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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923.

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dankenswerte Aufgabe der ungarischen Eisenbahnpolitik vollzogen. Zunächst erfolgte der Abschluß der mit der Siebenbürger Bahn wie auch mit der Donau-Drau-Bahn vereinbarten Verträge über die sogleiche Einlösung dieser Bahnen durch den Staat (Gesetzartikel XXIX und XXX), sohin erfolgte der Abschluß eines gleichen Vertrags mit der Alfölder Bahn (Gesetzartikel XXXIX vom Jahre 1884). Durch den Zuwachs dieser Linien hat das Netz der ungarischen Staatsbahnen eine grundlegende Ausgestaltung erfahren, denn mit Ausnahme der in die staatliche Linie Budapest-Fiume eingekeilten Südbahnstrecke Buda-Zakany, die aber durch das Verhältnis, in dem die Budapest-Pecser Bahn (Budapest-Pecsi vasut) zur Regierung steht, entbehrt werden konnte, besaß dieses Netz allein schon die von dem großen Reformator Szechenyi einst überhaupt für Ungarn ersehnten, von der Landeshauptstadt aus strahlenförmig nach allen Weltgegenden bis ganz oder hart an die Grenze des Landes führenden Schienenwege, die, untereinander verbunden, nirgends einem fremden Einfluß ausgesetzt, somit der Regierung ein ausreichendes Mittel boten, den gesamten Verkehr des Landes zu beherrschen.

Mit Gesetzartikel VIII und IX vom Jahre 1884 wurde der Bau der Linien Munkacs-Beskid (eröffnet 1887) und Szabadka-Baja (eröffnet 1885) als Staatsbahnen angeordnet. Konzessioniert wurde 1884 mit Gesetzartikel X die Strecke Csacza-Zwardon (Eigentum der ungarischen Staatsbahnen, eröffnet 1884, seit 1892 im Betrieb der Kassa-Oderberger Bahn).

In der Zeit von 1885-1889 wurden nur einzelne kleine Hauptbahnstrecken sichergestellt, u. zw. 1885 Szered-Galgocz-Lipotvar, 1887 Hölak-Trencsenteplicz-Vlarapaß, die Verbindung Györ-Donauufer, 1888 die Verbindung Rakospalota-Ujpest-Rakos-Budapest-Angyalföld.

Das Jahr 1889 brachte neuerlich eine Fortsetzung der Verstaatlichungsaktion. Mit 1. Januar sind nämlich die ungarisch-galizische Eisenbahn (s. d.) und ungarische Westbahn (s. d.) (Magyar nyugoti vasut) (Gesetzartikel XIV) in den Betrieb und die Budapest-Pecser Eisenbahn (Budapest-Pecsi vasut) (Gesetzartikel XV) in den Besitz des Staates übergegangen. Mit der Erwerbung der Budapest-Pecser Eisenbahn hat der Staat eine von der Südbahn völlig unabhängige, von der Landeshauptstadt bis an die Adria reichende Schienenstraße inne, und da er die Rechte und Pflichten aus den zwischen der Budapest-Pecser und der Pecs-Barcser (Pecs-Barcsi vasut) sowie der Mohacs-Pecser Bahn (Mohacs-Pecsi vasut) bestehenden Betriebs- und Peageverträgen mit übernahm, auch die Betriebsführung der beiden letztgenannten Bahnen, was wieder der ungarischen Regierung die Einflußnahme auf die Donau-Dampfschiffahrt erleichtert. Es blieben nur mehr 2 garantierte Privatbahnen in Selbstbetrieb: die Kassa-Oderberger und die Nordostbahn. Was die Arad-Temesvarer Bahn anbelangt, so befand sich dieselbe wohl im staatlichen Betrieb, allein es hatten sich zwischen der Betriebsführerin und der österreichisch-ungarischen Staatseisenbahngesellschaft als Besitzerin sämtlicher Aktien naturgemäß erhebliche Meinungsverschiedenheiten, namentlich in Tarif fragen, herausgebildet, die eine Verstaatlichung der Arad-Temesvarer Bahn wünschenswert erscheinen ließen. Die Kassa-Oderberger Bahn, die österreichisches und ungarisches Gebiet durchzieht, hatte sich der staatlichen Politik Ungarns vollkommen angepaßt, so sehr, daß sie auf ihren ungarischen Linien nicht nur die Gütertarife, sondern auch die niedrigen Personentarife der ungarischen Staatsbahnen übernahm. Im Jahre 1921 wurden auf Grund eines von der tschecho-slowakischen Regierung mit der Kassa-Oderbergerbahn abgeschlossenen Betriebsvertrages die Linien der letzteren (432 km) auf Konzessionsdauer für Rechnung des Staates in Betrieb genommen. Was endlich die ungarische Nordostbahn betrifft, so wurde auf ihr das gesamte Tarifwesen der staatlichen Einflußnahme unterworfen. Wie sehr die Bahn durch diese Umgestaltung in den Dienst der staatlichen Interessen gestellt wurde, geht daraus hervor, daß ihr die Verwaltung der inzwischen durch den Staat übernommenen ungarisch-galizischen Bahn übertragen worden ist.

