Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 9. Berlin, Wien, 1921.

Bild:
<< vorherige Seite

Sonn- und gewissen Feiertagen auf, so werden die Beförderungsfristen im Verhältnis verlängert. Eine ähnliche Berücksichtigung der Lieferfristen findet auch bei den innerstaatlichen Vorschriften statt (s. Lieferfristen u. Avisieren).

In Deutschland wurde die Einschränkung der Sonntagsarbeit schon 1869 bei Erlaß der Gewerbeordnung des Norddeutschen Bundes erwogen, aber erst durch die Novelle zur Gewerbeordnung vom 1. Juni 1891 am 1. April 1895 eingeführt. Demnach ist die Arbeit an Sonn- und Feiertagen, abgesehen von besonders zugelassenen Ausnahmen, für den größten Teil der unter die Gewerbeordnung fallenden Betriebe grundsätzlich verboten. Die Ruhezeit soll 24 Stunden betragen. Wenn die Gewerbeordnung auf den Betrieb der Eisenbahnen auch keine Anwendung findet, so mußte sie doch die auf Ausdehnung der S. auf den Eisenbahndienst gerichteten Bestrebungen kräftig fördern. Die Arbeiten in den Werkstätten, die Bauarbeiten, die Unterhaltungsarbeiten an den Bahnanlagen, der Dienst bei den Verwaltungsbehörden pflegten zwar mit geringen Einschränkungen überall an den Sonntagen zu ruhen, aber der Fahrdienst hatte bis dahin nennenswerte Einschränkungen nicht erfahren. Bei den nun einmal bestehenden Lebensgewohnheiten mußte der Ausfall von Personenzügen an den Sonntagen im allgemeinen als ausgeschlossen angesehen werden. Der Personenverkehr erforderte sogar an den Sonntagen erhöhte Leistungen, namentlich seitdem durch den Ladenschluß und die Ausgabe von Sonntagskarten der Ausflugsverkehr Sonntags eine erhebliche Steigerung erfahren hatte. Im Personenverkehr war deshalb an Einschränkungen nicht zu denken, wohl aber konnten diese auf dem Gebiet des Güterverkehrs erreicht werden. Im Jahre 1853 war bereits das Fahren von Kohlenzügen auf der königlichen Saarbrücker Eisenbahn von der Aufsichtsbehörde untersagt worden. Auch hatte man bei weiterer Entwicklung des Verkehrs die Beobachtung gemacht, daß infolge der Sonntags eingeschränkten und später gänzlich ruhenden gewerblichen Arbeit zu Beginn der Woche ein merklicher Rückgang in der Belastung der Güterzüge einzutreten pflegte, der auf verkehrsreichen Strecken sogar eine Verminderung der Zugzahl gestattete. Es lag daher nahe, eine Anzahl von Güterzügen schon am Sonntag ausfallen zu lassen und die entstehenden Rückstände durch vollen Zugverkehr am Montag wieder auszugleichen. Dem Gedanken wurde auch durch einen Erlaß des Ministers der öffentlichen Arbeiten an die preußischen Eisenbahndirektionen im April 1883 Ausdruck gegeben. Auf diese Anregung hin gelang es nach und nach, bis zum Jahre 1891 30% aller Güterzüge in dem Fahrplan der preußischen Staatsbahnen für den Sonntag als ausfallend zu bezeichnen. Da der Durchführung der S. im größeren Umfang sich aber mancherlei Schwierigkeiten entgegenstellten, so beauftragte der Minister durch Erlaß vom 8. Dezember 1891 einen Ausschuß mit der Prüfung der weiter zu ergreifenden Maßnahmen. Hierbei handelte es sich besonders auch um die Frage der Notwendigkeit der Herstellung von Aufstellungsgleisen für die in ihrem