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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923.

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meisten Wagen ist gering. Die Zahl der Ausbesserungswagen ist dabei sehr hoch, so daß das Verfolgen der Fristen unverhältnismäßig viel Arbeit verursachen würde. Es genügt, wenn für alle Güterwagen die Wiederherstellungsdauer nachträglich verfolgt wird, um die Gründe für auffallende Verzögerungen festzustellen. Für die Wagen mit geringen Schäden genügt hierzu die Feststellung, daß sie am gleichen Tage die Werkstatt wieder verlassen sollen. Bei Wagen liegen die Gründe für die verzögerte Fertigstellung gewöhnlich im Warten auf Teile aus den Nebenbetrieben und auf Ersatzteile fremder Verwaltungen. Auch hier kann Abhilfe nur durch weitestgehenden Vorrats- und Austauschbau geschaffen werden (vgl. Zeitschrift des Vereins Deutscher Eisenbahnverwaltungen 1921, S. 518 und 960, ferner "Der Betrieb" 1921, S. 194).

c) Vorrats- und Austauschbau. Wie schon wiederholt erwähnt, ist der Vorrats- und Austauschbau Vorbedingung für ein wirtschaftliches Arbeitsverfahren. Das Arbeiten nach Musterstücken und nicht nach Zeichnungen, das in den Eisenbahnwerkstätten noch vorwiegend gebräuchlich ist, steht mit diesen Bestrebungen in Widerspruch.

Die Werkstätten müssen wie die Privatbetriebe nach Werkzeichnungen arbeiten. Es muß angestrebt werden, daß die abnehmbaren Fahrzeugteile nicht mehr für ein bestimmtes Fahrzeug, sondern allgemein für die gleichen oder bauverwandten Fahrzeuggruppen ausgebessert werden. Die schadhaften Teile sind daher vom Fahrzeug abzubauen, auszubessern und dem Lager zuzuführen, das ein gleichartiges, ausgebessertes Stück sofort liefern muß. Die Ziele des Vorrats- und Austauschbaues sind:

1. Übergang von der Einzel- zur reinen Massenfertigung, 2. billigeres Herstellen, 3. schnelleres Fertigstellen der Fahrzeuge.

Eine wesentliche Förderung haben diese Ziele dadurch erfahren, daß seit 1922 die Lokomotiven und Personenwagen der Deutschen Bahnen nach Bauarten auf bestimmte Werkstätten verteilt und innerhalb dieser Werkstätten möglichst nach Bauarten gesondert worden sind. Lokomotivausbesserungswerkstätten, die bisher 20 und mehr Lokomotivgattungen zu unterhalten hatten, haben heute nur noch wenige Bauarten - oft nur 2-3. Hierdurch konnte auch der gegenüber der Vorkriegszeit erheblich veränderte Arbeitsumfang der Abteilungen für das Ausbessern der Einzelteile mit dem Arbeitsumfang der Richthallen besser in Einklang gebracht und der Vorrat an Ersatzteilen verringert werden. Durch das Zuteilen einer größeren Zahl gleicher Fahrzeugarbeiten kann Reihenarbeit eingerichtet und billiger und schneller gearbeitet werden. Wesentlich ist auch die Erleichterung im Durchführen der Frist- und Gedingearbeit. Besondere Bedeutung wird dem Kesselaustauschbau zugewendet, weil die Ausbesserung des Kessels ausschlaggebend für die Gesamtdauer der Unterhaltung einer Lokomotive ist. Es wird angestrebt, bei jeder äußeren oder inneren Untersuchung der Lokomotive, die mit größeren Kesselarbeiten verbunden ist, ohne Zeitverlust einen Ersatzkessel einzubauen. Die mit Vorhalten der Ersatzkessel verbundenen Zinsverluste werden bei weitem ausgeglichen durch den Gewinn an Lokomotivbetriebstagen.

