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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923.

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Reichseisenbahnverwaltung 154.036 Wohnungen zur Verfügung.

Es kamen somit auf 100 männliche Eisenbahnbedienstete 14·36 Wohnungen und, sofern man annimmt, daß 12% keinen eigenen Haushalt führen, auf 100 Bedienstete mit eigenem Haushalt 16·31 Wohnungen.

III. Finanzierung.

Von den verschiedenen Wegen zur Vermehrung der Wohngelegenheiten - Bau bahneigener Wohnungen, Ankauf und Ausbau vorhandener Gebäude und Förderungen gemeinnütziger Bauvereinigungen - scheinen die meisten Eisenbahnverwaltungen neuerdings dem letzteren den Vorzug zu geben. Verschiedene Gründe sprachen früher dagegen, heute aber noch mehr und dringlichere dafür. Die Unterstützung gemeinnütziger Bauunternehmungen befreit diese von den meist verteuernd wirkenden Vorschriften über den Bau und die Vergebung staatlicher Bauten und gibt die Möglichkeit, den Eisenbahnerwohnungen die Überteuerungsbeihilfe aus allgemeinen Landes- und Gemeindemitteln, die den bahneigenen Wohnungen versagt bleiben, zu erwirken. Vor allem aber bietet sie den Vorteil, daß sie geringeren Kapitalaufwand erfordert als der verwaltungsseitige Wohnungsbau sowie den weiteren, daß die bei den bahneigenen Wohnungen erhebliche Mittel und Personalaufwand erfordernden Unterhaltungskosten und Verwaltungsarbeit von diesen Bauvereinigungen getragen werden.

Als gemeinnützige Bauvereinigungen kommen in Betracht: genossenschaftliche Vereinigungen und Gesellschaften m. b. H., sowie Gemeinden. Die deutsche Reichseisenbahnverwaltung hat in ihren "Richtlinien" vom Jahr 1921 besonders über die finanzielle Unterstützung gemeinnütziger Bauunternehmungen Grundsätze aufgestellt, die nachstehend im Auszug angeführt werden mögen.

1. Baugenossenschaften.

Allgemeine Bedingungen für die Unterstützung von Baugenossenschaften sind vor allem:

a) Der durch die Satzungen bestimmte Zweck der Genossenschaft muß ausschließlich darauf gerichtet sein, minderbemittelten Familien gesunde und zweckmäßig eingerichtete Wohnungen in eigens erbauten oder angekauften Häusern preiswert zu verschaffen.

b) Die Satzung muß die an die Mitglieder zu verteilende Dividende auf höchstens 4% ihrer Anteile beschränken, sie darf im Falle der Auflösung den Mitgliedern nicht mehr als den Nennwert ihrer Anteile zusichern und hat den Rest des Genossenschaftsvermögens für gemeinnützige Zwecke zu bestimmen.

c) Die Genossenschaft muß lebens- und leistungsfähig sein. Der Gesamtbetrag der Geschäftsanteile einer Genossenschaft soll mindestens 30.000 M. und der Einzelgeschäftsanteil mindestens 300 M., in der Regel aber 500 M. betragen. Der Genossenschaftsanteil ist spätestens beim Beziehen der zugeteilten Wohnungen voll einzuzahlen. Sie sollen im allgemeinen mindestens aus 100 Mitgliedern bestehen. Wenn sie ausschließlich aus Eisenbahnpersonal bestehen, sollen sie in der Regel mindestens 50 Mitglieder haben. Der Gesamtbetrag der Geschäftsanteile kann dann entsprechend herabgesetzt werden.

