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Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.

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treff einer Entschädigung Sachsens bei dem Frieden, als auch
für die eventuelle Thronfolge des Kurprinzen in Polen, sich
bemühen. Schmeichelte man sich doch in Brühls vertrautem
Kreise mit der Hoffnung, daß Friedrich II., froh "sich mit
einem blauen Auge aus der Schlinge ziehen zu können", gern
irgend etwas zu Gunsten Sachsens opfern werde 1).

Neben diesen diplomatischen Schritten versäumte der War-
schauer Hof auch nicht die Polen näher als bisher an sich zu
ziehen. Er ließ überall im Lande ausbreiten, wie große Ge-
fahren für die Republik in einer Verständigung Rußlands mit
Preußen lägen, indem in solchem Falle Rußland für die Heraus-
gabe des eroberten Ostpreußens an Friedrich II. sich im Ein-
verständniß mit diesem durch Abreißung irgend einer polnischen
Landschaft entschädigen würde: es sei daher dringend nothwen-
dig, daß die Nation sich einig um ihren König schaare. In
gleicher Richtung arbeitete die östreichische und französische
Diplomatie. Auch sie streute in allen Palatinaten, um das
Mistrauen der Polen gegen Rußland und Preußen zu steigern
und sie zu gewaltthätigen Schritten zu treiben, allerhand falsche
Gerüchte aus; unter anderen, daß Friedrich in Wien die Rück-
gabe von Glatz und Oberschlesien unter der Bedingung an-
geboten habe, daß Östreich ihm nicht entgegen sei, sich dafür
im polnischen Preußen zu entschädigen; Maria Theresia aber
habe dies Anerbieten aus Liebe für die Polen abgelehnt. Ver-
gebens bemühte sich Benoit in Übereinstimmung mit seinem
Hofe diesen Gerüchten durch die bündigsten Versicherungen, daß
von solchen Plänen nie die Rede gewesen sei und sein werde,
entgegenzutreten; die Masse der Nation glaubte dennoch an
sie. Der Krongroßfeldherr Branicki schrieb an den französischen
Gesandten: "Ich sehe die ganze Größe des Unheils voraus,
welches uns treffen kann, wenn der Czar und der König von
Preußen im Einverständniß mit einander ehrgeizige Absichten
zum Schaden Polens fassen, dieses Königreichs, welches, obwohl

1) v. Eelking, Corresp. S. 366 f. Benoit, Bericht vom 27. Febr.
und 27. März.
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treff einer Entſchädigung Sachſens bei dem Frieden, als auch
für die eventuelle Thronfolge des Kurprinzen in Polen, ſich
bemühen. Schmeichelte man ſich doch in Brühls vertrautem
Kreiſe mit der Hoffnung, daß Friedrich II., froh „ſich mit
einem blauen Auge aus der Schlinge ziehen zu können“, gern
irgend etwas zu Gunſten Sachſens opfern werde 1).

