Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Röntgen, Wilhelm Conrad: Ueber eine neue Art von Strahlen. Vorläufige Mittheilung. 2. Aufl. Würzburg, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

Dass man mit Linsen die X-Strahlen nicht concentriren
kann, ist nach dem Mitgetheilten selbstverständlich; eine grosse
Hartgummilinse und eine Glaslinse erwiesen sich in der That
als wirkungslos. Das Schattenbild eines runden Stabes ist in
der Mitte dunkler als am Rande; dasjenige einer Röhre, die mit
einer Substanz gefüllt ist, die durchlässiger ist als das Material
der Röhre, ist in der Mitte heller als am Rande.

8. Die Frage nach der Reflexion der X-Strahlen ist durch
die Versuche des vorigen Paragraphen als in dem Sinne erledigt
zu betrachten, dass eine merkliche regelmässige Zurückwerfung
der Strahlen an keiner der untersuchten Substanzen stattfindet.
Andere Versuche, die ich hier übergehen will, führen zu dem-
selben Resultat.

Indessen ist eine Beobachtung zu erwähnen, die auf den
ersten Blick das Gegentheil zu ergeben scheint. Ich exponirte
eine durch schwarzes Papier gegen Lichtstrahlen geschützte
photographische Platte, mit der Glasseite dem Entladungsapparat
zugewendet, den X-Strahlen; die empfindliche Schicht war bis auf
einen frei bleibenden Theil mit blanken Platten aus Platin, Blei,
Zink und Aluminium in sternförmiger Anordnung bedeckt. Auf
dem entwickelten Negativ ist deutlich zu erkennen, dass die
Schwärzung unter dem Platin, dem Blei und besonders unter dem
Zink stärker ist als an den anderen Stellen; das Aluminium hatte
gar keine Wirkung ausgeübt. Es scheint somit, dass die drei ge-
nannten Metalle die Strahlen reflectiren; indessen wären noch
andere Ursachen für die stärkere Schwärzung denkbar, und um
sicher zu gehen, legte ich bei einem zweiten Versuch zwischen die
empfindliche Schicht und die Metallplatten ein Stück dünnes Blatt-
aluminium, welches für ultraviolette Strahlen undurchlässig, da-
gegen für die X-Strahlen sehr durchlässig ist. Da auch jetzt wieder
im Wesentlichen dasselbe Resultat erhalten wurde, so ist eine Re-
flexion von X-Strahlen an den genannten Metallen nachgewiesen.

Hält man diese Thatsache zusammen mit der Beobachtung, dass
Pulver ebenso durchlässig sind, wie cohärente Körper, dass weiter
Körper mit rauher Oberfläche sich beim Durchgang der X-Strahlen,
wie auch bei dem zuletzt beschriebenen Versuch ganz gleich wie
polirte Körper verhalten, so kommt man zu der Anschauung,
dass zwar eine regelmässige Reflexion, wie gesagt, nicht statt-
findet, dass aber die Körper sich den X-Strahlen gegenüber
ähnlich verhalten, wie die trüben Medien dem Licht gegenüber.

Dass man mit Linsen die X-Strahlen nicht concentriren
kann, ist nach dem Mitgetheilten selbstverständlich; eine grosse
Hartgummilinse und eine Glaslinse erwiesen sich in der That
als wirkungslos. Das Schattenbild eines runden Stabes ist in
der Mitte dunkler als am Rande; dasjenige einer Röhre, die mit
einer Substanz gefüllt ist, die durchlässiger ist als das Material
der Röhre, ist in der Mitte heller als am Rande.

8. Die Frage nach der Reflexion der X-Strahlen ist durch
die Versuche des vorigen Paragraphen als in dem Sinne erledigt
zu betrachten, dass eine merkliche regelmässige Zurückwerfung
der Strahlen an keiner der untersuchten Substanzen stattfindet.
Andere Versuche, die ich hier übergehen will, führen zu dem-
selben Resultat.

