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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 9. Berlin, Wien, 1921.

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und der größeren Rauminanspruchnahme der Maschinenanlage.

T. mit Elektrizitätspeichern (Akkumulatoren). Dem Beispiel der Pfälzischen Eisenbahnen folgend, sind seitens der preußisch-hessischen Staatseisenbahnen im Lauf der letzten 10 Jahre nach und nach bis zu 182 T. mit Elektrizitätsspeichern beschafft worden. Während aber die entsprechenden, bei den pfälzischen Eisenbahnen nur in geringer Zahl benutzten Wagen durch Einbau der Speicher in gewöhnliche Personenwagen hergestellt sind, haben die preußisch-hessischen T. eine ganz neue Bauart erhalten (Bd. IV, Abb. 184), indem die Wagen (als Doppelwagen) aus je 2 kurz gekuppelten dreiachsigen Wagen gebildet und die Speicher in einem durch je 2 Achsen gestützten Vorbau jedes Einzelwagens untergebracht sind, wodurch die Bedienung und Unterhaltung erleichtert und die Belästigung der Reisenden durch Säuredämpfe und Beschmutzung der Kleider verhütet ist. Für besondere Fälle wird ein dritter, nicht mit Antrieb versehener Einzelwagen zwischen die beiden Hälften des Doppelwagens eingestellt und mit diesen durch Kurzkupplung und Obergangsbrücken verbunden. Der elektrische Antrieb dieser Wagen ist ähnlich wie bei den benzol-elektrischen Wagen; bei Speicherwagen für Stromrückgewinnung werden Nebenschlußmaschinen statt der sonst (wie bei Straßenbahnwagen) üblichen Hauptstrom- (Reihenschluß-) Maschinen verwendet. Die Schwierigkeit der Regelung zusammengeschalteter Nebenschlußmaschinen ist dadurch umgangen, daß nur eine solche Maschine für jeden Doppelwagen benutzt wird, unter Verzicht auf die Annehmlichkeiten, die sonst durch Verwendung von 2 wechselweise neben- oder hintereinander zu schaltenden Triebmaschinen für die Regelung der Fahrgeschwindigkeit geboten werden. Versuche mit Verbundwicklung der Triebmaschinen, die wenigstens teilweise die Vorzüge der Reihenschlußmaschinen mit denen der Nebenschlußmaschinen vereinigt, werden vorgenommen. Die meisten preußisch-hessischen Speicherwagen haben Bleispeicher, einige neuere Edisonspeicher (aus vernickeltem Stahl mit Füllung von Kalilauge) erhalten, die teurer sind und geringeren Wirkungsgrad, aber auch weit geringeres Gewicht haben. Die Edisonspeicher sind schon vor 16 Jahren erfunden, aber jetzt angeblich sehr verbessert worden; 1913 waren auf amerikanischen Bahnen etwa 90 T. mit Edisonspeicher neben 230 T. mit Bleispeicher in Benutzung. Im übrigen sind im Ausland bislang nur vereinzelte Versuche mit Speicherwagen gemacht worden.

Die höchste Fahrgeschwindigkeit der preußisch-hessischen Speicherwagen auf wagrechter Strecke ist 50-60 km/Std.; zu einer höheren Fahrgeschwindigkeit liegt bei dem durchweg nur geringen Abstand der Haltestellen im Zwischenverkehr der Hauptstrecken kein Bedürfnis vor. Beim Loslassen der Fahrkurbel kommen die Speicherwagen ebenso wie die benzol-elektrischen Wagen selbsttätig zum Stillstand; nur einmännige Besetzung der Wagen ist indessen bisher nirgend versucht und ist auch auf Hauptstrecken mit einigermaßen dichter Zugfolge sowie auf Nebenbahnen mit großem Stationsabstand kaum zulässig. Der ohne Aufladung der Speicher zu durchlaufende Fahrbereich ist 100, 130 und 180 km bei verschiedenen Wagengruppen; die höheren Werte sind durch die Verwendung größerer Speicherplatten und von Masseplatten statt glatter Platten, auch für den positiven Pol, erreicht. Dreiteilige Wagen mit Edisonspeichern haben einen Fahrbereich von 180 km bei einem Speichergewicht von nur 10·8 t für den ganzen Wagenzug. Das Netz der von den Speicherwagen regelmäßig bedienten Fahrstrecken ist so dicht, daß solche Wagen in verschiedenen Richtungen den ganzen Bereich der preußischhessischen Staatseisenbahnen durchkreuzen könnten, indem sie immer wieder rechtzeitig eine Ladestelle finden würden.

