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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923.

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c) Die Spartenteilung.

Auch innerhalb des Verwaltungssystems der ungeteilten Dienststellen (Type 2) kommt eine mehr oder minder scharfe Scheidung der Dienstzweige vor. So sind bei den Schweizer Bundesbahnen sowohl in der Generaldirektion wie auch in den Kreisdirektionen die Mitglieder (Departementschefs) in allen Angelegenheiten ihres Departements selbständig, in gemeinsamen Angelegenheiten entscheiden sie auf Grund vorheriger Verständigung und in bestimmten wichtigen, in der Ausführungsverordnung zum Organisationsgesetz ausdrücklich bezeichneten Angelegenheiten muß kollegiale Beratung und Abstimmung nach Stimmenmehrheit stattfinden.

Eine ähnlich scharfe Scheidung der Dienstzweige ist bei den italienischen Staatseisenbahnen durchgeführt, wo die Abteilungen der Bezirksdirektionen den entsprechenden Abteilungen der Generaldirektion unmittelbar unterstellt sind und mit ihnen selbständig und unabhängig von den Präsidenten der Bezirksdirektionen verkehren. Der Präsident der Bezirksdirektion soll versuchen, Meinungsverschiedenheiten auszugleichen, hat aber keinen entscheidenden Einfluß auf die Geschäftsführung.

Wo die scharfe Trennung der Dienstzweige durchgeführt ist, besonders bei den Verwaltungen der Type 1, vollzieht sich der schriftliche Verkehr der Abteilungen untereinander wie unter selbständigen V. In der Regel besorgen die Abteilungen auch ihre Personalangelegenheiten, ihre Materialbeschaffung, Rechnungslegung, Statistik und Wirtschaftskontrolle selbständig und es können die verschiedenen Abteilungen selbst örtlich getrennt sein wie in Italien, wo die Generaldirektion in Rom, die Abteilung für Zugbeförderung und Wagen in Florenz und das Aufsichtsamt für Schmalspurbahnen in Palermo ihren Sitz haben. In den Vereinigten Staaten befindet sich die V. des finanziellen Dienstes fast aller Bahnen in New York, die V. des Betriebes und Tarifwesens meist in Chicago.

d) Würdigung.

Eine weitgehende Trennung der Dienstzweige kann zu Doppelarbeit und Reibungen im Verwaltungsapparat, unwirtschaftlichem Personalaufwand und zu einer Oberwucherung des Spezialistentums führen. Es bildet daher die besonders in der staatlichen Eisenbahnverwaltung zum Grundsatz erhobene Schaffung einheitlicher Verwaltungsstellen, die alle Dienstzweige umfassen, zweifellos einen Fortschritt. Sie sichert das einheitliche Zusammenarbeiten, die einheitliche Behandlung der insbesondere in der neueren Zeit immer mehr in den Vordergrund getretenen Personal- und sozialen Fragen und die Berücksichtigung der den drei großen Dienstzweigen gemeinsamen Wirtschafts-, Verwaltungs- und technischen Aufgaben.

Freilich führt in diesen einheitlichen Verwaltungskörpern die an sich unbedingt notwendige weitgehende Sicherung der verschiedensten Interessen und Zusammenhänge durch Bildung von Spezialgeräten und ihre Verkettung durch die Herstellung zahlreicher, alle Dienstzweige durchziehender Abhängigkeiten leicht zu einer mit dem Umfang der Dienststelle in geometrischem Verhältnis zunehmenden Häufung der Rücksprachen, Sitzungen und der dem kaufmännischen Verwaltungssystem überhaupt fremden Mitzeichnungen der Entwürfe und damit zu einer störenden Umständlichkeit der V. und zu einer schädlichen Unselbständigkeit der Beamten, die sich bis zur Unerträglichkeit steigern kann, wo die Dienststellen sehr groß sind.

