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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923.

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von Aktiengesellschaften des öffentlichen Rechtes gelegt, deren Organe aus der Generalversammlung der Aktionäre, dem Direktorium (board of directors) und der ausübenden Verwaltung bestehen. Das Direktorium wird von der Generalversammlung gewählt und besteht aus 15-24 Mitgliedern, die als beschließende Körperschaft über alle wichtigen Fragen des Eisenbahnunternehmens entscheiden und die leitenden Beamten der ausübenden V. bestellen.

Die ausübende V. wird von Oberbeamten geleitet, u. zw. der Betrieb im weitesten Sinne vom General manager und die V. vom Secretary. Dem General manager untersteht in mehr oder minder lockerer Unterordnung je ein besonderer Oberbeamter für den eigentlichen Betrieb, Güterdienst, Bahnunterhaltung und Lokomotivdienst. Jeder dieser Oberbeamten hat unter sich seinen eigenen Beamtenstab, der je nach der Größe des Netzes regional wieder in Hauptgruppen (Divisions) und Untergruppen (Distrikts) eingeteilt ist. So ist der Dienst sachlich und örtlich gegliedert, der Oberbeamte der Zentralverwaltung ist für sein Fach dem Direktorium, jeder Untergebene dem Vorgesetzten persönlich für den guten Dienstvollzug verantwortlich, genießt aber auch für die V. der inneren Angelegenheiten seines Dienstbereiches vollständige Bewegungsfreiheit, der Vorgesetzte beschränkt sich auf die einheitlich und gemeinsam zu regelnden Angelegenheiten. Die mit anderen Dienstzweigen gemeinsam zu behandelnden Angelegenheiten werden durch Vereinbarung geregelt.

Diese Organisation, die sich in England schon sehr früh herausgebildet und in der Folgezeit nur wenig verändert hat, ist in ihren Grundzügen von den meisten Privatbahnen der Kulturländer und auch von vielen Staatsbahn Verwaltungen übernommen worden.

Auch die Organisation der ersten deutschen und österreichischen Privatbahngesellschaften führt auf das englische Vorbild zurück. In Deutschland schiebt sich jedoch zwischen das Direktorium, später Direktion genannt, und die Generalversammlung der Aktionäre noch der Verwaltungsrat (Aufsichtsrat) ein. Das Direktorium ist anfänglich nur der kaufmännische, Vorstand der Gesellschaft und die unmittelbare Überwachungsstelle. Seine Mitglieder nehmen nur ausnahmsweise am ausübenden Dienst teil. Für diesen besteht ein "Spezialdirektor" (in der ersten Zeit auch "Superintendent" oder "Betriebsinspektor" genannt), dem für Betrieb, Verkehr, Bahnunterhaltung und Zugbeförderung je ein Oberbeamter untergeordnet ist. Den Oberbeamten der Direktion unterstehen in persönlicher Unterordnung und damit in strenger sachlicher Gliederung der Dienstzweige die Organe des ausführenden Dienstes in den Bezirken und die örtlichen Vollzugsstellen.

Auch bei den staatlichen Eisenbahnverwaltungen in Deutschland haben sich die organisatorischen Einrichtungen zunächst in der gleichen Weise entwickelt wie bei den Privatbahnen. An die Stelle des Direktoriums trat eine königliche Eisenbahndirektion, die regelmäßig als Kollegialbehörde nach den in der allgemeinen Staatsverwaltung für die Regierungen geltenden Vorschriften organisiert war. In den Händen der Direktion lagen aber nur die wichtigeren Entscheidungen sowie der Bau und die Bahnunterhaltung. Für die Leitung des eigentlichen Betriebes wurden unter der Direktion eigene "Oberbeamte", ein Oberbetriebsinspektor für den Betrieb, ein Obergüterverwalter für den Verkehr und ein Obermaschinenmeister für den Zugbeförderungs- und Werkstättendienst aufgestellt.

Für örtliche Bezirke wurden Betriebsinspektoren und Maschinenmeister bestellt, die ihre Aufträge teils von der Direktion, teils von den Oberbeamten erhielten. Den Betriebsinspektoren unterstanden für die Bahnunterhaltung in kleineren Bezirken nochmals Eisenbahnbaumeister und diesen erst die Bahnmeister, während die Stationen, Stationskassen, Güterund Gepäcksexpeditionen den Betriebsinspektoren unmittelbar untergeordnet waren. Dies war im wesentlichen die Entwicklung in Preußen bis 1872.

b) Die deutsche Verwaltungsform.