Verkehrstechnischer und wirtschaftlicher Wert der T. Der Nutzen der T. für den Verkehr auf Nebenbahnen und Vorortstrecken sowie im Zwischenverkehr der Hauptbahnen besteht neben ihrer steten oder doch baldigen Betriebsbereitschaft vornehmlich in der Ersparung an Gewicht und Betriebskosten gegenüber einem Lokomotivzug. Bei den preußisch-hessischen Staatseisenbahnen ist der Personenverkehr auf Nebenstrecken und der Zwischenverkehr auf Hauptstrecken durch Benutzung von T. belebt und wirtschaftlicher gemacht worden; auf gewissen Strecken des Ruhrkohlengebiets wird der gesamte Reiseverkehr durch Speicherwagen bewirkt. Bei den Arader und Csanader Bahnen ist es unter gleichzeitiger starker Herabsetzung der Beförderungspreise gelungen, den Reiseverkehr durch Übernahme desselben auf benzin-elektrische T., an Stelle der früheren gemischten Lokomotivzüge, erheblich zu steigern und ihn einträglich zu machen, während früher die Ausgaben die Einnahmen überwogen; ähnliche, wenn auch nicht so auffallende Erfolge sind seitens der "Ostdeutschen Eisenbahngesellschaft" in Königsberg erzielt worden. Auf Vorortstrecken bei London ist seitens der Großen Westbahn ein erheblicher Teil des an Straßenbahnen

und der größeren Rauminanspruchnahme der Maschinenanlage.

T. mit Elektrizitätspeichern (Akkumulatoren). Dem Beispiel der Pfälzischen Eisenbahnen folgend, sind seitens der preußisch-hessischen Staatseisenbahnen im Lauf der letzten 10 Jahre nach und nach bis zu 182 T. mit Elektrizitätsspeichern beschafft worden. Während aber die entsprechenden, bei den pfälzischen Eisenbahnen nur in geringer Zahl benutzten Wagen durch Einbau der Speicher in gewöhnliche Personenwagen hergestellt sind, haben die preußisch-hessischen T. eine ganz neue Bauart erhalten (Bd. IV, Abb. 184), indem die Wagen (als Doppelwagen) aus je 2 kurz gekuppelten dreiachsigen Wagen gebildet und die Speicher in einem durch je 2 Achsen gestützten Vorbau jedes Einzelwagens untergebracht sind, wodurch die Bedienung und Unterhaltung erleichtert und die Belästigung der Reisenden durch Säuredämpfe und Beschmutzung der Kleider verhütet ist. Für besondere Fälle wird ein dritter, nicht mit Antrieb versehener Einzelwagen zwischen die beiden Hälften des Doppelwagens eingestellt und mit diesen durch Kurzkupplung und Obergangsbrücken verbunden. Der elektrische Antrieb dieser Wagen ist ähnlich wie bei den benzol-elektrischen Wagen; bei Speicherwagen für Stromrückgewinnung werden Nebenschlußmaschinen statt der sonst (wie bei Straßenbahnwagen) üblichen Hauptstrom- (Reihenschluß-) Maschinen verwendet. Die Schwierigkeit der Regelung zusammengeschalteter Nebenschlußmaschinen ist dadurch umgangen, daß nur eine solche Maschine für jeden Doppelwagen benutzt wird, unter Verzicht auf die Annehmlichkeiten, die sonst durch Verwendung von 2 wechselweise neben- oder hintereinander zu schaltenden Triebmaschinen für die Regelung der Fahrgeschwindigkeit geboten werden. Versuche mit Verbundwicklung der Triebmaschinen, die wenigstens teilweise die Vorzüge der Reihenschlußmaschinen mit denen der Nebenschlußmaschinen vereinigt, werden vorgenommen. Die meisten preußisch-hessischen Speicherwagen haben Bleispeicher, einige neuere Edisonspeicher (aus vernickeltem Stahl mit Füllung von Kalilauge) erhalten, die teurer sind und geringeren Wirkungsgrad, aber auch weit geringeres Gewicht haben. Die Edisonspeicher sind schon vor 16 Jahren erfunden, aber jetzt angeblich sehr verbessert worden; 1913 waren auf amerikanischen Bahnen etwa 90 T. mit Edisonspeicher neben 230 T. mit Bleispeicher in Benutzung. Im übrigen sind im Ausland bislang nur vereinzelte Versuche mit Speicherwagen gemacht worden.

