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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 8. Berlin, Wien, 1917.

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Dem Lukmanier war ein Vorsprung, namentlich nach 2 Richtungen, gesichert, indem einerseits das Interesse der Regierung Sardiniens, später Italiens in erheblichem Maß diesem Paß gewonnen wurde und es anderseits schon im Jahre 1845 gelang, eine Gesellschaft zur Verbindung des Lago maggiore mit dem Bodensee mit einer Eisenbahn zu gründen. Anderseits war die erste Periode des schweizerischen Eisenbahnbaus mit der Eröffnung der bernischen Staatsbahn und der Linie Zürich-Zug-Luzern am 1. Juni 1864 zum Abschluß gelangt; die Stammlinien der Zentralbahn waren schon mit der am 1. Juni 1861 erfolgten Eröffnung der Thuner Linie vollendet worden. Die Aufmerksamkeit der Bahnen der Mittelschweiz richtete sich nun naturgemäß mit größerem Nachdruck auf die Durchbrechung der Alpen zum Anschluß des schweizerischen Netzes an die Bahnen Italiens. Schon am 15. September 1860 hatte sich aus Kantonsregierungen der Mittelschweiz und der Zentralbahn ein Komitee für die Anbahnung des Gotthardunternehmens gebildet.

Im Jahre 1863 gestatteten die Erfahrungen bei den Bohrungsarbeiten am Mont Cenis, die Herstellung großer Alpentunnel als ein von der Technik gelöstes Problem zu betrachten. Am 8. August 1863 traten in Luzern Vertreter der Stände der beteiligten Kantone, ferner solche der schweizerischen Zentralbahn und Nordostbahn zusammen, um sich als "Vereinigung schweizerischer Kantone und Bahngesellschaften zur Anstrebung der Gotthardbahn" zu begründen. Damit hatte sich die Mehrheit der schweizerischen Interessenten für diesen Paß ausgesprochen. Die Vorbereitungen des Werkes wurden mit großem Fleiß geführt, seine Grundlagen sowohl in technischer, wirtschaftlicher, finanzieller als auch in politischer und militärischer Beziehung entworfen.

Die Gotthardvereinigung erwarb die Konzessionen in den Kantonen und noch im gleichen Jahr, am 15. September 1869, fand die Konferenz der Delegierten der Subventionsstaaten statt, deren Ergebnis der Gotthardvertrag vom 15. Oktober gleichen Jahres war. Dieser Vertrag setzte die Bedingungen der Subventionierung, des Baues und Betriebs der Gotthardbahn fest, deren Ausführung einer zu bildenden Gesellschaft übertragen wurde (s. Gotthardbahn).

Am 22. Juli 1870 erteilte die schweizerische Bundesversammlung dem Vertrag die Genehmigung, der dann auch die der anderen Staaten folgte.

Mit der Sicherstellung der Anlage der Gotthardbahn schließt die erste Periode der schweizerischen Eisenbahngeschichte.

Die volkswirtschaftliche Bilanz ihrer Schöpfungen ist als glänzend zu bezeichnen. Statt des von der nationalrätlichen Kommission im Jahre 1852 vorgesehenen, vom Staat herzustellenden Eisenbahnnetzes von 650·5 km war ein solches von 1483 km vorhanden. Die geringen Erträgnisse einzelner Unternehmungen wurden im allgemeinen nicht schwer empfunden.

