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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923.

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Bleiben die Gesamtkosten unter der Stichsumme, so erhält der Unternehmer einen zu vereinbarenden Prozentsatz r (Risikoprozente) - etwa 20-40% - des Unterschieds als besondere Vergütung; übersteigen die Gesamtkosten die Stichsumme, so trägt der Unternehmer die Mehrkosten in demselben Verhältnis. Der Prozentsatz r muß den in dem Wert x enthaltenen Gewinnprozentsatz erheblich, u. zw. tunlichst um ein Mehrfaches übersteigen. Der Unternehmer wird dadurch gezwungen, möglichst wirtschaftlich zu arbeiten. Zur Verstärkung dieses Moments muß sich aber die Verwaltung in dem Vertrag auch eine weitgehende Kontrolle der Geschäftsführung des Unternehmers vorbehalten.

Unter den heutigen Verhältnissen wird es kaum möglich sein, bei einer längeren Bauzeit die Stichsumme für die ganze Dauer des Vertrags auch nur einigermaßen richtig festzulegen, d. h. richtige Einheitspreise für die ganze Vertragsdauer fest zu vereinbaren, ganz abgesehen von der in vielen Fällen gegebenen Schwierigkeit, bei der gebotenen Beschleunigung die richtigen Mengen der einzelnen Vertragspositionen festzustellen, deren Höhe für eine zutreffende Preisbemessung ebenfalls von großer Bedeutung ist.

Diesem Umstand soll in Weiterentwicklung der sich aus dem Aufsatz "Der koloniale Bauvertrag und seine Anwendung im Kriege" (Zentralbl. d. Bauverw. 1917, S. 532) ergebenden Ideen auf zweierlei Arten Rechnung getragen werden:

Selbstkostenvertrag mit fester Stichsumme und begrenztem Verlust und Gewinn.

Unter Beibehaltung der festen Stichsumme wird der Verlust und der Gewinn beschränkt, der sich bei Überschreitung der Stichsumme ergibt, u. zw. auf einen bestimmten zu vereinbarenden Prozentsatz (y) der tatsächlichen Baukosten (B) (etwa 2-4%).

Bei diesem Verfahren wird der Verlust und also das Risiko des Unternehmers eingeschränkt, u. zw. je nach der Höhe des Prozentsatzes (r), nach dem sich seine Beteiligung an dem Mehr oder Weniger gegen die Stichsumme bemißt, und nach der Höhe des anderen Prozentsatzes (y), der seinen Verlust und Gewinn begrenzt. Es kann bei solchen Verträgen schon bei einer verhältnismäßig niedrigen Überschreitung der Stichsumme der Anteil des Unternehmers an dem Mehrbetrag begrenzt werden durch den Höchstbetrag seines Anteils. Von diesem Augenblick an wird der Vertrag ein Selbstkosten vertrag ohne Stichsumme, bei dem lediglich die Gewinnprozente, die in dem prozentualen Zuschlag enthalten sind, etwas herabgesetzt sind. Der Unternehmer hat also mit steigenden Selbstkosten auch noch einen steigenden Gewinn und daher kein Interesse mehr daran, billig zu arbeiten.

Die Stichsumme, die bei diesem System jetzt für die ganze Bauzeit festgelegt wird, wird unter den heutigen Verhältnissen naturgemäß sehr hoch sein müssen, so daß praktisch der Unternehmer voraussichtlich außer seinem eingerechneten Gewinn den Anteil an dem Minderbetrag zwischen Stichsumme und Gesamtkosten haben wird.

Das Verfahren besitzt den Vorzug, daß während der Bauzeit keine neuen Festsetzungen zu machen sind, es sei denn, daß durch Maßnahmen der Verwaltung oder durch sonstige Umstände, die die Verwaltung zu vertreten hat, Verhältnisse eintreten, die die Arbeit des Unternehmers erschweren und ihm die Einhaltung der Stichsumme unmöglich machen. Es muß daher bei jeder Ausführung geprüft werden, ob unter den heutigen Verhältnissen mit solchen Erscheinungen mit mehr oder weniger Wahrscheinlichkeit gerechnet werden muß.