Die höchste Fahrgeschwindigkeit der preußisch-hessischen Speicherwagen auf wagrechter Strecke ist 50–60 km/Std.; zu einer höheren Fahrgeschwindigkeit liegt bei dem durchweg nur geringen Abstand der Haltestellen im Zwischenverkehr der Hauptstrecken kein Bedürfnis vor. Beim Loslassen der Fahrkurbel kommen die Speicherwagen ebenso wie die benzol-elektrischen Wagen selbsttätig zum Stillstand; nur einmännige Besetzung der Wagen ist indessen bisher nirgend versucht und ist auch auf Hauptstrecken mit einigermaßen dichter Zugfolge sowie auf Nebenbahnen mit großem Stationsabstand kaum zulässig. Der ohne Aufladung der Speicher zu durchlaufende Fahrbereich ist 100, 130 und 180 km bei verschiedenen Wagengruppen; die höheren Werte sind durch die Verwendung größerer Speicherplatten und von Masseplatten statt glatter Platten, auch für den positiven Pol, erreicht. Dreiteilige Wagen mit Edisonspeichern haben einen Fahrbereich von 180 km bei einem Speichergewicht von nur 10·8 t für den ganzen Wagenzug. Das Netz der von den Speicherwagen regelmäßig bedienten Fahrstrecken ist so dicht, daß solche Wagen in verschiedenen Richtungen den ganzen Bereich der preußischhessischen Staatseisenbahnen durchkreuzen könnten, indem sie immer wieder rechtzeitig eine Ladestelle finden würden.

Verkehrstechnischer und wirtschaftlicher Wert der T. Der Nutzen der T. für den Verkehr auf Nebenbahnen und Vorortstrecken sowie im Zwischenverkehr der Hauptbahnen besteht neben ihrer steten oder doch baldigen Betriebsbereitschaft vornehmlich in der Ersparung an Gewicht und Betriebskosten gegenüber einem Lokomotivzug. Bei den preußisch-hessischen Staatseisenbahnen ist der Personenverkehr auf Nebenstrecken und der Zwischenverkehr auf Hauptstrecken durch Benutzung von T. belebt und wirtschaftlicher gemacht worden; auf gewissen Strecken des Ruhrkohlengebiets wird der gesamte Reiseverkehr durch Speicherwagen bewirkt. Bei den Arader und Csanáder Bahnen ist es unter gleichzeitiger starker Herabsetzung der Beförderungspreise gelungen, den Reiseverkehr durch Übernahme desselben auf benzin-elektrische T., an Stelle der früheren gemischten Lokomotivzüge, erheblich zu steigern und ihn einträglich zu machen, während früher die Ausgaben die Einnahmen überwogen; ähnliche, wenn auch nicht so auffallende Erfolge sind seitens der „Ostdeutschen Eisenbahngesellschaft“ in Königsberg erzielt worden. Auf Vorortstrecken bei London ist seitens der Großen Westbahn ein erheblicher Teil des an Straßenbahnen