Unter allen Umständen ist die grundsätzliche Trennung der Fachgebiete und die Bildung selbständiger Organe für die verschiedenen Dienstzweige in den unteren Instanzen, insbesondere bei den äußeren Vollzugsstellen am Platze, wo es sich um die unmittelbare Aufsicht über zahlreiches Personal und um möglichst rasche und einfache Erledigung der Geschäfte handelt.

e) Aufsicht und V.

Zur V. der Eisenbahnen im weitesten Sinne gehört auch die V. der staatlichen Hoheitsrechte gegenüber den Eisenbahnen des Landes, d. i. die Wahrnehmung des Aufsichtsrechts (s. d.), das einerseits das Recht zur Erteilung der Konzession (s. d.) für den Bau und Betrieb von Eisenbahnen umfaßt und anderseits darüber wacht, daß beim Bau und Betrieb der Eisenbahnen die Gesetze, Verordnungen und Konzessionsbedingungen beobachtet und die Interessen der Allgemeinheit gewahrt werden (Eisenbahnaufsicht im engeren Sinne).

Die oberste Aufsicht über die Staats- und Privatbahnen obliegt stets einem der Staatsministerien. Vielfach bestehen noch eigene Zentralbehörden für die Eisenbahnaufsicht im engeren Sinne, besonders in Ländern des Privatbahnsystems, so in England das Board of Trade mit der Railway and Canal Commission, die als richterliche Behörde über die Beschwerden gegen Verfügungen des Board of Trade oder der Eisenbahnverwaltungen entscheidet, in den Vereinigten Staaten die Interstate Commerce Commission.

Solche besondere zentrale Eisenbahnaufsichtsbehörden bestehen vielfach auch noch in Ländern mit vorwiegendem Staatsbahnsystem, so in der Schweiz die Eisenbahnabteilung des Post- und Eisenbahndepartements, in Ungarn die Kgl. Ungarische Generalinspektion für Eisenbahnen und Schiffahrt, während man anderwärts von dem Grundsatz ausgeht, daß es dort, wo die Eisenbahnverwaltung in den Händen von Staatsbehörden liegt, besonderer Aufsichtsbehörden überhaupt nicht bedarf. So ist in Deutschland das Reichseisenbahnamt, in Österreich die Generalinspektion der Eisenbahnen, in Italien das Generalinspektorat aufgehoben und auch in der Schweiz neuerdings die Kontrolle über die Bundesbahnen in der Aufsichtsabteilung des Eisenbahndepartements bedeutend eingeschränkt worden.

Die unmittelbare Beaufsichtigung der einzelnen Privatbahnen ist in Deutschland im allgemeinen den Eisenbahndirektionen übertragen, in anderen Ländern, wie in Österreich, Frankreich, Amerika, werden hierfür besondere Kommissäre oder Generalinspektoren bestellt.

Siehe im übrigen auch unter B., dann unter "Aufsichtsrecht", "Eisenbahnbehörden".

In der großen Mehrzahl der Länder des Staatsbahn Systems - auch dort, wo keine besonderen Aufsichtsbehörden bestehen - wird an der Scheidung der Aufgaben der obersten Aufsicht von jenen der laufenden Betriebsverwaltung grundsätzlich

c) Die Spartenteilung.

Auch innerhalb des Verwaltungssystems der ungeteilten Dienststellen (Type 2) kommt eine mehr oder minder scharfe Scheidung der Dienstzweige vor. So sind bei den Schweizer Bundesbahnen sowohl in der Generaldirektion wie auch in den Kreisdirektionen die Mitglieder (Departementschefs) in allen Angelegenheiten ihres Departements selbständig, in gemeinsamen Angelegenheiten entscheiden sie auf Grund vorheriger Verständigung und in bestimmten wichtigen, in der Ausführungsverordnung zum Organisationsgesetz ausdrücklich bezeichneten Angelegenheiten muß kollegiale Beratung und Abstimmung nach Stimmenmehrheit stattfinden.