In Bayern war seit 1845, in Preußen seit 1872 die englische (kaufmännische) Verwaltungstype mit ihrer im wesentlichen aus Einzelpersönlichkeiten bestehenden reichen, fachlichen und örtlichen Gliederung des organisatorischen Aufbaus vollständig verlassen und in Anlehnung an die Einrichtungen im Behördenaufbau der allgemeinen Staatsverwaltung und Postverwaltung durch ein System unpersönlicher, alle Dienstzweige umfassender Amts- oder Dienststellen ersetzt, die in zwei Instanzen unter dem Ministerium standen.

In Bayern stand (1845) an der Spitze der V. die "Generalverwaltung der Eisenbahnen" mit einem Vorstand, zwei Räten für Betrieb und Komptabilität, einem Oberingenieur und einem Maschinenmeister. Als äußere Behörden bestanden Eisenbahnämter, Eisenbahnverwaltungen, Eisenbahnexpeditionen und Anhaltestellen. Den Eisenbahnämtern war ein Dienstbezirk zugewiesen, sie hatten aber gleichzeitig den örtlichen Dienst der Station zu versehen. Sie waren besetzt mit einem Betriebsinspektor als Vorstand, einem Ingenieur, einem Kassier und einem Obermaschinisten. In der Neuorganisation von 1851 wurde die Vereinigung von Verwaltungsdienst und äußerem Vollzugsdienst in den Eisenbahnämtern aufgehoben. Für den Verwaltungsdienst wurden "Bezirksoberämter" errichtet. Sie behielten ihre Eigenschaft als einheitliche, den gesamten Dienst umfassende Bezirksstellen. Damit war in der Direktionsinstanz und bei den Bezirksstellen das System des unpersönlichen Amtes und der Vereinigung aller Dienstzweige unter einem einheitlichen Vorstande durchgeführt. Zwischen dem Bezirksoberamt - in der Folge Oberbahnamt und später Eisenbahnbetriebsdirektion genannt - und den äußeren Dienststellen bestanden nur noch für die Bahnunterhaltung besondere Organe in den Betriebsingenieuren (den späteren Bezirksingenieuren, Staatsbahningenieuren).

Der Generaldirektion waren außer den Oberbahnämtern auch die Hauptwerkstätten und Eisenbahnbausektionen unmittelbar unterstellt.

Auch in Preußen vollzog sich in der Folge eine ähnliche Entwicklung. 1872 wurden die bisher als fachlich getrennte Organe des Bezirksverwaltungsdienstes bestehenden Betriebsinspektoren und Maschinenmeister unter einem gemeinsamen Vorstand zu einer den gesamten Dienst umfassenden Eisenbahnbehörde, der "Eisenbahnkommission" vereinigt, die 1879 die Bezeichnung "Eisenbahnbetriebsamt"

von Aktiengesellschaften des öffentlichen Rechtes gelegt, deren Organe aus der Generalversammlung der Aktionäre, dem Direktorium (board of directors) und der ausübenden Verwaltung bestehen. Das Direktorium wird von der Generalversammlung gewählt und besteht aus 15–24 Mitgliedern, die als beschließende Körperschaft über alle wichtigen Fragen des Eisenbahnunternehmens entscheiden und die leitenden Beamten der ausübenden V. bestellen.

Die ausübende V. wird von Oberbeamten geleitet, u. zw. der Betrieb im weitesten Sinne vom General manager und die V. vom Secretary. Dem General manager untersteht in mehr oder minder lockerer Unterordnung je ein besonderer Oberbeamter für den eigentlichen Betrieb, Güterdienst, Bahnunterhaltung und Lokomotivdienst. Jeder dieser Oberbeamten hat unter sich seinen eigenen Beamtenstab, der je nach der Größe des Netzes regional wieder in Hauptgruppen (Divisions) und Untergruppen (Distrikts) eingeteilt ist. So ist der Dienst sachlich und örtlich gegliedert, der Oberbeamte der Zentralverwaltung ist für sein Fach dem Direktorium, jeder Untergebene dem Vorgesetzten persönlich für den guten Dienstvollzug verantwortlich, genießt aber auch für die V. der inneren Angelegenheiten seines Dienstbereiches vollständige Bewegungsfreiheit, der Vorgesetzte beschränkt sich auf die einheitlich und gemeinsam zu regelnden Angelegenheiten. Die mit anderen Dienstzweigen gemeinsam zu behandelnden Angelegenheiten werden durch Vereinbarung geregelt.

