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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 9. Berlin, Wien, 1921.

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zwischen den Betriebsstellen hervortrat. Die bekannten Erfolge der Göttinger Professoren Gauss und Weber veranlaßten im Jahre 1835 die Verwaltung der damals im Bau begriffenen Leipzig-Dresdener Bahn, mit diesen beiden Gelehrten wegen der Anlage eines elektrischen T. in Verbindung zu treten. In England wurde schon im Jahre 1839 eine 13 englische Meilen lange Strecke der Great Western-Bahn, im Jahre 1841 die London-Blackwell-Bahn mit dem von Cooke und Wheatstone gebauten Nadeltelegraphen ausgerüstet (s. Nadeltelegraphen). In Deutschland haben die Rheinische Bahn im Jahre 1843 und die Taunusbahn im Jahre 1844 zuerst Zeigertelegraphen auf ihren Linien verwendet. In Österreich wurde im Jahre 1847 auf der Kaiser-Ferdinands-Nordbahn der Bainsche Nadeltelegraph eingeführt. Von da ab machte die Entwicklung und Verwendung der Zeiger- und Nadeltelegraphen bei den Eisenbahnen rasche Fortschritte. Um diese Zeit fing auch der Morsesche Schreibtelegraph an, sich Eingang zu verschaffen, bei dem der Telegraphierende durch Gruppen von längeren und kürzeren Stromschlüssen oder Unterbrechungen an der empfangenden Stelle Schriftzeichen aus Gruppen von Strichen und Punkten auf einem Papierstreifen hervorruft. Die Eisenbahnverwaltungen zögerten jedoch mit der Einführung dieses T., weil sie seine Bedienung gegenüber der Bedienung der Zeigerund Nadeltelegraphen für zu schwierig hielten. Durch die Erfahrung wurde dieses Vorurteil widerlegt. Der Morsetelegraph fand bald Eingang auch im Eisenbahnbetrieb, zunächst neben den Zeiger- und Nadeltelegraphen, bald aber diese gänzlich verdrängend. Nur bei den englischen Bahnen wird auch jetzt noch neben dem Morsetelegraphen der Nadeltelegraph verwendet. Mit der zunehmenden Entwicklung des Telegraphenverkehrs trat dann mehr und mehr das Bedürfnis nach einer Steigerung der Leistungsfähigkeit der Telegrapheneinrichtungen hervor und es entstanden die Typendrucktelegraphen, die Mehrfachtelegraphen und die Schnelltelegraphen. Im Vergleich zum Morsetelegraphen sind diese wesentlich verwickelter gestaltet, und ihre Handhabung und Bedienung erfordert große Geschicklichkeit und Sachkenntnis. Diese für große Leistungsfähigkeit geschaffenen Einrichtungen eignen sich im allgemeinen nur zur unmittelbaren Verbindung großer Plätze, auf denen die Telegramme stets in solcher Zahl zur Beförderung vorliegen, daß sie in geschlossenen Reihen abtelegraphiert werden können.

Für den Eisenbahntelegraphenverkehr steht allgemein der Morsetelegraph in Anwendung.

Während die Verwaltung der T. für den öffentlichen Verkehr fast überall in den Händen des Staates liegt, ist den Eisenbahnverwaltungen allgemein das Recht zugestanden, auf ihren Linien und für die Zwecke ihres Betriebs eigene T. zu errichten und für ihre Rechnung zu betreiben.

Die Grundlagen für die Ausrüstung der Eisenbahnen mit T. bilden die allgemeinen Bestimmungen für den Bau und den Betrieb der Eisenbahnen. So fordert z. B. für die deutschen Bahnen die BO. als das Mindestmaß an Telegrapheneinrichtungen,

daß auf Hauptbahnen und solchen Nebenbahnstrecken, die mit mehr als 40 km Geschwindigkeit befahren werden, die Zugfolgestellen1 durch T. und auf den sonstigen Strecken durch T. oder Fernsprecher zu verbinden sind und

daß auf Hauptbahnen auf der freien Strecke in Entfernungen von höchstens 4 km Einrichtungen zum Herbeirufen von Hilfe vorhanden sein müssen.

Im wesentlichen decken sich diese Forderungen auch mit denen in anderen Ländern.