Eine ähnlich scharfe Scheidung der Dienstzweige ist bei den italienischen Staatseisenbahnen durchgeführt, wo die Abteilungen der Bezirksdirektionen den entsprechenden Abteilungen der Generaldirektion unmittelbar unterstellt sind und mit ihnen selbständig und unabhängig von den Präsidenten der Bezirksdirektionen verkehren. Der Präsident der Bezirksdirektion soll versuchen, Meinungsverschiedenheiten auszugleichen, hat aber keinen entscheidenden Einfluß auf die Geschäftsführung.

Wo die scharfe Trennung der Dienstzweige durchgeführt ist, besonders bei den Verwaltungen der Type 1, vollzieht sich der schriftliche Verkehr der Abteilungen untereinander wie unter selbständigen V. In der Regel besorgen die Abteilungen auch ihre Personalangelegenheiten, ihre Materialbeschaffung, Rechnungslegung, Statistik und Wirtschaftskontrolle selbständig und es können die verschiedenen Abteilungen selbst örtlich getrennt sein wie in Italien, wo die Generaldirektion in Rom, die Abteilung für Zugbeförderung und Wagen in Florenz und das Aufsichtsamt für Schmalspurbahnen in Palermo ihren Sitz haben. In den Vereinigten Staaten befindet sich die V. des finanziellen Dienstes fast aller Bahnen in New York, die V. des Betriebes und Tarifwesens meist in Chicago.

d) Würdigung.

Eine weitgehende Trennung der Dienstzweige kann zu Doppelarbeit und Reibungen im Verwaltungsapparat, unwirtschaftlichem Personalaufwand und zu einer Oberwucherung des Spezialistentums führen. Es bildet daher die besonders in der staatlichen Eisenbahnverwaltung zum Grundsatz erhobene Schaffung einheitlicher Verwaltungsstellen, die alle Dienstzweige umfassen, zweifellos einen Fortschritt. Sie sichert das einheitliche Zusammenarbeiten, die einheitliche Behandlung der insbesondere in der neueren Zeit immer mehr in den Vordergrund getretenen Personal- und sozialen Fragen und die Berücksichtigung der den drei großen Dienstzweigen gemeinsamen Wirtschafts-, Verwaltungs- und technischen Aufgaben.

Freilich führt in diesen einheitlichen Verwaltungskörpern die an sich unbedingt notwendige weitgehende Sicherung der verschiedensten Interessen und Zusammenhänge durch Bildung von Spezialgeräten und ihre Verkettung durch die Herstellung zahlreicher, alle Dienstzweige durchziehender Abhängigkeiten leicht zu einer mit dem Umfang der Dienststelle in geometrischem Verhältnis zunehmenden Häufung der Rücksprachen, Sitzungen und der dem kaufmännischen Verwaltungssystem überhaupt fremden Mitzeichnungen der Entwürfe und damit zu einer störenden Umständlichkeit der V. und zu einer schädlichen Unselbständigkeit der Beamten, die sich bis zur Unerträglichkeit steigern kann, wo die Dienststellen sehr groß sind.

Unter allen Umständen ist die grundsätzliche Trennung der Fachgebiete und die Bildung selbständiger Organe für die verschiedenen Dienstzweige in den unteren Instanzen, insbesondere bei den äußeren Vollzugsstellen am Platze, wo es sich um die unmittelbare Aufsicht über zahlreiches Personal und um möglichst rasche und einfache Erledigung der Geschäfte handelt.

e) Aufsicht und V.

Zur V. der Eisenbahnen im weitesten Sinne gehört auch die V. der staatlichen Hoheitsrechte gegenüber den Eisenbahnen des Landes, d. i. die Wahrnehmung des Aufsichtsrechts (s. d.), das einerseits das Recht zur Erteilung der Konzession (s. d.) für den Bau und Betrieb von Eisenbahnen umfaßt und anderseits darüber wacht, daß beim Bau und Betrieb der Eisenbahnen die Gesetze, Verordnungen und Konzessionsbedingungen beobachtet und die Interessen der Allgemeinheit gewahrt werden (Eisenbahnaufsicht im engeren Sinne).

