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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923.

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Angelegenheiten, die über den Bereich der Werkstätte hinaus von Bedeutung sind, gehören zur Zuständigkeit des Bezirksbeamtenrates. Angelegenheiten, die über den Bereich eines Bezirksbeamtenrates hinaus von Bedeutung sind, sind dem beim Reichsverkehrsministerium errichteten Hauptbeamtenrat zu überweisen.

IX. Schlichtungswesen.

Für Streitigkeiten zwischen der Verwaltung und den von ihr beschäftigten Arbeitern sind nach gesetzlichen Bestimmungen Sonderschlichtungsausschüsse eingerichtet. Ihr Aufgabenkreis soll sich grundsätzlich auf Gesamtstreitigkeiten beschränken. Die Entscheidung von Einzelstreitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis soll künftig den noch einzusetzenden Arbeitsgerichten übertragen werden.

Bei jeder Eisenbahndirektion ist eine Schlichtungsstelle errichtet. Sie tagt in der Besetzung mit einem unparteiischen Vorsitzenden, den die oberste Landesverwaltungsstelle bestellt, und sechs Beisitzern, von denen drei der Reichseisenbahnverwaltung und drei der Arbeiterschaft angehören. Die im Lohntarif vereinbarten Tarif- und Gedingeausschüsse gehen den Sonderschlichtungsstellen vor. Sie sind im allgemeinen nur zuständig für Streitigkeiten über die Durchführung der Arbeiterschutzgesetze, über das Vereinbaren der Arbeitsordnung, Ordnungsstrafen, Verstöße gegen die Einstellungsrichtlinien sowie über Kündigung und Entlassung von Arbeitern. Hervorzuheben ist noch, daß im Tarifvertrag einzelne Bestimmungen als Verwaltungsangelegenheiten vereinbart worden sind, bei denen also im Streitfall das Anrufen der Schlichtungsausschüsse nicht zulässig ist.

Ein gleichartig zusammengesetzter Hauptschlichtungsausschuß ist beim Reichsverkehrsminister errichtet. Er ist zuständig für Streitigkeiten, die über den Bereich einer Direktion von Bedeutung sind. Die Schiedssprüche sind bindend, soweit ihnen durch gesetzliche Vorschrift oder durch Vereinbaren der Parteien bindende Wirkung beigelegt ist oder soweit die Parteien sich ihnen unterworfen haben. Die fehlende Unterwerfung kann durch Verbindlichkeitserklärung nach den gesetzlichen Vorschriften ersetzt werden.

X. Wissenschaftliche Betriebsführung.

a) Allgemeines. Sie stellt die größten Anforderungen an technisches und kaufmännisches Wissen sowie an soziales Rechts- und Taktempfinden. In diesem Sinne haben Taylor und seine Schüler dieses System aufgebaut und damit die Erfolge erzielt, die das Wirtschaftsleben der ganzen Welt beeinflussen. Einer der wichtigsten Punkte der wissenschaftlichen Betriebsführung ist das sorgfältige Durchführen der Zeit- und Bewegungsstudien. Sie sollten jedoch beschränkt werden auf oft vorkommende Arbeitsprozesse, die eine nur durchschnittliche Geschicklichkeit erfordern und ein genaues Vorbezeichnen des Arbeitsplanes ermöglichen. Ihr Ziel ist, die Produktionsfähigkeit der Werkstatt zu erhöhen und dem Arbeiter die Tätigkeit angenehmer zu gestalten.

Werkzeugmaschinen und Hebezeuge müssen von bester Art sein und ihren Werten entsprechend sorgfältig ausgenutzt werden: durch Wegfall vermeidbarer Pausen, schnelles Einspannen der Werkstücke mittels besonderer Hilfsmittel. Schablonen- und Vorratsarbeit, arbeitsparende Sondereinrichtungen und Werkzeuge sowie Zusammenarbeit aller Abteilungen sind neben gründlichem Durchbilden und Durchführen der Fristarbeit fernere Vorbedingungen für wirtschaftliche Arbeitsweise.