Lauf am Sonntag aufgehaltenen Güterzüge, der Unterbringung der Lokomotiven für die Zeit des ruhenden Zugverkehrs, der erhöhten Aufwendung von Wagenmieten für die nunmehr eine längere Zeit im Bezirk sich aufhaltenden fremden Wagen und endlich um die wichtige Frage des erhöhten Wagenbedarfs, hervorgerufen durch die Verzögerung des Wagenumschlags und damit zusammenhängend um die Schaffung von Aufstellgleisen für einen größeren Wagenbestand. Daß durch den Ausfall der Güterzüge an den Sonntagen der Wagenumlauf verzögert werden würde, stand fest. Strittig war aber der Umfang der Verzögerung und der daraus folgende Mehrbedarf an Wagen. Nach eingehenden Erhebungen gelangte der Ausschuß zu dem Ergebnis, daß bei Einführung voller Sonntagsruhe annähernd 8% der Wagen fehlen und durch Neubeschaffung zu ersetzen sein würden. Die zur Durchführung aller dieser Maßnahmen erforderlichen, sehr erheblichen Aufwendungen (vgl. Ztg. d. VDEV. 1894, S. 630) konnten vermieden oder eingeschränkt werden, wenn von vornherein auf eine volle Durchführung der S. verzichtet und diese auf die Zeit des gewöhnlichen Verkehrs beschränkt und der Zugverkehr unbeschränkt in den Monaten des großen Herbstverkehrs beibehalten wurde (s. Arch. f. Ebw. 1894, S. 201, Aufsatz von Seydel).

Aus wirtschaftlichen Gründen war diese Lösung der Frage durchaus gerechtfertigt und mit dieser Beschränkung wurde die S. im Güterverkehr durch Erlaß vom 20. November 1893 auf den preußischen Staatsbahnen eingeführt.

Inzwischen hatte das Reichseisenbahnamt die deutschen Regierungen zu gemeinsamem Vorgehen aufgefordert. Nach einer Vorverhandlung am 4. November 1892 wurde auf Grund einer Beratung der Regierungsvertreter am 8. Mai 1894 dem Vorgehen zugestimmt und die S. im Güterverkehr der deutschen

Sonn- und gewissen Feiertagen auf, so werden die Beförderungsfristen im Verhältnis verlängert. Eine ähnliche Berücksichtigung der Lieferfristen findet auch bei den innerstaatlichen Vorschriften statt (s. Lieferfristen u. Avisieren).

In Deutschland wurde die Einschränkung der Sonntagsarbeit schon 1869 bei Erlaß der Gewerbeordnung des Norddeutschen Bundes erwogen, aber erst durch die Novelle zur Gewerbeordnung vom 1. Juni 1891 am 1. April 1895 eingeführt. Demnach ist die Arbeit an Sonn- und Feiertagen, abgesehen von besonders zugelassenen Ausnahmen, für den größten Teil der unter die Gewerbeordnung fallenden Betriebe grundsätzlich verboten. Die Ruhezeit soll 24 Stunden betragen. Wenn die Gewerbeordnung auf den Betrieb der Eisenbahnen auch keine Anwendung findet, so mußte sie doch die auf Ausdehnung der S. auf den Eisenbahndienst gerichteten Bestrebungen kräftig fördern. Die Arbeiten in den Werkstätten, die Bauarbeiten, die Unterhaltungsarbeiten an den Bahnanlagen, der Dienst bei den Verwaltungsbehörden pflegten zwar mit geringen Einschränkungen überall an den Sonntagen zu ruhen, aber der Fahrdienst hatte bis dahin nennenswerte Einschränkungen nicht erfahren. Bei den nun einmal bestehenden Lebensgewohnheiten mußte der Ausfall von Personenzügen an den Sonntagen im allgemeinen als ausgeschlossen angesehen werden. Der Personenverkehr erforderte sogar an den