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Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.

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stehenden Reichstage zu. Am 21. Juni 1754 kam August
nach Warschau und erließ von dort aus die üblichen Univer-
salien zur Berufung des Reichstags. Wenn man sie liest,
sollte man meinen den besten der Könige vor sich zu haben.
Er giebt sich darin zunächst selbst das Zeugniß, daß er nicht
daran Schuld sei, daß "das liebe Vaterland von allem guten
Rath entblößt, entkräftet und beinahe ohne Leben sei. Er habe
nie eigennützige Absichten weder für seine Person noch seine
Dynastie gehegt, sondern stets nur das Wohl der Republik,
ihre Befestigung, die Abstellung von Mißbräuchen, eine gute
Rechtspflege und Verwaltung, und die Vermehrung der Armee
im Auge gehabt. Auch jetzt wolle er als ein liebreicher Vater
allein für seiner Kinder Bestes sorgen; auch sie möchten sich
als ächte und wohlgeartete Söhne des Vaterlandes erweisen.
Er hoffe darauf, damit nicht auch dieser Reichstag fruchtlos
bleibe, sondern der Anfang des Wohlergehens werde." 1) Am
19. August fanden die Landtage statt, auf welchen es, wie her-
kömmlich, vielfach zu schlimmen Gewaltscenen kam. Viele, wie
die in Posen, Kalisch, Sieradz, Sandomir, Lublin, Brzesc,
Marienburg, Pommerellen, Volhynien, Rußland u. a., zer-
schlugen sich, ohne daß es zur Wahl kam. In Lucko wurden
etwa 40 Edelleute verwundet und zu Brzesc ward ein Edel-
mann an Seite des lithauischen Schatzmeisters Flemming in
Stücke gehauen; mit genauer Noth entging der letztere selbst
der Lebensgefahr.

Am 30. September wurde der Reichstag eröffnet. Die
wichtigern Vorlagen der Regierung waren theils die so oft
und immer vergeblich vorgebrachten, wie Vermehrung des
Heeres und der Kroneinkünfte, Absendung von Gesandten an
auswärtige Höfe u. a., theils neue aus den Zeitumständen her-
vorgangene, wie die Schlichtung der Ostrogkischen Angelegen-
heit und der Irrungen, welche zwischen Adel und Klerus ent-
standen waren.

Die Instructionen der größten Mehrzahl der Landboten

1) Stolterfoth a. a. O., S. 698 f.

ſtehenden Reichstage zu. Am 21. Juni 1754 kam Auguſt
nach Warſchau und erließ von dort aus die üblichen Univer-
ſalien zur Berufung des Reichstags. Wenn man ſie liest,
ſollte man meinen den beſten der Könige vor ſich zu haben.
Er giebt ſich darin zunächſt ſelbſt das Zeugniß, daß er nicht
daran Schuld ſei, daß „das liebe Vaterland von allem guten
Rath entblößt, entkräftet und beinahe ohne Leben ſei. Er habe
nie eigennützige Abſichten weder für ſeine Perſon noch ſeine
Dynaſtie gehegt, ſondern ſtets nur das Wohl der Republik,
ihre Befeſtigung, die Abſtellung von Mißbräuchen, eine gute
Rechtspflege und Verwaltung, und die Vermehrung der Armee
im Auge gehabt. Auch jetzt wolle er als ein liebreicher Vater
allein für ſeiner Kinder Beſtes ſorgen; auch ſie möchten ſich
als ächte und wohlgeartete Söhne des Vaterlandes erweiſen.
Er hoffe darauf, damit nicht auch dieſer Reichstag fruchtlos
bleibe, ſondern der Anfang des Wohlergehens werde.“ 1) Am
19. Auguſt fanden die Landtage ſtatt, auf welchen es, wie her-
kömmlich, vielfach zu ſchlimmen Gewaltſcenen kam. Viele, wie
die in Poſen, Kaliſch, Sieradz, Sandomir, Lublin, Brzesc,
Marienburg, Pommerellen, Volhynien, Rußland u. a., zer-
ſchlugen ſich, ohne daß es zur Wahl kam. In Lucko wurden
etwa 40 Edelleute verwundet und zu Brzesc ward ein Edel-
mann an Seite des lithauiſchen Schatzmeiſters Flemming in
Stücke gehauen; mit genauer Noth entging der letztere ſelbſt
der Lebensgefahr.

Am 30. September wurde der Reichstag eröffnet. Die
wichtigern Vorlagen der Regierung waren theils die ſo oft
und immer vergeblich vorgebrachten, wie Vermehrung des
Heeres und der Kroneinkünfte, Abſendung von Geſandten an
auswärtige Höfe u. a., theils neue aus den Zeitumſtänden her-
vorgangene, wie die Schlichtung der Oſtrogkiſchen Angelegen-
heit und der Irrungen, welche zwiſchen Adel und Klerus ent-
ſtanden waren.

Die Inſtructionen der größten Mehrzahl der Landboten

1) Stolterfoth a. a. O., S. 698 f.
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[103/0117] ſtehenden Reichstage zu. Am 21. Juni 1754 kam Auguſt nach Warſchau und erließ von dort aus die üblichen Univer- ſalien zur Berufung des Reichstags. Wenn man ſie liest, ſollte man meinen den beſten der Könige vor ſich zu haben. Er giebt ſich darin zunächſt ſelbſt das Zeugniß, daß er nicht daran Schuld ſei, daß „das liebe Vaterland von allem guten Rath entblößt, entkräftet und beinahe ohne Leben ſei. Er habe nie eigennützige Abſichten weder für ſeine Perſon noch ſeine Dynaſtie gehegt, ſondern ſtets nur das Wohl der Republik, ihre Befeſtigung, die Abſtellung von Mißbräuchen, eine gute Rechtspflege und Verwaltung, und die Vermehrung der Armee im Auge gehabt. Auch jetzt wolle er als ein liebreicher Vater allein für ſeiner Kinder Beſtes ſorgen; auch ſie möchten ſich als ächte und wohlgeartete Söhne des Vaterlandes erweiſen. Er hoffe darauf, damit nicht auch dieſer Reichstag fruchtlos bleibe, ſondern der Anfang des Wohlergehens werde.“ 1) Am 19. Auguſt fanden die Landtage ſtatt, auf welchen es, wie her- kömmlich, vielfach zu ſchlimmen Gewaltſcenen kam. Viele, wie die in Poſen, Kaliſch, Sieradz, Sandomir, Lublin, Brzesc, Marienburg, Pommerellen, Volhynien, Rußland u. a., zer- ſchlugen ſich, ohne daß es zur Wahl kam. In Lucko wurden etwa 40 Edelleute verwundet und zu Brzesc ward ein Edel- mann an Seite des lithauiſchen Schatzmeiſters Flemming in Stücke gehauen; mit genauer Noth entging der letztere ſelbſt der Lebensgefahr. Am 30. September wurde der Reichstag eröffnet. Die wichtigern Vorlagen der Regierung waren theils die ſo oft und immer vergeblich vorgebrachten, wie Vermehrung des Heeres und der Kroneinkünfte, Abſendung von Geſandten an auswärtige Höfe u. a., theils neue aus den Zeitumſtänden her- vorgangene, wie die Schlichtung der Oſtrogkiſchen Angelegen- heit und der Irrungen, welche zwiſchen Adel und Klerus ent- ſtanden waren. Die Inſtructionen der größten Mehrzahl der Landboten 1) Stolterfoth a. a. O., S. 698 f.

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Zitationshilfe: Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roepell_polen_1876/117>, abgerufen am 22.11.2024.