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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923.

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Dienstzweige selbständige Dienststellen. So neben der den eigentlichen Betriebsdienst (Fahrdienstleitung und Aufsicht, Telegraphen-, Bahnsteig-, Weichenstell-, Rangier-, Zugbegleitungs-, Bahnbewachungsdienst) wahrnehmenden Bahnstation selbständige Fahrkartenausgaben, Gepäckabfertigungen, Reisebureaus, Stationskassen, Eilgutabfertigungen, Güterabfertigungen und Güterkassen.

Für diese weitgehende Zerlegung des Dienstes in selbständige Dienstzweige spricht der Umstand, daß es zweckmäßig ist, wenn der Beamte, der die unmittelbare Ausführung hat, auch die ganze Verantwortung trägt. Anderseits wird das Zusammenarbeiten der verschiedenen Dienstzweige und die gegenseitige Aushilfe mit Personal und Material erleichtert, wenn sie unter einem gemeinsamen Vorstande stehen.

In England ist auf den Stationen je ein Stationsvorsteher für den Betriebsdienst und Personenverkehr (Station master) und für den Güterverkehr (goods agent) aufgestellt. Dem ersteren ist das Abfertigungspersonal (clerks), Bahnsteigpersonal (ticket collectors), Rangierpersonal (shunters) und Stellwerkpersonal (signal men) zugeteilt. Der Zugverkehr wird auf den großen wie auf den kleinen Stationen nicht durch den Stationsvorsteher, sondern durch das Stellwerkpersonal geregelt. Ihm obliegt die Fahrdienstleitung unter eigener Verantwortlichkeit. Aufsichtsbeamte im deutschen Sinne kennt der englische Betrieb nicht. Ihre Obliegenheiten werden, wie auch in Amerika, vom Zugführer (guard) wahrgenommen. In Amerika steht an der Spitze der größeren Bahnhöfe der Station master, der größeren Rangierbahnhöfe der Yard master, die kleineren Zwischenstationen sind mit Station agents besetzt.

Für die Bahnunterhaltung und Bahnbewachung sorgt der Bahnmeister (in England permanent way inspector, in Amerika Section foreman), dem die Bahn- und Schrankenwärter der freien Strecke und die Streckengeher sowie das Bahnunterhaltungspersonal (Rottenführer, Vorarbeiter) und in technischer Hinsicht auch die Weichensteller und Schrankenwärter innerhalb der Stationen unterstellt sind.

Für die Unterhaltung der eisernen Brücken bestehen Brückenmeister, für die Unterhaltung der Signal-, Sicherungs- und Telegraphenanlagen Telegraphen- und Sicherungswerkstätten.

Die Organisation der äußeren Vollzugsstellen des Zugbeförderungs- und Werkstättedienstes ist in Abschnitt IXa behandelt.

Auch die technischen Nebenbetriebe sind da, wo sie besonders umfangreich sind, als selbständige äußere Dienststellen ausgebildet. So bestehen selbständige Elektrizitätswerke, Gasanstalten, Schwellentränkungswerke u. s. w.

Die Dienststellen haben die für ihren Dienst notwendigen Bau- und Oberbau-, Betriebs- und Werkstättenmaterialien mit zu verwalten. Bei größerem Umfange der Materialbestände werden besondere Materialverwaltungen (Haupt- und Nebenmagazine) errichtet.

VIII. Verwaltungsverfahren.

a) Die Zuständigkeitsordnung.

Der Stellenaufbau ist das Instrument der Verwaltungsordnung. Zuständigkeitsordnung und Geschäftsordnung müssen für die richtige Benutzung des Instruments sorgen.

Gegenstände der örtlichen Betriebsverwaltung müssen in jedem Falle von den örtlichen Organen behandelt werden. Sind diese zur Erledigung nicht zuständig, so ist statt ihrer sofortigen endgültigen Verfügung zunächst ein Bericht, dann die Entscheidung der höheren Stelle erforderlich, auf Grund deren erst die endgültige Erledigung erfolgt. Eine Zuständigkeitserweiterung der unteren Stellen erspart die Arbeitsleistung der oberen Stelle vollständig und mindert diejenige der unteren Stelle um mehr als die Hälfte. Dabei wird die Erledigung beschleunigt.