Welche Erfolge auf dem Gebiete des Vorrat- und Austauschbaues erzielt werden können, zeigt das Vorgehen einer Deutschen Lokomotivfabrik, die 1922 eine größere Zahl von Lokomotiven für das Ausland zu liefern hatte und die zur Lieferung von wichtigen Einzelteilen Firmen der verschiedensten Orte heranzog. So wurden Kessel und Überhitzer, Steuerung, Zylinder, Achsen, Kuppelstangen u. s. w. je von einer anderen Firma geliefert, ohne daß der Zusammenbau nennenswerte Schwierigkeiten oder Nacharbeiten verursachte. Voraussetzung war, daß die einzelnen Teile nach einheitlichen Normen und Genauigkeitsgrenzen (Passungen) hergestellt wurden. Abgesehen von dem billigeren Herstellen, kann infolgedessen jeder Teil auch gegen einen Ersatzteil aus einer anderen Fabrik ausgetauscht werden unter Gewähr gleichen Sitzes oder gleichen Spieles (vgl. Nachrichten des Vereins Deutscher Ingenieure 1922, S. 79).

d) Abnahme der ausgebesserten Fahrzeuge. Bisher fand die Abnahme wiederhergestellter Fahrzeuge und damit die Beurteilung der Werkstättenarbeit durch die Werkstättenbeamten statt. Die Erfahrung hat gelehrt, daß häufig bald nach der Übergabe der Fahrzeuge an den Betrieb Schäden aufgetreten sind, deren Ursachen auf mangelhafte oder unsachgemäße Wiederherstellungsarbeiten zurückgeführt werden mußten. Aus diesem Grunde werden die Fahrzeuge bei den Deutschen Bahnen seit einiger Zeit durch Beamte des Betriebsmaschinendienstes endgültig abgenommen. Sie sind dafür verantwortlich, daß nur in jeder Hinsicht einwandfrei ausgebesserte Fahrzeuge dem Betrieb zugeführt werden. Die Lokomotiven werden durch einen besonders ausgebildeten Abnahme-Lokomotivführer, die Wagen durch Wagenmeister abgenommen. Diese Beamten bleiben den Maschinenämtern unterstellt. Soweit sie nicht durch Probefahrten in Anspruch genommen sind, haben sie im Einverständnis mit den Werkmeistern die sachgemäße Ausführung der Einzelarbeiten zu überwachen und Mängel dem zuständigen Werkmeister zwecks Abstellung mitzuteilen. Auch an den Abnahmefahrten neuer Fahrzeuge haben sie sich zu beteiligen.

XI. Prüfung der Wirtschaftlichkeit des Lokomotivdienstes.

a) Leistungsmaßstab der Werkstatt. Die Bewertung der Leistung der Haupt- und Nebenwerkstätten erfolgte bisher nach der Zahl der fertiggestellten Lokomotiven. Für die Leistung der Betriebswerkstätten war eine zahlenmäßige Bewertung nicht vorgesehen.

Diese Zahl der fertiggestellten Lokomotiven gibt jedoch kein einwandfreies Bild von der Leistung der Werkstätten, weil sie weder die Größe und Vielteiligkeit der Lokomotiven noch die Güte der geleisteten Arbeit berücksichtigt. Im Gegenteil erschienen nicht selten kleine, mit veralteten Einrichtungen arbeitende Werkstätten leistungsfähiger als große Werkstätten mit neuzeitlichen Einrichtungen, weil die ersteren nur kleine und einfach gebaute Lokomotiven ausbessern, während den letzteren große und vielteilige Lokomotiven zur Unterhaltung zugeteilt

meisten Wagen ist gering. Die Zahl der Ausbesserungswagen ist dabei sehr hoch, so daß das Verfolgen der Fristen unverhältnismäßig viel Arbeit verursachen würde. Es genügt, wenn für alle Güterwagen die Wiederherstellungsdauer nachträglich verfolgt wird, um die Gründe für auffallende Verzögerungen festzustellen. Für die Wagen mit geringen Schäden genügt hierzu die Feststellung, daß sie am gleichen Tage die Werkstatt wieder verlassen sollen. Bei Wagen liegen die Gründe für die verzögerte Fertigstellung gewöhnlich im Warten auf Teile aus den Nebenbetrieben und auf Ersatzteile fremder Verwaltungen. Auch hier kann Abhilfe nur durch weitestgehenden Vorrats- und Austauschbau geschaffen werden (vgl. Zeitschrift des Vereins Deutscher Eisenbahnverwaltungen 1921, S. 518 und 960, ferner „Der Betrieb“ 1921, S. 194).

c) Vorrats- und Austauschbau. Wie schon wiederholt erwähnt, ist der Vorrats- und Austauschbau Vorbedingung für ein wirtschaftliches Arbeitsverfahren. Das Arbeiten nach Musterstücken und nicht nach Zeichnungen, das in den Eisenbahnwerkstätten noch vorwiegend gebräuchlich ist, steht mit diesen Bestrebungen in Widerspruch.