Selbstkostenvertrag mit veränderlicher Stichsumme.

Einführung der veränderlichen Stichsumme.

Es wird vereinbart, daß die Einheitssätze des Massen- und Preisverzeichnisses zunächst nur eine bestimmte Zeit gelten und dann in bestimmten Zeitabschnitten (etwa 1/2 Jahr) durch einen Schätzungsausschuß neu festgesetzt werden sollen. Dabei berücksichtigt der Schätzungsausschuß u. a. die besonderen Verhältnisse der Baustelle, soweit sie sich bei der Übernahme nicht übersehen ließen, und gegebenenfalls auch etwaige besondere Umstände, wie Maßnahmen der Verwaltung, Ereignisse, die in den unsicheren Zeiten begründet sind u. dgl., soweit sie der Unternehmer bei billiger Auffassung nicht zu vertreten hat. Die in den einzelnen Zeiträumen geleisteten Mengen der Vertragspositionen mit den dafür gültigen Einheitspreisen ergeben eine Reihe von Teilstichsummen, die zusammen am Schluß der Bauausführung die Gesamtstichsumme ergeben. Liegt in besonderen Fällen bei Arbeitsbeginn noch kein Massen- und Preisverzeichnis vor, so wird vertraglich vereinbart, daß es nachträglich dem Vertrag beizufügen ist und daß die ersten Einheitspreise durch Vereinbarung zwischen den Parteien oder durch den Schätzungsausschuß festzulegen sind.

Bei diesem Verfahren sind die Teilstichsummen nur auf verhältnismäßig kurze Zeiträume festzusetzen, so daß sie einigermaßen der Wirklichkeit entsprechen werden. Der Unternehmer hat also ein geringeres Risiko als beim Selbstkostenvertrag mit fester Stichsumme, aber durch die größte Genauigkeit der Stichsumme einen höheren Anreiz, mit seinen Selbstkosten möglichst unter der Stichsumme zu bleiben und wirtschaftlich zu arbeiten. Dagegen bleibt ein Risikovertrag insofern bestehen, als der Unternehmer für seine Anordnungen auf der Baustelle, ihre Einrichtung und seine technischen und kaufmännischen Maßnahmen aufzukommen hat. Es bleibt ihm die Möglichkeit, durch Tüchtigkeit und Fleiß, Ausnutzung der Verhältnisse, günstige Abschlüsse und geschickte Einteilung der Arbeiten seinen Verdienst zu erhöhen.

Das Verfahren zwingt den Unternehmer, dem Schätzungsausschuß Rechenschaft über seine Ausgaben und sein Geschäftsgebaren zu geben, Einsicht in seine Bücher zu gestatten und seine Maßnahmen der Ursache nach wie nach der geldlichen Seite hin zu begründen.

Das Verfahren macht nach Ablauf jedes der einzelnen Zeiträume die Feststellung der geleisteten Menge nötig, wie bei Abschlagszahlungen bei den in normalen Zeiten üblichen Verträgen. Es ist in jedem Falle zu prüfen, ob damit erhebliche Schwierigkeiten verbunden sind, die das Verfahren etwa ausschließen. Auf ganz genaue Bemessung der Mengen wird es bei Erdarbeiten nicht ankommen, da in den einzelnen Zeiträumen die Preisunterschiede nicht allzu erheblich sein werden.

2. Vergebung nach dem Schätzungsverfahren.

Es werden nicht, wie bei dem vorstehend unter 1 beschriebenen Selbstkostenvertrag, die Selbstkosten vergütet, sondern es werden die für den ersten Zeitraum vereinbarten und für die weiteren Zeiträume vom Schätzungsausschuß festgesetzten Preise bezahlt. Im übrigen ist aber die Vereinbarung und der Aufbau des Verfahrens genau so, wie vorstehend beim Selbstkosten vertrag mit veränderlicher Stichsumme beschrieben ist. Nur kommt hier eine Stichsumme überhaupt nicht in Betracht. Dadurch wird das Verfahren weiter geklärt und vereinfacht und es wird

