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Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.

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nowski's Wahl um jeden Preis zu verhindern, es selbst
wünsche 1).

Kurz vor Eröffnung des Reichstages strömten die Land-
boten in Warschau zusammen. Die Mächtigern und Ange-
sehnern unter ihnen kamen diesmal mit so großem, herkömmlich
bewaffnetem, Gefolge, wie man solches früher nicht gesehen
hatte; der junge Fürst Radzivil zeichnete sich hiedurch beson-
ders aus. Noch vor der Eröffnung hatte der König ihn zum
Palatin von Wilna, und Michael Alexander Sapieha zum
Unterfeldherrn von Lithauen ernannt. Branicki, der ein ver-
trauter Freund des Vaters gewesen, hatte sich für Radzivil
verwandt, und dieser selbst versprochen in 6 Wochen 60,000
Dukaten zu zahlen, von welcher Summe er die Hälfte der
Wittwe Lubomirska, der Freundin Brühls, sofort baar über-
gab; er hatte zu dem Zweck ein halbes Schock seiner zahl-
reichen Güter verpfändet 2). Diese Ernennungen steigerten die
Leidenschaft der Partheien. Die "Familie", deren Kandidaten
nicht berücksichtigt waren, grollte von neuem dem Krongroß-
feldherrn, der indeß in Betreff Zamoyski's Farbe hielt.

Am 4. October wurde der Reichstag eröffnet. Der Saal
war nicht nur von den Landboten, sondern auch von dem Ge-
folge der "Herren" und andern Zuhörern dicht gefüllt. Jeder-
mann wußte vorher, daß es tumultuarisch zugehen werde, und
die Landboten saßen daher nicht in ihrer herkömmlichen Ord-
nung nach Woiwodschaften und Kreisen, sondern es hielten sich,
soweit das bei dem Gedränge möglich war, die Partheien bei
einander. Seit 1758 war kein Reichstag mehr dazu gelangt,

1) Benoit, Dep. vom 18. u. 29. September und 2. October.
2) Nach dem Journal de la diete. Kitowicz, p. 52 erzählt: Als
Radzivil seinen Secretair Bohuß zu Mniszek mit dem Angebot von
40,000 Dukaten geschickt, habe letzterer gesagt: "Aber mein Herr, wie
kann man eine so hohe Würde einem solchen verrückten Menschen ver-
leihen", worauf Bohuß erwiederte: "Grade deshalb, denn wenn Sie das
Amt einem klugen geben, so findet der lithauische Kanzler Verständniß
für seinen Verstand und zieht den Klugen auf seine Seite; den Ver-
rückten für seine Parthei zu werben, wird er nie zu Stande bringen."
"Bravo mein Herr! zählt Euer Geld auf."

nowski’s Wahl um jeden Preis zu verhindern, es ſelbſt
wünſche 1).

Kurz vor Eröffnung des Reichstages ſtrömten die Land-
boten in Warſchau zuſammen. Die Mächtigern und Ange-
ſehnern unter ihnen kamen diesmal mit ſo großem, herkömmlich
bewaffnetem, Gefolge, wie man ſolches früher nicht geſehen
hatte; der junge Fürſt Radzivil zeichnete ſich hiedurch beſon-
ders aus. Noch vor der Eröffnung hatte der König ihn zum
Palatin von Wilna, und Michael Alexander Sapieha zum
Unterfeldherrn von Lithauen ernannt. Branicki, der ein ver-
trauter Freund des Vaters geweſen, hatte ſich für Radzivil
verwandt, und dieſer ſelbſt verſprochen in 6 Wochen 60,000
Dukaten zu zahlen, von welcher Summe er die Hälfte der
Wittwe Lubomirska, der Freundin Brühls, ſofort baar über-
gab; er hatte zu dem Zweck ein halbes Schock ſeiner zahl-
reichen Güter verpfändet 2). Dieſe Ernennungen ſteigerten die
Leidenſchaft der Partheien. Die „Familie“, deren Kandidaten
nicht berückſichtigt waren, grollte von neuem dem Krongroß-
feldherrn, der indeß in Betreff Zamoyski’s Farbe hielt.