Die österreichischen Bundesbahnen haben in dem Zeitraum von 1914 bis 1. Januar 1922 an Dienstwohnungen neugeschaffen 190, an Mietwohnungen 3174 und hierfür im ganzen 472 Mill. K verausgabt, wobei jedoch zu berücksichtigen ist, daß im Frühjahr 1919 durch den Friedensvertrag von St. Germain das Bahnnetz der österreichischen Verwaltung um etwa 2/3 seines Umfangs vermindert wurde. Bis dahin besaß die österreichische Staatsbahn bei einem Personalstand von 225.607 (jetzt 90.000) etwa 26.000 Dienst-(Natural-)Wohnungen und 4400 Mietwohnungen mit einem Anlagekapital von 33 Mill. K. Bei der österreichischen Südbahngesellschaft setzte eine intensivere Tätigkeit der W. erst nach 1919 ein. Für das Personal der österreichisch gebliebenen Linien wurden seither beschafft an Dauerwohnungen (nur Mietwohnungen) etwa 750, an sog. Halbdauerwohnungen etwa 210 und daneben eine beträchtliche Zahl von Notwohnungen (wintersicher ausgestattete Kastenwagen).

In Fortsetzung dieser Tätigkeit wurde 1922 ein groß angelegtes Programm für Herstellung von Wohnungen für Bundesbahnangestellte aufgestellt, das zur Durchführung eine Aufwendung von rd. 4 Milliarden erfordert. Auf Grund dieses Programms sollen fertiggestellt werden: 909 Wohnungen, 66 Unterkünfte, Übernachtungsgelegenheiten mit 168 Betten und 32 Behelfswohnungen, ferner neugebaut 445 Wohnungen, Übernachtungsgelegenheiten u. s. w. in 9 Stationen.

Im Jahre 1911 gründeten die Südbahnbediensteten eine Bau- und Wohnungsgenossenschaft als registrierte Genossenschaft m. b. H., die bezweckt, ihren Mitgliedern in den an den österreichischen Linien der Südbahngesellschaft gelegenen Stationsorten billige und gesunde Wohnungen (Kleinwohnungen) durch Bau oder Ankauf von Wohnhäusern zu beschaffen und für ihre Mitglieder Ledigenheime zu errichten. Die bisherige Tätigkeit dieser Genossenschaft war sehr ersprießlich. Die Genossenschaft hatte vor und während des Krieges an Baukosten 10% aufzubringen, mit 50% wurde das Grundstück belastet und für 40% garantierte der Staat. Die Bahnverwaltung blieb dabei ganz aus dem Spiel.

Jetzt geschieht die Aufbringung der Baukosten in der Weise, daß zum Baukapital 1% die Südbahngesellschaft und 1% die Mitglieder (Bediensteten) durch Erwerbung von Geschäftsanteilen beitragen, wogegen 98% der Bundes-Wohn- und Siedlungsfond übernimmt. Der Südbahngesellschaft obliegt die Verzinsung von 25% des verlorenen Baukapitals, die Verzinsung der erübrigenden 75% fällt dem Fond zu.

Zwischen dem Fond und der Südbahngesellschaft wird in jedem Fall ein Bürgschaftsvertrag abgeschlossen.

Reichseisenbahnverwaltung 154.036 Wohnungen zur Verfügung.

Es kamen somit auf 100 männliche Eisenbahnbedienstete 14·36 Wohnungen und, sofern man annimmt, daß 12% keinen eigenen Haushalt führen, auf 100 Bedienstete mit eigenem Haushalt 16·31 Wohnungen.

III. Finanzierung.

Von den verschiedenen Wegen zur Vermehrung der Wohngelegenheiten – Bau bahneigener Wohnungen, Ankauf und Ausbau vorhandener Gebäude und Förderungen gemeinnütziger Bauvereinigungen – scheinen die meisten Eisenbahnverwaltungen neuerdings dem letzteren den Vorzug zu geben. Verschiedene Gründe sprachen früher dagegen, heute aber noch mehr und dringlichere dafür. Die Unterstützung gemeinnütziger Bauunternehmungen befreit diese von den meist verteuernd wirkenden Vorschriften über den Bau und die Vergebung staatlicher Bauten und gibt die Möglichkeit, den Eisenbahnerwohnungen die Überteuerungsbeihilfe aus allgemeinen Landes- und Gemeindemitteln, die den bahneigenen Wohnungen versagt bleiben, zu erwirken. Vor allem aber bietet sie den Vorteil, daß sie geringeren Kapitalaufwand erfordert als der verwaltungsseitige Wohnungsbau sowie den weiteren, daß die bei den bahneigenen Wohnungen erhebliche Mittel und Personalaufwand erfordernden Unterhaltungskosten und Verwaltungsarbeit von diesen Bauvereinigungen getragen werden.

