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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923.

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gegen den Fogertyschen Plan. Diese Stellung der Gemeinde wirkte entmutigend auf die Konzessionäre und erschwerte die Geldbeschaffung. Schließlich sahen sie sich genötigt, das Projekt aufzugeben und die erlegte Kaution von 2 Millionen Kronen verfallen zu lassen. Auch mehrere spätere private Projekte scheiterten und sah sich die Regierung schließlich veranlaßt, selbst Studien über die Feststellung des Linienprogramms der Stadtbahn im Zusammenhang mit der Regulierung und der Ausführung von Sammelkanälen längs der Wien und dem Donaukanal sowie der Ausgestaltung des letzteren in einen Handels- und Winterhafen durchzuführen. Nach gepflogenem Einvernehmen mit dem Lande Niederösterreich und der Stadt Wien legte die Regierung am 6. Februar 1892 dem Reichsrat einen umfangreichen Gesetzentwurf über die Ausführung der "Verkehrsanlagen in Wien" vor. Dieser Gesetzentwurf wurde von beiden Häusern des Reichsrats angenommen und als Ges. vom 12. Juli 1892 verlautbart. Nach diesem Gesetz war das in Wien auszuführende Stadtbahnnetz in 2 Hauptgruppen geteilt, u. zw. in Hauptbahnen, die den Übergang der Fahrbetriebsmittel der in Wien einmündenden Bahnen gestatten und Anschlüsse an diese erhalten sollen, sowie in Lokalbahnen, auf denen die Möglichkeit des Obergangs der Fahrbetriebsmittel der Hauptbahnen nur bedingungsweise vorhanden und ein Anschluß an die übrigen Bahnen überhaupt nicht in Aussicht genommen war.

Die Hauptbahnen sollten von dem im Zug der Kaiser-Franz-Josef-Bahn neu zu erbauenden Bahnhof Heiligenstadt aus gehen, u. zw.:

1. Die Gürtellinie von Heiligenstadt bis an die Südbahn in Matzleinsdorf mit einer Abzweigung an die Westbahn in Penzing.

2. Die Donaustadtlinie vom Praterstern zur Donauuferbahn und bis Nußdorf.

3. Die Vorortelinie von Penzing über Ottakring und Hernals bis Heiligenstadt.

Außerdem sollten in der ersten Bauperiode als Lokalbahnen ausgeführt werden:

a) Die Wientallinie vom Westbahnhof über den Gürtel zum Schlachthaus und von dort zum Hauptzollamt;

b) die Donaukanallinie vom Hauptzollamt bis nach Heiligenstadt;

c) die innere Ringlinie, abzweigend von der Wientallinie und entlang der Museen und dem Schottenring bis zum Anschluß an die Donaukanallinie.

Nach eintretendem Verkehrsbedürfnis waren für einen späteren Bauabschnitt vorgesehen:

1. Eine Hauptbahn längs des Donaukanals zur Verbindung der Franz-Josef-Bahn mit der Verbindungsbahn.

2. Die Ausführung der Donaustadtlinie als Hochbahn vom Verschiebebahnhof der Nordbahn stromauf und stromab auf die Länge der Donaustadt. Ferner als Lokalbahnen:

a) Eine Linie, abzweigend von der Wientallinie zum Zentralfriedhof unter Benutzung der Aspangbahn;

b) Abzweigungen von der inneren Ringlinie zur Gürtel- und Vorortelinie mit Fortsetzungen gegen Dornbach und Pötzleinsdorf;

c) zwei Radialbahnen durch die innere Stadt, für die von vornherein der elektrische Betrieb in Aussicht genommen war.

Der Zusammenhang der Stadtbahnentwürfe mit anderen öffentlichen Bauten hat den Entschluß veranlaßt, die Ausführung der Wiener Stadtbahn durch Zusammenwirken von Staat, Land Niederösterreich und Gemeinde Wien sicherzustellen und für die einheitliche Leitung der Entwurfs- und Bauarbeiten eine besondere Zentralstelle, "Kommission für Verkehrsanlagen in Wien" zu schaffen.