Zum schnellen und allgemeinen Einführen bewährter Einrichtungen und Arbeitsverfahren oder wichtiger Verbesserungen werden von dem Preußischen Werkstättenausschuß nach Bedarf Merkblätter für die beteiligten Beamten und Arbeiter herausgegeben, in denen solche Einrichtungen und Verfahren beschrieben und abgebildet werden. Nach dem Vorbilde großer Privatbetriebe wird auch für die Deutschen Werkstätten eine Werkzeitung (Das Eisenbahnwerk) herausgegeben, die durch freimütigen Meinungsaustausch zu Verbesserungen anregen und allgemein anwendbare Verbesserungen schnell zur Kenntnis aller Beteiligten bringen will.

b) Fristarbeit. Sie ist die Grundlage für zielbewußte und sparsame Herstellung. Jeder Arbeitsauftrag soll hiernach innerhalb einer bestimmten, vorher festgelegten Frist erledigt werden. Wie bei der Neuanfertigung wird für jedes Stück eine Lieferfrist bestimmt. Unklare Bezeichnungen, wie etwa "möglichst bald" u. s. w. sind zu vermeiden. Vorbedingung für die Fristarbeit ist schriftliches Auftragserteilen. Neben Gewährleisten der Ausbesserungsfristen gibt das Fristverfahren eine Übersicht über den Stand der Arbeiten im großen sowie in Teilarbeiten; es läßt ferner die Hemmungen eines geordneten Ausbesserungswesens erkennen.

In Lokomotivwerkstätten wird hierzu gemäß dem Befund der Lokomotiven dem jeweilig aufzustellenden Arbeitsplan ein auf Erfahrung beruhender Normalplan zu grunde gelegt. Da die Kesselarbeiten die Wiederherstellungszeit wesentlich beeinflussen, sind sie bis zum Durchführen des Austauschbaues nach Art und Zeit besonders sorgfältig zu bestimmen. Die Zeiten für jede Arbeitsausführung werden nicht nur für sich festgelegt, sondern auch die Tage bestimmt, an denen sie ausgeführt werden müssen. Nur dann kann der Meister und das Betriebsbureau prüfen, ob der Arbeitsplan innegehalten wird. Hierzu muß bei jedem Arbeitsauftrag die Lieferfrist vermerkt werden.

Das Fristverfahren läßt sich grundsätzlich auch für Wagen anwenden und wird für Personenwagen mit großer Ausbesserung zu empfehlen sein. Im allgemeinen ist der Arbeitsaufwand jedoch so groß, daß sich die Einführung für Güterwagenarbeiten nicht empfiehlt. Die Wiederherstellungsdauer der

Angelegenheiten, die über den Bereich der Werkstätte hinaus von Bedeutung sind, gehören zur Zuständigkeit des Bezirksbeamtenrates. Angelegenheiten, die über den Bereich eines Bezirksbeamtenrates hinaus von Bedeutung sind, sind dem beim Reichsverkehrsministerium errichteten Hauptbeamtenrat zu überweisen.

IX. Schlichtungswesen.

Für Streitigkeiten zwischen der Verwaltung und den von ihr beschäftigten Arbeitern sind nach gesetzlichen Bestimmungen Sonderschlichtungsausschüsse eingerichtet. Ihr Aufgabenkreis soll sich grundsätzlich auf Gesamtstreitigkeiten beschränken. Die Entscheidung von Einzelstreitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis soll künftig den noch einzusetzenden Arbeitsgerichten übertragen werden.