Diese Organisation, die sich in England schon sehr früh herausgebildet und in der Folgezeit nur wenig verändert hat, ist in ihren Grundzügen von den meisten Privatbahnen der Kulturländer und auch von vielen Staatsbahn Verwaltungen übernommen worden.

Auch die Organisation der ersten deutschen und österreichischen Privatbahngesellschaften führt auf das englische Vorbild zurück. In Deutschland schiebt sich jedoch zwischen das Direktorium, später Direktion genannt, und die Generalversammlung der Aktionäre noch der Verwaltungsrat (Aufsichtsrat) ein. Das Direktorium ist anfänglich nur der kaufmännische, Vorstand der Gesellschaft und die unmittelbare Überwachungsstelle. Seine Mitglieder nehmen nur ausnahmsweise am ausübenden Dienst teil. Für diesen besteht ein „Spezialdirektor“ (in der ersten Zeit auch „Superintendent“ oder „Betriebsinspektor“ genannt), dem für Betrieb, Verkehr, Bahnunterhaltung und Zugbeförderung je ein Oberbeamter untergeordnet ist. Den Oberbeamten der Direktion unterstehen in persönlicher Unterordnung und damit in strenger sachlicher Gliederung der Dienstzweige die Organe des ausführenden Dienstes in den Bezirken und die örtlichen Vollzugsstellen.

Auch bei den staatlichen Eisenbahnverwaltungen in Deutschland haben sich die organisatorischen Einrichtungen zunächst in der gleichen Weise entwickelt wie bei den Privatbahnen. An die Stelle des Direktoriums trat eine königliche Eisenbahndirektion, die regelmäßig als Kollegialbehörde nach den in der allgemeinen Staatsverwaltung für die Regierungen geltenden Vorschriften organisiert war. In den Händen der Direktion lagen aber nur die wichtigeren Entscheidungen sowie der Bau und die Bahnunterhaltung. Für die Leitung des eigentlichen Betriebes wurden unter der Direktion eigene „Oberbeamte“, ein Oberbetriebsinspektor für den Betrieb, ein Obergüterverwalter für den Verkehr und ein Obermaschinenmeister für den Zugbeförderungs- und Werkstättendienst aufgestellt.

Für örtliche Bezirke wurden Betriebsinspektoren und Maschinenmeister bestellt, die ihre Aufträge teils von der Direktion, teils von den Oberbeamten erhielten. Den Betriebsinspektoren unterstanden für die Bahnunterhaltung in kleineren Bezirken nochmals Eisenbahnbaumeister und diesen erst die Bahnmeister, während die Stationen, Stationskassen, Güterund Gepäcksexpeditionen den Betriebsinspektoren unmittelbar untergeordnet waren. Dies war im wesentlichen die Entwicklung in Preußen bis 1872.

b) Die deutsche Verwaltungsform.

In Bayern war seit 1845, in Preußen seit 1872 die englische (kaufmännische) Verwaltungstype mit ihrer im wesentlichen aus Einzelpersönlichkeiten bestehenden reichen, fachlichen und örtlichen Gliederung des organisatorischen Aufbaus vollständig verlassen und in Anlehnung an die Einrichtungen im Behördenaufbau der allgemeinen Staatsverwaltung und Postverwaltung durch ein System unpersönlicher, alle Dienstzweige umfassender Amts- oder Dienststellen ersetzt, die in zwei Instanzen unter dem Ministerium standen.