3. Die Herrschaft des Ges. vom 23. Dezember 1872. Der Bau der Gotthardbahn und zahlreicher anderer Bahnen. Krise. Neuerliche ergebnislose Rückkaufsbestrebungen. Diese Periode wird durch das Ges. vom 23. Dezember 1872 über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen eingeleitet, das an Stelle des Gesetzes vom Jahre 1852 erlassen wurde. Es hatte in der Hauptsache den Zweck, dem Bund weitere und größere Befugnisse einzuräumen. Der wesentliche Inhalt des Gesetzes ging dahin, daß der Bund die Entwicklung des Eisenbahnbaues und namentlich die Alpenbahnbestrebungen fördern werde; Ausschluß- und Vorzugsrechte werden nicht mehr gewährt; die Konzessionserteilung ist Sache des Bundes unter Mitwirkung der Kantone bei den vorbereitenden Verhandlungen. Der Genehmigung des Bundes unterliegen: Die Statuten der Gesellschaften, die Abtretung konzessionsgemäßer Rechte, die Baupläne, die Übergabe einer vollendeten Bahn an den Betrieb, das Betriebsreglement und die Fahrpläne. Der Bund überwacht den Betrieb, den Zustand der Bahnen und ihres Materials, das Tarifwesen, und trifft Verfügungen zur Sicherung des Betriebs. Die Bahnen sollen nach einheitlichen Grundsätzen verwaltet werden. Der Bund entscheidet über Meinungsverschiedenheiten bei Bahnanschlüssen in Bau und Betrieb. Der Bund ist berechtigt, für die Zwecke der Landesverteidigung über die Bahnen beliebig zu verfügen. Spezialgesetze wurden vorgesehen über die Verpfändung und Liquidation von Eisenbahnen, die Ausübung der Bahnpolizei und über das Transportrecht. Ferner wurden Bestimmungen über die Leistungen der Bahnen für Post, Telegraph, Militärtransporte aufgenommen. Diesem Gesetz folgte unmittelbar die Errichtung einer schweizerischen Aufsichtsbehörde über alle Bahnen, des schweizerischen Eisenbahndepartements.

Schon vor Erlaß des Gesetzes waren zahlreiche Eisenbahngründungen in verhältnismäßig kurzer Zeit erfolgt. Die Überzeugung vom Nutzen der Eisenbahnen war eine allgemeine geworden.

Dem Lukmanier war ein Vorsprung, namentlich nach 2 Richtungen, gesichert, indem einerseits das Interesse der Regierung Sardiniens, später Italiens in erheblichem Maß diesem Paß gewonnen wurde und es anderseits schon im Jahre 1845 gelang, eine Gesellschaft zur Verbindung des Lago maggiore mit dem Bodensee mit einer Eisenbahn zu gründen. Anderseits war die erste Periode des schweizerischen Eisenbahnbaus mit der Eröffnung der bernischen Staatsbahn und der Linie Zürich-Zug-Luzern am 1. Juni 1864 zum Abschluß gelangt; die Stammlinien der Zentralbahn waren schon mit der am 1. Juni 1861 erfolgten Eröffnung der Thuner Linie vollendet worden. Die Aufmerksamkeit der Bahnen der Mittelschweiz richtete sich nun naturgemäß mit größerem Nachdruck auf die Durchbrechung der Alpen zum Anschluß des schweizerischen Netzes an die Bahnen Italiens. Schon am 15. September 1860 hatte sich aus Kantonsregierungen der Mittelschweiz und der Zentralbahn ein Komitee für die Anbahnung des Gotthardunternehmens gebildet.

Im Jahre 1863 gestatteten die Erfahrungen bei den Bohrungsarbeiten am Mont Cenis, die Herstellung großer Alpentunnel als ein von der Technik gelöstes Problem zu betrachten. Am 8. August 1863 traten in Luzern Vertreter der Stände der beteiligten Kantone, ferner solche der schweizerischen Zentralbahn und Nordostbahn zusammen, um sich als „Vereinigung schweizerischer Kantone und Bahngesellschaften zur Anstrebung der Gotthardbahn“ zu begründen. Damit hatte sich die Mehrheit der schweizerischen Interessenten für diesen Paß ausgesprochen. Die Vorbereitungen des Werkes wurden mit großem Fleiß geführt, seine Grundlagen sowohl in technischer, wirtschaftlicher, finanzieller als auch in politischer und militärischer Beziehung entworfen.

Die Gotthardvereinigung erwarb die Konzessionen in den Kantonen und noch im gleichen Jahr, am 15. September 1869, fand die Konferenz der Delegierten der Subventionsstaaten statt, deren Ergebnis der Gotthardvertrag vom 15. Oktober gleichen Jahres war. Dieser Vertrag setzte die Bedingungen der Subventionierung, des Baues und Betriebs der Gotthardbahn fest, deren Ausführung einer zu bildenden Gesellschaft übertragen wurde (s. Gotthardbahn).

Am 22. Juli 1870 erteilte die schweizerische Bundesversammlung dem Vertrag die Genehmigung, der dann auch die der anderen Staaten folgte.

Mit der Sicherstellung der Anlage der Gotthardbahn schließt die erste Periode der schweizerischen Eisenbahngeschichte.