Gesetzartikel XXXI vom Jahre 1890 erteilt der Regierung die Ermächtigung, die Linien der ungarischen Nordostbahn nach der bisher üblichen Modalität einer Präliminareinlösung zu verstaatlichen, von welcher Ermächtigung Gebrauch machend die Regierung den Vertrag noch 1890 abschloß. Dieser Vertrag wurde mit Gesetzartikel II vom Jahre 1891 genehmigt.

1890 erfolgt die Sequestration der Arad-Temesvarer Bahn.

Nachdem die Verhandlungen über die Verstaatlichung der Arad-Temesvarer Bahn zu keinem Ziel führten, wurde auf Grund des Gesetzartikels XXIII vom Jahre 1883 1890 über die Bahn die Sequestration verhängt, wodurch wenigstens der tarifarische Einfluß der ungarischen Staatsbahnverwaltung bis nach Temesvar ausgedehnt wurde.

In das Jahr 1891 fällt der vorläufige Abschluß der Verstaatlichungsaktion. Mit Gesetzartikel XXXVIII vom Jahre 1891 wurden nämlich die ungarischen Linien der österreichisch-ungarischen

dankenswerte Aufgabe der ungarischen Eisenbahnpolitik vollzogen. Zunächst erfolgte der Abschluß der mit der Siebenbürger Bahn wie auch mit der Donau-Drau-Bahn vereinbarten Verträge über die sogleiche Einlösung dieser Bahnen durch den Staat (Gesetzartikel XXIX und XXX), sohin erfolgte der Abschluß eines gleichen Vertrags mit der Alfölder Bahn (Gesetzartikel XXXIX vom Jahre 1884). Durch den Zuwachs dieser Linien hat das Netz der ungarischen Staatsbahnen eine grundlegende Ausgestaltung erfahren, denn mit Ausnahme der in die staatliche Linie Budapest-Fiume eingekeilten Südbahnstrecke Buda-Zákány, die aber durch das Verhältnis, in dem die Budapest-Pécser Bahn (Budapest-Pécsi vasút) zur Regierung steht, entbehrt werden konnte, besaß dieses Netz allein schon die von dem großen Reformator Széchényi einst überhaupt für Ungarn ersehnten, von der Landeshauptstadt aus strahlenförmig nach allen Weltgegenden bis ganz oder hart an die Grenze des Landes führenden Schienenwege, die, untereinander verbunden, nirgends einem fremden Einfluß ausgesetzt, somit der Regierung ein ausreichendes Mittel boten, den gesamten Verkehr des Landes zu beherrschen.

Mit Gesetzartikel VIII und IX vom Jahre 1884 wurde der Bau der Linien Munkács-Beskid (eröffnet 1887) und Szabadka-Baja (eröffnet 1885) als Staatsbahnen angeordnet. Konzessioniert wurde 1884 mit Gesetzartikel X die Strecke Csácza-Zwardon (Eigentum der ungarischen Staatsbahnen, eröffnet 1884, seit 1892 im Betrieb der Kassa-Oderberger Bahn).

In der Zeit von 1885–1889 wurden nur einzelne kleine Hauptbahnstrecken sichergestellt, u. zw. 1885 Szered-Galgócz-Lipótvár, 1887 Hölak-Trencsénteplicz-Vlarapaß, die Verbindung Györ-Donauufer, 1888 die Verbindung Rákospalota-Újpest-Rákos-Budapest-Angyalföld.

