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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923.

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daß ihnen die Regelung tunlichst weitgehend überlassen bleibt. Zu diesem Zweck ist das oben dargelegte berechtigte Interesse des Verfrachters nach den 2 Richtungen - Höhe der Fracht und Dauer des Transports - möglichst auszuschalten. Der Umfang, in dem dies geschieht, und die Wege dazu sind in den Bestimmungen der einzelnen Länderverschieden. Am schärfsten verfährt das deutsche Frachtrecht. Es gewährleistet dem Verfrachter ein für allemal die billigste Fracht und, wenn diese über mehrere Wege gleich ist, zugleich die günstigsten Transportbedingungen (§ 67, 2 EVO.), gestattet ihm aber dafür eine Wegevorschrift überhaupt nicht, außer bei Eilgütern. In einem andern großen Gebiet mit gemeinsamem Frachtrecht, in Österreich-Ungarn, ist dem Verfrachter ebenfalls für den Fall der Unterlassung einer Wegevorschrift der billigste Tarif und bei gleichen Frachtsätzen über mehrere Wege zugleich die kürzeste Lieferfrist zugesprochen; daneben aber ist ihm gleichwohl das Recht der Wegevorschrift gegeben, von deren Beachtung indes die Eisenbahn unter bestimmten Bedingungen, die auf die Gewährleistung der billigsten Fracht und kürzesten Lieferfrist hinauslaufen, absehen kann (EBR. § 67). Ein drittes System ist das des Berner IÜ., das dem Wechselgüterverkehr zwischen dem größten Teil der europäischen Staaten Norm gibt. Dieses geht zwar grundsätzlich davon aus, daß der Versender die V. vorschreibt (es ist "Angabe des einzuhaltenden Transportweges" im Frachtbrief verlangt - Art. 6,1), gibt aber zugleich unter gewissen Bedingungen einerseits der Eisenbahn das Recht, davon abzuweichen, anderseits Anordnung dahin, daß bei Ermanglung der Wegeangabe des Versenders die Eisenbahn nach bestem Ermessen den Weg zu bestimmen habe und bei dessen Wahl nur für grobes Verschulden hafte. Der Unterschied des Maßes der Haftung hier gegenüber dem zweitgenannten System ist berechtigt durch die verschiedene Größe des Gebiets, für das die eine und die andere Bestimmung Geltung hat; indes lauten im Sinne des letzterwähnten Systems auch die entsprechenden Vorschriften für den inneren schweizerischen und den inneren holländischen Verkehr, also für verhältnismäßig kleinere Netze. Jedenfalls sind auch das zweite und das dritte System geeignet, weitgehend die Mitbestimmung des Verfrachters bei der V. auszuschalten und die Verkehrsleitungsvereinbarungen der Eisenbahn maßgebend sein zu lassen.

Daß da, wo der Verfrachter abweichend von den inneren Anordnungen bzw. Vereinbarungen der Eisenbahnen die V. bestimmt, die Fracht über den von jenem vorgeschriebenen Weg zu berechnen ist, auch wenn sie sich nicht als die billigste darstellt, ist allen einschlägigen Bestimmungen gemeinsam und selbstverständlich.

Bei Sendungen bestimmter Art hat die V. erhöhte Bedeutung für den Verfrachter: beim Reisegepäck ist als Wille des Versenders, des Reisenden, zu vermuten, daß er es auf der Reise immer in greifbarer Nähe haben will. Es bestimmt sich deshalb grundsätzlich der Weg des Gepäcks nach dem des Reisenden; Ausnahmen hiervon sind indes auf besonderen Antrag des Reisenden in einzelnen Verkehrsgebieten zugelassen. Bei Viehsendungen hat der Verfrachter mit Rücksicht auf die Verpflegung und Versorgung der lebenden Tiere während der Dauer der Fahrt ein besonderes Interesse an der Bestimmung der V. Deshalb ist für solche allgemein, auch im deutschen Frachtrecht (§ 49, 1 EVO.), die Wegevorschrift des Verfrachters unbedingt maßgebend. Einen besonderen Wert für den Versender kann die V. endlich auch beim Eilgut aller Art haben, insofern als bei diesem der Beförderungsdauer vom Versender häufig größere Bedeutung beigemessen wird als der Höhe der Fracht, jene aber von der Wahl des Weges sehr stark beeinflußt sein kann. Deshalb pflegt in den geltenden frachtrechtlichen Bestimmungen dieses Interesse besonders berücksichtigt zu werden.

