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Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.

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seinem Liebesverkehr mit der Großfürstin war 1), wiederholt
öffentlich ihr Bedauern über seine Abberufung. Woronzow und
Szuwalow boten ihre Dienste an, die Sache rückgängig zu
machen; Esterhazy und selbst l'Hopital schrieben deshalb an
Brühl 2). Am wirksamsten aber war, was Bestucheff, von
der Großfürstin gedrängt, that. Er nahm das Notifications-
schreiben des Warschauer Hofes gar nicht an, sondern bat
Prasse, Brühl zu ersuchen, ihn zu den Füßen des Königs zu
legen und von Ihrer Majestät die Gnade zu erbitten, daß
doch dieser Rappel noch einige Zeit ausgestellt bleiben möchte,
weil sonst der sächsische Hof auf einmal seine Sachen in Peters-
burg für jetzt und künftig verderben, er selbst aber dabei
auf eine so grausame Art sacrificirt werden würde, daß er
nicht wüßte, womit er dies verdient. Er könne versichern, daß
Poniatowski seit langer Zeit weder in polnischen Sachen, noch
wider die Franzosen, noch in faveur des englischen Hofes was
vorgenommen. Als Prasse darauf vorstellte, die Rückberufung
sei nicht mehr rückgängig zu machen, entgegnete der Kanzler:
"Wohlan, so kommt es darauf an, daß Sie Ihrem Hof in
meinem Namen die Erklärung thun, daß, wenn es dabei sein
Bewenden haben soll, man sich keine Rechnung mehr auf
mich zu machen hat." Er selbst, den Prasse in seinen Be-
richten einmal "den besten und einzigen Freund und größte
Stütze" Brühls nannte, schrieb in demselben Sinne nach
Warschau. Der Erfolg war, daß Poniatowski am 12. Ja-
nuar 1758 die Zurücknahme seiner Abberufung in Händen
hatte 3).

1) Raumer, Beiträge II, 452.
2) In Betreff l'Hopitals erfahren wir aus Boutaric I, 251, daß
er Antheil an der Zurückberufung Poniatowski's gehabt hat. Ob an
dieser oder an der 1758, weiß ich nicht. Die Notiz ist vom 16. Mai
1760.
3) Stanisl. Aug., Pam., 277--282. Herrmann, Geschichte Ruß-
lands V, 221. 222. 226. Katharina II. erzählt in ihren Memoires
(London 1859, p.
302), daß der Kanzler das Notificationsschreiben der
Abberufung Poniatowski's unter dem Vorwande eines Formfehlers nach
Warschau zurückgesandt habe.

ſeinem Liebesverkehr mit der Großfürſtin war 1), wiederholt
öffentlich ihr Bedauern über ſeine Abberufung. Woronzow und
Szuwalow boten ihre Dienſte an, die Sache rückgängig zu
machen; Eſterhazy und ſelbſt l’Hopital ſchrieben deshalb an
Brühl 2). Am wirkſamſten aber war, was Beſtucheff, von
der Großfürſtin gedrängt, that. Er nahm das Notifications-
ſchreiben des Warſchauer Hofes gar nicht an, ſondern bat
Praſſe, Brühl zu erſuchen, ihn zu den Füßen des Königs zu
legen und von Ihrer Majeſtät die Gnade zu erbitten, daß
doch dieſer Rappel noch einige Zeit ausgeſtellt bleiben möchte,
weil ſonſt der ſächſiſche Hof auf einmal ſeine Sachen in Peters-
burg für jetzt und künftig verderben, er ſelbſt aber dabei
auf eine ſo grauſame Art ſacrificirt werden würde, daß er
nicht wüßte, womit er dies verdient. Er könne verſichern, daß
Poniatowski ſeit langer Zeit weder in polniſchen Sachen, noch
wider die Franzoſen, noch in faveur des engliſchen Hofes was
vorgenommen. Als Praſſe darauf vorſtellte, die Rückberufung
ſei nicht mehr rückgängig zu machen, entgegnete der Kanzler:
„Wohlan, ſo kommt es darauf an, daß Sie Ihrem Hof in
meinem Namen die Erklärung thun, daß, wenn es dabei ſein
Bewenden haben ſoll, man ſich keine Rechnung mehr auf
mich zu machen hat.“ Er ſelbſt, den Praſſe in ſeinen Be-
richten einmal „den beſten und einzigen Freund und größte
Stütze“ Brühls nannte, ſchrieb in demſelben Sinne nach
Warſchau. Der Erfolg war, daß Poniatowski am 12. Ja-
nuar 1758 die Zurücknahme ſeiner Abberufung in Händen
hatte 3).