Bleiben die Gesamtkosten unter der Stichsumme, so erhält der Unternehmer einen zu vereinbarenden Prozentsatz r (Risikoprozente) – etwa 20–40% – des Unterschieds als besondere Vergütung; übersteigen die Gesamtkosten die Stichsumme, so trägt der Unternehmer die Mehrkosten in demselben Verhältnis. Der Prozentsatz r muß den in dem Wert x enthaltenen Gewinnprozentsatz erheblich, u. zw. tunlichst um ein Mehrfaches übersteigen. Der Unternehmer wird dadurch gezwungen, möglichst wirtschaftlich zu arbeiten. Zur Verstärkung dieses Moments muß sich aber die Verwaltung in dem Vertrag auch eine weitgehende Kontrolle der Geschäftsführung des Unternehmers vorbehalten.

Unter den heutigen Verhältnissen wird es kaum möglich sein, bei einer längeren Bauzeit die Stichsumme für die ganze Dauer des Vertrags auch nur einigermaßen richtig festzulegen, d. h. richtige Einheitspreise für die ganze Vertragsdauer fest zu vereinbaren, ganz abgesehen von der in vielen Fällen gegebenen Schwierigkeit, bei der gebotenen Beschleunigung die richtigen Mengen der einzelnen Vertragspositionen festzustellen, deren Höhe für eine zutreffende Preisbemessung ebenfalls von großer Bedeutung ist.

Diesem Umstand soll in Weiterentwicklung der sich aus dem Aufsatz „Der koloniale Bauvertrag und seine Anwendung im Kriege“ (Zentralbl. d. Bauverw. 1917, S. 532) ergebenden Ideen auf zweierlei Arten Rechnung getragen werden:

Selbstkostenvertrag mit fester Stichsumme und begrenztem Verlust und Gewinn.

Unter Beibehaltung der festen Stichsumme wird der Verlust und der Gewinn beschränkt, der sich bei Überschreitung der Stichsumme ergibt, u. zw. auf einen bestimmten zu vereinbarenden Prozentsatz (y) der tatsächlichen Baukosten (B) (etwa 2–4%).

Bei diesem Verfahren wird der Verlust und also das Risiko des Unternehmers eingeschränkt, u. zw. je nach der Höhe des Prozentsatzes (r), nach dem sich seine Beteiligung an dem Mehr oder Weniger gegen die Stichsumme bemißt, und nach der Höhe des anderen Prozentsatzes (y), der seinen Verlust und Gewinn begrenzt. Es kann bei solchen Verträgen schon bei einer verhältnismäßig niedrigen Überschreitung der Stichsumme der Anteil des Unternehmers an dem Mehrbetrag begrenzt werden durch den Höchstbetrag seines Anteils. Von diesem Augenblick an wird der Vertrag ein Selbstkosten vertrag ohne Stichsumme, bei dem lediglich die Gewinnprozente, die in dem prozentualen Zuschlag enthalten sind, etwas herabgesetzt sind. Der Unternehmer hat also mit steigenden Selbstkosten auch noch einen steigenden Gewinn und daher kein Interesse mehr daran, billig zu arbeiten.

Die Stichsumme, die bei diesem System jetzt für die ganze Bauzeit festgelegt wird, wird unter den heutigen Verhältnissen naturgemäß sehr hoch sein müssen, so daß praktisch der Unternehmer voraussichtlich außer seinem eingerechneten Gewinn den Anteil an dem Minderbetrag zwischen Stichsumme und Gesamtkosten haben wird.

Das Verfahren besitzt den Vorzug, daß während der Bauzeit keine neuen Festsetzungen zu machen sind, es sei denn, daß durch Maßnahmen der Verwaltung oder durch sonstige Umstände, die die Verwaltung zu vertreten hat, Verhältnisse eintreten, die die Arbeit des Unternehmers erschweren und ihm die Einhaltung der Stichsumme unmöglich machen. Es muß daher bei jeder Ausführung geprüft werden, ob unter den heutigen Verhältnissen mit solchen Erscheinungen mit mehr oder weniger Wahrscheinlichkeit gerechnet werden muß.

