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Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.

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waren in Großpolen Briefe aufgefangen worden, in welchen
Friedrich II. unter der Versicherung, daß ihm mindestens
100,000 Mann zufallen würden, aufgefordert ward, eine größere
Armee in Polen einrücken zu lassen 1). Jetzt, im Herbst 1762,
erklärten viele dem preußischen Residenten in Warschau, sie
würden keinen Augenblick Bedenken tragen, sich mit Sr. Ma-
jestät von Preußen zur Vertreibung der Russen aus Polen zu
verbinden, wenn sie nur sicher wären, an einer Armee von
20,000 Preußen einen Rückhalt zu finden. Friedrich hatte
nicht die Mittel, diesen Wünschen, selbst wenn er es gewollt,
zu genügen; er beschränkte sich darauf, die Sympathien der
Polen zu seinen diplomatischen Zwecken zu benutzen. In dieser
Beziehung haben ihm in den letzten Jahren des Krieges der
Fürst Jan Jablonowski, Palatin von Braclaw, Paul Peter
Sapieha, Palatin von Smolensk, ein Fürst Ulrich Radzivil,
Großstallmeister von Lithauen, u. A. wesentliche Dienste geleistet.
Sie unterrichteten ihn von der Lage der Dinge in Polen, ver-
mittelten durch ihre Commissare und Agenten seine Korrespondenz
und seine Sendungen nach Jassy, nach Constantinopel und der
Krim und schrieben auch selbst Briefe dorthin, in welchen sie
in den "energischsten und beweglichsten" Ausdrücken über die
Gewaltthaten der Russen in Polen klagten, um Türken und
Tartaren zum Kriege gegen Rußland anzuregen. Wie weit
hiebei Sympathien für den großen König, politische oder rein
egoistische persönliche Interessen eine Rolle spielten, ist schwer
zu entscheiden: gewiß ist nur, daß Friedrich Tausende von
Dukaten den Herren zahlte und mitunter die Kosten beanstan-
dete, welche dieser ganze Verkehr erforderte 2).

1) Bericht des französischen Agenten Mesnager aus Kurnik vom
24. November. Bei Stuhr a. a. O. II, 274--275.
2) Berichte Benoits, des preußischen Residenten in Warschau, vom
2., 23., 30. Januar, 11. Mai, 23. Juni, 3. Juli 1762. In einem
Schreiben vom 15. April desselben Jahres dankt Fürst Radzivil für
empfangene 1600 Dukaten, erbietet sich zu ferneren Diensten und theilt
mit, daß er sich "zu dem Ende" zum Reichstage wählen lassen wolle,
wobei er von dem Woiwoden von Smolensk, Sapieha, welcher Sr. Maje-
stät von Preußen sehr zugethan ist, wie auch von anderen guten Freunden

waren in Großpolen Briefe aufgefangen worden, in welchen
Friedrich II. unter der Verſicherung, daß ihm mindeſtens
100,000 Mann zufallen würden, aufgefordert ward, eine größere
Armee in Polen einrücken zu laſſen 1). Jetzt, im Herbſt 1762,
erklärten viele dem preußiſchen Reſidenten in Warſchau, ſie
würden keinen Augenblick Bedenken tragen, ſich mit Sr. Ma-
jeſtät von Preußen zur Vertreibung der Ruſſen aus Polen zu
verbinden, wenn ſie nur ſicher wären, an einer Armee von
20,000 Preußen einen Rückhalt zu finden. Friedrich hatte
nicht die Mittel, dieſen Wünſchen, ſelbſt wenn er es gewollt,
zu genügen; er beſchränkte ſich darauf, die Sympathien der
Polen zu ſeinen diplomatiſchen Zwecken zu benutzen. In dieſer
Beziehung haben ihm in den letzten Jahren des Krieges der
Fürſt Jan Jablonowski, Palatin von Braclaw, Paul Peter
Sapieha, Palatin von Smolensk, ein Fürſt Ulrich Radzivil,
Großſtallmeiſter von Lithauen, u. A. weſentliche Dienſte geleiſtet.
Sie unterrichteten ihn von der Lage der Dinge in Polen, ver-
mittelten durch ihre Commiſſare und Agenten ſeine Korreſpondenz
und ſeine Sendungen nach Jaſſy, nach Conſtantinopel und der
Krim und ſchrieben auch ſelbſt Briefe dorthin, in welchen ſie
in den „energiſchſten und beweglichſten“ Ausdrücken über die
Gewaltthaten der Ruſſen in Polen klagten, um Türken und
Tartaren zum Kriege gegen Rußland anzuregen. Wie weit
hiebei Sympathien für den großen König, politiſche oder rein
egoiſtiſche perſönliche Intereſſen eine Rolle ſpielten, iſt ſchwer
zu entſcheiden: gewiß iſt nur, daß Friedrich Tauſende von
Dukaten den Herren zahlte und mitunter die Koſten beanſtan-
dete, welche dieſer ganze Verkehr erforderte 2).