Namentlich die Geschäfte des unmittelbaren Vollzugsdienstes, die der raschen Entschlußfassung bedürfen und einfach zu ei ledigen sind, müssen möglichst den örtlichen Behörden zur endgültigen Erledigung übertragen werden. Nur Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung oder größerer finanzieller Tragweite dürfen der höheren Instanz vorbehalten bleiben, die dafür eingerichtet ist und auch den notwendigen finanziellen und wirtschaftlichen Überblick besitzt. So hat sowohl die preußische als die bayerische Neuordnung die gesamte Bauausführung (Ausschreibung, Vergebung, Abrechnung der Arbeiten), die früher z. T. in 3 Instanzen ausgeführt wurde, ohne Rücksicht auf die Größe des Objekts den Inspektionen übertragen, während sie mit der Entwurfsbearbeitung, zu der vorher vielfach untere Organe herangezogen wurden, grundsätzlich die Eisenbahndirektionen betraute, bei denen allein der hierfür notwendige ausgedehnte technische Apparat wirtschaftlich vorgehalten werden kann.

Anderseits gibt es zahlreiche Geschäfte der laufenden Betriebsverwaltung, die zweckmäßiger und wirtschaftlicher für die gesamte V. oder doch für größere Gruppen derselben von einem Punkt aus behandelt werden und bei denen durch Zersplitterung in der Erledigung nicht nur Doppelarbeit erwächst, sondern auch die Kraft der V. geschwächt wird.

Im einzelnen beantwortet sich die Frage, welche Gegenstände zentral und welche regional oder örtlich behandelt werden sollen, je nach der Größe des Unternehmens verschieden. Ein mittleres Eisenbahnunternehmen kann noch zahlreiche Geschäfte zentral behandeln, die bei einem größeren Unternehmen bereits den Bezirken oder Gruppenbezirken überwiesen werden müssen (vgl. oben unter III c).

Einer besonders sorgfältigen Ausscheidung der Zuständigkeiten bedarf es dann, wenn das Unternehmen so groß ist, daß sein organisatorischer Aufbau schon in der Betriebsverwaltung 3 voll ausgebildete Instanzen erfordert (vgl. oben VII f. Schluß). Das Ministerium muß hier von Geschäften der laufenden Betriebsverwaltung völlig entlastet werden. In seiner Eigenschaft als reine Regierungs- und oberste Aufsichtsbehörde muß es sich beschränken auf die politische Vertretung des Staatseisenbahnunternehmens, die Verkehrs- und Personalpolitik, die Aufstellung des Gesamthaushalts1 und die oberste Aufsicht. In der ausübenden V. kommen in Betracht als Zuständigkeiten:

1. Der (Gruppen-) "Verwaltungen" (Generaldirektionen)

1 Bei den Schweizer Bundesbahnen werden die auf die einzelnen Kreisdirektionen entfallenden Ausgabenbeträge und Personalstandsziffern schon im Budget festgelegt.

Dienstzweige selbständige Dienststellen. So neben der den eigentlichen Betriebsdienst (Fahrdienstleitung und Aufsicht, Telegraphen-, Bahnsteig-, Weichenstell-, Rangier-, Zugbegleitungs-, Bahnbewachungsdienst) wahrnehmenden Bahnstation selbständige Fahrkartenausgaben, Gepäckabfertigungen, Reisebureaus, Stationskassen, Eilgutabfertigungen, Güterabfertigungen und Güterkassen.

Für diese weitgehende Zerlegung des Dienstes in selbständige Dienstzweige spricht der Umstand, daß es zweckmäßig ist, wenn der Beamte, der die unmittelbare Ausführung hat, auch die ganze Verantwortung trägt. Anderseits wird das Zusammenarbeiten der verschiedenen Dienstzweige und die gegenseitige Aushilfe mit Personal und Material erleichtert, wenn sie unter einem gemeinsamen Vorstande stehen.