Mittelbar nehmen eine Sonderstellung hin sichtlich der V. die Fälle ein, wo ein Gut während des Transports eine Zoll- oder Steuerlinie überschreiten muß. Da grundsätzlich dem Versender das Recht gewahrt ist, sich bei der Abwicklung der Verzollung zu beteiligen, so ist das Gut immer bei demjenigen Zoll- oder Steueramt zu stellen, das der Versender vorschreibt. Hierdurch wird in gewissem Umfang die V. beeinflußt. Bis und von der bestimmten Zollstation gelten aber die gewöhnlichen Regeln der V.

Morhart.


Verkehrsministerium s. Eisenbahnministerium und Verwaltung.


Verkehrsordnung s. Betriebsreglement.


Verkehrssteuern s. Transportsteuern.


Verkehrsstockungen (disturbance of traffic, operating difficulties; difficultes de circulation ou d'exploitation; perturbazione del servizio), Hemmungen in der regelmäßigen Abwicklung des Verkehrs infolge besonderer Ereignisse im Betrieb oder Verkehr, infolge Unzulänglichkeit der Anlagen, ungenügenden Personalstands u. s. w.

I. Ursachen der Stockungen.

1. Betriebsunfälle.

Die Folgen eines Unfalls für die betriebliche Leistung hängen nicht nur von seinem Umfange (Sperrung eines oder mehrerer

daß ihnen die Regelung tunlichst weitgehend überlassen bleibt. Zu diesem Zweck ist das oben dargelegte berechtigte Interesse des Verfrachters nach den 2 Richtungen – Höhe der Fracht und Dauer des Transports – möglichst auszuschalten. Der Umfang, in dem dies geschieht, und die Wege dazu sind in den Bestimmungen der einzelnen Länderverschieden. Am schärfsten verfährt das deutsche Frachtrecht. Es gewährleistet dem Verfrachter ein für allemal die billigste Fracht und, wenn diese über mehrere Wege gleich ist, zugleich die günstigsten Transportbedingungen (§ 67, 2 EVO.), gestattet ihm aber dafür eine Wegevorschrift überhaupt nicht, außer bei Eilgütern. In einem andern großen Gebiet mit gemeinsamem Frachtrecht, in Österreich-Ungarn, ist dem Verfrachter ebenfalls für den Fall der Unterlassung einer Wegevorschrift der billigste Tarif und bei gleichen Frachtsätzen über mehrere Wege zugleich die kürzeste Lieferfrist zugesprochen; daneben aber ist ihm gleichwohl das Recht der Wegevorschrift gegeben, von deren Beachtung indes die Eisenbahn unter bestimmten Bedingungen, die auf die Gewährleistung der billigsten Fracht und kürzesten Lieferfrist hinauslaufen, absehen kann (EBR. § 67). Ein drittes System ist das des Berner IÜ., das dem Wechselgüterverkehr zwischen dem größten Teil der europäischen Staaten Norm gibt. Dieses geht zwar grundsätzlich davon aus, daß der Versender die V. vorschreibt (es ist „Angabe des einzuhaltenden Transportweges“ im Frachtbrief verlangt – Art. 6,1), gibt aber zugleich unter gewissen Bedingungen einerseits der Eisenbahn das Recht, davon abzuweichen, anderseits Anordnung dahin, daß bei Ermanglung der Wegeangabe des Versenders die Eisenbahn nach bestem Ermessen den Weg zu bestimmen habe und bei dessen Wahl nur für grobes Verschulden hafte. Der Unterschied des Maßes der Haftung hier gegenüber dem zweitgenannten System ist berechtigt durch die verschiedene Größe des Gebiets, für das die eine und die andere Bestimmung Geltung hat; indes lauten im Sinne des letzterwähnten Systems auch die entsprechenden Vorschriften für den inneren schweizerischen und den inneren holländischen Verkehr, also für verhältnismäßig kleinere Netze. Jedenfalls sind auch das zweite und das dritte System geeignet, weitgehend die Mitbestimmung des Verfrachters bei der V. auszuschalten und die Verkehrsleitungsvereinbarungen der Eisenbahn maßgebend sein zu lassen.

