wie denn dieser in der That Mokranowski an der Spitze von Krontruppen nach Dubno sandte und durch ihn die Festung wie die Güter des Ordinats besetzen ließ. Auf der andern Seite rüsteten sich die Lubomirski Dubno wieder zu nehmen; Streitschriften für und wider erfüllten das Land und ver- mehrten die Aufregung; es schien, als ob es dieser Frage wegen zum Bürgerkriege kommen werde. Man sprach von einer Con- föderation und bereits wandten sich die Gegner der Czarto- ryski an Broglie, er solle ihnen die Geldmittel schaffen, sich zu rüsten. Branicki forderte zur Ausrüstung der Kronarmee allein 60,000 Dukaten, und erklärte gleichzeitig dem preußischen Residenten, daß er für den Fall einer Unterstützung der Czar- toryski durch russische Truppen auf eine gleiche Hilfe von Preußen vertraue 1). Auch Broglie's heißester Wunsch war die Conföderation; sie sollte den Einfluß Rußlands durch den Sturz der Czartoryski verdrängen, und überhaupt der Anfang der Ausführung seiner weitaussehenden Pläne sein 2). Aber Geld hatte auch er nicht und half sich daher mit Verheißungen, während sein Ministerium in Paris darüber in Schrecken ge- rieth, daß die Freunde Frankreichs sich conföderiren wollten. Es erwog, wie Frankreich, durch ganz Deutschland von Polen getrennt, seinen Freunden dort helfen sollte, falls die Russen zu Gunsten der Czartoryski einrückten? Selbst Conti schrieb an Broglie, der König wolle keinen gewaltsamen Zu- sammenstoß der Partheien; nur wenn die Czartoryski -- welchen, wie Broglie wissen wollte, Williams Geld und der russische Gesandte Truppen angeboten hatten -- zuerst angriffen, sei er geneigt, etwas Geld herzugeben. Inzwischen wandte sich der Primas Komorowski, ein Freund der Czartoryski, an den König, den Sturm zu beschwören. Auf seine Vorstellung be- fahl dieser Branicki, die Krontruppen von Dubno wegzuziehen und mahnte gleichzeitig die Lubomirski von allen Gewalt- schritten ab. Aller Erwartung wandte sich nun dem bevor-
1)Benoit, Bericht vom 13. März 1754.
2)Revue des deux mondes l. c., p. 300. Stanisl. Aug., Pamietn., p. 169.
wie denn dieſer in der That Mokranowski an der Spitze von Krontruppen nach Dubno ſandte und durch ihn die Feſtung wie die Güter des Ordinats beſetzen ließ. Auf der andern Seite rüſteten ſich die Lubomirski Dubno wieder zu nehmen; Streitſchriften für und wider erfüllten das Land und ver- mehrten die Aufregung; es ſchien, als ob es dieſer Frage wegen zum Bürgerkriege kommen werde. Man ſprach von einer Con- föderation und bereits wandten ſich die Gegner der Czarto- ryski an Broglie, er ſolle ihnen die Geldmittel ſchaffen, ſich zu rüſten. Branicki forderte zur Ausrüſtung der Kronarmee allein 60,000 Dukaten, und erklärte gleichzeitig dem preußiſchen Reſidenten, daß er für den Fall einer Unterſtützung der Czar- toryski durch ruſſiſche Truppen auf eine gleiche Hilfe von Preußen vertraue 1). Auch Broglie’s heißeſter Wunſch war die Conföderation; ſie ſollte den Einfluß Rußlands durch den Sturz der Czartoryski verdrängen, und überhaupt der Anfang der Ausführung ſeiner weitausſehenden Pläne ſein 2). Aber Geld hatte auch er nicht und half ſich daher mit Verheißungen, während ſein Miniſterium in Paris darüber in Schrecken ge- rieth, daß die Freunde Frankreichs ſich conföderiren wollten. Es erwog, wie Frankreich, durch ganz Deutſchland von Polen getrennt, ſeinen Freunden dort helfen ſollte, falls die Ruſſen zu Gunſten der Czartoryski einrückten? Selbſt Conti ſchrieb an Broglie, der König wolle keinen gewaltſamen Zu- ſammenſtoß der Partheien; nur wenn die Czartoryski — welchen, wie Broglie wiſſen wollte, Williams Geld und der ruſſiſche Geſandte Truppen angeboten hatten — zuerſt angriffen, ſei er geneigt, etwas Geld herzugeben. Inzwiſchen wandte ſich der Primas Komorowski, ein Freund der Czartoryski, an den König, den Sturm zu beſchwören. Auf ſeine Vorſtellung be- fahl dieſer Branicki, die Krontruppen von Dubno wegzuziehen und mahnte gleichzeitig die Lubomirski von allen Gewalt- ſchritten ab. Aller Erwartung wandte ſich nun dem bevor-
1)Benoit, Bericht vom 13. März 1754.