Auf Hauptbahnen und den wichtigeren Nebenbahnen ist hiernach mindestens eine Leitung vorhanden, die auf allen Zugfolgestellen mit Morsetelegraphen besetzt ist. Auf Hauptbahnen von größerer Länge und solchen mit lebhafterem Zugverkehr oder einer großen Zahl zu verbindender Stellen findet sich noch eine zweite Leitung, die nur die hauptsächlichsten Stellen einschließt. Die erste Morseleitung dient dann dem nachbarlichen Verkehr (Bezirksleitung) und ist dementsprechend je nach Erfordernis in 2 oder mehr Kreise abgeteilt, während die zweite Morseleitung dem Fernverkehr dient (Fernleitung).

Auf Hauptbahnen und verkehrsreichen Nebenbahnen ist in der Regel auch noch eine besondere Morseleitung für den Zugmeldedienst, die Zugmeldeleitung vorhanden; jedoch kann hierfür, wenn der Zugverkehr sich in mäßigen Grenzen hält, die ohnehin vorhandene Läutewerkleitung mitbenutzt werden.

Auf Hauptbahnen tritt bei wachsendem Verkehr eine zweite Morseleitung für den nachbarlichen Verkehr hinzu - eine zweite Bezirksleitung - in die jedoch die unbedeutenderen Betriebsstellen nicht mit eingeschaltet werden, und sofern dem Bedürfnis auch dann noch nicht genügt ist, eine zweite Morseleitung für den Fernverkehr - eine zweite Fernleitung - in

1 Zugfolgestellen sind Betriebsstellen, die einen Streckenabschnitt begrenzen, in den ein Zug nicht einfahren darf, bevor ihn der vorausgefahrene Zug verlassen hat.

zwischen den Betriebsstellen hervortrat. Die bekannten Erfolge der Göttinger Professoren Gauss und Weber veranlaßten im Jahre 1835 die Verwaltung der damals im Bau begriffenen Leipzig-Dresdener Bahn, mit diesen beiden Gelehrten wegen der Anlage eines elektrischen T. in Verbindung zu treten. In England wurde schon im Jahre 1839 eine 13 englische Meilen lange Strecke der Great Western-Bahn, im Jahre 1841 die London-Blackwell-Bahn mit dem von Cooke und Wheatstone gebauten Nadeltelegraphen ausgerüstet (s. Nadeltelegraphen). In Deutschland haben die Rheinische Bahn im Jahre 1843 und die Taunusbahn im Jahre 1844 zuerst Zeigertelegraphen auf ihren Linien verwendet. In Österreich wurde im Jahre 1847 auf der Kaiser-Ferdinands-Nordbahn der Bainsche Nadeltelegraph eingeführt. Von da ab machte die Entwicklung und Verwendung der Zeiger- und Nadeltelegraphen bei den Eisenbahnen rasche Fortschritte. Um diese Zeit fing auch der Morsesche Schreibtelegraph an, sich Eingang zu verschaffen, bei dem der Telegraphierende durch Gruppen von längeren und kürzeren Stromschlüssen oder Unterbrechungen an der empfangenden Stelle Schriftzeichen aus Gruppen von Strichen und Punkten auf einem Papierstreifen hervorruft. Die Eisenbahnverwaltungen zögerten jedoch mit der Einführung dieses T., weil sie seine Bedienung gegenüber der Bedienung der Zeigerund Nadeltelegraphen für zu schwierig hielten. Durch die Erfahrung wurde dieses Vorurteil widerlegt. Der Morsetelegraph fand bald Eingang auch im Eisenbahnbetrieb, zunächst neben den Zeiger- und Nadeltelegraphen, bald aber diese gänzlich verdrängend. Nur bei den englischen Bahnen wird auch jetzt noch neben dem Morsetelegraphen der Nadeltelegraph verwendet. Mit der zunehmenden Entwicklung des Telegraphenverkehrs trat dann mehr und mehr das Bedürfnis nach einer Steigerung der Leistungsfähigkeit der Telegrapheneinrichtungen hervor und es entstanden die Typendrucktelegraphen, die Mehrfachtelegraphen und die Schnelltelegraphen. Im Vergleich zum Morsetelegraphen sind diese wesentlich verwickelter gestaltet, und ihre Handhabung und Bedienung erfordert große Geschicklichkeit und Sachkenntnis. Diese für große Leistungsfähigkeit geschaffenen Einrichtungen eignen sich im allgemeinen nur zur unmittelbaren Verbindung großer Plätze, auf denen die Telegramme stets in solcher Zahl zur Beförderung vorliegen, daß sie in geschlossenen Reihen abtelegraphiert werden können.