Selbstkostenvertrag mit veränderlicher Stichsumme.

Einführung der veränderlichen Stichsumme.

Es wird vereinbart, daß die Einheitssätze des Massen- und Preisverzeichnisses zunächst nur eine bestimmte Zeit gelten und dann in bestimmten Zeitabschnitten (etwa 1/2 Jahr) durch einen Schätzungsausschuß neu festgesetzt werden sollen. Dabei berücksichtigt der Schätzungsausschuß u. a. die besonderen Verhältnisse der Baustelle, soweit sie sich bei der Übernahme nicht übersehen ließen, und gegebenenfalls auch etwaige besondere Umstände, wie Maßnahmen der Verwaltung, Ereignisse, die in den unsicheren Zeiten begründet sind u. dgl., soweit sie der Unternehmer bei billiger Auffassung nicht zu vertreten hat. Die in den einzelnen Zeiträumen geleisteten Mengen der Vertragspositionen mit den dafür gültigen Einheitspreisen ergeben eine Reihe von Teilstichsummen, die zusammen am Schluß der Bauausführung die Gesamtstichsumme ergeben. Liegt in besonderen Fällen bei Arbeitsbeginn noch kein Massen- und Preisverzeichnis vor, so wird vertraglich vereinbart, daß es nachträglich dem Vertrag beizufügen ist und daß die ersten Einheitspreise durch Vereinbarung zwischen den Parteien oder durch den Schätzungsausschuß festzulegen sind.

Bei diesem Verfahren sind die Teilstichsummen nur auf verhältnismäßig kurze Zeiträume festzusetzen, so daß sie einigermaßen der Wirklichkeit entsprechen werden. Der Unternehmer hat also ein geringeres Risiko als beim Selbstkostenvertrag mit fester Stichsumme, aber durch die größte Genauigkeit der Stichsumme einen höheren Anreiz, mit seinen Selbstkosten möglichst unter der Stichsumme zu bleiben und wirtschaftlich zu arbeiten. Dagegen bleibt ein Risikovertrag insofern bestehen, als der Unternehmer für seine Anordnungen auf der Baustelle, ihre Einrichtung und seine technischen und kaufmännischen Maßnahmen aufzukommen hat. Es bleibt ihm die Möglichkeit, durch Tüchtigkeit und Fleiß, Ausnutzung der Verhältnisse, günstige Abschlüsse und geschickte Einteilung der Arbeiten seinen Verdienst zu erhöhen.

Das Verfahren zwingt den Unternehmer, dem Schätzungsausschuß Rechenschaft über seine Ausgaben und sein Geschäftsgebaren zu geben, Einsicht in seine Bücher zu gestatten und seine Maßnahmen der Ursache nach wie nach der geldlichen Seite hin zu begründen.

Das Verfahren macht nach Ablauf jedes der einzelnen Zeiträume die Feststellung der geleisteten Menge nötig, wie bei Abschlagszahlungen bei den in normalen Zeiten üblichen Verträgen. Es ist in jedem Falle zu prüfen, ob damit erhebliche Schwierigkeiten verbunden sind, die das Verfahren etwa ausschließen. Auf ganz genaue Bemessung der Mengen wird es bei Erdarbeiten nicht ankommen, da in den einzelnen Zeiträumen die Preisunterschiede nicht allzu erheblich sein werden.

2. Vergebung nach dem Schätzungsverfahren.

Es werden nicht, wie bei dem vorstehend unter 1 beschriebenen Selbstkostenvertrag, die Selbstkosten vergütet, sondern es werden die für den ersten Zeitraum vereinbarten und für die weiteren Zeiträume vom Schätzungsausschuß festgesetzten Preise bezahlt. Im übrigen ist aber die Vereinbarung und der Aufbau des Verfahrens genau so, wie vorstehend beim Selbstkosten vertrag mit veränderlicher Stichsumme beschrieben ist. Nur kommt hier eine Stichsumme überhaupt nicht in Betracht. Dadurch wird das Verfahren weiter geklärt und vereinfacht und es wird