Die oberste Aufsicht über die Staats- und Privatbahnen obliegt stets einem der Staatsministerien. Vielfach bestehen noch eigene Zentralbehörden für die Eisenbahnaufsicht im engeren Sinne, besonders in Ländern des Privatbahnsystems, so in England das Board of Trade mit der Railway and Canal Commission, die als richterliche Behörde über die Beschwerden gegen Verfügungen des Board of Trade oder der Eisenbahnverwaltungen entscheidet, in den Vereinigten Staaten die Interstate Commerce Commission.

Solche besondere zentrale Eisenbahnaufsichtsbehörden bestehen vielfach auch noch in Ländern mit vorwiegendem Staatsbahnsystem, so in der Schweiz die Eisenbahnabteilung des Post- und Eisenbahndepartements, in Ungarn die Kgl. Ungarische Generalinspektion für Eisenbahnen und Schiffahrt, während man anderwärts von dem Grundsatz ausgeht, daß es dort, wo die Eisenbahnverwaltung in den Händen von Staatsbehörden liegt, besonderer Aufsichtsbehörden überhaupt nicht bedarf. So ist in Deutschland das Reichseisenbahnamt, in Österreich die Generalinspektion der Eisenbahnen, in Italien das Generalinspektorat aufgehoben und auch in der Schweiz neuerdings die Kontrolle über die Bundesbahnen in der Aufsichtsabteilung des Eisenbahndepartements bedeutend eingeschränkt worden.

Die unmittelbare Beaufsichtigung der einzelnen Privatbahnen ist in Deutschland im allgemeinen den Eisenbahndirektionen übertragen, in anderen Ländern, wie in Österreich, Frankreich, Amerika, werden hierfür besondere Kommissäre oder Generalinspektoren bestellt.

Siehe im übrigen auch unter B., dann unter „Aufsichtsrecht“, „Eisenbahnbehörden“.

In der großen Mehrzahl der Länder des Staatsbahn Systems – auch dort, wo keine besonderen Aufsichtsbehörden bestehen – wird an der Scheidung der Aufgaben der obersten Aufsicht von jenen der laufenden Betriebsverwaltung grundsätzlich