1) Raumer, Beiträge II, 452.
2) In Betreff l’Hopitals erfahren wir aus Boutaric I, 251, daß
er Antheil an der Zurückberufung Poniatowski’s gehabt hat. Ob an
dieſer oder an der 1758, weiß ich nicht. Die Notiz iſt vom 16. Mai
1760.
3) Stanisl. Aug., Pam., 277—282. Herrmann, Geſchichte Ruß-
lands V, 221. 222. 226. Katharina II. erzählt in ihren Mémoires
(London 1859, p.
302), daß der Kanzler das Notificationsſchreiben der
Abberufung Poniatowski’s unter dem Vorwande eines Formfehlers nach
Warſchau zurückgeſandt habe.
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[124/0138] ſeinem Liebesverkehr mit der Großfürſtin war 1), wiederholt öffentlich ihr Bedauern über ſeine Abberufung. Woronzow und Szuwalow boten ihre Dienſte an, die Sache rückgängig zu machen; Eſterhazy und ſelbſt l’Hopital ſchrieben deshalb an Brühl 2). Am wirkſamſten aber war, was Beſtucheff, von der Großfürſtin gedrängt, that. Er nahm das Notifications- ſchreiben des Warſchauer Hofes gar nicht an, ſondern bat Praſſe, Brühl zu erſuchen, ihn zu den Füßen des Königs zu legen und von Ihrer Majeſtät die Gnade zu erbitten, daß doch dieſer Rappel noch einige Zeit ausgeſtellt bleiben möchte, weil ſonſt der ſächſiſche Hof auf einmal ſeine Sachen in Peters- burg für jetzt und künftig verderben, er ſelbſt aber dabei auf eine ſo grauſame Art ſacrificirt werden würde, daß er nicht wüßte, womit er dies verdient. Er könne verſichern, daß Poniatowski ſeit langer Zeit weder in polniſchen Sachen, noch wider die Franzoſen, noch in faveur des engliſchen Hofes was vorgenommen. Als Praſſe darauf vorſtellte, die Rückberufung ſei nicht mehr rückgängig zu machen, entgegnete der Kanzler: „Wohlan, ſo kommt es darauf an, daß Sie Ihrem Hof in meinem Namen die Erklärung thun, daß, wenn es dabei ſein Bewenden haben ſoll, man ſich keine Rechnung mehr auf mich zu machen hat.“ Er ſelbſt, den Praſſe in ſeinen Be- richten einmal „den beſten und einzigen Freund und größte Stütze“ Brühls nannte, ſchrieb in demſelben Sinne nach Warſchau. Der Erfolg war, daß Poniatowski am 12. Ja- nuar 1758 die Zurücknahme ſeiner Abberufung in Händen hatte 3). 1) Raumer, Beiträge II, 452. 2) In Betreff l’Hopitals erfahren wir aus Boutaric I, 251, daß er Antheil an der Zurückberufung Poniatowski’s gehabt hat. Ob an dieſer oder an der 1758, weiß ich nicht. Die Notiz iſt vom 16. Mai 1760. 3) Stanisl. Aug., Pam., 277—282. Herrmann, Geſchichte Ruß- lands V, 221. 222. 226. Katharina II. erzählt in ihren Mémoires (London 1859, p. 302), daß der Kanzler das Notificationsſchreiben der Abberufung Poniatowski’s unter dem Vorwande eines Formfehlers nach Warſchau zurückgeſandt habe.

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Zitationshilfe: Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roepell_polen_1876/138>, abgerufen am 21.11.2024.