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[92/0105] Bleiben die Gesamtkosten unter der Stichsumme, so erhält der Unternehmer einen zu vereinbarenden Prozentsatz r (Risikoprozente) – etwa 20–40% – des Unterschieds als besondere Vergütung; übersteigen die Gesamtkosten die Stichsumme, so trägt der Unternehmer die Mehrkosten in demselben Verhältnis. Der Prozentsatz r muß den in dem Wert x enthaltenen Gewinnprozentsatz erheblich, u. zw. tunlichst um ein Mehrfaches übersteigen. Der Unternehmer wird dadurch gezwungen, möglichst wirtschaftlich zu arbeiten. Zur Verstärkung dieses Moments muß sich aber die Verwaltung in dem Vertrag auch eine weitgehende Kontrolle der Geschäftsführung des Unternehmers vorbehalten. Unter den heutigen Verhältnissen wird es kaum möglich sein, bei einer längeren Bauzeit die Stichsumme für die ganze Dauer des Vertrags auch nur einigermaßen richtig festzulegen, d. h. richtige Einheitspreise für die ganze Vertragsdauer fest zu vereinbaren, ganz abgesehen von der in vielen Fällen gegebenen Schwierigkeit, bei der gebotenen Beschleunigung die richtigen Mengen der einzelnen Vertragspositionen festzustellen, deren Höhe für eine zutreffende Preisbemessung ebenfalls von großer Bedeutung ist. Diesem Umstand soll in Weiterentwicklung der sich aus dem Aufsatz „Der koloniale Bauvertrag und seine Anwendung im Kriege“ (Zentralbl. d. Bauverw. 1917, S. 532) ergebenden Ideen auf zweierlei Arten Rechnung getragen werden: Selbstkostenvertrag mit fester Stichsumme und begrenztem Verlust und Gewinn. Unter Beibehaltung der festen Stichsumme wird der Verlust und der Gewinn beschränkt, der sich bei Überschreitung der Stichsumme ergibt, u. zw. auf einen bestimmten zu vereinbarenden Prozentsatz (y) der tatsächlichen Baukosten (B) (etwa 2–4%). Bei diesem Verfahren wird der Verlust und also das Risiko des Unternehmers eingeschränkt, u. zw. je nach der Höhe des Prozentsatzes (r), nach dem sich seine Beteiligung an dem Mehr oder Weniger gegen die Stichsumme bemißt, und nach der Höhe des anderen Prozentsatzes (y), der seinen Verlust und Gewinn begrenzt. Es kann bei solchen Verträgen schon bei einer verhältnismäßig niedrigen Überschreitung der Stichsumme der Anteil des Unternehmers an dem Mehrbetrag begrenzt werden durch den Höchstbetrag seines Anteils. Von diesem Augenblick an wird der Vertrag ein Selbstkosten vertrag ohne Stichsumme, bei dem lediglich die Gewinnprozente, die in dem prozentualen Zuschlag enthalten sind, etwas herabgesetzt sind. Der Unternehmer hat also mit steigenden Selbstkosten auch noch einen steigenden Gewinn und daher kein Interesse mehr daran, billig zu arbeiten. Die Stichsumme, die bei diesem System jetzt für die ganze Bauzeit festgelegt wird, wird unter den heutigen Verhältnissen naturgemäß sehr hoch sein müssen, so daß praktisch der Unternehmer voraussichtlich außer seinem eingerechneten Gewinn den Anteil an dem Minderbetrag zwischen Stichsumme und Gesamtkosten haben wird. Das Verfahren besitzt den Vorzug, daß während der Bauzeit keine neuen Festsetzungen zu machen sind, es sei denn, daß durch Maßnahmen der Verwaltung oder durch sonstige Umstände, die die Verwaltung zu vertreten hat, Verhältnisse eintreten, die die Arbeit des Unternehmers erschweren und ihm die Einhaltung der Stichsumme unmöglich machen. Es muß daher bei jeder Ausführung geprüft werden, ob unter den heutigen Verhältnissen mit solchen Erscheinungen mit mehr oder weniger Wahrscheinlichkeit gerechnet