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Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.

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nur gegen Preußen gebraucht werden 1). Aber der Vertrag
war in Folge von Formfragen noch nicht ratificirt, als die
Nachricht von dem Abschluß Englands mit Preußen in Peters-
burg ankam. Die ganze politische Konstellation war verändert:
der Vertrag blieb ein Stück Papier. Rußland trat vielmehr
dem französisch-östreichischen Tractat vom 1. Mai 1756 bei
und fing an seiner Gränze mit Polen an, seine Truppen zu-
sammenzuziehen 2).

Nun klagten die Patrioten in Warschau bei Durand und
in ihren Briefen an Broglie nach Dresden, was denn aus
ihnen werden solle, ob Frankreich sie seiner neuen Freundschaft
mit Rußland opfern wolle? Sie erhielten nur leere Worte.
Der französische Bevollmächtigte in Petersburg, Douglas, habe
die Instruction, "seine guten Dienste zu Gunsten der Polen
zu verwenden"; Ludwig XV. habe in Wien wie in Petersburg
Ordre gegeben, vorzustellen, daß "jedes Unternehmen gegen die
Rechte, Freiheit und die territoriale Integrität Polens dem
neuen Bündniß entgegen sei". Broglie erhielt die Weisung,
er solle seine Sprache in Polen nicht ändern, sondern fort-
fahren zu versichern, daß "Se. Majestät stets die Freiheit der
Republik schützen werde, sowohl durch die guten Dienste, zu
welchen ihre neuen Verbindungen ihr die Möglichkeit gäben,
als auch durch die Begünstigung (graces), welche die ihr Vater-
land liebenden Bürger von ihr erhalten würden, um sie in den
Stand zu setzen, ihre Freiheit aufrecht zu halten". Broglie
selbst sagte bei Empfang dieser Instruction, dies Alles sei
leichter gesagt als gethan. Er that, was er konnte, und for-
derte Douglas in Petersburg auf, sich darum zu bemühen, daß
Rußland keine Truppen in Polen einrücken lasse, ohne sich vorher
mit Branicki geeinigt zu haben 3).

Rußland that grade das Gegentheil. Nicht mit den Pa-
trioten, sondern mit seinen alten Freunden verhandelte es über

1) Ranke, Ursprung etc. S. 131.
2) Der formelle Beitritt Rußlands zum Versailler Vertrag erfolgte
erst 11. Januar 1757.
3) Revue l. c., p. 788--92.
Roepell, Polen im 18. Jahrhundert. 8

nur gegen Preußen gebraucht werden 1). Aber der Vertrag
war in Folge von Formfragen noch nicht ratificirt, als die
Nachricht von dem Abſchluß Englands mit Preußen in Peters-
burg ankam. Die ganze politiſche Konſtellation war verändert:
der Vertrag blieb ein Stück Papier. Rußland trat vielmehr
dem franzöſiſch-öſtreichiſchen Tractat vom 1. Mai 1756 bei
und fing an ſeiner Gränze mit Polen an, ſeine Truppen zu-
ſammenzuziehen 2).

Nun klagten die Patrioten in Warſchau bei Durand und
in ihren Briefen an Broglie nach Dresden, was denn aus
ihnen werden ſolle, ob Frankreich ſie ſeiner neuen Freundſchaft
mit Rußland opfern wolle? Sie erhielten nur leere Worte.
Der franzöſiſche Bevollmächtigte in Petersburg, Douglas, habe
die Inſtruction, „ſeine guten Dienſte zu Gunſten der Polen
zu verwenden“; Ludwig XV. habe in Wien wie in Petersburg
Ordre gegeben, vorzuſtellen, daß „jedes Unternehmen gegen die
Rechte, Freiheit und die territoriale Integrität Polens dem
neuen Bündniß entgegen ſei“. Broglie erhielt die Weiſung,
er ſolle ſeine Sprache in Polen nicht ändern, ſondern fort-
fahren zu verſichern, daß „Se. Majeſtät ſtets die Freiheit der
Republik ſchützen werde, ſowohl durch die guten Dienſte, zu
welchen ihre neuen Verbindungen ihr die Möglichkeit gäben,
als auch durch die Begünſtigung (graces), welche die ihr Vater-
land liebenden Bürger von ihr erhalten würden, um ſie in den
Stand zu ſetzen, ihre Freiheit aufrecht zu halten“. Broglie
ſelbſt ſagte bei Empfang dieſer Inſtruction, dies Alles ſei
leichter geſagt als gethan. Er that, was er konnte, und for-
derte Douglas in Petersburg auf, ſich darum zu bemühen, daß
Rußland keine Truppen in Polen einrücken laſſe, ohne ſich vorher
mit Branicki geeinigt zu haben 3).