Für den Eisenbahntelegraphenverkehr steht allgemein der Morsetelegraph in Anwendung.

Während die Verwaltung der T. für den öffentlichen Verkehr fast überall in den Händen des Staates liegt, ist den Eisenbahnverwaltungen allgemein das Recht zugestanden, auf ihren Linien und für die Zwecke ihres Betriebs eigene T. zu errichten und für ihre Rechnung zu betreiben.

Die Grundlagen für die Ausrüstung der Eisenbahnen mit T. bilden die allgemeinen Bestimmungen für den Bau und den Betrieb der Eisenbahnen. So fordert z. B. für die deutschen Bahnen die BO. als das Mindestmaß an Telegrapheneinrichtungen,

daß auf Hauptbahnen und solchen Nebenbahnstrecken, die mit mehr als 40 km Geschwindigkeit befahren werden, die Zugfolgestellen1 durch T. und auf den sonstigen Strecken durch T. oder Fernsprecher zu verbinden sind und

daß auf Hauptbahnen auf der freien Strecke in Entfernungen von höchstens 4 km Einrichtungen zum Herbeirufen von Hilfe vorhanden sein müssen.

Im wesentlichen decken sich diese Forderungen auch mit denen in anderen Ländern.

Auf Hauptbahnen und den wichtigeren Nebenbahnen ist hiernach mindestens eine Leitung vorhanden, die auf allen Zugfolgestellen mit Morsetelegraphen besetzt ist. Auf Hauptbahnen von größerer Länge und solchen mit lebhafterem Zugverkehr oder einer großen Zahl zu verbindender Stellen findet sich noch eine zweite Leitung, die nur die hauptsächlichsten Stellen einschließt. Die erste Morseleitung dient dann dem nachbarlichen Verkehr (Bezirksleitung) und ist dementsprechend je nach Erfordernis in 2 oder mehr Kreise abgeteilt, während die zweite Morseleitung dem Fernverkehr dient (Fernleitung).

Auf Hauptbahnen und verkehrsreichen Nebenbahnen ist in der Regel auch noch eine besondere Morseleitung für den Zugmeldedienst, die Zugmeldeleitung vorhanden; jedoch kann hierfür, wenn der Zugverkehr sich in mäßigen Grenzen hält, die ohnehin vorhandene Läutewerkleitung mitbenutzt werden.

Auf Hauptbahnen tritt bei wachsendem Verkehr eine zweite Morseleitung für den nachbarlichen Verkehr hinzu – eine zweite Bezirksleitung – in die jedoch die unbedeutenderen Betriebsstellen nicht mit eingeschaltet werden, und sofern dem Bedürfnis auch dann noch nicht genügt ist, eine zweite Morseleitung für den Fernverkehr – eine zweite Fernleitung – in