Die Werkstätten müssen wie die Privatbetriebe nach Werkzeichnungen arbeiten. Es muß angestrebt werden, daß die abnehmbaren Fahrzeugteile nicht mehr für ein bestimmtes Fahrzeug, sondern allgemein für die gleichen oder bauverwandten Fahrzeuggruppen ausgebessert werden. Die schadhaften Teile sind daher vom Fahrzeug abzubauen, auszubessern und dem Lager zuzuführen, das ein gleichartiges, ausgebessertes Stück sofort liefern muß. Die Ziele des Vorrats- und Austauschbaues sind:

1. Übergang von der Einzel- zur reinen Massenfertigung, 2. billigeres Herstellen, 3. schnelleres Fertigstellen der Fahrzeuge.

Eine wesentliche Förderung haben diese Ziele dadurch erfahren, daß seit 1922 die Lokomotiven und Personenwagen der Deutschen Bahnen nach Bauarten auf bestimmte Werkstätten verteilt und innerhalb dieser Werkstätten möglichst nach Bauarten gesondert worden sind. Lokomotivausbesserungswerkstätten, die bisher 20 und mehr Lokomotivgattungen zu unterhalten hatten, haben heute nur noch wenige Bauarten – oft nur 2–3. Hierdurch konnte auch der gegenüber der Vorkriegszeit erheblich veränderte Arbeitsumfang der Abteilungen für das Ausbessern der Einzelteile mit dem Arbeitsumfang der Richthallen besser in Einklang gebracht und der Vorrat an Ersatzteilen verringert werden. Durch das Zuteilen einer größeren Zahl gleicher Fahrzeugarbeiten kann Reihenarbeit eingerichtet und billiger und schneller gearbeitet werden. Wesentlich ist auch die Erleichterung im Durchführen der Frist- und Gedingearbeit. Besondere Bedeutung wird dem Kesselaustauschbau zugewendet, weil die Ausbesserung des Kessels ausschlaggebend für die Gesamtdauer der Unterhaltung einer Lokomotive ist. Es wird angestrebt, bei jeder äußeren oder inneren Untersuchung der Lokomotive, die mit größeren Kesselarbeiten verbunden ist, ohne Zeitverlust einen Ersatzkessel einzubauen. Die mit Vorhalten der Ersatzkessel verbundenen Zinsverluste werden bei weitem ausgeglichen durch den Gewinn an Lokomotivbetriebstagen.

Welche Erfolge auf dem Gebiete des Vorrat- und Austauschbaues erzielt werden können, zeigt das Vorgehen einer Deutschen Lokomotivfabrik, die 1922 eine größere Zahl von Lokomotiven für das Ausland zu liefern hatte und die zur Lieferung von wichtigen Einzelteilen Firmen der verschiedensten Orte heranzog. So wurden Kessel und Überhitzer, Steuerung, Zylinder, Achsen, Kuppelstangen u. s. w. je von einer anderen Firma geliefert, ohne daß der Zusammenbau nennenswerte Schwierigkeiten oder Nacharbeiten verursachte. Voraussetzung war, daß die einzelnen Teile nach einheitlichen Normen und Genauigkeitsgrenzen (Passungen) hergestellt wurden. Abgesehen von dem billigeren Herstellen, kann infolgedessen jeder Teil auch gegen einen Ersatzteil aus einer anderen Fabrik ausgetauscht werden unter Gewähr gleichen Sitzes oder gleichen Spieles (vgl. Nachrichten des Vereins Deutscher Ingenieure 1922, S. 79).

d) Abnahme der ausgebesserten Fahrzeuge. Bisher fand die Abnahme wiederhergestellter Fahrzeuge und damit die Beurteilung der Werkstättenarbeit durch die Werkstättenbeamten statt. Die Erfahrung hat gelehrt, daß häufig bald nach der Übergabe der Fahrzeuge an den Betrieb Schäden aufgetreten sind, deren Ursachen auf mangelhafte oder unsachgemäße Wiederherstellungsarbeiten zurückgeführt werden mußten. Aus diesem Grunde werden die Fahrzeuge bei den Deutschen Bahnen seit einiger Zeit durch Beamte des Betriebsmaschinendienstes endgültig abgenommen. Sie sind dafür verantwortlich, daß nur in jeder Hinsicht einwandfrei ausgebesserte Fahrzeuge dem Betrieb zugeführt werden. Die Lokomotiven werden durch einen besonders ausgebildeten Abnahme-Lokomotivführer, die Wagen durch Wagenmeister abgenommen. Diese Beamten bleiben den Maschinenämtern unterstellt. Soweit sie nicht durch Probefahrten in Anspruch genommen sind, haben sie im Einverständnis mit den Werkmeistern die sachgemäße Ausführung der Einzelarbeiten zu überwachen und Mängel dem zuständigen Werkmeister zwecks Abstellung mitzuteilen. Auch an den Abnahmefahrten neuer Fahrzeuge haben sie sich zu beteiligen.