Die volkswirtschaftliche Bilanz ihrer Schöpfungen ist als glänzend zu bezeichnen. Statt des von der nationalrätlichen Kommission im Jahre 1852 vorgesehenen, vom Staat herzustellenden Eisenbahnnetzes von 650·5 km war ein solches von 1483 km vorhanden. Die geringen Erträgnisse einzelner Unternehmungen wurden im allgemeinen nicht schwer empfunden.

3. Die Herrschaft des Ges. vom 23. Dezember 1872. Der Bau der Gotthardbahn und zahlreicher anderer Bahnen. Krise. Neuerliche ergebnislose Rückkaufsbestrebungen. Diese Periode wird durch das Ges. vom 23. Dezember 1872 über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen eingeleitet, das an Stelle des Gesetzes vom Jahre 1852 erlassen wurde. Es hatte in der Hauptsache den Zweck, dem Bund weitere und größere Befugnisse einzuräumen. Der wesentliche Inhalt des Gesetzes ging dahin, daß der Bund die Entwicklung des Eisenbahnbaues und namentlich die Alpenbahnbestrebungen fördern werde; Ausschluß- und Vorzugsrechte werden nicht mehr gewährt; die Konzessionserteilung ist Sache des Bundes unter Mitwirkung der Kantone bei den vorbereitenden Verhandlungen. Der Genehmigung des Bundes unterliegen: Die Statuten der Gesellschaften, die Abtretung konzessionsgemäßer Rechte, die Baupläne, die Übergabe einer vollendeten Bahn an den Betrieb, das Betriebsreglement und die Fahrpläne. Der Bund überwacht den Betrieb, den Zustand der Bahnen und ihres Materials, das Tarifwesen, und trifft Verfügungen zur Sicherung des Betriebs. Die Bahnen sollen nach einheitlichen Grundsätzen verwaltet werden. Der Bund entscheidet über Meinungsverschiedenheiten bei Bahnanschlüssen in Bau und Betrieb. Der Bund ist berechtigt, für die Zwecke der Landesverteidigung über die Bahnen beliebig zu verfügen. Spezialgesetze wurden vorgesehen über die Verpfändung und Liquidation von Eisenbahnen, die Ausübung der Bahnpolizei und über das Transportrecht. Ferner wurden Bestimmungen über die Leistungen der Bahnen für Post, Telegraph, Militärtransporte aufgenommen. Diesem Gesetz folgte unmittelbar die Errichtung einer schweizerischen Aufsichtsbehörde über alle Bahnen, des schweizerischen Eisenbahndepartements.

Schon vor Erlaß des Gesetzes waren zahlreiche Eisenbahngründungen in verhältnismäßig kurzer Zeit erfolgt. Die Überzeugung vom Nutzen der Eisenbahnen war eine allgemeine geworden.