Rußland that grade das Gegentheil. Nicht mit den Pa-
trioten, ſondern mit ſeinen alten Freunden verhandelte es über

1) Ranke, Urſprung ꝛc. S. 131.
2) Der formelle Beitritt Rußlands zum Verſailler Vertrag erfolgte
erſt 11. Januar 1757.
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Roepell, Polen im 18. Jahrhundert. 8
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[113/0127] nur gegen Preußen gebraucht werden 1). Aber der Vertrag war in Folge von Formfragen noch nicht ratificirt, als die Nachricht von dem Abſchluß Englands mit Preußen in Peters- burg ankam. Die ganze politiſche Konſtellation war verändert: der Vertrag blieb ein Stück Papier. Rußland trat vielmehr dem franzöſiſch-öſtreichiſchen Tractat vom 1. Mai 1756 bei und fing an ſeiner Gränze mit Polen an, ſeine Truppen zu- ſammenzuziehen 2). Nun klagten die Patrioten in Warſchau bei Durand und in ihren Briefen an Broglie nach Dresden, was denn aus ihnen werden ſolle, ob Frankreich ſie ſeiner neuen Freundſchaft mit Rußland opfern wolle? Sie erhielten nur leere Worte. Der franzöſiſche Bevollmächtigte in Petersburg, Douglas, habe die Inſtruction, „ſeine guten Dienſte zu Gunſten der Polen zu verwenden“; Ludwig XV. habe in Wien wie in Petersburg Ordre gegeben, vorzuſtellen, daß „jedes Unternehmen gegen die Rechte, Freiheit und die territoriale Integrität Polens dem neuen Bündniß entgegen ſei“. Broglie erhielt die Weiſung, er ſolle ſeine Sprache in Polen nicht ändern, ſondern fort- fahren zu verſichern, daß „Se. Majeſtät ſtets die Freiheit der Republik ſchützen werde, ſowohl durch die guten Dienſte, zu welchen ihre neuen Verbindungen ihr die Möglichkeit gäben, als auch durch die Begünſtigung (graces), welche die ihr Vater- land liebenden Bürger von ihr erhalten würden, um ſie in den Stand zu ſetzen, ihre Freiheit aufrecht zu halten“. Broglie ſelbſt ſagte bei Empfang dieſer Inſtruction, dies Alles ſei leichter geſagt als gethan. Er that, was er konnte, und for- derte Douglas in Petersburg auf, ſich darum zu bemühen, daß Rußland keine Truppen in Polen einrücken laſſe, ohne ſich vorher mit Branicki geeinigt zu haben 3). Rußland that grade das Gegentheil. Nicht mit den Pa- trioten, ſondern mit ſeinen alten Freunden verhandelte es über 1) Ranke, Urſprung ꝛc. S. 131. 2) Der formelle Beitritt Rußlands zum Verſailler Vertrag erfolgte erſt 11. Januar 1757. 3) Revue l. c., p. 788—92. Roepell, Polen im 18. Jahrhundert. 8

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Zitationshilfe: Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roepell_polen_1876/127>, abgerufen am 21.11.2024.