Als gemeinnützige Bauvereinigungen kommen in Betracht: genossenschaftliche Vereinigungen und Gesellschaften m. b. H., sowie Gemeinden. Die deutsche Reichseisenbahnverwaltung hat in ihren „Richtlinien“ vom Jahr 1921 besonders über die finanzielle Unterstützung gemeinnütziger Bauunternehmungen Grundsätze aufgestellt, die nachstehend im Auszug angeführt werden mögen.

1. Baugenossenschaften.

Allgemeine Bedingungen für die Unterstützung von Baugenossenschaften sind vor allem:

a) Der durch die Satzungen bestimmte Zweck der Genossenschaft muß ausschließlich darauf gerichtet sein, minderbemittelten Familien gesunde und zweckmäßig eingerichtete Wohnungen in eigens erbauten oder angekauften Häusern preiswert zu verschaffen.

b) Die Satzung muß die an die Mitglieder zu verteilende Dividende auf höchstens 4% ihrer Anteile beschränken, sie darf im Falle der Auflösung den Mitgliedern nicht mehr als den Nennwert ihrer Anteile zusichern und hat den Rest des Genossenschaftsvermögens für gemeinnützige Zwecke zu bestimmen.

c) Die Genossenschaft muß lebens- und leistungsfähig sein. Der Gesamtbetrag der Geschäftsanteile einer Genossenschaft soll mindestens 30.000 M. und der Einzelgeschäftsanteil mindestens 300 M., in der Regel aber 500 M. betragen. Der Genossenschaftsanteil ist spätestens beim Beziehen der zugeteilten Wohnungen voll einzuzahlen. Sie sollen im allgemeinen mindestens aus 100 Mitgliedern bestehen. Wenn sie ausschließlich aus Eisenbahnpersonal bestehen, sollen sie in der Regel mindestens 50 Mitglieder haben. Der Gesamtbetrag der Geschäftsanteile kann dann entsprechend herabgesetzt werden.

Die österreichischen Bundesbahnen haben in dem Zeitraum von 1914 bis 1. Januar 1922 an Dienstwohnungen neugeschaffen 190, an Mietwohnungen 3174 und hierfür im ganzen 472 Mill. K verausgabt, wobei jedoch zu berücksichtigen ist, daß im Frühjahr 1919 durch den Friedensvertrag von St. Germain das Bahnnetz der österreichischen Verwaltung um etwa 2/3 seines Umfangs vermindert wurde. Bis dahin besaß die österreichische Staatsbahn bei einem Personalstand von 225.607 (jetzt 90.000) etwa 26.000 Dienst-(Natural-)Wohnungen und 4400 Mietwohnungen mit einem Anlagekapital von 33 Mill. K. Bei der österreichischen Südbahngesellschaft setzte eine intensivere Tätigkeit der W. erst nach 1919 ein. Für das Personal der österreichisch gebliebenen Linien wurden seither beschafft an Dauerwohnungen (nur Mietwohnungen) etwa 750, an sog. Halbdauerwohnungen etwa 210 und daneben eine beträchtliche Zahl von Notwohnungen (wintersicher ausgestattete Kastenwagen).

In Fortsetzung dieser Tätigkeit wurde 1922 ein groß angelegtes Programm für Herstellung von Wohnungen für Bundesbahnangestellte aufgestellt, das zur Durchführung eine Aufwendung von rd. 4 Milliarden erfordert. Auf Grund dieses Programms sollen fertiggestellt werden: 909 Wohnungen, 66 Unterkünfte, Übernachtungsgelegenheiten mit 168 Betten und 32 Behelfswohnungen, ferner neugebaut 445 Wohnungen, Übernachtungsgelegenheiten u. s. w. in 9 Stationen.