XI. Prüfung der Wirtschaftlichkeit des Lokomotivdienstes.

a) Leistungsmaßstab der Werkstatt. Die Bewertung der Leistung der Haupt- und Nebenwerkstätten erfolgte bisher nach der Zahl der fertiggestellten Lokomotiven. Für die Leistung der Betriebswerkstätten war eine zahlenmäßige Bewertung nicht vorgesehen.

Diese Zahl der fertiggestellten Lokomotiven gibt jedoch kein einwandfreies Bild von der Leistung der Werkstätten, weil sie weder die Größe und Vielteiligkeit der Lokomotiven noch die Güte der geleisteten Arbeit berücksichtigt. Im Gegenteil erschienen nicht selten kleine, mit veralteten Einrichtungen arbeitende Werkstätten leistungsfähiger als große Werkstätten mit neuzeitlichen Einrichtungen, weil die ersteren nur kleine und einfach gebaute Lokomotiven ausbessern, während den letzteren große und vielteilige Lokomotiven zur Unterhaltung zugeteilt

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[368/0398] meisten Wagen ist gering. Die Zahl der Ausbesserungswagen ist dabei sehr hoch, so daß das Verfolgen der Fristen unverhältnismäßig viel Arbeit verursachen würde. Es genügt, wenn für alle Güterwagen die Wiederherstellungsdauer nachträglich verfolgt wird, um die Gründe für auffallende Verzögerungen festzustellen. Für die Wagen mit geringen Schäden genügt hierzu die Feststellung, daß sie am gleichen Tage die Werkstatt wieder verlassen sollen. Bei Wagen liegen die Gründe für die verzögerte Fertigstellung gewöhnlich im Warten auf Teile aus den Nebenbetrieben und auf Ersatzteile fremder Verwaltungen. Auch hier kann Abhilfe nur durch weitestgehenden Vorrats- und Austauschbau geschaffen werden (vgl. Zeitschrift des Vereins Deutscher Eisenbahnverwaltungen 1921, S. 518 und 960, ferner „Der Betrieb“ 1921, S. 194). c) Vorrats- und Austauschbau. Wie schon wiederholt erwähnt, ist der Vorrats- und Austauschbau Vorbedingung für ein wirtschaftliches Arbeitsverfahren. Das Arbeiten nach Musterstücken und nicht nach Zeichnungen, das in den Eisenbahnwerkstätten noch vorwiegend gebräuchlich ist, steht mit diesen Bestrebungen in Widerspruch. Die Werkstätten müssen wie die Privatbetriebe nach Werkzeichnungen arbeiten. Es muß angestrebt werden, daß die abnehmbaren Fahrzeugteile nicht mehr für ein bestimmtes Fahrzeug, sondern allgemein für die gleichen oder bauverwandten Fahrzeuggruppen ausgebessert werden. Die schadhaften Teile sind daher vom Fahrzeug abzubauen, auszubessern und dem Lager zuzuführen, das ein gleichartiges, ausgebessertes Stück sofort liefern muß. Die Ziele des Vorrats- und Austauschbaues sind: 1. Übergang von der Einzel- zur reinen Massenfertigung, 2. billigeres Herstellen, 3. schnelleres Fertigstellen der Fahrzeuge. Eine wesentliche Förderung haben diese Ziele dadurch erfahren, daß seit 1922 die Lokomotiven und Personenwagen der Deutschen Bahnen nach Bauarten auf bestimmte Werkstätten verteilt und innerhalb dieser Werkstätten möglichst nach Bauarten gesondert worden sind. Lokomotivausbesserungswerkstätten, die bisher 20 und mehr Lokomotivgattungen zu unterhalten hatten, haben heute nur noch wenige Bauarten – oft nur 2–3. Hierdurch konnte auch der gegenüber der Vorkriegszeit erheblich veränderte Arbeitsumfang der Abteilungen für das Ausbessern der Einzelteile mit dem Arbeitsumfang der Richthallen besser in Einklang gebracht und der Vorrat an Ersatzteilen verringert werden. Durch das Zuteilen einer größeren Zahl gleicher Fahrzeugarbeiten kann Reihenarbeit eingerichtet und billiger und schneller gearbeitet werden. Wesentlich ist auch die Erleichterung im Durchführen