Das Jahr 1889 brachte neuerlich eine Fortsetzung der Verstaatlichungsaktion. Mit 1. Januar sind nämlich die ungarisch-galizische Eisenbahn (s. d.) und ungarische Westbahn (s. d.) (Magyar nyugoti vasút) (Gesetzartikel XIV) in den Betrieb und die Budapest-Pécser Eisenbahn (Budapest-Pécsi vasút) (Gesetzartikel XV) in den Besitz des Staates übergegangen. Mit der Erwerbung der Budapest-Pécser Eisenbahn hat der Staat eine von der Südbahn völlig unabhängige, von der Landeshauptstadt bis an die Adria reichende Schienenstraße inne, und da er die Rechte und Pflichten aus den zwischen der Budapest-Pécser und der Pécs-Barcser (Pécs-Barcsi vasút) sowie der Mohács-Pécser Bahn (Mohács-Pécsi vasút) bestehenden Betriebs- und Péageverträgen mit übernahm, auch die Betriebsführung der beiden letztgenannten Bahnen, was wieder der ungarischen Regierung die Einflußnahme auf die Donau-Dampfschiffahrt erleichtert. Es blieben nur mehr 2 garantierte Privatbahnen in Selbstbetrieb: die Kassa-Oderberger und die Nordostbahn. Was die Arad-Temesvárer Bahn anbelangt, so befand sich dieselbe wohl im staatlichen Betrieb, allein es hatten sich zwischen der Betriebsführerin und der österreichisch-ungarischen Staatseisenbahngesellschaft als Besitzerin sämtlicher Aktien naturgemäß erhebliche Meinungsverschiedenheiten, namentlich in Tarif fragen, herausgebildet, die eine Verstaatlichung der Arad-Temesvárer Bahn wünschenswert erscheinen ließen. Die Kassa-Oderberger Bahn, die österreichisches und ungarisches Gebiet durchzieht, hatte sich der staatlichen Politik Ungarns vollkommen angepaßt, so sehr, daß sie auf ihren ungarischen Linien nicht nur die Gütertarife, sondern auch die niedrigen Personentarife der ungarischen Staatsbahnen übernahm. Im Jahre 1921 wurden auf Grund eines von der tschecho-slowakischen Regierung mit der Kassa-Oderbergerbahn abgeschlossenen Betriebsvertrages die Linien der letzteren (432 km) auf Konzessionsdauer für Rechnung des Staates in Betrieb genommen. Was endlich die ungarische Nordostbahn betrifft, so wurde auf ihr das gesamte Tarifwesen der staatlichen Einflußnahme unterworfen. Wie sehr die Bahn durch diese Umgestaltung in den Dienst der staatlichen Interessen gestellt wurde, geht daraus hervor, daß ihr die Verwaltung der inzwischen durch den Staat übernommenen ungarisch-galizischen Bahn übertragen worden ist.

Gesetzartikel XXXI vom Jahre 1890 erteilt der Regierung die Ermächtigung, die Linien der ungarischen Nordostbahn nach der bisher üblichen Modalität einer Präliminareinlösung zu verstaatlichen, von welcher Ermächtigung Gebrauch machend die Regierung den Vertrag noch 1890 abschloß. Dieser Vertrag wurde mit Gesetzartikel II vom Jahre 1891 genehmigt.

1890 erfolgt die Sequestration der Arad-Temesvárer Bahn.

Nachdem die Verhandlungen über die Verstaatlichung der Arad-Temesvárer Bahn zu keinem Ziel führten, wurde auf Grund des Gesetzartikels XXIII vom Jahre 1883 1890 über die Bahn die Sequestration verhängt, wodurch wenigstens der tarifarische Einfluß der ungarischen Staatsbahnverwaltung bis nach Temesvár ausgedehnt wurde.

In das Jahr 1891 fällt der vorläufige Abschluß der Verstaatlichungsaktion. Mit Gesetzartikel XXXVIII vom Jahre 1891 wurden nämlich die ungarischen Linien der österreichisch-ungarischen