Daß da, wo der Verfrachter abweichend von den inneren Anordnungen bzw. Vereinbarungen der Eisenbahnen die V. bestimmt, die Fracht über den von jenem vorgeschriebenen Weg zu berechnen ist, auch wenn sie sich nicht als die billigste darstellt, ist allen einschlägigen Bestimmungen gemeinsam und selbstverständlich.

Bei Sendungen bestimmter Art hat die V. erhöhte Bedeutung für den Verfrachter: beim Reisegepäck ist als Wille des Versenders, des Reisenden, zu vermuten, daß er es auf der Reise immer in greifbarer Nähe haben will. Es bestimmt sich deshalb grundsätzlich der Weg des Gepäcks nach dem des Reisenden; Ausnahmen hiervon sind indes auf besonderen Antrag des Reisenden in einzelnen Verkehrsgebieten zugelassen. Bei Viehsendungen hat der Verfrachter mit Rücksicht auf die Verpflegung und Versorgung der lebenden Tiere während der Dauer der Fahrt ein besonderes Interesse an der Bestimmung der V. Deshalb ist für solche allgemein, auch im deutschen Frachtrecht (§ 49, 1 EVO.), die Wegevorschrift des Verfrachters unbedingt maßgebend. Einen besonderen Wert für den Versender kann die V. endlich auch beim Eilgut aller Art haben, insofern als bei diesem der Beförderungsdauer vom Versender häufig größere Bedeutung beigemessen wird als der Höhe der Fracht, jene aber von der Wahl des Weges sehr stark beeinflußt sein kann. Deshalb pflegt in den geltenden frachtrechtlichen Bestimmungen dieses Interesse besonders berücksichtigt zu werden.

Mittelbar nehmen eine Sonderstellung hin sichtlich der V. die Fälle ein, wo ein Gut während des Transports eine Zoll- oder Steuerlinie überschreiten muß. Da grundsätzlich dem Versender das Recht gewahrt ist, sich bei der Abwicklung der Verzollung zu beteiligen, so ist das Gut immer bei demjenigen Zoll- oder Steueramt zu stellen, das der Versender vorschreibt. Hierdurch wird in gewissem Umfang die V. beeinflußt. Bis und von der bestimmten Zollstation gelten aber die gewöhnlichen Regeln der V.

Morhart.


Verkehrsministerium s. Eisenbahnministerium und Verwaltung.


Verkehrsordnung s. Betriebsreglement.


Verkehrssteuern s. Transportsteuern.


Verkehrsstockungen (disturbance of traffic, operating difficulties; difficultés de circulation ou d'exploitation; perturbazione del servizio), Hemmungen in der regelmäßigen Abwicklung des Verkehrs infolge besonderer Ereignisse im Betrieb oder Verkehr, infolge Unzulänglichkeit der Anlagen, ungenügenden Personalstands u. s. w.