1 Zugfolgestellen sind Betriebsstellen, die einen Streckenabschnitt begrenzen, in den ein Zug nicht einfahren darf, bevor ihn der vorausgefahrene Zug verlassen hat.
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[286/0298] zwischen den Betriebsstellen hervortrat. Die bekannten Erfolge der Göttinger Professoren Gauss und Weber veranlaßten im Jahre 1835 die Verwaltung der damals im Bau begriffenen Leipzig-Dresdener Bahn, mit diesen beiden Gelehrten wegen der Anlage eines elektrischen T. in Verbindung zu treten. In England wurde schon im Jahre 1839 eine 13 englische Meilen lange Strecke der Great Western-Bahn, im Jahre 1841 die London-Blackwell-Bahn mit dem von Cooke und Wheatstone gebauten Nadeltelegraphen ausgerüstet (s. Nadeltelegraphen). In Deutschland haben die Rheinische Bahn im Jahre 1843 und die Taunusbahn im Jahre 1844 zuerst Zeigertelegraphen auf ihren Linien verwendet. In Österreich wurde im Jahre 1847 auf der Kaiser-Ferdinands-Nordbahn der Bainsche Nadeltelegraph eingeführt. Von da ab machte die Entwicklung und Verwendung der Zeiger- und Nadeltelegraphen bei den Eisenbahnen rasche Fortschritte. Um diese Zeit fing auch der Morsesche Schreibtelegraph an, sich Eingang zu verschaffen, bei dem der Telegraphierende durch Gruppen von längeren und kürzeren Stromschlüssen oder Unterbrechungen an der empfangenden Stelle Schriftzeichen aus Gruppen von Strichen und Punkten auf einem Papierstreifen hervorruft. Die Eisenbahnverwaltungen zögerten jedoch mit der Einführung dieses T., weil sie seine Bedienung gegenüber der Bedienung der Zeigerund Nadeltelegraphen für zu schwierig hielten. Durch die Erfahrung wurde dieses Vorurteil widerlegt. Der Morsetelegraph fand bald Eingang auch im Eisenbahnbetrieb, zunächst neben den Zeiger- und Nadeltelegraphen, bald aber diese gänzlich verdrängend. Nur bei den englischen Bahnen wird auch jetzt noch neben dem Morsetelegraphen der Nadeltelegraph verwendet. Mit der zunehmenden Entwicklung des Telegraphenverkehrs trat dann mehr und mehr das Bedürfnis nach einer Steigerung der Leistungsfähigkeit der Telegrapheneinrichtungen hervor und es entstanden die Typendrucktelegraphen, die Mehrfachtelegraphen und die Schnelltelegraphen. Im Vergleich zum Morsetelegraphen sind diese wesentlich verwickelter gestaltet, und ihre Handhabung und Bedienung erfordert große Geschicklichkeit und Sachkenntnis. Diese für große Leistungsfähigkeit geschaffenen Einrichtungen eignen sich im allgemeinen nur zur unmittelbaren Verbindung großer Plätze, auf denen die Telegramme stets in solcher Zahl zur Beförderung vorliegen, daß sie in geschlossenen Reihen abtelegraphiert werden können. Für den Eisenbahntelegraphenverkehr steht allgemein der Morsetelegraph in Anwendung. Während die Verwaltung der T. für den öffentlichen Verkehr fast überall in den Händen des Staates liegt, ist den Eisenbahnverwaltungen allgemein das Recht zugestanden, auf ihren Linien und für die Zwecke ihres Betriebs eigene T. zu errichten und für ihre Rechnung zu betreiben. Die Grundlagen für die Ausrüstung der Eisenbahnen mit T. bilden die allgemeinen Bestimmungen für den Bau und den Betrieb der Eisenbahnen. So fordert z. B. für die deutschen Bahnen die BO. als das Mindestmaß an Telegrapheneinrichtungen, daß auf Hauptbahnen und solchen Nebenbahnstrecken, die mit mehr als 40 km Geschwindigkeit befahren werden, die Zugfolgestellen 1 durch T. und auf den sonstigen Strecken durch T. oder Fernsprecher zu verbinden sind und daß auf Hauptbahnen auf der freien Strecke in Entfernungen von höchstens 4 km Einrichtungen zum Herbeirufen von Hilfe vorhanden sein müssen. Im wesentlichen decken sich diese Forderungen auch mit denen in anderen Ländern. Auf Hauptbahnen und den wichtigeren Nebenbahnen ist hiernach mindestens eine Leitung vorhanden, die auf allen Zugfolgestellen mit Morsetelegraphen besetzt ist. Auf Hauptbahnen von größerer Länge und solchen mit lebhafterem Zugverkehr oder einer großen Zahl zu verbindender Stellen findet sich noch eine zweite Leitung, die nur die hauptsächlichsten Stellen einschließt. Die erste Morseleitung dient dann dem nachbarlichen Verkehr (Bezirksleitung) und ist dementsprechend je nach Erfordernis in 2 oder mehr Kreise abgeteilt, während die zweite Morseleitung dem Fernverkehr dient (Fernleitung). Auf Hauptbahnen und verkehrsreichen Nebenbahnen ist in der Regel auch noch eine besondere Morseleitung für den Zugmeldedienst, die Zugmeldeleitung vorhanden; jedoch kann hierfür, wenn der Zugverkehr sich in mäßigen Grenzen hält, die ohnehin vorhandene Läutewerkleitung mitbenutzt werden. Auf Hauptbahnen tritt bei wachsendem Verkehr eine zweite Morseleitung für den nachbarlichen Verkehr hinzu – eine zweite Bezirksleitung – in die jedoch die unbedeutenderen Betriebsstellen nicht mit eingeschaltet werden, und sofern dem Bedürfnis auch dann noch nicht genügt ist, eine zweite Morseleitung für den Fernverkehr – eine zweite Fernleitung – in 1 Zugfolgestellen sind Betriebsstellen, die einen Streckenabschnitt begrenzen, in den ein Zug nicht einfahren darf, bevor ihn der vorausgefahrene Zug verlassen hat.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 9. Berlin, Wien, 1921, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen09_1921/298>, abgerufen am 28.09.2024.