werden muß. Selbstkostenvertrag mit veränderlicher Stichsumme. Einführung der veränderlichen Stichsumme. Es wird vereinbart, daß die Einheitssätze des Massen- und Preisverzeichnisses zunächst nur eine bestimmte Zeit gelten und dann in bestimmten Zeitabschnitten (etwa 1/2 Jahr) durch einen Schätzungsausschuß neu festgesetzt werden sollen. Dabei berücksichtigt der Schätzungsausschuß u. a. die besonderen Verhältnisse der Baustelle, soweit sie sich bei der Übernahme nicht übersehen ließen, und gegebenenfalls auch etwaige besondere Umstände, wie Maßnahmen der Verwaltung, Ereignisse, die in den unsicheren Zeiten begründet sind u. dgl., soweit sie der Unternehmer bei billiger Auffassung nicht zu vertreten hat. Die in den einzelnen Zeiträumen geleisteten Mengen der Vertragspositionen mit den dafür gültigen Einheitspreisen ergeben eine Reihe von Teilstichsummen, die zusammen am Schluß der Bauausführung die Gesamtstichsumme ergeben. Liegt in besonderen Fällen bei Arbeitsbeginn noch kein Massen- und Preisverzeichnis vor, so wird vertraglich vereinbart, daß es nachträglich dem Vertrag beizufügen ist und daß die ersten Einheitspreise durch Vereinbarung zwischen den Parteien oder durch den Schätzungsausschuß festzulegen sind. Bei diesem Verfahren sind die Teilstichsummen nur auf verhältnismäßig kurze Zeiträume festzusetzen, so daß sie einigermaßen der Wirklichkeit entsprechen werden. Der Unternehmer hat also ein geringeres Risiko als beim Selbstkostenvertrag mit fester Stichsumme, aber durch die größte Genauigkeit der Stichsumme einen höheren Anreiz, mit seinen Selbstkosten möglichst unter der Stichsumme zu bleiben und wirtschaftlich zu arbeiten. Dagegen bleibt ein Risikovertrag insofern bestehen, als der Unternehmer für seine Anordnungen auf der Baustelle, ihre Einrichtung und seine technischen und kaufmännischen Maßnahmen aufzukommen hat. Es bleibt ihm die Möglichkeit, durch Tüchtigkeit und Fleiß, Ausnutzung der Verhältnisse, günstige Abschlüsse und geschickte Einteilung der Arbeiten seinen Verdienst zu erhöhen. Das Verfahren zwingt den Unternehmer, dem Schätzungsausschuß Rechenschaft über seine Ausgaben und sein Geschäftsgebaren zu geben, Einsicht in seine Bücher zu gestatten und seine Maßnahmen der Ursache nach wie nach der geldlichen Seite hin zu begründen. Das Verfahren macht nach Ablauf jedes der einzelnen Zeiträume die Feststellung der geleisteten Menge nötig, wie bei Abschlagszahlungen bei den in normalen Zeiten üblichen Verträgen. Es ist in jedem Falle zu prüfen, ob damit erhebliche Schwierigkeiten verbunden sind, die das Verfahren etwa ausschließen. Auf ganz genaue Bemessung der Mengen wird es bei Erdarbeiten nicht ankommen, da in den einzelnen Zeiträumen die Preisunterschiede nicht allzu erheblich sein werden. 2. Vergebung nach dem Schätzungsverfahren. Es werden nicht, wie bei dem vorstehend unter 1 beschriebenen Selbstkostenvertrag, die Selbstkosten vergütet, sondern es werden die für den ersten Zeitraum vereinbarten und für die weiteren Zeiträume vom Schätzungsausschuß festgesetzten Preise bezahlt. Im übrigen ist aber die Vereinbarung und der Aufbau des Verfahrens genau so, wie vorstehend beim Selbstkosten vertrag mit veränderlicher Stichsumme beschrieben ist. Nur kommt hier eine Stichsumme überhaupt nicht in Betracht. Dadurch wird das Verfahren weiter geklärt und vereinfacht und es wird

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen10_1923/105>, abgerufen am 24.11.2024.