der Frist- und Gedingearbeit. Besondere Bedeutung wird dem Kesselaustauschbau zugewendet, weil die Ausbesserung des Kessels ausschlaggebend für die Gesamtdauer der Unterhaltung einer Lokomotive ist. Es wird angestrebt, bei jeder äußeren oder inneren Untersuchung der Lokomotive, die mit größeren Kesselarbeiten verbunden ist, ohne Zeitverlust einen Ersatzkessel einzubauen. Die mit Vorhalten der Ersatzkessel verbundenen Zinsverluste werden bei weitem ausgeglichen durch den Gewinn an Lokomotivbetriebstagen. Welche Erfolge auf dem Gebiete des Vorrat- und Austauschbaues erzielt werden können, zeigt das Vorgehen einer Deutschen Lokomotivfabrik, die 1922 eine größere Zahl von Lokomotiven für das Ausland zu liefern hatte und die zur Lieferung von wichtigen Einzelteilen Firmen der verschiedensten Orte heranzog. So wurden Kessel und Überhitzer, Steuerung, Zylinder, Achsen, Kuppelstangen u. s. w. je von einer anderen Firma geliefert, ohne daß der Zusammenbau nennenswerte Schwierigkeiten oder Nacharbeiten verursachte. Voraussetzung war, daß die einzelnen Teile nach einheitlichen Normen und Genauigkeitsgrenzen (Passungen) hergestellt wurden. Abgesehen von dem billigeren Herstellen, kann infolgedessen jeder Teil auch gegen einen Ersatzteil aus einer anderen Fabrik ausgetauscht werden unter Gewähr gleichen Sitzes oder gleichen Spieles (vgl. Nachrichten des Vereins Deutscher Ingenieure 1922, S. 79). d) Abnahme der ausgebesserten Fahrzeuge. Bisher fand die Abnahme wiederhergestellter Fahrzeuge und damit die Beurteilung der Werkstättenarbeit durch die Werkstättenbeamten statt. Die Erfahrung hat gelehrt, daß häufig bald nach der Übergabe der Fahrzeuge an den Betrieb Schäden aufgetreten sind, deren Ursachen auf mangelhafte oder unsachgemäße Wiederherstellungsarbeiten zurückgeführt werden mußten. Aus diesem Grunde werden die Fahrzeuge bei den Deutschen Bahnen seit einiger Zeit durch Beamte des Betriebsmaschinendienstes endgültig abgenommen. Sie sind dafür verantwortlich, daß nur in jeder Hinsicht einwandfrei ausgebesserte Fahrzeuge dem Betrieb zugeführt werden. Die Lokomotiven werden durch einen besonders ausgebildeten Abnahme-Lokomotivführer, die Wagen durch Wagenmeister abgenommen. Diese Beamten bleiben den Maschinenämtern unterstellt. Soweit sie nicht durch Probefahrten in Anspruch genommen sind, haben sie im Einverständnis mit den Werkmeistern die sachgemäße Ausführung der Einzelarbeiten zu überwachen und Mängel dem zuständigen Werkmeister zwecks Abstellung mitzuteilen. Auch an den Abnahmefahrten neuer Fahrzeuge haben sie sich zu beteiligen. XI. Prüfung der Wirtschaftlichkeit des Lokomotivdienstes. a) Leistungsmaßstab der Werkstatt. Die Bewertung der Leistung der Haupt- und Nebenwerkstätten erfolgte bisher nach der Zahl der fertiggestellten Lokomotiven. Für die Leistung der Betriebswerkstätten war eine zahlenmäßige Bewertung nicht vorgesehen. Diese Zahl der fertiggestellten Lokomotiven gibt jedoch kein einwandfreies Bild von der Leistung der Werkstätten, weil sie weder die Größe und Vielteiligkeit der Lokomotiven noch die Güte der geleisteten Arbeit berücksichtigt. Im Gegenteil erschienen nicht selten kleine, mit veralteten Einrichtungen arbeitende Werkstätten leistungsfähiger als große Werkstätten mit neuzeitlichen Einrichtungen, weil die ersteren nur kleine und einfach gebaute Lokomotiven ausbessern, während den letzteren große und vielteilige Lokomotiven zur Unterhaltung zugeteilt

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen10_1923/398>, abgerufen am 23.11.2024.