Am 25. Juli 1892 erfolgte ihre Konstituierung unter dem Vorsitz des Handelsministers, dem damals das Eisenbahnwesen unterstand. Nachdem die Kommission dem bei der Konzessionsverhandlung einvernehmlich festgesetzten Entwürfe für die von ihr auszuführenden Hauptbahnlinien der Wiener Stadtbahn zugestimmt hatte, erfolgte am 18. Dezember 1892 die Konzessionsverleihung an sie. Am 27. Oktober 1892 erfolgte die ministerielle Entscheidung, womit die Trassenführung sämtlicher Linien die Genehmigung erhielt, mit Ausnahme der damals für spätere Zeit zur Ausführung in Aussicht genommenen Teilstrecken zwischen Hernals und Heiligenstadt der Vorortelinie und der Strecke Ferdinandsbrücke - Hauptzollamt der Donaukanallinie. Gleichzeitig wurde jedoch angeordnet die Fortsetzung der Wientallinie bis Hütteldorf in das Detailprojekt einzubeziehen.

Am 28. November 1892 faßte die Kommision für Verkehrsanlagen in ihrer Vollversammlung den Beschluß, den Bau der Vorortelinie von Heiligenstadt zu beginnen. Das Projekt für diese Linie wurde im Januar 1893 der Trassenrevision unterzogen und im März 1893 genehmigt. Am 7. November 1892 wurde mit dem Abtragen des im Zuge der Gürtellinie gelegenen Wasserreservoirs der ehemaligen Kaiser-Ferdinands-Wasserleitung vor der Westbahnlinie begonnen, somit kann dieser Tag als Beginn der Arbeiten für den Bau der Wiener Stadtbahn angesehen werden.

gegen den Fogertyschen Plan. Diese Stellung der Gemeinde wirkte entmutigend auf die Konzessionäre und erschwerte die Geldbeschaffung. Schließlich sahen sie sich genötigt, das Projekt aufzugeben und die erlegte Kaution von 2 Millionen Kronen verfallen zu lassen. Auch mehrere spätere private Projekte scheiterten und sah sich die Regierung schließlich veranlaßt, selbst Studien über die Feststellung des Linienprogramms der Stadtbahn im Zusammenhang mit der Regulierung und der Ausführung von Sammelkanälen längs der Wien und dem Donaukanal sowie der Ausgestaltung des letzteren in einen Handels- und Winterhafen durchzuführen. Nach gepflogenem Einvernehmen mit dem Lande Niederösterreich und der Stadt Wien legte die Regierung am 6. Februar 1892 dem Reichsrat einen umfangreichen Gesetzentwurf über die Ausführung der „Verkehrsanlagen in Wien“ vor. Dieser Gesetzentwurf wurde von beiden Häusern des Reichsrats angenommen und als Ges. vom 12. Juli 1892 verlautbart. Nach diesem Gesetz war das in Wien auszuführende Stadtbahnnetz in 2 Hauptgruppen geteilt, u. zw. in Hauptbahnen, die den Übergang der Fahrbetriebsmittel der in Wien einmündenden Bahnen gestatten und Anschlüsse an diese erhalten sollen, sowie in Lokalbahnen, auf denen die Möglichkeit des Obergangs der Fahrbetriebsmittel der Hauptbahnen nur bedingungsweise vorhanden und ein Anschluß an die übrigen Bahnen überhaupt nicht in Aussicht genommen war.

Die Hauptbahnen sollten von dem im Zug der Kaiser-Franz-Josef-Bahn neu zu erbauenden Bahnhof Heiligenstadt aus gehen, u. zw.:

1. Die Gürtellinie von Heiligenstadt bis an die Südbahn in Matzleinsdorf mit einer Abzweigung an die Westbahn in Penzing.

2. Die Donaustadtlinie vom Praterstern zur Donauuferbahn und bis Nußdorf.

3. Die Vorortelinie von Penzing über Ottakring und Hernals bis Heiligenstadt.

Außerdem sollten in der ersten Bauperiode als Lokalbahnen ausgeführt werden:

a) Die Wientallinie vom Westbahnhof über den Gürtel zum Schlachthaus und von dort zum Hauptzollamt;

b) die Donaukanallinie vom Hauptzollamt bis nach Heiligenstadt;

c) die innere Ringlinie, abzweigend von der Wientallinie und entlang der Museen und dem Schottenring bis zum Anschluß an die Donaukanallinie.