Sonntagen erhöhte Leistungen, namentlich seitdem durch den Ladenschluß und die Ausgabe von Sonntagskarten der Ausflugsverkehr Sonntags eine erhebliche Steigerung erfahren hatte. Im Personenverkehr war deshalb an Einschränkungen nicht zu denken, wohl aber konnten diese auf dem Gebiet des Güterverkehrs erreicht werden. Im Jahre 1853 war bereits das Fahren von Kohlenzügen auf der königlichen Saarbrücker Eisenbahn von der Aufsichtsbehörde untersagt worden. Auch hatte man bei weiterer Entwicklung des Verkehrs die Beobachtung gemacht, daß infolge der Sonntags eingeschränkten und später gänzlich ruhenden gewerblichen Arbeit zu Beginn der Woche ein merklicher Rückgang in der Belastung der Güterzüge einzutreten pflegte, der auf verkehrsreichen Strecken sogar eine Verminderung der Zugzahl gestattete. Es lag daher nahe, eine Anzahl von Güterzügen schon am Sonntag ausfallen zu lassen und die entstehenden Rückstände durch vollen Zugverkehr am Montag wieder auszugleichen. Dem Gedanken wurde auch durch einen Erlaß des Ministers der öffentlichen Arbeiten an die preußischen Eisenbahndirektionen im April 1883 Ausdruck gegeben. Auf diese Anregung hin gelang es nach und nach, bis zum Jahre 1891 30% aller Güterzüge in dem Fahrplan der preußischen Staatsbahnen für den Sonntag als ausfallend zu bezeichnen. Da der Durchführung der S. im größeren Umfang sich aber mancherlei Schwierigkeiten entgegenstellten, so beauftragte der Minister durch Erlaß vom 8. Dezember 1891 einen Ausschuß mit der Prüfung der weiter zu ergreifenden Maßnahmen. Hierbei handelte es sich besonders auch um die Frage der Notwendigkeit der Herstellung von Aufstellungsgleisen für die in ihrem Lauf am Sonntag aufgehaltenen Güterzüge, der Unterbringung der Lokomotiven für die Zeit des ruhenden Zugverkehrs, der erhöhten Aufwendung von Wagenmieten für die nunmehr eine längere Zeit im Bezirk sich aufhaltenden fremden Wagen und endlich um die wichtige Frage des erhöhten Wagenbedarfs, hervorgerufen durch die Verzögerung des Wagenumschlags und damit zusammenhängend um die Schaffung von Aufstellgleisen für einen größeren Wagenbestand. Daß durch den Ausfall der Güterzüge an den Sonntagen der Wagenumlauf verzögert werden würde, stand fest. Strittig war aber der Umfang der Verzögerung und der daraus folgende Mehrbedarf an Wagen. Nach eingehenden Erhebungen gelangte der Ausschuß zu dem Ergebnis, daß bei Einführung voller Sonntagsruhe annähernd 8% der Wagen fehlen und durch Neubeschaffung zu ersetzen sein würden. Die zur Durchführung aller dieser Maßnahmen erforderlichen, sehr erheblichen Aufwendungen (vgl. Ztg. d. VDEV. 1894, S. 630) konnten vermieden oder eingeschränkt werden, wenn von vornherein auf eine volle Durchführung der S. verzichtet und diese auf die Zeit des gewöhnlichen Verkehrs beschränkt und der Zugverkehr unbeschränkt in den Monaten des großen Herbstverkehrs beibehalten wurde (s. Arch. f. Ebw. 1894, S. 201, Aufsatz von Seydel).

Aus wirtschaftlichen Gründen war diese Lösung der Frage durchaus gerechtfertigt und mit dieser Beschränkung wurde die S. im Güterverkehr durch Erlaß vom 20. November 1893 auf den preußischen Staatsbahnen eingeführt.