In Bayern stand (1845) an der Spitze der V. die „Generalverwaltung der Eisenbahnen“ mit einem Vorstand, zwei Räten für Betrieb und Komptabilität, einem Oberingenieur und einem Maschinenmeister. Als äußere Behörden bestanden Eisenbahnämter, Eisenbahnverwaltungen, Eisenbahnexpeditionen und Anhaltestellen. Den Eisenbahnämtern war ein Dienstbezirk zugewiesen, sie hatten aber gleichzeitig den örtlichen Dienst der Station zu versehen. Sie waren besetzt mit einem Betriebsinspektor als Vorstand, einem Ingenieur, einem Kassier und einem Obermaschinisten. In der Neuorganisation von 1851 wurde die Vereinigung von Verwaltungsdienst und äußerem Vollzugsdienst in den Eisenbahnämtern aufgehoben. Für den Verwaltungsdienst wurden „Bezirksoberämter“ errichtet. Sie behielten ihre Eigenschaft als einheitliche, den gesamten Dienst umfassende Bezirksstellen. Damit war in der Direktionsinstanz und bei den Bezirksstellen das System des unpersönlichen Amtes und der Vereinigung aller Dienstzweige unter einem einheitlichen Vorstande durchgeführt. Zwischen dem Bezirksoberamt – in der Folge Oberbahnamt und später Eisenbahnbetriebsdirektion genannt – und den äußeren Dienststellen bestanden nur noch für die Bahnunterhaltung besondere Organe in den Betriebsingenieuren (den späteren Bezirksingenieuren, Staatsbahningenieuren).

Der Generaldirektion waren außer den Oberbahnämtern auch die Hauptwerkstätten und Eisenbahnbausektionen unmittelbar unterstellt.

Auch in Preußen vollzog sich in der Folge eine ähnliche Entwicklung. 1872 wurden die bisher als fachlich getrennte Organe des Bezirksverwaltungsdienstes bestehenden Betriebsinspektoren und Maschinenmeister unter einem gemeinsamen Vorstand zu einer den gesamten Dienst umfassenden Eisenbahnbehörde, der „Eisenbahnkommission“ vereinigt, die 1879 die Bezeichnung „Eisenbahnbetriebsamt“