Nach eintretendem Verkehrsbedürfnis waren für einen späteren Bauabschnitt vorgesehen:

1. Eine Hauptbahn längs des Donaukanals zur Verbindung der Franz-Josef-Bahn mit der Verbindungsbahn.

2. Die Ausführung der Donaustadtlinie als Hochbahn vom Verschiebebahnhof der Nordbahn stromauf und stromab auf die Länge der Donaustadt. Ferner als Lokalbahnen:

a) Eine Linie, abzweigend von der Wientallinie zum Zentralfriedhof unter Benutzung der Aspangbahn;

b) Abzweigungen von der inneren Ringlinie zur Gürtel- und Vorortelinie mit Fortsetzungen gegen Dornbach und Pötzleinsdorf;

c) zwei Radialbahnen durch die innere Stadt, für die von vornherein der elektrische Betrieb in Aussicht genommen war.

Der Zusammenhang der Stadtbahnentwürfe mit anderen öffentlichen Bauten hat den Entschluß veranlaßt, die Ausführung der Wiener Stadtbahn durch Zusammenwirken von Staat, Land Niederösterreich und Gemeinde Wien sicherzustellen und für die einheitliche Leitung der Entwurfs- und Bauarbeiten eine besondere Zentralstelle, „Kommission für Verkehrsanlagen in Wien“ zu schaffen.

Am 25. Juli 1892 erfolgte ihre Konstituierung unter dem Vorsitz des Handelsministers, dem damals das Eisenbahnwesen unterstand. Nachdem die Kommission dem bei der Konzessionsverhandlung einvernehmlich festgesetzten Entwürfe für die von ihr auszuführenden Hauptbahnlinien der Wiener Stadtbahn zugestimmt hatte, erfolgte am 18. Dezember 1892 die Konzessionsverleihung an sie. Am 27. Oktober 1892 erfolgte die ministerielle Entscheidung, womit die Trassenführung sämtlicher Linien die Genehmigung erhielt, mit Ausnahme der damals für spätere Zeit zur Ausführung in Aussicht genommenen Teilstrecken zwischen Hernals und Heiligenstadt der Vorortelinie und der Strecke Ferdinandsbrücke – Hauptzollamt der Donaukanallinie. Gleichzeitig wurde jedoch angeordnet die Fortsetzung der Wientallinie bis Hütteldorf in das Detailprojekt einzubeziehen.

Am 28. November 1892 faßte die Kommision für Verkehrsanlagen in ihrer Vollversammlung den Beschluß, den Bau der Vorortelinie von Heiligenstadt zu beginnen. Das Projekt für diese Linie wurde im Januar 1893 der Trassenrevision unterzogen und im März 1893 genehmigt. Am 7. November 1892 wurde mit dem Abtragen des im Zuge der Gürtellinie gelegenen Wasserreservoirs der ehemaligen Kaiser-Ferdinands-Wasserleitung vor der Westbahnlinie begonnen, somit kann dieser Tag als Beginn der Arbeiten für den Bau der Wiener Stadtbahn angesehen werden.