In England ist auf den Stationen je ein Stationsvorsteher für den Betriebsdienst und Personenverkehr (Station master) und für den Güterverkehr (goods agent) aufgestellt. Dem ersteren ist das Abfertigungspersonal (clerks), Bahnsteigpersonal (ticket collectors), Rangierpersonal (shunters) und Stellwerkpersonal (signal men) zugeteilt. Der Zugverkehr wird auf den großen wie auf den kleinen Stationen nicht durch den Stationsvorsteher, sondern durch das Stellwerkpersonal geregelt. Ihm obliegt die Fahrdienstleitung unter eigener Verantwortlichkeit. Aufsichtsbeamte im deutschen Sinne kennt der englische Betrieb nicht. Ihre Obliegenheiten werden, wie auch in Amerika, vom Zugführer (guard) wahrgenommen. In Amerika steht an der Spitze der größeren Bahnhöfe der Station master, der größeren Rangierbahnhöfe der Yard master, die kleineren Zwischenstationen sind mit Station agents besetzt.

Für die Bahnunterhaltung und Bahnbewachung sorgt der Bahnmeister (in England permanent way inspector, in Amerika Section foreman), dem die Bahn- und Schrankenwärter der freien Strecke und die Streckengeher sowie das Bahnunterhaltungspersonal (Rottenführer, Vorarbeiter) und in technischer Hinsicht auch die Weichensteller und Schrankenwärter innerhalb der Stationen unterstellt sind.

Für die Unterhaltung der eisernen Brücken bestehen Brückenmeister, für die Unterhaltung der Signal-, Sicherungs- und Telegraphenanlagen Telegraphen- und Sicherungswerkstätten.

Die Organisation der äußeren Vollzugsstellen des Zugbeförderungs- und Werkstättedienstes ist in Abschnitt IXa behandelt.

Auch die technischen Nebenbetriebe sind da, wo sie besonders umfangreich sind, als selbständige äußere Dienststellen ausgebildet. So bestehen selbständige Elektrizitätswerke, Gasanstalten, Schwellentränkungswerke u. s. w.

Die Dienststellen haben die für ihren Dienst notwendigen Bau- und Oberbau-, Betriebs- und Werkstättenmaterialien mit zu verwalten. Bei größerem Umfange der Materialbestände werden besondere Materialverwaltungen (Haupt- und Nebenmagazine) errichtet.

VIII. Verwaltungsverfahren.

a) Die Zuständigkeitsordnung.

Der Stellenaufbau ist das Instrument der Verwaltungsordnung. Zuständigkeitsordnung und Geschäftsordnung müssen für die richtige Benutzung des Instruments sorgen.

Gegenstände der örtlichen Betriebsverwaltung müssen in jedem Falle von den örtlichen Organen behandelt werden. Sind diese zur Erledigung nicht zuständig, so ist statt ihrer sofortigen endgültigen Verfügung zunächst ein Bericht, dann die Entscheidung der höheren Stelle erforderlich, auf Grund deren erst die endgültige Erledigung erfolgt. Eine Zuständigkeitserweiterung der unteren Stellen erspart die Arbeitsleistung der oberen Stelle vollständig und mindert diejenige der unteren Stelle um mehr als die Hälfte. Dabei wird die Erledigung beschleunigt.

Namentlich die Geschäfte des unmittelbaren Vollzugsdienstes, die der raschen Entschlußfassung bedürfen und einfach zu ei ledigen sind, müssen möglichst den örtlichen Behörden zur endgültigen Erledigung übertragen werden. Nur Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung oder größerer finanzieller Tragweite dürfen der höheren Instanz vorbehalten bleiben, die dafür eingerichtet ist und auch den notwendigen finanziellen und wirtschaftlichen Überblick besitzt. So hat sowohl die preußische als die bayerische Neuordnung die gesamte Bauausführung (Ausschreibung, Vergebung, Abrechnung der Arbeiten), die früher z. T. in 3 Instanzen ausgeführt wurde, ohne Rücksicht auf die Größe des Objekts den Inspektionen übertragen, während sie mit der Entwurfsbearbeitung, zu der vorher vielfach untere Organe herangezogen wurden, grundsätzlich die Eisenbahndirektionen betraute, bei denen allein der hierfür notwendige ausgedehnte technische Apparat wirtschaftlich vorgehalten werden kann.