Indessen ist eine Beobachtung zu erwähnen, die auf den
ersten Blick das Gegentheil zu ergeben scheint. Ich exponirte
eine durch schwarzes Papier gegen Lichtstrahlen geschützte
photographische Platte, mit der Glasseite dem Entladungsapparat
zugewendet, den X-Strahlen; die empfindliche Schicht war bis auf
einen frei bleibenden Theil mit blanken Platten aus Platin, Blei,
Zink und Aluminium in sternförmiger Anordnung bedeckt. Auf
dem entwickelten Negativ ist deutlich zu erkennen, dass die
Schwärzung unter dem Platin, dem Blei und besonders unter dem
Zink stärker ist als an den anderen Stellen; das Aluminium hatte
gar keine Wirkung ausgeübt. Es scheint somit, dass die drei ge-
nannten Metalle die Strahlen reflectiren; indessen wären noch
andere Ursachen für die stärkere Schwärzung denkbar, und um
sicher zu gehen, legte ich bei einem zweiten Versuch zwischen die
empfindliche Schicht und die Metallplatten ein Stück dünnes Blatt-
aluminium, welches für ultraviolette Strahlen undurchlässig, da-
gegen für die X-Strahlen sehr durchlässig ist. Da auch jetzt wieder
im Wesentlichen dasselbe Resultat erhalten wurde, so ist eine Re-
flexion von X-Strahlen an den genannten Metallen nachgewiesen.