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[57/0069] dankenswerte Aufgabe der ungarischen Eisenbahnpolitik vollzogen. Zunächst erfolgte der Abschluß der mit der Siebenbürger Bahn wie auch mit der Donau-Drau-Bahn vereinbarten Verträge über die sogleiche Einlösung dieser Bahnen durch den Staat (Gesetzartikel XXIX und XXX), sohin erfolgte der Abschluß eines gleichen Vertrags mit der Alfölder Bahn (Gesetzartikel XXXIX vom Jahre 1884). Durch den Zuwachs dieser Linien hat das Netz der ungarischen Staatsbahnen eine grundlegende Ausgestaltung erfahren, denn mit Ausnahme der in die staatliche Linie Budapest-Fiume eingekeilten Südbahnstrecke Buda-Zákány, die aber durch das Verhältnis, in dem die Budapest-Pécser Bahn (Budapest-Pécsi vasút) zur Regierung steht, entbehrt werden konnte, besaß dieses Netz allein schon die von dem großen Reformator Széchényi einst überhaupt für Ungarn ersehnten, von der Landeshauptstadt aus strahlenförmig nach allen Weltgegenden bis ganz oder hart an die Grenze des Landes führenden Schienenwege, die, untereinander verbunden, nirgends einem fremden Einfluß ausgesetzt, somit der Regierung ein ausreichendes Mittel boten, den gesamten Verkehr des Landes zu beherrschen. Mit Gesetzartikel VIII und IX vom Jahre 1884 wurde der Bau der Linien Munkács-Beskid (eröffnet 1887) und Szabadka-Baja (eröffnet 1885) als Staatsbahnen angeordnet. Konzessioniert wurde 1884 mit Gesetzartikel X die Strecke Csácza-Zwardon (Eigentum der ungarischen Staatsbahnen, eröffnet 1884, seit 1892 im Betrieb der Kassa-Oderberger Bahn). In der Zeit von 1885–1889 wurden nur einzelne kleine Hauptbahnstrecken sichergestellt, u. zw. 1885 Szered-Galgócz-Lipótvár, 1887 Hölak-Trencsénteplicz-Vlarapaß, die Verbindung Györ-Donauufer, 1888 die Verbindung Rákospalota-Újpest-Rákos-Budapest-Angyalföld. Das Jahr 1889 brachte neuerlich eine Fortsetzung der Verstaatlichungsaktion. Mit 1. Januar sind nämlich die ungarisch-galizische Eisenbahn (s. d.) und ungarische Westbahn (s. d.) (Magyar nyugoti vasút) (Gesetzartikel XIV) in den Betrieb und die Budapest-Pécser Eisenbahn (Budapest-Pécsi vasút) (Gesetzartikel XV) in den Besitz des Staates übergegangen. Mit der Erwerbung der Budapest-Pécser Eisenbahn hat der Staat eine von der Südbahn völlig unabhängige, von der Landeshauptstadt bis an die Adria reichende Schienenstraße inne, und da er die Rechte und Pflichten aus den zwischen der Budapest-Pécser und der Pécs-Barcser (Pécs-Barcsi vasút) sowie der Mohács-Pécser Bahn (Mohács-Pécsi vasút) bestehenden Betriebs- und Péageverträgen mit übernahm, auch die Betriebsführung der beiden letztgenannten Bahnen, was wieder der ungarischen Regierung die Einflußnahme auf die Donau-Dampfschiffahrt erleichtert. Es blieben nur mehr 2 garantierte Privatbahnen in Selbstbetrieb: die Kassa-Oderberger und die Nordostbahn. Was die Arad-Temesvárer Bahn anbelangt, so befand sich dieselbe wohl im staatlichen Betrieb, allein es hatten sich zwischen der Betriebsführerin und der österreichisch-ungarischen Staatseisenbahngesellschaft als Besitzerin sämtlicher Aktien naturgemäß erhebliche Meinungsverschiedenheiten, namentlich in Tarif fragen, herausgebildet, die eine Verstaatlichung der Arad-Temesvárer Bahn wünschenswert erscheinen ließen. Die Kassa-Oderberger Bahn, die österreichisches und ungarisches Gebiet durchzieht, hatte sich der staatlichen Politik Ungarns vollkommen angepaßt, so sehr, daß sie auf ihren ungarischen Linien nicht nur die Gütertarife, sondern auch die niedrigen Personentarife der ungarischen Staatsbahnen übernahm. Im Jahre 1921 wurden auf Grund eines von der tschecho-slowakischen Regierung mit der Kassa-Oderbergerbahn abgeschlossenen Betriebsvertrages die Linien der letzteren (432 km) auf Konzessionsdauer für Rechnung des Staates in Betrieb genommen. Was endlich die ungarische Nordostbahn betrifft, so wurde auf ihr das gesamte Tarifwesen der staatlichen Einflußnahme unterworfen. Wie sehr die Bahn durch diese Umgestaltung in den Dienst der staatlichen Interessen gestellt wurde, geht daraus hervor, daß ihr die Verwaltung der inzwischen durch den Staat übernommenen ungarisch-galizischen Bahn übertragen worden ist. Gesetzartikel XXXI vom Jahre 1890 erteilt der Regierung die Ermächtigung, die Linien der ungarischen Nordostbahn nach der bisher üblichen Modalität einer Präliminareinlösung zu verstaatlichen, von welcher Ermächtigung Gebrauch machend die Regierung den Vertrag noch 1890 abschloß. Dieser Vertrag wurde mit Gesetzartikel II vom Jahre 1891 genehmigt. 1890 erfolgt die Sequestration der Arad-Temesvárer Bahn. Nachdem die Verhandlungen über die Verstaatlichung der Arad-Temesvárer Bahn zu keinem Ziel führten, wurde auf Grund des Gesetzartikels XXIII vom Jahre 1883 1890 über die Bahn die Sequestration verhängt, wodurch wenigstens der tarifarische Einfluß der ungarischen Staatsbahnverwaltung bis nach Temesvár ausgedehnt wurde. In das Jahr 1891 fällt der vorläufige Abschluß der Verstaatlichungsaktion. Mit Gesetzartikel XXXVIII vom Jahre 1891 wurden nämlich die ungarischen Linien der österreichisch-ungarischen

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen10_1923/69>, abgerufen am 26.11.2024.