Anderseits gibt es zahlreiche Geschäfte der laufenden Betriebsverwaltung, die zweckmäßiger und wirtschaftlicher für die gesamte V. oder doch für größere Gruppen derselben von einem Punkt aus behandelt werden und bei denen durch Zersplitterung in der Erledigung nicht nur Doppelarbeit erwächst, sondern auch die Kraft der V. geschwächt wird.

Im einzelnen beantwortet sich die Frage, welche Gegenstände zentral und welche regional oder örtlich behandelt werden sollen, je nach der Größe des Unternehmens verschieden. Ein mittleres Eisenbahnunternehmen kann noch zahlreiche Geschäfte zentral behandeln, die bei einem größeren Unternehmen bereits den Bezirken oder Gruppenbezirken überwiesen werden müssen (vgl. oben unter III c).

Einer besonders sorgfältigen Ausscheidung der Zuständigkeiten bedarf es dann, wenn das Unternehmen so groß ist, daß sein organisatorischer Aufbau schon in der Betriebsverwaltung 3 voll ausgebildete Instanzen erfordert (vgl. oben VII f. Schluß). Das Ministerium muß hier von Geschäften der laufenden Betriebsverwaltung völlig entlastet werden. In seiner Eigenschaft als reine Regierungs- und oberste Aufsichtsbehörde muß es sich beschränken auf die politische Vertretung des Staatseisenbahnunternehmens, die Verkehrs- und Personalpolitik, die Aufstellung des Gesamthaushalts1 und die oberste Aufsicht. In der ausübenden V. kommen in Betracht als Zuständigkeiten:

1. Der (Gruppen-) „Verwaltungen“ (Generaldirektionen)

1 Bei den Schweizer Bundesbahnen werden die auf die einzelnen Kreisdirektionen entfallenden Ausgabenbeträge und Personalstandsziffern schon im Budget festgelegt.
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Dienstzweige selbständige Dienststellen. So neben der den eigentlichen Betriebsdienst (Fahrdienstleitung und Aufsicht, Telegraphen-, Bahnsteig-, Weichenstell-, Rangier-, Zugbegleitungs-, Bahnbewachungsdienst) wahrnehmenden Bahnstation selbständige Fahrkartenausgaben, Gepäckabfertigungen, Reisebureaus, Stationskassen, Eilgutabfertigungen, Güterabfertigungen und Güterkassen.</p><lb/>
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[167/0182] Dienstzweige selbständige Dienststellen. So neben der den eigentlichen Betriebsdienst (Fahrdienstleitung und Aufsicht, Telegraphen-, Bahnsteig-, Weichenstell-, Rangier-, Zugbegleitungs-, Bahnbewachungsdienst) wahrnehmenden Bahnstation selbständige Fahrkartenausgaben, Gepäckabfertigungen, Reisebureaus, Stationskassen, Eilgutabfertigungen, Güterabfertigungen und Güterkassen. Für diese weitgehende Zerlegung des Dienstes in selbständige Dienstzweige spricht der Umstand, daß es zweckmäßig ist, wenn der Beamte, der die unmittelbare Ausführung hat, auch die ganze Verantwortung trägt. Anderseits wird das Zusammenarbeiten der verschiedenen Dienstzweige und die gegenseitige Aushilfe mit Personal und Material erleichtert, wenn sie unter einem gemeinsamen Vorstande stehen. In England ist auf den Stationen je ein Stationsvorsteher für den Betriebsdienst und Personenverkehr (Station master) und für den Güterverkehr (goods agent) aufgestellt. 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Die Dienststellen haben die für ihren Dienst notwendigen Bau- und Oberbau-, Betriebs- und Werkstättenmaterialien mit zu verwalten. Bei größerem Umfange der Materialbestände werden besondere Materialverwaltungen (Haupt- und Nebenmagazine) errichtet. VIII. Verwaltungsverfahren. a) Die Zuständigkeitsordnung. Der Stellenaufbau ist das Instrument der Verwaltungsordnung. Zuständigkeitsordnung und Geschäftsordnung müssen für die richtige Benutzung des Instruments sorgen. Gegenstände der örtlichen Betriebsverwaltung müssen in jedem Falle von den örtlichen Organen behandelt werden. Sind diese zur Erledigung nicht zuständig, so ist statt ihrer sofortigen endgültigen Verfügung zunächst ein Bericht, dann die Entscheidung der höheren Stelle erforderlich, auf Grund deren erst die endgültige Erledigung erfolgt. Eine Zuständigkeitserweiterung der unteren Stellen erspart die Arbeitsleistung der oberen Stelle vollständig und mindert diejenige der unteren Stelle um mehr als die Hälfte. Dabei wird die Erledigung beschleunigt. Namentlich die Geschäfte des unmittelbaren Vollzugsdienstes, die der raschen Entschlußfassung bedürfen und einfach zu ei ledigen sind, müssen möglichst den örtlichen Behörden zur endgültigen Erledigung übertragen werden. Nur Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung oder größerer finanzieller Tragweite dürfen der höheren Instanz vorbehalten bleiben, die dafür eingerichtet ist und auch den notwendigen finanziellen und wirtschaftlichen Überblick besitzt. So hat sowohl die preußische als die bayerische Neuordnung die gesamte Bauausführung (Ausschreibung, Vergebung, Abrechnung der Arbeiten), die früher z. T. in 3 Instanzen ausgeführt wurde, ohne Rücksicht auf die Größe des Objekts den Inspektionen übertragen, während sie mit der Entwurfsbearbeitung, zu der vorher vielfach untere Organe herangezogen wurden, grundsätzlich die Eisenbahndirektionen betraute, bei denen allein der hierfür notwendige ausgedehnte technische Apparat wirtschaftlich vorgehalten werden kann. Anderseits gibt es zahlreiche Geschäfte der laufenden Betriebsverwaltung, die zweckmäßiger und wirtschaftlicher für die gesamte V. oder doch für größere Gruppen derselben von einem Punkt aus behandelt werden und bei denen durch Zersplitterung in der Erledigung nicht nur Doppelarbeit erwächst, sondern auch die Kraft der V. geschwächt wird. Im einzelnen beantwortet sich die Frage, welche Gegenstände zentral und welche regional oder örtlich behandelt werden sollen, je nach der Größe des Unternehmens verschieden. Ein mittleres Eisenbahnunternehmen kann noch zahlreiche Geschäfte zentral behandeln, die bei einem größeren Unternehmen bereits den Bezirken oder Gruppenbezirken überwiesen werden müssen (vgl. oben unter III c). Einer besonders sorgfältigen Ausscheidung der Zuständigkeiten bedarf es dann, wenn das Unternehmen so groß ist, daß sein organisatorischer Aufbau schon in der Betriebsverwaltung 3 voll ausgebildete Instanzen erfordert (vgl. oben VII f. Schluß). Das Ministerium muß hier von Geschäften der laufenden Betriebsverwaltung völlig entlastet werden. In seiner Eigenschaft als reine Regierungs- und oberste Aufsichtsbehörde muß es sich beschränken auf die politische Vertretung des Staatseisenbahnunternehmens, die Verkehrs- und Personalpolitik, die Aufstellung des Gesamthaushalts 1 und die oberste Aufsicht. In der ausübenden V. kommen in Betracht als Zuständigkeiten: 1. Der (Gruppen-) „Verwaltungen“ (Generaldirektionen) 1 Bei den Schweizer Bundesbahnen werden die auf die einzelnen Kreisdirektionen entfallenden Ausgabenbeträge und Personalstandsziffern schon im Budget festgelegt.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen10_1923/182>, abgerufen am 24.07.2024.