Im Jahre 1911 gründeten die Südbahnbediensteten eine Bau- und Wohnungsgenossenschaft als registrierte Genossenschaft m. b. H., die bezweckt, ihren Mitgliedern in den an den österreichischen Linien der Südbahngesellschaft gelegenen Stationsorten billige und gesunde Wohnungen (Kleinwohnungen) durch Bau oder Ankauf von Wohnhäusern zu beschaffen und für ihre Mitglieder Ledigenheime zu errichten. Die bisherige Tätigkeit dieser Genossenschaft war sehr ersprießlich. Die Genossenschaft hatte vor und während des Krieges an Baukosten 10% aufzubringen, mit 50% wurde das Grundstück belastet und für 40% garantierte der Staat. Die Bahnverwaltung blieb dabei ganz aus dem Spiel.

Jetzt geschieht die Aufbringung der Baukosten in der Weise, daß zum Baukapital 1% die Südbahngesellschaft und 1% die Mitglieder (Bediensteten) durch Erwerbung von Geschäftsanteilen beitragen, wogegen 98% der Bundes-Wohn- und Siedlungsfond übernimmt. Der Südbahngesellschaft obliegt die Verzinsung von 25% des verlorenen Baukapitals, die Verzinsung der erübrigenden 75% fällt dem Fond zu.

Zwischen dem Fond und der Südbahngesellschaft wird in jedem Fall ein Bürgschaftsvertrag abgeschlossen.