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[162/0177] c) Die Spartenteilung. Auch innerhalb des Verwaltungssystems der ungeteilten Dienststellen (Type 2) kommt eine mehr oder minder scharfe Scheidung der Dienstzweige vor. So sind bei den Schweizer Bundesbahnen sowohl in der Generaldirektion wie auch in den Kreisdirektionen die Mitglieder (Departementschefs) in allen Angelegenheiten ihres Departements selbständig, in gemeinsamen Angelegenheiten entscheiden sie auf Grund vorheriger Verständigung und in bestimmten wichtigen, in der Ausführungsverordnung zum Organisationsgesetz ausdrücklich bezeichneten Angelegenheiten muß kollegiale Beratung und Abstimmung nach Stimmenmehrheit stattfinden. Eine ähnlich scharfe Scheidung der Dienstzweige ist bei den italienischen Staatseisenbahnen durchgeführt, wo die Abteilungen der Bezirksdirektionen den entsprechenden Abteilungen der Generaldirektion unmittelbar unterstellt sind und mit ihnen selbständig und unabhängig von den Präsidenten der Bezirksdirektionen verkehren. 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Eine weitgehende Trennung der Dienstzweige kann zu Doppelarbeit und Reibungen im Verwaltungsapparat, unwirtschaftlichem Personalaufwand und zu einer Oberwucherung des Spezialistentums führen. Es bildet daher die besonders in der staatlichen Eisenbahnverwaltung zum Grundsatz erhobene Schaffung einheitlicher Verwaltungsstellen, die alle Dienstzweige umfassen, zweifellos einen Fortschritt. Sie sichert das einheitliche Zusammenarbeiten, die einheitliche Behandlung der insbesondere in der neueren Zeit immer mehr in den Vordergrund getretenen Personal- und sozialen Fragen und die Berücksichtigung der den drei großen Dienstzweigen gemeinsamen Wirtschafts-, Verwaltungs- und technischen Aufgaben. Freilich führt in diesen einheitlichen Verwaltungskörpern die an sich unbedingt notwendige weitgehende Sicherung der verschiedensten Interessen und Zusammenhänge durch Bildung von Spezialgeräten und ihre Verkettung durch die Herstellung zahlreicher, alle Dienstzweige durchziehender Abhängigkeiten leicht zu einer mit dem Umfang der Dienststelle in geometrischem Verhältnis zunehmenden Häufung der Rücksprachen, Sitzungen und der dem kaufmännischen Verwaltungssystem überhaupt fremden Mitzeichnungen der Entwürfe und damit zu einer störenden Umständlichkeit der V. und zu einer schädlichen Unselbständigkeit der Beamten, die sich bis zur Unerträglichkeit steigern kann, wo die Dienststellen sehr groß sind. Unter allen Umständen ist die grundsätzliche Trennung der Fachgebiete und die Bildung selbständiger Organe für die verschiedenen Dienstzweige in den unteren Instanzen, insbesondere bei den äußeren Vollzugsstellen am Platze, wo es sich um die unmittelbare Aufsicht über zahlreiches Personal und um möglichst rasche und einfache Erledigung der Geschäfte handelt. e) Aufsicht und V. Zur V. der Eisenbahnen im weitesten Sinne gehört auch die V. der staatlichen Hoheitsrechte gegenüber den Eisenbahnen des Landes, d. i. die Wahrnehmung des Aufsichtsrechts (s. d.), das einerseits das Recht zur Erteilung der Konzession (s. d.) für den Bau und Betrieb von Eisenbahnen umfaßt und anderseits darüber wacht, daß beim Bau und Betrieb der Eisenbahnen die Gesetze, Verordnungen und Konzessionsbedingungen beobachtet und die Interessen der Allgemeinheit gewahrt werden (Eisenbahnaufsicht im engeren Sinne). Die oberste Aufsicht über die Staats- und Privatbahnen obliegt stets einem der Staatsministerien. Vielfach bestehen noch eigene Zentralbehörden für die Eisenbahnaufsicht im engeren Sinne, besonders in Ländern des Privatbahnsystems, so in England das Board of Trade mit der Railway and Canal Commission, die als richterliche Behörde über die Beschwerden gegen Verfügungen des Board of Trade oder der Eisenbahnverwaltungen entscheidet, in den Vereinigten Staaten die Interstate Commerce Commission. Solche besondere zentrale Eisenbahnaufsichtsbehörden bestehen vielfach auch noch in Ländern mit vorwiegendem Staatsbahnsystem, so in der Schweiz die Eisenbahnabteilung des Post- und Eisenbahndepartements, in Ungarn die Kgl. Ungarische Generalinspektion für Eisenbahnen und Schiffahrt, während man anderwärts von dem Grundsatz ausgeht, daß es dort, wo die Eisenbahnverwaltung in den Händen von Staatsbehörden liegt, besonderer Aufsichtsbehörden überhaupt nicht bedarf. So ist in Deutschland das Reichseisenbahnamt, in Österreich die Generalinspektion der Eisenbahnen, in Italien das Generalinspektorat aufgehoben und auch in der Schweiz neuerdings die Kontrolle über die Bundesbahnen in der Aufsichtsabteilung des Eisenbahndepartements bedeutend eingeschränkt worden. Die unmittelbare Beaufsichtigung der einzelnen Privatbahnen ist in Deutschland im allgemeinen den Eisenbahndirektionen übertragen, in anderen Ländern, wie in Österreich, Frankreich, Amerika, werden hierfür besondere Kommissäre oder Generalinspektoren bestellt. Siehe im übrigen auch unter B., dann unter „Aufsichtsrecht“, „Eisenbahnbehörden“. In der großen Mehrzahl der Länder des Staatsbahn Systems – auch dort, wo keine besonderen Aufsichtsbehörden bestehen – wird an der Scheidung der Aufgaben der obersten Aufsicht von jenen der laufenden Betriebsverwaltung grundsätzlich

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen10_1923/177>, abgerufen am 28.11.2024.