Neben dieſen diplomatiſchen Schritten verſäumte der War-
ſchauer Hof auch nicht die Polen näher als bisher an ſich zu
ziehen. Er ließ überall im Lande ausbreiten, wie große Ge-
fahren für die Republik in einer Verſtändigung Rußlands mit
Preußen lägen, indem in ſolchem Falle Rußland für die Heraus-
gabe des eroberten Oſtpreußens an Friedrich II. ſich im Ein-
verſtändniß mit dieſem durch Abreißung irgend einer polniſchen
Landſchaft entſchädigen würde: es ſei daher dringend nothwen-
dig, daß die Nation ſich einig um ihren König ſchaare. In
gleicher Richtung arbeitete die öſtreichiſche und franzöſiſche
Diplomatie. Auch ſie ſtreute in allen Palatinaten, um das
Mistrauen der Polen gegen Rußland und Preußen zu ſteigern
und ſie zu gewaltthätigen Schritten zu treiben, allerhand falſche
Gerüchte aus; unter anderen, daß Friedrich in Wien die Rück-
gabe von Glatz und Oberſchleſien unter der Bedingung an-
geboten habe, daß Öſtreich ihm nicht entgegen ſei, ſich dafür
im polniſchen Preußen zu entſchädigen; Maria Thereſia aber
habe dies Anerbieten aus Liebe für die Polen abgelehnt. Ver-
gebens bemühte ſich Benoit in Übereinſtimmung mit ſeinem
Hofe dieſen Gerüchten durch die bündigſten Verſicherungen, daß
von ſolchen Plänen nie die Rede geweſen ſei und ſein werde,
entgegenzutreten; die Maſſe der Nation glaubte dennoch an
ſie. Der Krongroßfeldherr Branicki ſchrieb an den franzöſiſchen
Geſandten: „Ich ſehe die ganze Größe des Unheils voraus,
welches uns treffen kann, wenn der Czar und der König von
Preußen im Einverſtändniß mit einander ehrgeizige Abſichten
zum Schaden Polens faſſen, dieſes Königreichs, welches, obwohl

1) v. Eelking, Correſp. S. 366 f. Benoit, Bericht vom 27. Febr.
und 27. März.
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[147/0161] treff einer Entſchädigung Sachſens bei dem Frieden, als auch für die eventuelle Thronfolge des Kurprinzen in Polen, ſich bemühen. Schmeichelte man ſich doch in Brühls vertrautem Kreiſe mit der Hoffnung, daß Friedrich II., froh „ſich mit einem blauen Auge aus der Schlinge ziehen zu können“, gern irgend etwas zu Gunſten Sachſens opfern werde 1). Neben dieſen diplomatiſchen Schritten verſäumte der War- ſchauer Hof auch nicht die Polen näher als bisher an ſich zu ziehen. Er ließ überall im Lande ausbreiten, wie große Ge- fahren für die Republik in einer Verſtändigung Rußlands mit Preußen lägen, indem in ſolchem Falle Rußland für die Heraus- gabe des eroberten Oſtpreußens an Friedrich II. ſich im Ein- verſtändniß mit dieſem durch Abreißung irgend einer polniſchen Landſchaft entſchädigen würde: es ſei daher dringend nothwen- dig, daß die Nation ſich einig um ihren König ſchaare. In gleicher Richtung arbeitete die öſtreichiſche und franzöſiſche Diplomatie. Auch ſie ſtreute in allen Palatinaten, um das Mistrauen der Polen gegen Rußland und Preußen zu ſteigern und ſie zu gewaltthätigen Schritten zu treiben, allerhand falſche Gerüchte aus; unter anderen, daß Friedrich in Wien die Rück- gabe von Glatz und Oberſchleſien unter der Bedingung an- geboten habe, daß Öſtreich ihm nicht entgegen ſei, ſich dafür im polniſchen Preußen zu entſchädigen; Maria Thereſia aber habe dies Anerbieten aus Liebe für die Polen abgelehnt. Ver- gebens bemühte ſich Benoit in Übereinſtimmung mit ſeinem Hofe dieſen Gerüchten durch die bündigſten Verſicherungen, daß von ſolchen Plänen nie die Rede geweſen ſei und ſein werde, entgegenzutreten; die Maſſe der Nation glaubte dennoch an ſie. Der Krongroßfeldherr Branicki ſchrieb an den franzöſiſchen Geſandten: „Ich ſehe die ganze Größe des Unheils voraus, welches uns treffen kann, wenn der Czar und der König von Preußen im Einverſtändniß mit einander ehrgeizige Abſichten zum Schaden Polens faſſen, dieſes Königreichs, welches, obwohl 1) v. Eelking, Correſp. S. 366 f. Benoit, Bericht vom 27. Febr. und 27. März. 10*

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Zitationshilfe: Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roepell_polen_1876/161>, abgerufen am 24.11.2024.