Hält man diese Thatsache zusammen mit der Beobachtung, dass
Pulver ebenso durchlässig sind, wie cohärente Körper, dass weiter
Körper mit rauher Oberfläche sich beim Durchgang der X-Strahlen,
wie auch bei dem zuletzt beschriebenen Versuch ganz gleich wie
polirte Körper verhalten, so kommt man zu der Anschauung,
dass zwar eine regelmässige Reflexion, wie gesagt, nicht statt-
findet, dass aber die Körper sich den X-Strahlen gegenüber
ähnlich verhalten, wie die trüben Medien dem Licht gegenüber.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0015" n="8"/>
        <p>Dass man mit Linsen die X-Strahlen nicht concentriren<lb/>
kann, ist nach dem Mitgetheilten selbstverständlich; eine grosse<lb/>
Hartgummilinse und eine Glaslinse erwiesen sich in der That<lb/>
als wirkungslos. Das Schattenbild eines runden Stabes ist in<lb/>
der Mitte dunkler als am Rande; dasjenige einer Röhre, die mit<lb/>
einer Substanz gefüllt ist, die durchlässiger ist als das Material<lb/>
der Röhre, ist in der Mitte heller als am Rande.</p><lb/>
        <p>8. Die Frage nach der Reflexion der X-Strahlen ist durch<lb/>
die Versuche des vorigen Paragraphen als in dem Sinne erledigt<lb/>
zu betrachten, dass eine merkliche regelmässige Zurückwerfung<lb/>
der Strahlen an keiner der untersuchten Substanzen stattfindet.<lb/>
Andere Versuche, die ich hier übergehen will, führen zu dem-<lb/>
selben Resultat.</p><lb/>
        <p>Indessen ist eine Beobachtung zu erwähnen, die auf den<lb/>
ersten Blick das Gegentheil zu ergeben scheint. Ich exponirte<lb/>
eine durch schwarzes Papier gegen Lichtstrahlen geschützte<lb/>
photographische Platte, mit der Glasseite dem Entladungsapparat<lb/>
zugewendet, den X-Strahlen; die empfindliche Schicht war bis auf<lb/>
einen frei bleibenden Theil mit blanken Platten aus Platin, Blei,<lb/>
Zink und Aluminium in sternförmiger Anordnung bedeckt. Auf<lb/>
dem entwickelten Negativ ist deutlich zu erkennen, dass die<lb/>
Schwärzung unter dem Platin, dem Blei und besonders unter dem<lb/>
Zink stärker ist als an den anderen Stellen; das Aluminium hatte<lb/>
gar keine Wirkung ausgeübt. Es scheint somit, dass die drei ge-<lb/>
nannten Metalle die Strahlen reflectiren; indessen wären noch<lb/>
andere Ursachen für die stärkere Schwärzung denkbar, und um<lb/>
sicher zu gehen, legte ich bei einem zweiten Versuch zwischen die<lb/>
empfindliche Schicht und die Metallplatten ein Stück dünnes Blatt-<lb/>
aluminium, welches für ultraviolette Strahlen undurchlässig, da-<lb/>
gegen für die X-Strahlen sehr durchlässig ist. Da auch jetzt wieder<lb/>
im Wesentlichen dasselbe Resultat erhalten wurde, so ist eine Re-<lb/>
flexion von X-Strahlen an den genannten Metallen nachgewiesen.</p><lb/>
        <p>Hält man diese Thatsache zusammen mit der Beobachtung, dass<lb/>
Pulver ebenso durchlässig sind, wie cohärente Körper, dass weiter<lb/>
Körper mit rauher Oberfläche sich beim Durchgang der X-Strahlen,<lb/>
wie auch bei dem zuletzt beschriebenen Versuch ganz gleich wie<lb/>
polirte Körper verhalten, so kommt man zu der Anschauung,<lb/>
dass zwar eine regelmässige Reflexion, wie gesagt, nicht statt-<lb/>
findet, dass aber die Körper sich den X-Strahlen gegenüber<lb/>
ähnlich verhalten, wie die trüben Medien dem Licht gegenüber.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[8/0015] Dass man mit Linsen die X-Strahlen nicht concentriren kann, ist nach dem Mitgetheilten selbstverständlich; eine grosse Hartgummilinse und eine Glaslinse erwiesen sich in der That als wirkungslos. Das Schattenbild eines runden Stabes ist in der Mitte dunkler als am Rande; dasjenige einer Röhre, die mit einer Substanz gefüllt ist, die durchlässiger ist als das Material der Röhre, ist in der Mitte heller als am Rande. 8. Die Frage nach der Reflexion der X-Strahlen ist durch die Versuche des vorigen Paragraphen als in dem Sinne erledigt zu betrachten, dass eine merkliche regelmässige Zurückwerfung der Strahlen an keiner der untersuchten Substanzen stattfindet. Andere Versuche, die ich hier übergehen will, führen zu dem- selben Resultat. Indessen ist eine Beobachtung zu erwähnen, die auf den ersten Blick das Gegentheil zu ergeben scheint. Ich exponirte eine durch schwarzes Papier gegen Lichtstrahlen geschützte photographische Platte, mit der Glasseite dem Entladungsapparat zugewendet, den X-Strahlen; die empfindliche Schicht war bis auf einen frei bleibenden Theil mit blanken Platten aus Platin, Blei, Zink und Aluminium in sternförmiger Anordnung bedeckt. Auf dem entwickelten Negativ ist deutlich zu erkennen, dass die Schwärzung unter dem Platin, dem Blei und besonders unter dem Zink stärker ist als an den anderen Stellen; das Aluminium hatte gar keine Wirkung ausgeübt. Es scheint somit, dass die drei ge- nannten Metalle die Strahlen reflectiren; indessen wären noch andere Ursachen für die stärkere Schwärzung denkbar, und um sicher zu gehen, legte ich bei einem zweiten Versuch zwischen die empfindliche Schicht und die Metallplatten ein Stück dünnes Blatt- aluminium, welches für ultraviolette Strahlen undurchlässig, da- gegen für die X-Strahlen sehr durchlässig ist. Da auch jetzt wieder im Wesentlichen dasselbe Resultat erhalten wurde, so ist eine Re- flexion von X-Strahlen an den genannten Metallen nachgewiesen. Hält man diese Thatsache zusammen mit der Beobachtung, dass Pulver ebenso durchlässig sind, wie cohärente Körper, dass weiter Körper mit rauher Oberfläche sich beim Durchgang der X-Strahlen, wie auch bei dem zuletzt beschriebenen Versuch ganz gleich wie polirte Körper verhalten, so kommt man zu der Anschauung, dass zwar eine regelmässige Reflexion, wie gesagt, nicht statt- findet, dass aber die Körper sich den X-Strahlen gegenüber ähnlich verhalten, wie die trüben Medien dem Licht gegenüber.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der erste Teil von Konrad Röntgens Aufsatz "Über … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/roentgen_strahlen_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/roentgen_strahlen_1896/15
Zitationshilfe: Röntgen, Wilhelm Conrad: Ueber eine neue Art von Strahlen. Vorläufige Mittheilung. 2. Aufl. Würzburg, 1896, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roentgen_strahlen_1896/15>, abgerufen am 24.11.2024.