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[370/0383] und der größeren Rauminanspruchnahme der Maschinenanlage. T. mit Elektrizitätspeichern (Akkumulatoren). Dem Beispiel der Pfälzischen Eisenbahnen folgend, sind seitens der preußisch-hessischen Staatseisenbahnen im Lauf der letzten 10 Jahre nach und nach bis zu 182 T. mit Elektrizitätsspeichern beschafft worden. Während aber die entsprechenden, bei den pfälzischen Eisenbahnen nur in geringer Zahl benutzten Wagen durch Einbau der Speicher in gewöhnliche Personenwagen hergestellt sind, haben die preußisch-hessischen T. eine ganz neue Bauart erhalten (Bd. IV, Abb. 184), indem die Wagen (als Doppelwagen) aus je 2 kurz gekuppelten dreiachsigen Wagen gebildet und die Speicher in einem durch je 2 Achsen gestützten Vorbau jedes Einzelwagens untergebracht sind, wodurch die Bedienung und Unterhaltung erleichtert und die Belästigung der Reisenden durch Säuredämpfe und Beschmutzung der Kleider verhütet ist. Für besondere Fälle wird ein dritter, nicht mit Antrieb versehener Einzelwagen zwischen die beiden Hälften des Doppelwagens eingestellt und mit diesen durch Kurzkupplung und Obergangsbrücken verbunden. Der elektrische Antrieb dieser Wagen ist ähnlich wie bei den benzol-elektrischen Wagen; bei Speicherwagen für Stromrückgewinnung werden Nebenschlußmaschinen statt der sonst (wie bei Straßenbahnwagen) üblichen Hauptstrom- (Reihenschluß-) Maschinen verwendet. Die Schwierigkeit der Regelung zusammengeschalteter Nebenschlußmaschinen ist dadurch umgangen, daß nur eine solche Maschine für jeden Doppelwagen benutzt wird, unter Verzicht auf die Annehmlichkeiten, die sonst durch Verwendung von 2 wechselweise neben- oder hintereinander zu schaltenden Triebmaschinen für die Regelung der Fahrgeschwindigkeit geboten werden. Versuche mit Verbundwicklung der Triebmaschinen, die wenigstens teilweise die Vorzüge der Reihenschlußmaschinen mit denen der Nebenschlußmaschinen vereinigt, werden vorgenommen. Die meisten preußisch-hessischen Speicherwagen haben Bleispeicher, einige neuere Edisonspeicher (aus vernickeltem Stahl mit Füllung von Kalilauge) erhalten, die teurer sind und geringeren Wirkungsgrad, aber auch weit geringeres Gewicht haben. Die Edisonspeicher sind schon vor 16 Jahren erfunden, aber jetzt angeblich sehr verbessert worden; 1913 waren auf amerikanischen Bahnen etwa 90 T. mit Edisonspeicher neben 230 T. mit Bleispeicher in Benutzung. Im übrigen sind im Ausland bislang nur vereinzelte Versuche mit Speicherwagen gemacht worden. Die höchste Fahrgeschwindigkeit der preußisch-hessischen Speicherwagen auf wagrechter Strecke ist 50–60 km/Std.; zu einer höheren Fahrgeschwindigkeit liegt bei dem durchweg nur geringen Abstand der Haltestellen im Zwischenverkehr der Hauptstrecken kein Bedürfnis vor. Beim Loslassen der Fahrkurbel kommen die Speicherwagen ebenso wie die benzol-elektrischen Wagen selbsttätig zum Stillstand; nur einmännige Besetzung der Wagen ist indessen bisher nirgend versucht und ist auch auf Hauptstrecken mit einigermaßen dichter Zugfolge sowie auf Nebenbahnen mit großem Stationsabstand kaum zulässig. Der ohne Aufladung der Speicher zu durchlaufende Fahrbereich ist 100, 130 und 180 km bei verschiedenen Wagengruppen; die höheren Werte sind durch die Verwendung größerer Speicherplatten und von Masseplatten statt glatter Platten, auch für den positiven Pol, erreicht. Dreiteilige Wagen mit Edisonspeichern haben einen Fahrbereich von 180 km bei einem Speichergewicht von nur 10·8 t für den ganzen Wagenzug. Das Netz der von den Speicherwagen regelmäßig bedienten Fahrstrecken ist so dicht, daß solche Wagen in verschiedenen Richtungen den ganzen Bereich der preußischhessischen Staatseisenbahnen durchkreuzen könnten, indem sie immer wieder rechtzeitig eine Ladestelle finden würden. Verkehrstechnischer und wirtschaftlicher Wert der T. Der Nutzen der T. für den Verkehr auf Nebenbahnen und Vorortstrecken sowie im Zwischenverkehr der Hauptbahnen besteht neben ihrer steten oder doch baldigen Betriebsbereitschaft vornehmlich in der Ersparung an Gewicht und Betriebskosten gegenüber einem Lokomotivzug. Bei den preußisch-hessischen Staatseisenbahnen ist der Personenverkehr auf Nebenstrecken und der Zwischenverkehr auf Hauptstrecken durch Benutzung von T. belebt und wirtschaftlicher gemacht worden; auf gewissen Strecken des Ruhrkohlengebiets wird der gesamte Reiseverkehr durch Speicherwagen bewirkt. Bei den Arader und Csanáder Bahnen ist es unter gleichzeitiger starker Herabsetzung der Beförderungspreise gelungen, den Reiseverkehr durch Übernahme desselben auf benzin-elektrische T., an Stelle der früheren gemischten Lokomotivzüge, erheblich zu steigern und ihn einträglich zu machen, während früher die Ausgaben die Einnahmen überwogen; ähnliche, wenn auch nicht so auffallende Erfolge sind seitens der „Ostdeutschen Eisenbahngesellschaft“ in Königsberg erzielt worden. Auf Vorortstrecken bei London ist seitens der Großen Westbahn ein erheblicher Teil des an Straßenbahnen

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 9. Berlin, Wien, 1921, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen09_1921/383>, abgerufen am 24.11.2024.