Inzwischen hatte das Reichseisenbahnamt die deutschen Regierungen zu gemeinsamem Vorgehen aufgefordert. Nach einer Vorverhandlung am 4. November 1892 wurde auf Grund einer Beratung der Regierungsvertreter am 8. Mai 1894 dem Vorgehen zugestimmt und die S. im Güterverkehr der deutschen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><pb facs="#f0085" n="81"/>
Sonn- und gewissen Feiertagen auf, so werden die Beförderungsfristen im Verhältnis verlängert. Eine ähnliche Berücksichtigung der Lieferfristen findet auch bei den innerstaatlichen Vorschriften statt (s. <hi rendition="#g">Lieferfristen</hi> u. <hi rendition="#g">Avisieren</hi>).</p><lb/>
          <p>In <hi rendition="#g">Deutschland</hi> wurde die Einschränkung der Sonntagsarbeit schon 1869 bei Erlaß der Gewerbeordnung des Norddeutschen Bundes erwogen, aber erst durch die Novelle zur Gewerbeordnung vom 1. Juni 1891 am 1. April 1895 eingeführt. Demnach ist die Arbeit an Sonn- und Feiertagen, abgesehen von besonders zugelassenen Ausnahmen, für den größten Teil der unter die Gewerbeordnung fallenden Betriebe grundsätzlich verboten. Die Ruhezeit soll 24 Stunden betragen. Wenn die Gewerbeordnung auf den Betrieb der Eisenbahnen auch keine Anwendung findet, so mußte sie doch die auf Ausdehnung der S. auf den Eisenbahndienst gerichteten Bestrebungen kräftig fördern. Die Arbeiten in den Werkstätten, die Bauarbeiten, die Unterhaltungsarbeiten an den Bahnanlagen, der Dienst bei den Verwaltungsbehörden pflegten zwar mit geringen Einschränkungen überall an den Sonntagen zu ruhen, aber der Fahrdienst hatte bis dahin nennenswerte Einschränkungen nicht erfahren. Bei den nun einmal bestehenden Lebensgewohnheiten mußte der Ausfall von Personenzügen an den Sonntagen im allgemeinen als ausgeschlossen angesehen werden. Der Personenverkehr erforderte sogar an den Sonntagen erhöhte Leistungen, namentlich seitdem durch den Ladenschluß und die Ausgabe von Sonntagskarten der Ausflugsverkehr Sonntags eine erhebliche Steigerung erfahren hatte. Im Personenverkehr war deshalb an Einschränkungen nicht zu denken, wohl aber konnten diese auf dem Gebiet des Güterverkehrs erreicht werden. Im Jahre 1853 war bereits das Fahren von Kohlenzügen auf der königlichen Saarbrücker Eisenbahn von der Aufsichtsbehörde untersagt worden. Auch hatte man bei weiterer Entwicklung des Verkehrs die Beobachtung gemacht, daß infolge der Sonntags eingeschränkten und später gänzlich ruhenden gewerblichen Arbeit zu Beginn der Woche ein merklicher Rückgang in der Belastung der Güterzüge einzutreten pflegte, der auf verkehrsreichen Strecken sogar eine Verminderung der Zugzahl gestattete. Es lag daher nahe, eine Anzahl von Güterzügen schon am Sonntag ausfallen zu lassen und die entstehenden Rückstände durch vollen Zugverkehr am Montag wieder auszugleichen. Dem Gedanken wurde auch durch einen Erlaß des Ministers der öffentlichen Arbeiten an die preußischen Eisenbahndirektionen im April 1883 Ausdruck gegeben. Auf diese Anregung hin gelang es nach und nach, bis zum Jahre 1891 30<hi rendition="#i">%</hi> aller Güterzüge in dem Fahrplan der preußischen Staatsbahnen für den Sonntag als ausfallend zu bezeichnen. Da der Durchführung der S. im größeren Umfang sich aber mancherlei Schwierigkeiten entgegenstellten, so beauftragte der Minister durch Erlaß vom 8. Dezember 1891 einen Ausschuß mit der Prüfung der weiter zu ergreifenden Maßnahmen. Hierbei handelte es sich besonders auch um die Frage der Notwendigkeit der Herstellung von Aufstellungsgleisen für die in ihrem Lauf am Sonntag aufgehaltenen Güterzüge, der Unterbringung der Lokomotiven für die Zeit des ruhenden