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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 8. Berlin, Wien, 1917.

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Die Luftdruckdifferenz zwischen 2 Orten, deren Entfernung 111 km (d. i. die Länge eines Meridiangrades) beträgt, nennt man den barometrischen Gradient der betreffenden Lokalität.

Der Zusammenhang zwischen dem barometrischen Gradient und der Windstärke ist in der vorstehenden Beaufortschen Windskala durch Beisetzung des Gradienten ersichtlich gemacht.1.

Die Verschiedenheit der Verteilung der Wärme bzw. des Luftdruckes auf der Erdoberfläche bringt zunächst gewisse regelmäßige Zirkulationen in der Atmosphäre hervor, die als Berg- und Talwinde, Land- und Seewinde mit ihrem täglichen Wechsel, in größerem Maßstab aber als Passate, Monsune u. dgl. bekannt sind.

Außer diesen regelmäßigen Zirkulationen in der Atmosphäre treten aber vielfach Wirbelbewegungen, sog. Zyklone auf.

Diese Wirbelwinde sind rücksichtlich der Schneegefahren von weit größerem Interesse als die sonstigen regelmäßigen Luftzirkulationen, weil sie stets bedeutende Störungen der atmosphärischen Verhältnisse im Gefolge haben.

So überschüttete beispielsweise, wie aus dem Bericht Dr. Aßmanns im Reichsanzeiger 1887 zu entnehmen ist, eine am 19. Dezember 1886 vom Biskayabusen äußerst langsam in Zentraleuropa eindringende flache und weitausgedehnte Depression in den Tagen vom 19. bis 22. Dezember 1886 ganz Deutschland mit einer Schneedecke, wie sie in der gleichen Ausdehnung und Stärke wahrscheinlich innerhalb der letzten 50 Jahre nicht vorgekommen ist. Diese Depression war von stürmischen Nord- und Nordostwinden begleitet, die bedeutende Schneeverwehungen und infolgedessen namhafte Unterbrechungen des Eisenbahn- und Postverkehrs im größten Teil von West-, Mittel- und Ostdeutschland hervorriefen.

Auch rücksichtlich der Lawinengefahren sind die Wirbelwinde von gewissem Einfluß, u. zw. nicht nur deshalb, weil die sie etwa begleitenden Schneestürme die Schneelage im Gebirge erhöhen. Auch das Abgleiten der abgelagerten Schneemassen kann durch die im Gefolge der fortschreitenden Depressionen auftretenden warmen Winde - Föhne - wesentlich gefördert werden.

b) Schnee ist die gewöhnliche Form der Ausscheidung der atmosphärischen Feuchtigkeit bei niederen Temperaturen.

Schnee fällt bei Temperaturen bis zu 10° über dem Eispunkt an der Erdoberfläche. In diesem Fall bildet sich der Schnee in den weit kälteren, hohen Regionen und fällt so schnell und dicht, daß ihn die unten herrschende höhere Temperatur nicht rasch genug zu schmelzen vermag.

Bei niedrigeren Temperaturen kann der Schneefall nicht sehr ausgiebig sein, weil dann die Luft wenig Wasserdampf enthält, doch sind Schneefälle schon bei den tiefsten Wintertemperaturen beobachtet worden. Am häufigsten und ergiebigsten sind die Schneefälle, wenn die Temperatur um den Nullpunkt schwankt.

Der Schnee besteht aus locker aneinandergehäuften kleinen Eiskriställchen. Bei ruhiger Luft bilden sich die bekannten zierlichen, sechseckigen Sternchen.

Bei großer Kälte scheidet sich die Feuchtigkeit der Atmosphäre in feinen, sechseckigen Tafeln aus, auf hohen Bergen oft bei klarem, windstillem Wetter. Schnee, der bei niederen Temperaturen fällt - Hochgebirgsschnee - ist trocken und staubartig. In dieser Form - Pulverschnee - ist er am beweglichsten, für Schneetreiben und Staublawinen am geeignetsten.

Der bei höheren Temperaturen fallende Schnee ist naß, bildet große Flocken, ballt sich und klebt an der Unterlage.