2)Revue des deux mondes l. c., p. 300. Stanisl. Aug., Pamiętn., p. 169.
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wie denn dieſer in der That Mokranowski an der Spitze von
Krontruppen nach Dubno ſandte und durch ihn die Feſtung
wie die Güter des Ordinats beſetzen ließ. Auf der andern
Seite rüſteten ſich die Lubomirski Dubno wieder zu nehmen;
Streitſchriften für und wider erfüllten das Land und ver-
mehrten die Aufregung; es ſchien, als ob es dieſer Frage wegen
zum Bürgerkriege kommen werde. Man ſprach von einer Con-
föderation und bereits wandten ſich die Gegner der Czarto-
ryski an Broglie, er ſolle ihnen die Geldmittel ſchaffen, ſich
zu rüſten. Branicki forderte zur Ausrüſtung der Kronarmee
allein 60,000 Dukaten, und erklärte gleichzeitig dem preußiſchen
Reſidenten, daß er für den Fall einer Unterſtützung der Czar-
toryski durch ruſſiſche Truppen auf eine gleiche Hilfe von
Preußen vertraue 1). Auch Broglie’s heißeſter Wunſch war
die Conföderation; ſie ſollte den Einfluß Rußlands durch den
Sturz der Czartoryski verdrängen, und überhaupt der Anfang
der Ausführung ſeiner weitausſehenden Pläne ſein 2). Aber
Geld hatte auch er nicht und half ſich daher mit Verheißungen,
während ſein Miniſterium in Paris darüber in Schrecken ge-
rieth, daß die Freunde Frankreichs ſich conföderiren wollten.
Es erwog, wie Frankreich, durch ganz Deutſchland von
Polen getrennt, ſeinen Freunden dort helfen ſollte, falls die
Ruſſen zu Gunſten der Czartoryski einrückten? Selbſt Conti
ſchrieb an Broglie, der König wolle keinen gewaltſamen Zu-
ſammenſtoß der Partheien; nur wenn die Czartoryski — welchen,
wie Broglie wiſſen wollte, Williams Geld und der ruſſiſche
Geſandte Truppen angeboten hatten — zuerſt angriffen, ſei er
geneigt, etwas Geld herzugeben. Inzwiſchen wandte ſich der
Primas Komorowski, ein Freund der Czartoryski, an den
König, den Sturm zu beſchwören. Auf ſeine Vorſtellung be-
fahl dieſer Branicki, die Krontruppen von Dubno wegzuziehen
und mahnte gleichzeitig die Lubomirski von allen Gewalt-
ſchritten ab. Aller Erwartung wandte ſich nun dem bevor-
1) Benoit, Bericht vom 13. März 1754.
2) Revue des deux mondes l. c., p. 300. Stanisl. Aug., Pamiętn.,
p. 169.
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Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roepell_polen_1876/116>, abgerufen am 16.02.2025.
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