Bei jeder Eisenbahndirektion ist eine Schlichtungsstelle errichtet. Sie tagt in der Besetzung mit einem unparteiischen Vorsitzenden, den die oberste Landesverwaltungsstelle bestellt, und sechs Beisitzern, von denen drei der Reichseisenbahnverwaltung und drei der Arbeiterschaft angehören. Die im Lohntarif vereinbarten Tarif- und Gedingeausschüsse gehen den Sonderschlichtungsstellen vor. Sie sind im allgemeinen nur zuständig für Streitigkeiten über die Durchführung der Arbeiterschutzgesetze, über das Vereinbaren der Arbeitsordnung, Ordnungsstrafen, Verstöße gegen die Einstellungsrichtlinien sowie über Kündigung und Entlassung von Arbeitern. Hervorzuheben ist noch, daß im Tarifvertrag einzelne Bestimmungen als Verwaltungsangelegenheiten vereinbart worden sind, bei denen also im Streitfall das Anrufen der Schlichtungsausschüsse nicht zulässig ist.

Ein gleichartig zusammengesetzter Hauptschlichtungsausschuß ist beim Reichsverkehrsminister errichtet. Er ist zuständig für Streitigkeiten, die über den Bereich einer Direktion von Bedeutung sind. Die Schiedssprüche sind bindend, soweit ihnen durch gesetzliche Vorschrift oder durch Vereinbaren der Parteien bindende Wirkung beigelegt ist oder soweit die Parteien sich ihnen unterworfen haben. Die fehlende Unterwerfung kann durch Verbindlichkeitserklärung nach den gesetzlichen Vorschriften ersetzt werden.

X. Wissenschaftliche Betriebsführung.

a) Allgemeines. Sie stellt die größten Anforderungen an technisches und kaufmännisches Wissen sowie an soziales Rechts- und Taktempfinden. In diesem Sinne haben Taylor und seine Schüler dieses System aufgebaut und damit die Erfolge erzielt, die das Wirtschaftsleben der ganzen Welt beeinflussen. Einer der wichtigsten Punkte der wissenschaftlichen Betriebsführung ist das sorgfältige Durchführen der Zeit- und Bewegungsstudien. Sie sollten jedoch beschränkt werden auf oft vorkommende Arbeitsprozesse, die eine nur durchschnittliche Geschicklichkeit erfordern und ein genaues Vorbezeichnen des Arbeitsplanes ermöglichen. Ihr Ziel ist, die Produktionsfähigkeit der Werkstatt zu erhöhen und dem Arbeiter die Tätigkeit angenehmer zu gestalten.

Werkzeugmaschinen und Hebezeuge müssen von bester Art sein und ihren Werten entsprechend sorgfältig ausgenutzt werden: durch Wegfall vermeidbarer Pausen, schnelles Einspannen der Werkstücke mittels besonderer Hilfsmittel. Schablonen- und Vorratsarbeit, arbeitsparende Sondereinrichtungen und Werkzeuge sowie Zusammenarbeit aller Abteilungen sind neben gründlichem Durchbilden und Durchführen der Fristarbeit fernere Vorbedingungen für wirtschaftliche Arbeitsweise.

Zum schnellen und allgemeinen Einführen bewährter Einrichtungen und Arbeitsverfahren oder wichtiger Verbesserungen werden von dem Preußischen Werkstättenausschuß nach Bedarf Merkblätter für die beteiligten Beamten und Arbeiter herausgegeben, in denen solche Einrichtungen und Verfahren beschrieben und abgebildet werden. Nach dem Vorbilde großer Privatbetriebe wird auch für die Deutschen Werkstätten eine Werkzeitung (Das Eisenbahnwerk) herausgegeben, die durch freimütigen Meinungsaustausch zu Verbesserungen anregen und allgemein anwendbare Verbesserungen schnell zur Kenntnis aller Beteiligten bringen will.

b) Fristarbeit. Sie ist die Grundlage für zielbewußte und sparsame Herstellung. Jeder Arbeitsauftrag soll hiernach innerhalb einer bestimmten, vorher festgelegten Frist erledigt werden. Wie bei der Neuanfertigung wird für jedes Stück eine Lieferfrist bestimmt. Unklare Bezeichnungen, wie etwa „möglichst bald“ u. s. w. sind zu vermeiden. Vorbedingung für die Fristarbeit ist schriftliches Auftragserteilen. Neben Gewährleisten der Ausbesserungsfristen gibt das Fristverfahren eine Übersicht über den Stand der Arbeiten im großen sowie in Teilarbeiten; es läßt ferner die Hemmungen eines geordneten Ausbesserungswesens erkennen.