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[440/0461] Dem Lukmanier war ein Vorsprung, namentlich nach 2 Richtungen, gesichert, indem einerseits das Interesse der Regierung Sardiniens, später Italiens in erheblichem Maß diesem Paß gewonnen wurde und es anderseits schon im Jahre 1845 gelang, eine Gesellschaft zur Verbindung des Lago maggiore mit dem Bodensee mit einer Eisenbahn zu gründen. Anderseits war die erste Periode des schweizerischen Eisenbahnbaus mit der Eröffnung der bernischen Staatsbahn und der Linie Zürich-Zug-Luzern am 1. Juni 1864 zum Abschluß gelangt; die Stammlinien der Zentralbahn waren schon mit der am 1. Juni 1861 erfolgten Eröffnung der Thuner Linie vollendet worden. Die Aufmerksamkeit der Bahnen der Mittelschweiz richtete sich nun naturgemäß mit größerem Nachdruck auf die Durchbrechung der Alpen zum Anschluß des schweizerischen Netzes an die Bahnen Italiens. Schon am 15. September 1860 hatte sich aus Kantonsregierungen der Mittelschweiz und der Zentralbahn ein Komitee für die Anbahnung des Gotthardunternehmens gebildet. Im Jahre 1863 gestatteten die Erfahrungen bei den Bohrungsarbeiten am Mont Cenis, die Herstellung großer Alpentunnel als ein von der Technik gelöstes Problem zu betrachten. Am 8. August 1863 traten in Luzern Vertreter der Stände der beteiligten Kantone, ferner solche der schweizerischen Zentralbahn und Nordostbahn zusammen, um sich als „Vereinigung schweizerischer Kantone und Bahngesellschaften zur Anstrebung der Gotthardbahn“ zu begründen. Damit hatte sich die Mehrheit der schweizerischen Interessenten für diesen Paß ausgesprochen. Die Vorbereitungen des Werkes wurden mit großem Fleiß geführt, seine Grundlagen sowohl in technischer, wirtschaftlicher, finanzieller als auch in politischer und militärischer Beziehung entworfen. Die Gotthardvereinigung erwarb die Konzessionen in den Kantonen und noch im gleichen Jahr, am 15. September 1869, fand die Konferenz der Delegierten der Subventionsstaaten statt, deren Ergebnis der Gotthardvertrag vom 15. Oktober gleichen Jahres war. Dieser Vertrag setzte die Bedingungen der Subventionierung, des Baues und Betriebs der Gotthardbahn fest, deren Ausführung einer zu bildenden Gesellschaft übertragen wurde (s. Gotthardbahn). Am 22. Juli 1870 erteilte die schweizerische Bundesversammlung dem Vertrag die Genehmigung, der dann auch die der anderen Staaten folgte. Mit der Sicherstellung der Anlage der Gotthardbahn schließt die erste Periode der schweizerischen Eisenbahngeschichte. Die volkswirtschaftliche Bilanz ihrer Schöpfungen ist als glänzend zu bezeichnen. Statt des von der nationalrätlichen Kommission im Jahre 1852 vorgesehenen, vom Staat herzustellenden Eisenbahnnetzes von 650·5 km war ein solches von 1483 km vorhanden. Die geringen Erträgnisse einzelner Unternehmungen wurden im allgemeinen nicht schwer empfunden. 3. Die Herrschaft des Ges. vom 23. Dezember 1872. Der Bau der Gotthardbahn und zahlreicher anderer Bahnen. Krise. Neuerliche ergebnislose Rückkaufsbestrebungen. Diese Periode wird durch das Ges. vom 23. Dezember 1872 über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen eingeleitet, das an Stelle des Gesetzes vom Jahre 1852 erlassen wurde. Es hatte in der Hauptsache den Zweck, dem Bund weitere und größere Befugnisse einzuräumen. Der wesentliche Inhalt des Gesetzes ging dahin, daß der Bund die Entwicklung des Eisenbahnbaues und namentlich die Alpenbahnbestrebungen fördern werde; Ausschluß- und Vorzugsrechte werden nicht mehr gewährt; die Konzessionserteilung ist Sache des Bundes unter Mitwirkung der Kantone bei den vorbereitenden Verhandlungen. Der Genehmigung des Bundes unterliegen: Die Statuten der Gesellschaften, die Abtretung konzessionsgemäßer Rechte, die Baupläne, die Übergabe einer vollendeten Bahn an den Betrieb, das Betriebsreglement und die Fahrpläne. Der Bund überwacht den Betrieb, den Zustand der Bahnen und ihres Materials, das Tarifwesen, und trifft Verfügungen zur Sicherung des Betriebs. Die Bahnen sollen nach einheitlichen Grundsätzen verwaltet werden. Der Bund entscheidet über Meinungsverschiedenheiten bei Bahnanschlüssen in Bau und Betrieb. Der Bund ist berechtigt, für die Zwecke der Landesverteidigung über die Bahnen beliebig zu verfügen. Spezialgesetze wurden vorgesehen über die Verpfändung und Liquidation von Eisenbahnen, die Ausübung der Bahnpolizei und über das Transportrecht. Ferner wurden Bestimmungen über die Leistungen der Bahnen für Post, Telegraph, Militärtransporte aufgenommen. Diesem Gesetz folgte unmittelbar die Errichtung einer schweizerischen Aufsichtsbehörde über alle Bahnen, des schweizerischen Eisenbahndepartements. Schon vor Erlaß des Gesetzes waren zahlreiche Eisenbahngründungen in verhältnismäßig kurzer Zeit erfolgt. Die Überzeugung vom Nutzen der Eisenbahnen war eine allgemeine geworden.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 8. Berlin, Wien, 1917, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen08_1917/461>, abgerufen am 25.11.2024.