I. Ursachen der Stockungen.

1. Betriebsunfälle.

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[113/0126] daß ihnen die Regelung tunlichst weitgehend überlassen bleibt. Zu diesem Zweck ist das oben dargelegte berechtigte Interesse des Verfrachters nach den 2 Richtungen – Höhe der Fracht und Dauer des Transports – möglichst auszuschalten. Der Umfang, in dem dies geschieht, und die Wege dazu sind in den Bestimmungen der einzelnen Länderverschieden. Am schärfsten verfährt das deutsche Frachtrecht. Es gewährleistet dem Verfrachter ein für allemal die billigste Fracht und, wenn diese über mehrere Wege gleich ist, zugleich die günstigsten Transportbedingungen (§ 67, 2 EVO.), gestattet ihm aber dafür eine Wegevorschrift überhaupt nicht, außer bei Eilgütern. In einem andern großen Gebiet mit gemeinsamem Frachtrecht, in Österreich-Ungarn, ist dem Verfrachter ebenfalls für den Fall der Unterlassung einer Wegevorschrift der billigste Tarif und bei gleichen Frachtsätzen über mehrere Wege zugleich die kürzeste Lieferfrist zugesprochen; daneben aber ist ihm gleichwohl das Recht der Wegevorschrift gegeben, von deren Beachtung indes die Eisenbahn unter bestimmten Bedingungen, die auf die Gewährleistung der billigsten Fracht und kürzesten Lieferfrist hinauslaufen, absehen kann (EBR. § 67). Ein drittes System ist das des Berner IÜ., das dem Wechselgüterverkehr zwischen dem größten Teil der europäischen Staaten Norm gibt. Dieses geht zwar grundsätzlich davon aus, daß der Versender die V. vorschreibt (es ist „Angabe des einzuhaltenden Transportweges“ im Frachtbrief verlangt – Art. 6,1), gibt aber zugleich unter gewissen Bedingungen einerseits der Eisenbahn das Recht, davon abzuweichen, anderseits Anordnung dahin, daß bei Ermanglung der Wegeangabe des Versenders die Eisenbahn nach bestem Ermessen den Weg zu bestimmen habe und bei dessen Wahl nur für grobes Verschulden hafte. Der Unterschied des Maßes der Haftung hier gegenüber dem zweitgenannten System ist berechtigt durch die verschiedene Größe des Gebiets, für das die eine und die andere Bestimmung Geltung hat; indes lauten im Sinne des letzterwähnten Systems auch die entsprechenden Vorschriften für den inneren schweizerischen und den inneren holländischen Verkehr, also für verhältnismäßig kleinere Netze. Jedenfalls sind auch das zweite und das dritte System geeignet, weitgehend die Mitbestimmung des Verfrachters bei der V. auszuschalten und die Verkehrsleitungsvereinbarungen der Eisenbahn maßgebend sein zu lassen. Daß da, wo der Verfrachter abweichend von den inneren Anordnungen bzw. Vereinbarungen der Eisenbahnen die V. bestimmt, die Fracht über den von jenem vorgeschriebenen Weg zu berechnen ist, auch wenn sie sich nicht als die billigste darstellt, ist allen einschlägigen Bestimmungen gemeinsam und selbstverständlich. Bei Sendungen bestimmter Art hat die V. erhöhte Bedeutung für den Verfrachter: beim Reisegepäck ist als Wille des Versenders, des Reisenden, zu vermuten, daß er es auf der Reise immer in greifbarer Nähe haben will. Es bestimmt sich deshalb grundsätzlich der Weg des Gepäcks nach dem des Reisenden; Ausnahmen hiervon sind indes auf besonderen Antrag des Reisenden in einzelnen Verkehrsgebieten zugelassen. Bei Viehsendungen hat der Verfrachter mit Rücksicht auf die Verpflegung und Versorgung der lebenden Tiere während der Dauer der Fahrt ein besonderes Interesse an der Bestimmung der V. Deshalb ist für solche allgemein, auch im deutschen Frachtrecht (§ 49, 1 EVO.), die Wegevorschrift des Verfrachters unbedingt maßgebend. Einen besonderen Wert für den Versender kann die V. endlich auch beim Eilgut aller Art haben, insofern als bei diesem der Beförderungsdauer vom Versender häufig größere Bedeutung beigemessen wird als der Höhe der Fracht, jene aber von der Wahl des Weges sehr stark beeinflußt sein kann. Deshalb pflegt in den geltenden frachtrechtlichen Bestimmungen dieses Interesse besonders berücksichtigt zu werden. Mittelbar nehmen eine Sonderstellung hin sichtlich der V. die Fälle ein, wo ein Gut während des Transports eine Zoll- oder Steuerlinie überschreiten muß. Da grundsätzlich dem Versender das Recht gewahrt ist, sich bei der Abwicklung der Verzollung zu beteiligen, so ist das Gut immer bei demjenigen Zoll- oder Steueramt zu stellen, das der Versender vorschreibt. Hierdurch wird in gewissem Umfang die V. beeinflußt. Bis und von der bestimmten Zollstation gelten aber die gewöhnlichen Regeln der V. Morhart. Verkehrsministerium s. Eisenbahnministerium und Verwaltung. Verkehrsordnung s. Betriebsreglement. Verkehrssteuern s. Transportsteuern. Verkehrsstockungen (disturbance of traffic, operating difficulties; difficultés de circulation ou d'exploitation; perturbazione del servizio), Hemmungen in der regelmäßigen Abwicklung des Verkehrs infolge besonderer Ereignisse im Betrieb oder Verkehr, infolge Unzulänglichkeit der Anlagen, ungenügenden Personalstands u. s. w. I. Ursachen der Stockungen. 1. Betriebsunfälle. Die Folgen eines Unfalls für die betriebliche Leistung hängen nicht nur von seinem Umfange (Sperrung eines oder mehrerer

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen10_1923/126>, abgerufen am 22.11.2024.