In Lokomotivwerkstätten wird hierzu gemäß dem Befund der Lokomotiven dem jeweilig aufzustellenden Arbeitsplan ein auf Erfahrung beruhender Normalplan zu grunde gelegt. Da die Kesselarbeiten die Wiederherstellungszeit wesentlich beeinflussen, sind sie bis zum Durchführen des Austauschbaues nach Art und Zeit besonders sorgfältig zu bestimmen. Die Zeiten für jede Arbeitsausführung werden nicht nur für sich festgelegt, sondern auch die Tage bestimmt, an denen sie ausgeführt werden müssen. Nur dann kann der Meister und das Betriebsbureau prüfen, ob der Arbeitsplan innegehalten wird. Hierzu muß bei jedem Arbeitsauftrag die Lieferfrist vermerkt werden.

Das Fristverfahren läßt sich grundsätzlich auch für Wagen anwenden und wird für Personenwagen mit großer Ausbesserung zu empfehlen sein. Im allgemeinen ist der Arbeitsaufwand jedoch so groß, daß sich die Einführung für Güterwagenarbeiten nicht empfiehlt. Die Wiederherstellungsdauer der

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[367/0397] Angelegenheiten, die über den Bereich der Werkstätte hinaus von Bedeutung sind, gehören zur Zuständigkeit des Bezirksbeamtenrates. Angelegenheiten, die über den Bereich eines Bezirksbeamtenrates hinaus von Bedeutung sind, sind dem beim Reichsverkehrsministerium errichteten Hauptbeamtenrat zu überweisen. IX. Schlichtungswesen. Für Streitigkeiten zwischen der Verwaltung und den von ihr beschäftigten Arbeitern sind nach gesetzlichen Bestimmungen Sonderschlichtungsausschüsse eingerichtet. Ihr Aufgabenkreis soll sich grundsätzlich auf Gesamtstreitigkeiten beschränken. Die Entscheidung von Einzelstreitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis soll künftig den noch einzusetzenden Arbeitsgerichten übertragen werden. Bei jeder Eisenbahndirektion ist eine Schlichtungsstelle errichtet. Sie tagt in der Besetzung mit einem unparteiischen Vorsitzenden, den die oberste Landesverwaltungsstelle bestellt, und sechs Beisitzern, von denen drei der Reichseisenbahnverwaltung und drei der Arbeiterschaft angehören. Die im Lohntarif vereinbarten Tarif- und Gedingeausschüsse gehen den Sonderschlichtungsstellen vor. Sie sind im allgemeinen nur zuständig für Streitigkeiten über die Durchführung der Arbeiterschutzgesetze, über das Vereinbaren der Arbeitsordnung, Ordnungsstrafen, Verstöße gegen die Einstellungsrichtlinien sowie über Kündigung und Entlassung von Arbeitern. Hervorzuheben ist noch, daß im Tarifvertrag einzelne Bestimmungen als Verwaltungsangelegenheiten vereinbart worden sind, bei denen also im Streitfall das Anrufen der Schlichtungsausschüsse nicht zulässig ist. Ein gleichartig zusammengesetzter Hauptschlichtungsausschuß ist beim Reichsverkehrsminister errichtet. Er ist zuständig für Streitigkeiten, die über den Bereich einer Direktion von Bedeutung sind. Die Schiedssprüche sind bindend, soweit ihnen durch gesetzliche Vorschrift oder durch Vereinbaren der Parteien bindende Wirkung beigelegt ist oder soweit die Parteien sich ihnen unterworfen haben. Die fehlende Unterwerfung kann durch Verbindlichkeitserklärung nach den gesetzlichen Vorschriften ersetzt werden. X. Wissenschaftliche Betriebsführung. a) Allgemeines. Sie stellt die größten Anforderungen an technisches und kaufmännisches Wissen sowie an soziales Rechts- und Taktempfinden. In diesem Sinne haben Taylor