Am 4. October wurde der Reichstag eröffnet. Der Saal
war nicht nur von den Landboten, ſondern auch von dem Ge-
folge der „Herren“ und andern Zuhörern dicht gefüllt. Jeder-
mann wußte vorher, daß es tumultuariſch zugehen werde, und
die Landboten ſaßen daher nicht in ihrer herkömmlichen Ord-
nung nach Woiwodſchaften und Kreiſen, ſondern es hielten ſich,
ſoweit das bei dem Gedränge möglich war, die Partheien bei
einander. Seit 1758 war kein Reichstag mehr dazu gelangt,

1) Benoit, Dep. vom 18. u. 29. September und 2. October.
2) Nach dem Journal de la diète. Kitowicz, p. 52 erzählt: Als
Radzivil ſeinen Secretair Bohuß zu Mniszek mit dem Angebot von
40,000 Dukaten geſchickt, habe letzterer geſagt: „Aber mein Herr, wie
kann man eine ſo hohe Würde einem ſolchen verrückten Menſchen ver-
leihen“, worauf Bohuß erwiederte: „Grade deshalb, denn wenn Sie das
Amt einem klugen geben, ſo findet der lithauiſche Kanzler Verſtändniß
für ſeinen Verſtand und zieht den Klugen auf ſeine Seite; den Ver-
rückten für ſeine Parthei zu werben, wird er nie zu Stande bringen.“
„Bravo mein Herr! zählt Euer Geld auf.“
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[159/0173] nowski’s Wahl um jeden Preis zu verhindern, es ſelbſt wünſche 1). Kurz vor Eröffnung des Reichstages ſtrömten die Land- boten in Warſchau zuſammen. Die Mächtigern und Ange- ſehnern unter ihnen kamen diesmal mit ſo großem, herkömmlich bewaffnetem, Gefolge, wie man ſolches früher nicht geſehen hatte; der junge Fürſt Radzivil zeichnete ſich hiedurch beſon- ders aus. Noch vor der Eröffnung hatte der König ihn zum Palatin von Wilna, und Michael Alexander Sapieha zum Unterfeldherrn von Lithauen ernannt. Branicki, der ein ver- trauter Freund des Vaters geweſen, hatte ſich für Radzivil verwandt, und dieſer ſelbſt verſprochen in 6 Wochen 60,000 Dukaten zu zahlen, von welcher Summe er die Hälfte der Wittwe Lubomirska, der Freundin Brühls, ſofort baar über- gab; er hatte zu dem Zweck ein halbes Schock ſeiner zahl- reichen Güter verpfändet 2). Dieſe Ernennungen ſteigerten die Leidenſchaft der Partheien. Die „Familie“, deren Kandidaten nicht berückſichtigt waren, grollte von neuem dem Krongroß- feldherrn, der indeß in Betreff Zamoyski’s Farbe hielt. Am 4. October wurde der Reichstag eröffnet. Der Saal war nicht nur von den Landboten, ſondern auch von dem Ge- folge der „Herren“ und andern Zuhörern dicht gefüllt. Jeder- mann wußte vorher, daß es tumultuariſch zugehen werde, und die Landboten ſaßen daher nicht in ihrer herkömmlichen Ord- nung nach Woiwodſchaften und Kreiſen, ſondern es hielten ſich, ſoweit das bei dem Gedränge möglich war, die Partheien bei einander. Seit 1758 war kein Reichstag mehr dazu gelangt, 1) Benoit, Dep. vom 18. u. 29. September und 2. October. 2) Nach dem Journal de la diète. Kitowicz, p. 52 erzählt: Als Radzivil ſeinen Secretair Bohuß zu Mniszek mit dem Angebot von 40,000 Dukaten geſchickt, habe letzterer geſagt: „Aber mein Herr, wie kann man eine ſo hohe Würde einem ſolchen verrückten Menſchen ver- leihen“, worauf Bohuß erwiederte: „Grade deshalb, denn wenn Sie das Amt einem klugen geben, ſo findet der lithauiſche Kanzler Verſtändniß für ſeinen Verſtand und zieht den Klugen auf ſeine Seite; den Ver- rückten für ſeine Parthei zu werben, wird er nie zu Stande bringen.“ „Bravo mein Herr! zählt Euer Geld auf.“

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Zitationshilfe: Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roepell_polen_1876/173>, abgerufen am 21.11.2024.