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[422/0453] Reichseisenbahnverwaltung 154.036 Wohnungen zur Verfügung. Es kamen somit auf 100 männliche Eisenbahnbedienstete 14·36 Wohnungen und, sofern man annimmt, daß 12% keinen eigenen Haushalt führen, auf 100 Bedienstete mit eigenem Haushalt 16·31 Wohnungen. III. Finanzierung. Von den verschiedenen Wegen zur Vermehrung der Wohngelegenheiten – Bau bahneigener Wohnungen, Ankauf und Ausbau vorhandener Gebäude und Förderungen gemeinnütziger Bauvereinigungen – scheinen die meisten Eisenbahnverwaltungen neuerdings dem letzteren den Vorzug zu geben. Verschiedene Gründe sprachen früher dagegen, heute aber noch mehr und dringlichere dafür. Die Unterstützung gemeinnütziger Bauunternehmungen befreit diese von den meist verteuernd wirkenden Vorschriften über den Bau und die Vergebung staatlicher Bauten und gibt die Möglichkeit, den Eisenbahnerwohnungen die Überteuerungsbeihilfe aus allgemeinen Landes- und Gemeindemitteln, die den bahneigenen Wohnungen versagt bleiben, zu erwirken. Vor allem aber bietet sie den Vorteil, daß sie geringeren Kapitalaufwand erfordert als der verwaltungsseitige Wohnungsbau sowie den weiteren, daß die bei den bahneigenen Wohnungen erhebliche Mittel und Personalaufwand erfordernden Unterhaltungskosten und Verwaltungsarbeit von diesen Bauvereinigungen getragen werden. Als gemeinnützige Bauvereinigungen kommen in Betracht: genossenschaftliche Vereinigungen und Gesellschaften m. b. H., sowie Gemeinden. Die deutsche Reichseisenbahnverwaltung hat in ihren „Richtlinien“ vom Jahr 1921 besonders über die finanzielle Unterstützung gemeinnütziger Bauunternehmungen Grundsätze aufgestellt, die nachstehend im Auszug angeführt werden mögen. 1. Baugenossenschaften. Allgemeine Bedingungen für die Unterstützung von Baugenossenschaften sind vor allem: a) Der durch die Satzungen bestimmte Zweck der Genossenschaft muß ausschließlich darauf gerichtet sein, minderbemittelten Familien gesunde und zweckmäßig eingerichtete Wohnungen in eigens erbauten oder angekauften Häusern preiswert zu verschaffen. b) Die Satzung muß die an die Mitglieder zu verteilende Dividende auf höchstens 4% ihrer Anteile beschränken, sie darf im Falle der Auflösung den Mitgliedern nicht mehr als den Nennwert ihrer Anteile zusichern und hat den Rest des Genossenschaftsvermögens für gemeinnützige Zwecke zu bestimmen. c) Die Genossenschaft muß lebens- und leistungsfähig sein. Der Gesamtbetrag der Geschäftsanteile einer Genossenschaft soll mindestens 30.000 M. und der Einzelgeschäftsanteil mindestens 300 M., in der Regel aber 500 M. betragen. Der Genossenschaftsanteil ist spätestens beim Beziehen der zugeteilten Wohnungen voll einzuzahlen. Sie sollen im allgemeinen mindestens aus 100 Mitgliedern bestehen. Wenn sie ausschließlich aus Eisenbahnpersonal bestehen, sollen sie in der Regel mindestens 50 Mitglieder haben. Der Gesamtbetrag der Geschäftsanteile kann dann entsprechend herabgesetzt werden. Die österreichischen Bundesbahnen haben in dem Zeitraum von 1914 bis 1. Januar 1922 an Dienstwohnungen neugeschaffen 190, an Mietwohnungen 3174 und hierfür im ganzen 472 Mill. K verausgabt, wobei jedoch zu berücksichtigen ist, daß im Frühjahr 1919 durch den Friedensvertrag von St. Germain das Bahnnetz der österreichischen Verwaltung um etwa 2/3 seines Umfangs vermindert wurde. Bis dahin besaß die österreichische Staatsbahn bei einem Personalstand von 225.607 (jetzt 90.000) etwa 26.000 Dienst-(Natural-)Wohnungen und 4400 Mietwohnungen mit einem Anlagekapital von 33 Mill. K. Bei der österreichischen Südbahngesellschaft setzte eine intensivere Tätigkeit der W. erst nach 1919 ein. Für das Personal der österreichisch gebliebenen Linien wurden seither beschafft an Dauerwohnungen (nur Mietwohnungen) etwa 750, an sog. Halbdauerwohnungen etwa 210 und daneben eine beträchtliche Zahl von Notwohnungen (wintersicher ausgestattete Kastenwagen). In Fortsetzung dieser Tätigkeit wurde 1922 ein groß angelegtes Programm für Herstellung von Wohnungen für Bundesbahnangestellte aufgestellt, das zur Durchführung eine Aufwendung von rd. 4 Milliarden erfordert. Auf Grund dieses Programms sollen fertiggestellt werden: 909 Wohnungen, 66 Unterkünfte, Übernachtungsgelegenheiten mit 168 Betten und 32 Behelfswohnungen, ferner neugebaut 445 Wohnungen, Übernachtungsgelegenheiten u. s. w. in 9 Stationen. Im Jahre 1911 gründeten die Südbahnbediensteten eine Bau- und Wohnungsgenossenschaft als registrierte Genossenschaft m. b. H., die bezweckt, ihren Mitgliedern in den an den österreichischen Linien der Südbahngesellschaft gelegenen Stationsorten billige und gesunde Wohnungen (Kleinwohnungen) durch Bau oder Ankauf von Wohnhäusern zu beschaffen und für ihre Mitglieder Ledigenheime zu errichten. Die bisherige Tätigkeit dieser Genossenschaft war sehr ersprießlich. Die Genossenschaft hatte vor und während des Krieges an Baukosten 10% aufzubringen, mit 50% wurde das Grundstück belastet und für 40% garantierte der Staat. Die Bahnverwaltung blieb dabei ganz aus dem Spiel. Jetzt geschieht die Aufbringung der Baukosten in der Weise, daß zum Baukapital 1% die Südbahngesellschaft und 1% die Mitglieder (Bediensteten) durch Erwerbung von Geschäftsanteilen beitragen, wogegen 98% der Bundes-Wohn- und Siedlungsfond übernimmt. Der Südbahngesellschaft obliegt die Verzinsung von 25% des verlorenen Baukapitals, die Verzinsung der erübrigenden 75% fällt dem Fond zu. Zwischen dem Fond und der Südbahngesellschaft wird in jedem Fall ein Bürgschaftsvertrag abgeschlossen.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen10_1923/453>, abgerufen am 16.07.2024.