1) Bericht des franzöſiſchen Agenten Mesnager aus Kurnik vom
24. November. Bei Stuhr a. a. O. II, 274—275.
2) Berichte Benoits, des preußiſchen Reſidenten in Warſchau, vom
2., 23., 30. Januar, 11. Mai, 23. Juni, 3. Juli 1762. In einem
Schreiben vom 15. April deſſelben Jahres dankt Fürſt Radzivil für
empfangene 1600 Dukaten, erbietet ſich zu ferneren Dienſten und theilt
mit, daß er ſich „zu dem Ende“ zum Reichstage wählen laſſen wolle,
wobei er von dem Woiwoden von Smolensk, Sapieha, welcher Sr. Maje-
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[143/0157] waren in Großpolen Briefe aufgefangen worden, in welchen Friedrich II. unter der Verſicherung, daß ihm mindeſtens 100,000 Mann zufallen würden, aufgefordert ward, eine größere Armee in Polen einrücken zu laſſen 1). Jetzt, im Herbſt 1762, erklärten viele dem preußiſchen Reſidenten in Warſchau, ſie würden keinen Augenblick Bedenken tragen, ſich mit Sr. Ma- jeſtät von Preußen zur Vertreibung der Ruſſen aus Polen zu verbinden, wenn ſie nur ſicher wären, an einer Armee von 20,000 Preußen einen Rückhalt zu finden. Friedrich hatte nicht die Mittel, dieſen Wünſchen, ſelbſt wenn er es gewollt, zu genügen; er beſchränkte ſich darauf, die Sympathien der Polen zu ſeinen diplomatiſchen Zwecken zu benutzen. In dieſer Beziehung haben ihm in den letzten Jahren des Krieges der Fürſt Jan Jablonowski, Palatin von Braclaw, Paul Peter Sapieha, Palatin von Smolensk, ein Fürſt Ulrich Radzivil, Großſtallmeiſter von Lithauen, u. A. weſentliche Dienſte geleiſtet. Sie unterrichteten ihn von der Lage der Dinge in Polen, ver- mittelten durch ihre Commiſſare und Agenten ſeine Korreſpondenz und ſeine Sendungen nach Jaſſy, nach Conſtantinopel und der Krim und ſchrieben auch ſelbſt Briefe dorthin, in welchen ſie in den „energiſchſten und beweglichſten“ Ausdrücken über die Gewaltthaten der Ruſſen in Polen klagten, um Türken und Tartaren zum Kriege gegen Rußland anzuregen. Wie weit hiebei Sympathien für den großen König, politiſche oder rein egoiſtiſche perſönliche Intereſſen eine Rolle ſpielten, iſt ſchwer zu entſcheiden: gewiß iſt nur, daß Friedrich Tauſende von Dukaten den Herren zahlte und mitunter die Koſten beanſtan- dete, welche dieſer ganze Verkehr erforderte 2). 1) Bericht des franzöſiſchen Agenten Mesnager aus Kurnik vom 24. November. Bei Stuhr a. a. O. II, 274—275. 2) Berichte Benoits, des preußiſchen Reſidenten in Warſchau, vom 2., 23., 30. Januar, 11. Mai, 23. Juni, 3. Juli 1762. In einem Schreiben vom 15. April deſſelben Jahres dankt Fürſt Radzivil für empfangene 1600 Dukaten, erbietet ſich zu ferneren Dienſten und theilt mit, daß er ſich „zu dem Ende“ zum Reichstage wählen laſſen wolle, wobei er von dem Woiwoden von Smolensk, Sapieha, welcher Sr. Maje- ſtät von Preußen ſehr zugethan iſt, wie auch von anderen guten Freunden

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Zitationshilfe: Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roepell_polen_1876/157>, abgerufen am 24.11.2024.