Zugverkehrs, der erhöhten Aufwendung von Wagenmieten für die nunmehr eine längere Zeit im Bezirk sich aufhaltenden fremden Wagen und endlich um die wichtige Frage des erhöhten Wagenbedarfs, hervorgerufen durch die Verzögerung des Wagenumschlags und damit zusammenhängend um die Schaffung von Aufstellgleisen für einen größeren Wagenbestand. Daß durch den Ausfall der Güterzüge an den Sonntagen der Wagenumlauf verzögert werden würde, stand fest. Strittig war aber der Umfang der Verzögerung und der daraus folgende Mehrbedarf an Wagen. Nach eingehenden Erhebungen gelangte der Ausschuß zu dem Ergebnis, daß bei Einführung voller Sonntagsruhe annähernd 8<hi rendition="#i">%</hi> der Wagen fehlen und durch Neubeschaffung zu ersetzen sein würden. Die zur Durchführung aller dieser Maßnahmen erforderlichen, sehr erheblichen Aufwendungen (vgl. Ztg. d. VDEV. 1894, S. 630) konnten vermieden oder eingeschränkt werden, wenn von vornherein auf eine volle Durchführung der S. verzichtet und diese auf die Zeit des gewöhnlichen Verkehrs beschränkt und der Zugverkehr unbeschränkt in den Monaten des großen Herbstverkehrs beibehalten wurde (s. Arch. f. Ebw. 1894, S. 201, Aufsatz von Seydel).</p><lb/>
          <p>Aus wirtschaftlichen Gründen war diese Lösung der Frage durchaus gerechtfertigt und mit dieser Beschränkung wurde die S. im Güterverkehr durch Erlaß vom 20. November 1893 auf den preußischen Staatsbahnen eingeführt.</p><lb/>
          <p>Inzwischen hatte das Reichseisenbahnamt die deutschen Regierungen zu gemeinsamem Vorgehen aufgefordert. Nach einer Vorverhandlung am 4. November 1892 wurde auf Grund einer Beratung der Regierungsvertreter am 8. Mai 1894 dem Vorgehen zugestimmt und die S. im Güterverkehr der deutschen
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[81/0085] Sonn- und gewissen Feiertagen auf, so werden die Beförderungsfristen im Verhältnis verlängert. Eine ähnliche Berücksichtigung der Lieferfristen findet auch bei den innerstaatlichen Vorschriften statt (s. Lieferfristen u. Avisieren). In Deutschland wurde die Einschränkung der Sonntagsarbeit schon 1869 bei Erlaß der Gewerbeordnung des Norddeutschen Bundes erwogen, aber erst durch die Novelle zur Gewerbeordnung vom 1. Juni 1891 am 1. April 1895 eingeführt. Demnach ist die Arbeit an Sonn- und Feiertagen, abgesehen von besonders zugelassenen Ausnahmen, für den größten Teil der unter die Gewerbeordnung fallenden Betriebe grundsätzlich verboten. Die Ruhezeit soll 24 Stunden betragen. Wenn die Gewerbeordnung auf den Betrieb der Eisenbahnen auch keine Anwendung findet, so mußte sie doch die auf Ausdehnung der S. auf den Eisenbahndienst gerichteten Bestrebungen kräftig fördern. Die Arbeiten in den Werkstätten, die Bauarbeiten, die Unterhaltungsarbeiten an den Bahnanlagen, der Dienst bei den Verwaltungsbehörden pflegten zwar mit geringen Einschränkungen überall an den Sonntagen zu ruhen, aber der Fahrdienst hatte bis dahin nennenswerte Einschränkungen nicht erfahren. Bei den nun einmal bestehenden Lebensgewohnheiten mußte der Ausfall von Personenzügen an den Sonntagen im allgemeinen als ausgeschlossen angesehen werden. Der Personenverkehr erforderte sogar an den Sonntagen erhöhte Leistungen, namentlich seitdem durch den Ladenschluß und die Ausgabe von Sonntagskarten der Ausflugsverkehr Sonntags eine erhebliche Steigerung erfahren hatte. Im Personenverkehr war deshalb an Einschränkungen nicht zu denken, wohl aber konnten diese auf dem Gebiet des Güterverkehrs erreicht werden. Im Jahre 1853 war bereits das Fahren von Kohlenzügen auf der königlichen Saarbrücker Eisenbahn von der Aufsichtsbehörde untersagt worden. Auch hatte