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[156/0171] von Aktiengesellschaften des öffentlichen Rechtes gelegt, deren Organe aus der Generalversammlung der Aktionäre, dem Direktorium (board of directors) und der ausübenden Verwaltung bestehen. Das Direktorium wird von der Generalversammlung gewählt und besteht aus 15–24 Mitgliedern, die als beschließende Körperschaft über alle wichtigen Fragen des Eisenbahnunternehmens entscheiden und die leitenden Beamten der ausübenden V. bestellen. Die ausübende V. wird von Oberbeamten geleitet, u. zw. der Betrieb im weitesten Sinne vom General manager und die V. vom Secretary. Dem General manager untersteht in mehr oder minder lockerer Unterordnung je ein besonderer Oberbeamter für den eigentlichen Betrieb, Güterdienst, Bahnunterhaltung und Lokomotivdienst. Jeder dieser Oberbeamten hat unter sich seinen eigenen Beamtenstab, der je nach der Größe des Netzes regional wieder in Hauptgruppen (Divisions) und Untergruppen (Distrikts) eingeteilt ist. So ist der Dienst sachlich und örtlich gegliedert, der Oberbeamte der Zentralverwaltung ist für sein Fach dem Direktorium, jeder Untergebene dem Vorgesetzten persönlich für den guten Dienstvollzug verantwortlich, genießt aber auch für die V. der inneren Angelegenheiten seines Dienstbereiches vollständige Bewegungsfreiheit, der Vorgesetzte beschränkt sich auf die einheitlich und gemeinsam zu regelnden Angelegenheiten. Die mit anderen Dienstzweigen gemeinsam zu behandelnden Angelegenheiten werden durch Vereinbarung geregelt. Diese Organisation, die sich in England schon sehr früh herausgebildet und in der Folgezeit nur wenig verändert hat, ist in ihren Grundzügen von den meisten Privatbahnen der Kulturländer und auch von vielen Staatsbahn Verwaltungen übernommen worden. Auch die Organisation der ersten deutschen und österreichischen Privatbahngesellschaften führt auf das englische Vorbild zurück. In Deutschland schiebt sich jedoch zwischen das Direktorium, später Direktion genannt, und die Generalversammlung der Aktionäre noch der Verwaltungsrat (Aufsichtsrat) ein. Das Direktorium ist anfänglich nur der kaufmännische, Vorstand der Gesellschaft und die unmittelbare Überwachungsstelle. Seine Mitglieder nehmen nur ausnahmsweise am ausübenden Dienst teil. Für diesen besteht ein „Spezialdirektor“ (in der ersten Zeit auch „Superintendent“ oder „Betriebsinspektor“ genannt), dem für Betrieb, Verkehr, Bahnunterhaltung und Zugbeförderung je ein Oberbeamter untergeordnet ist. Den Oberbeamten der Direktion unterstehen in persönlicher Unterordnung und damit in strenger sachlicher Gliederung der Dienstzweige die Organe des ausführenden Dienstes in den Bezirken und die örtlichen Vollzugsstellen. Auch bei den staatlichen Eisenbahnverwaltungen in Deutschland haben sich die organisatorischen Einrichtungen zunächst in der gleichen Weise entwickelt wie bei den Privatbahnen. An die Stelle des Direktoriums trat eine königliche Eisenbahndirektion, die regelmäßig als Kollegialbehörde nach den in der allgemeinen Staatsverwaltung für die Regierungen geltenden Vorschriften organisiert war. In den Händen der Direktion lagen aber nur die wichtigeren Entscheidungen sowie der Bau und die Bahnunterhaltung. Für die Leitung des eigentlichen Betriebes wurden unter der Direktion eigene „Oberbeamte“, ein Oberbetriebsinspektor für den Betrieb, ein Obergüterverwalter für den Verkehr und ein Obermaschinenmeister für den Zugbeförderungs- und Werkstättendienst aufgestellt. Für örtliche Bezirke wurden Betriebsinspektoren und Maschinenmeister bestellt, die ihre Aufträge teils von der Direktion, teils von den Oberbeamten erhielten. Den Betriebsinspektoren unterstanden für die Bahnunterhaltung in kleineren Bezirken nochmals Eisenbahnbaumeister und diesen erst die Bahnmeister, während die Stationen, Stationskassen, Güterund Gepäcksexpeditionen den Betriebsinspektoren unmittelbar untergeordnet waren. Dies war im wesentlichen die Entwicklung in Preußen bis 1872. b) Die deutsche Verwaltungsform. In Bayern war seit 1845, in Preußen seit 1872 die englische (kaufmännische) Verwaltungstype mit ihrer im wesentlichen aus Einzelpersönlichkeiten bestehenden reichen, fachlichen und örtlichen Gliederung des organisatorischen Aufbaus vollständig verlassen und in Anlehnung an die Einrichtungen im Behördenaufbau der allgemeinen Staatsverwaltung und Postverwaltung durch ein System unpersönlicher, alle Dienstzweige umfassender Amts- oder Dienststellen ersetzt, die in zwei Instanzen unter dem Ministerium standen. In Bayern stand (1845) an der Spitze der V. die „Generalverwaltung der Eisenbahnen“ mit einem Vorstand, zwei Räten für Betrieb und Komptabilität, einem Oberingenieur und einem Maschinenmeister. Als äußere Behörden bestanden Eisenbahnämter, Eisenbahnverwaltungen, Eisenbahnexpeditionen und Anhaltestellen. Den Eisenbahnämtern war ein Dienstbezirk zugewiesen, sie hatten aber gleichzeitig den örtlichen Dienst der Station zu versehen. Sie waren besetzt mit einem Betriebsinspektor als Vorstand, einem Ingenieur, einem Kassier und einem Obermaschinisten. In der Neuorganisation von 1851 wurde die Vereinigung von Verwaltungsdienst und äußerem Vollzugsdienst in den Eisenbahnämtern aufgehoben. Für den Verwaltungsdienst wurden „Bezirksoberämter“ errichtet. Sie behielten ihre Eigenschaft als einheitliche, den gesamten Dienst umfassende Bezirksstellen. Damit war in der Direktionsinstanz und bei den Bezirksstellen das System des unpersönlichen Amtes und der Vereinigung aller Dienstzweige unter einem einheitlichen Vorstande durchgeführt. Zwischen dem Bezirksoberamt – in der Folge Oberbahnamt und später Eisenbahnbetriebsdirektion genannt – und den äußeren Dienststellen bestanden nur noch für die Bahnunterhaltung besondere Organe in den Betriebsingenieuren (den späteren Bezirksingenieuren, Staatsbahningenieuren). Der Generaldirektion waren außer den Oberbahnämtern auch die Hauptwerkstätten und Eisenbahnbausektionen unmittelbar unterstellt. Auch in Preußen vollzog sich in der Folge eine ähnliche Entwicklung. 1872 wurden die bisher als fachlich getrennte Organe des Bezirksverwaltungsdienstes bestehenden Betriebsinspektoren und Maschinenmeister unter einem gemeinsamen Vorstand zu einer den gesamten Dienst umfassenden Eisenbahnbehörde, der „Eisenbahnkommission“ vereinigt, die 1879 die Bezeichnung „Eisenbahnbetriebsamt“

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen10_1923/171>, abgerufen am 24.07.2024.