und seine Schüler dieses System aufgebaut und damit die Erfolge erzielt, die das Wirtschaftsleben der ganzen Welt beeinflussen. Einer der wichtigsten Punkte der wissenschaftlichen Betriebsführung ist das sorgfältige Durchführen der Zeit- und Bewegungsstudien. Sie sollten jedoch beschränkt werden auf oft vorkommende Arbeitsprozesse, die eine nur durchschnittliche Geschicklichkeit erfordern und ein genaues Vorbezeichnen des Arbeitsplanes ermöglichen. Ihr Ziel ist, die Produktionsfähigkeit der Werkstatt zu erhöhen und dem Arbeiter die Tätigkeit angenehmer zu gestalten. Werkzeugmaschinen und Hebezeuge müssen von bester Art sein und ihren Werten entsprechend sorgfältig ausgenutzt werden: durch Wegfall vermeidbarer Pausen, schnelles Einspannen der Werkstücke mittels besonderer Hilfsmittel. Schablonen- und Vorratsarbeit, arbeitsparende Sondereinrichtungen und Werkzeuge sowie Zusammenarbeit aller Abteilungen sind neben gründlichem Durchbilden und Durchführen der Fristarbeit fernere Vorbedingungen für wirtschaftliche Arbeitsweise. Zum schnellen und allgemeinen Einführen bewährter Einrichtungen und Arbeitsverfahren oder wichtiger Verbesserungen werden von dem Preußischen Werkstättenausschuß nach Bedarf Merkblätter für die beteiligten Beamten und Arbeiter herausgegeben, in denen solche Einrichtungen und Verfahren beschrieben und abgebildet werden. Nach dem Vorbilde großer Privatbetriebe wird auch für die Deutschen Werkstätten eine Werkzeitung (Das Eisenbahnwerk) herausgegeben, die durch freimütigen Meinungsaustausch zu Verbesserungen anregen und allgemein anwendbare Verbesserungen schnell zur Kenntnis aller Beteiligten bringen will. b) Fristarbeit. Sie ist die Grundlage für zielbewußte und sparsame Herstellung. Jeder Arbeitsauftrag soll hiernach innerhalb einer bestimmten, vorher festgelegten Frist erledigt werden. Wie bei der Neuanfertigung wird für jedes Stück eine Lieferfrist bestimmt. Unklare Bezeichnungen, wie etwa „möglichst bald“ u. s. w. sind zu vermeiden. Vorbedingung für die Fristarbeit ist schriftliches Auftragserteilen. Neben Gewährleisten der Ausbesserungsfristen gibt das Fristverfahren eine Übersicht über den Stand der Arbeiten im großen sowie in Teilarbeiten; es läßt ferner die Hemmungen eines geordneten Ausbesserungswesens erkennen. In Lokomotivwerkstätten wird hierzu gemäß dem Befund der Lokomotiven dem jeweilig aufzustellenden Arbeitsplan ein auf Erfahrung beruhender Normalplan zu grunde gelegt. Da die Kesselarbeiten die Wiederherstellungszeit wesentlich beeinflussen, sind sie bis zum Durchführen des Austauschbaues nach Art und Zeit besonders sorgfältig zu bestimmen. Die Zeiten für jede Arbeitsausführung werden nicht nur für sich festgelegt, sondern auch die Tage bestimmt, an denen sie ausgeführt werden müssen. Nur dann kann der Meister und das Betriebsbureau prüfen, ob der Arbeitsplan innegehalten wird. Hierzu muß bei jedem Arbeitsauftrag die Lieferfrist vermerkt werden. Das Fristverfahren läßt sich grundsätzlich auch für Wagen anwenden und wird für Personenwagen mit großer Ausbesserung zu empfehlen sein. Im allgemeinen ist der Arbeitsaufwand jedoch so groß, daß sich die Einführung für Güterwagenarbeiten nicht empfiehlt. Die Wiederherstellungsdauer der

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen10_1923/397>, abgerufen am 23.11.2024.