminis unerschüttert
aufrecht zu halten." Allein die Majorität der Senatoren
(48 c. 12) 1) stimmte dafür, daß der Prinz in Kurland, sei
es auch mit Gewalt, gehalten werden solle: einig waren beide
Partheien nur darin, daß ein außerordentlicher Reichstag aus-
zuschreiben sei, gegen welchen sich wieder der König anfangs
sträubte, weil er, nach siebenjährigem Exil und krank wie er
war, die Rückkehr nach Dresden dringend ersehnte. Der
Senatsbeschluß übertrug dem Primas und den Feldherren der
Krone und Lithauens, während der Abwesenheit des Königs
auf die Erhaltung der Sicherheit der Gränzen der Republik
und ihrer Lehen Bedacht zu nehmen, wies die Kronanwälte
von Polen und Lithauen an, den Ernst Johann Grafen Biron
als Störer des öffentlichen Friedens vor Gericht zu laden, er-
mächtigte die nach Kurland gesandten Kommissaire dem Herzog
Karl und dessen Rechten auch ferner beizustehen, und sprach
die Nothwendigkeit der Berufung eines außerordentlichen Reichs-
tages aus. Nachdem August dann die diesen betreffenden
Universalien, ohne jedoch den Tag der Berufung zu bestimmen
unterzeichnet hatte (22. April), verließ er drei Tage darauf
Warschau, um es nicht wieder zu sehen 2).

1) Szujski IV, 355.
2) Benoit, Bericht vom 9., 12., 16. März, 6. April: nach dem

15. März: der Kanzler Czartoryski, der Woiwode von Inow-
raclaw, Andreas Zamoyski, der Biſchof von Ploczk, Szep-
ticki u. A. ſprachen ſich gegen den Herzog Karl aus, und der
erſtere verſagte es ſich dabei nicht, den König daran zu erinnern,
daß er ihm die böſen Folgen der Erhebung des Prinzen ſchon
im Jahre 1758 vorausgeſagt habe. Er rechtfertigte zugleich
die Intervention Rußlands durch eine Begründung, welche
ſpäter von dieſem ihm ſelbſt und ſeinen ihm theuerſten Lebens-
plänen entgegengehalten ward. „Denn“ — ſagte er — „wie
es ein eſſentieller politiſcher Grundſatz in ganz Europa iſt, ſo
iſt es am eſſentiellſten für das uns benachbarte, befreundete
und in Vertragsverhältniſſen mit uns ſtehende Rußland, das
Recht und die Freiheiten, auf welchen unſre Republik ruht, in
der Form des einmal feſtgeſtellten regiminis unerſchüttert
aufrecht zu halten.“ Allein die Majorität der Senatoren
(48 c. 12) 1) ſtimmte dafür, daß der Prinz in Kurland, ſei
es auch mit Gewalt, gehalten werden ſolle: einig waren beide
Partheien nur darin, daß ein außerordentlicher Reichstag aus-
zuſchreiben ſei, gegen welchen ſich wieder der König anfangs
ſträubte, weil er, nach ſiebenjährigem Exil und krank wie er
war, die Rückkehr nach Dresden dringend erſehnte. Der
Senatsbeſchluß übertrug dem Primas und den Feldherren der
Krone und Lithauens, während der Abweſenheit des Königs
auf die Erhaltung der Sicherheit der Gränzen der Republik
und ihrer Lehen Bedacht zu nehmen, wies die Kronanwälte
von Polen und Lithauen an, den Ernſt Johann Grafen Biron
als Störer des öffentlichen Friedens vor Gericht zu laden, er-
mächtigte die nach Kurland geſandten Kommiſſaire dem Herzog
Karl und deſſen Rechten auch ferner beizuſtehen, und ſprach
die Nothwendigkeit der Berufung eines außerordentlichen Reichs-
tages aus. Nachdem Auguſt dann die dieſen betreffenden
Univerſalien, ohne jedoch den Tag der Berufung zu beſtimmen
unterzeichnet hatte (22. April), verließ er drei Tage darauf
Warſchau, um es nicht wieder zu ſehen 2).

1) Szujski IV, 355.
2) Benoit, Bericht vom 9., 12., 16. März, 6. April: nach dem
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[174/0188] 15. März: der Kanzler Czartoryski, der Woiwode von Inow- raclaw, Andreas Zamoyski, der Biſchof von Ploczk, Szep- ticki u. A. ſprachen ſich gegen den Herzog Karl aus, und der erſtere verſagte es ſich dabei nicht, den König daran zu erinnern, daß er ihm die böſen Folgen der Erhebung des Prinzen ſchon im Jahre 1758 vorausgeſagt habe. Er rechtfertigte zugleich die Intervention Rußlands durch eine Begründung, welche ſpäter von dieſem ihm ſelbſt und ſeinen ihm theuerſten Lebens- plänen entgegengehalten ward. „Denn“ — ſagte er — „wie es ein eſſentieller politiſcher Grundſatz in ganz Europa iſt, ſo iſt es am eſſentiellſten für das uns benachbarte, befreundete und in Vertragsverhältniſſen mit uns ſtehende Rußland, das Recht und die Freiheiten, auf welchen unſre Republik ruht, in der Form des einmal feſtgeſtellten regiminis unerſchüttert aufrecht zu halten.“ Allein die Majorität der Senatoren (48 c. 12) 1) ſtimmte dafür, daß der Prinz in Kurland, ſei es auch mit Gewalt, gehalten werden ſolle: einig waren beide Partheien nur darin, daß ein außerordentlicher Reichstag aus- zuſchreiben ſei, gegen welchen ſich wieder der König anfangs ſträubte, weil er, nach ſiebenjährigem Exil und krank wie er war, die Rückkehr nach Dresden dringend erſehnte. Der Senatsbeſchluß übertrug dem Primas und den Feldherren der Krone und Lithauens, während der Abweſenheit des Königs auf die Erhaltung der Sicherheit der Gränzen der Republik und ihrer Lehen Bedacht zu nehmen, wies die Kronanwälte von Polen und Lithauen an, den Ernſt Johann Grafen Biron als Störer des öffentlichen Friedens vor Gericht zu laden, er- mächtigte die nach Kurland geſandten Kommiſſaire dem Herzog Karl und deſſen Rechten auch ferner beizuſtehen, und ſprach die Nothwendigkeit der Berufung eines außerordentlichen Reichs- tages aus. Nachdem Auguſt dann die dieſen betreffenden Univerſalien, ohne jedoch den Tag der Berufung zu beſtimmen unterzeichnet hatte (22. April), verließ er drei Tage darauf Warſchau, um es nicht wieder zu ſehen 2). 1) Szujski IV, 355. 2) Benoit, Bericht vom 9., 12., 16. März, 6. April: nach dem

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Zitationshilfe: Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roepell_polen_1876/188>, abgerufen am 24.11.2024.