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[397/0427] gegen den Fogertyschen Plan. Diese Stellung der Gemeinde wirkte entmutigend auf die Konzessionäre und erschwerte die Geldbeschaffung. Schließlich sahen sie sich genötigt, das Projekt aufzugeben und die erlegte Kaution von 2 Millionen Kronen verfallen zu lassen. Auch mehrere spätere private Projekte scheiterten und sah sich die Regierung schließlich veranlaßt, selbst Studien über die Feststellung des Linienprogramms der Stadtbahn im Zusammenhang mit der Regulierung und der Ausführung von Sammelkanälen längs der Wien und dem Donaukanal sowie der Ausgestaltung des letzteren in einen Handels- und Winterhafen durchzuführen. Nach gepflogenem Einvernehmen mit dem Lande Niederösterreich und der Stadt Wien legte die Regierung am 6. Februar 1892 dem Reichsrat einen umfangreichen Gesetzentwurf über die Ausführung der „Verkehrsanlagen in Wien“ vor. Dieser Gesetzentwurf wurde von beiden Häusern des Reichsrats angenommen und als Ges. vom 12. Juli 1892 verlautbart. Nach diesem Gesetz war das in Wien auszuführende Stadtbahnnetz in 2 Hauptgruppen geteilt, u. zw. in Hauptbahnen, die den Übergang der Fahrbetriebsmittel der in Wien einmündenden Bahnen gestatten und Anschlüsse an diese erhalten sollen, sowie in Lokalbahnen, auf denen die Möglichkeit des Obergangs der Fahrbetriebsmittel der Hauptbahnen nur bedingungsweise vorhanden und ein Anschluß an die übrigen Bahnen überhaupt nicht in Aussicht genommen war. Die Hauptbahnen sollten von dem im Zug der Kaiser-Franz-Josef-Bahn neu zu erbauenden Bahnhof Heiligenstadt aus gehen, u. zw.: 1. Die Gürtellinie von Heiligenstadt bis an die Südbahn in Matzleinsdorf mit einer Abzweigung an die Westbahn in Penzing. 2. Die Donaustadtlinie vom Praterstern zur Donauuferbahn und bis Nußdorf. 3. Die Vorortelinie von Penzing über Ottakring und Hernals bis Heiligenstadt. Außerdem sollten in der ersten Bauperiode als Lokalbahnen ausgeführt werden: a) Die Wientallinie vom Westbahnhof über den Gürtel zum Schlachthaus und von dort zum Hauptzollamt; b) die Donaukanallinie vom Hauptzollamt bis nach Heiligenstadt; c) die innere Ringlinie, abzweigend von der Wientallinie und entlang der Museen und dem Schottenring bis zum Anschluß an die Donaukanallinie. Nach eintretendem Verkehrsbedürfnis waren für einen späteren Bauabschnitt vorgesehen: 1. Eine Hauptbahn längs des Donaukanals zur Verbindung der Franz-Josef-Bahn mit der Verbindungsbahn. 2. Die Ausführung der Donaustadtlinie als Hochbahn vom Verschiebebahnhof der Nordbahn stromauf und stromab auf die Länge der Donaustadt. Ferner als Lokalbahnen: a) Eine Linie, abzweigend von der Wientallinie zum Zentralfriedhof unter Benutzung der Aspangbahn; b) Abzweigungen von der inneren Ringlinie zur Gürtel- und Vorortelinie mit Fortsetzungen gegen Dornbach und Pötzleinsdorf; c) zwei Radialbahnen durch die innere Stadt, für die von vornherein der elektrische Betrieb in Aussicht genommen war. Der Zusammenhang der Stadtbahnentwürfe mit anderen öffentlichen Bauten hat den Entschluß veranlaßt, die Ausführung der Wiener Stadtbahn durch Zusammenwirken von Staat, Land Niederösterreich und Gemeinde Wien sicherzustellen und für die einheitliche Leitung der Entwurfs- und Bauarbeiten eine besondere Zentralstelle, „Kommission für Verkehrsanlagen in Wien“ zu schaffen. Am 25. Juli 1892 erfolgte ihre Konstituierung unter dem Vorsitz des Handelsministers, dem damals das Eisenbahnwesen unterstand. Nachdem die Kommission dem bei der Konzessionsverhandlung einvernehmlich festgesetzten Entwürfe für die von ihr auszuführenden Hauptbahnlinien der Wiener Stadtbahn zugestimmt hatte, erfolgte am 18. Dezember 1892 die Konzessionsverleihung an sie. Am 27. Oktober 1892 erfolgte die ministerielle Entscheidung, womit die Trassenführung sämtlicher Linien die Genehmigung erhielt, mit Ausnahme der damals für spätere Zeit zur Ausführung in Aussicht genommenen Teilstrecken zwischen Hernals und Heiligenstadt der Vorortelinie und der Strecke Ferdinandsbrücke – Hauptzollamt der Donaukanallinie. Gleichzeitig wurde jedoch angeordnet die Fortsetzung der Wientallinie bis Hütteldorf in das Detailprojekt einzubeziehen. Am 28. November 1892 faßte die Kommision für Verkehrsanlagen in ihrer Vollversammlung den Beschluß, den Bau der Vorortelinie von Heiligenstadt zu beginnen. Das Projekt für diese Linie wurde im Januar 1893 der Trassenrevision unterzogen und im März 1893 genehmigt. Am 7. November 1892 wurde mit dem Abtragen des im Zuge der Gürtellinie gelegenen Wasserreservoirs der ehemaligen Kaiser-Ferdinands-Wasserleitung vor der Westbahnlinie begonnen, somit kann dieser Tag als Beginn der Arbeiten für den Bau der Wiener Stadtbahn angesehen werden.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen10_1923/427>, abgerufen am 22.11.2024.