man bei weiterer Entwicklung des Verkehrs die Beobachtung gemacht, daß infolge der Sonntags eingeschränkten und später gänzlich ruhenden gewerblichen Arbeit zu Beginn der Woche ein merklicher Rückgang in der Belastung der Güterzüge einzutreten pflegte, der auf verkehrsreichen Strecken sogar eine Verminderung der Zugzahl gestattete. Es lag daher nahe, eine Anzahl von Güterzügen schon am Sonntag ausfallen zu lassen und die entstehenden Rückstände durch vollen Zugverkehr am Montag wieder auszugleichen. Dem Gedanken wurde auch durch einen Erlaß des Ministers der öffentlichen Arbeiten an die preußischen Eisenbahndirektionen im April 1883 Ausdruck gegeben. Auf diese Anregung hin gelang es nach und nach, bis zum Jahre 1891 30% aller Güterzüge in dem Fahrplan der preußischen Staatsbahnen für den Sonntag als ausfallend zu bezeichnen. Da der Durchführung der S. im größeren Umfang sich aber mancherlei Schwierigkeiten entgegenstellten, so beauftragte der Minister durch Erlaß vom 8. Dezember 1891 einen Ausschuß mit der Prüfung der weiter zu ergreifenden Maßnahmen. Hierbei handelte es sich besonders auch um die Frage der Notwendigkeit der Herstellung von Aufstellungsgleisen für die in ihrem Lauf am Sonntag aufgehaltenen Güterzüge, der Unterbringung der Lokomotiven für die Zeit des ruhenden Zugverkehrs, der erhöhten Aufwendung von Wagenmieten für die nunmehr eine längere Zeit im Bezirk sich aufhaltenden fremden Wagen und endlich um die wichtige Frage des erhöhten Wagenbedarfs, hervorgerufen durch die Verzögerung des Wagenumschlags und damit zusammenhängend um die Schaffung von Aufstellgleisen für einen größeren Wagenbestand. Daß durch den Ausfall der Güterzüge an den Sonntagen der Wagenumlauf verzögert werden würde, stand fest. Strittig war aber der Umfang der Verzögerung und der daraus folgende Mehrbedarf an Wagen. Nach eingehenden Erhebungen gelangte der Ausschuß zu dem Ergebnis, daß bei Einführung voller Sonntagsruhe annähernd 8% der Wagen fehlen und durch Neubeschaffung zu ersetzen sein würden. Die zur Durchführung aller dieser Maßnahmen erforderlichen, sehr erheblichen Aufwendungen (vgl. Ztg. d. VDEV. 1894, S. 630) konnten vermieden oder eingeschränkt werden, wenn von vornherein auf eine volle Durchführung der S. verzichtet und diese auf die Zeit des gewöhnlichen Verkehrs beschränkt und der Zugverkehr unbeschränkt in den Monaten des großen Herbstverkehrs beibehalten wurde (s. Arch. f. Ebw. 1894, S. 201, Aufsatz von Seydel). Aus wirtschaftlichen Gründen war diese Lösung der Frage durchaus gerechtfertigt und mit dieser Beschränkung wurde die S. im Güterverkehr durch Erlaß vom 20. November 1893 auf den preußischen Staatsbahnen eingeführt. Inzwischen hatte das Reichseisenbahnamt die deutschen Regierungen zu gemeinsamem Vorgehen aufgefordert. Nach einer Vorverhandlung am 4. November 1892 wurde auf Grund einer Beratung der Regierungsvertreter am 8. Mai 1894 dem Vorgehen zugestimmt und die S. im Güterverkehr der deutschen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-06-17T17:32:52Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-06-17T17:32:52Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Spaltenumbrüche sind nicht markiert. Wiederholungszeichen (") wurden aufgelöst. Komplexe Formeln und Tabellen sind als Grafiken wiedergegeben.

Die Abbildungen im Text stammen von zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen09_1921
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen09_1921/85
Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 9. Berlin, Wien, 1921, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen09_1921/85>, abgerufen am 22.11.2024.