In den Hochgebirgen läßt sich eine je nach der geographischen Breite und den klimatischen Verhältnissen verschieden hoch liegende Schneegrenze - in den Alpen etwa in einer Seehöhe von 2700 m - feststellen, oberhalb der der Niederschlag fast immer in fester Form als Schnee erfolgt und als solcher niemals ganz verschwindet; die Wärmewirkungen vermögen oberhalb dieser Grenze die im Verlauf des Jahres fallenden Schneemassen nicht mehr zu schmelzen.

In den höchsten Regionen der Gebirge - in den Alpen etwa in den Höhen von über 4000 m - bleibt der Schnee infolge der Kälte und Trockenheit der Luft fast unverändert und müßten die Schneeansammlungen daselbst fortwährend anwachsen. Solche Ansammlungen von - pulverigem - Hochgebirgsschnee auf steiler Unterlage sind aber außerordentlich labile Gebilde, die bei dem geringsten Anlaß - etwa durch heftigere Windstöße - schon das Gleichgewicht verlieren und als Staublawinen den Weg in die Tiefe nehmen.

In den tieferen Regionen - also in den Alpen etwa unter 4000 m - schmilzt der Hochschnee teilweise unter der Einwirkung der Sonnenwärme und warmen Winde an der Oberfläche, das Schmelzwasser aber sickert in die tieferen Lagen ein, wo es noch kälteren Schnee antrifft und wieder gefriert. Dadurch mögen aus dem Schnee runde Körner (Firnschnee) werden, die aneinanderhaften und eine vielfach

1 Nach E. Schubert, Schutz der Eisenbahnen gegen Schneeverwehungen und Lawinen.

Die Luftdruckdifferenz zwischen 2 Orten, deren Entfernung 111 km (d. i. die Länge eines Meridiangrades) beträgt, nennt man den barometrischen Gradient der betreffenden Lokalität.

Der Zusammenhang zwischen dem barometrischen Gradient und der Windstärke ist in der vorstehenden Beaufortschen Windskala durch Beisetzung des Gradienten ersichtlich gemacht.1.

Die Verschiedenheit der Verteilung der Wärme bzw. des Luftdruckes auf der Erdoberfläche bringt zunächst gewisse regelmäßige Zirkulationen in der Atmosphäre hervor, die als Berg- und Talwinde, Land- und Seewinde mit ihrem täglichen Wechsel, in größerem Maßstab aber als Passate, Monsune u. dgl. bekannt sind.

Außer diesen regelmäßigen Zirkulationen in der Atmosphäre treten aber vielfach Wirbelbewegungen, sog. Zyklone auf.

Diese Wirbelwinde sind rücksichtlich der Schneegefahren von weit größerem Interesse als die sonstigen regelmäßigen Luftzirkulationen, weil sie stets bedeutende Störungen der atmosphärischen Verhältnisse im Gefolge haben.

So überschüttete beispielsweise, wie aus dem Bericht Dr. Aßmanns im Reichsanzeiger 1887 zu entnehmen ist, eine am 19. Dezember 1886 vom Biskayabusen äußerst langsam in Zentraleuropa eindringende flache und weitausgedehnte Depression in den Tagen vom 19. bis 22. Dezember 1886 ganz Deutschland mit einer Schneedecke, wie sie in der gleichen Ausdehnung und Stärke wahrscheinlich innerhalb der letzten 50 Jahre nicht vorgekommen ist. Diese Depression war von stürmischen Nord- und Nordostwinden begleitet, die bedeutende Schneeverwehungen und infolgedessen namhafte Unterbrechungen des Eisenbahn- und Postverkehrs im größten Teil von West-, Mittel- und Ostdeutschland hervorriefen.

Auch rücksichtlich der Lawinengefahren sind die Wirbelwinde von gewissem Einfluß, u. zw. nicht nur deshalb, weil die sie etwa begleitenden Schneestürme die Schneelage im Gebirge erhöhen. Auch das Abgleiten der abgelagerten Schneemassen kann durch die im Gefolge der fortschreitenden Depressionen auftretenden warmen Winde – Föhne – wesentlich gefördert werden.

b) Schnee ist die gewöhnliche Form der Ausscheidung der atmosphärischen Feuchtigkeit bei niederen Temperaturen.

Schnee fällt bei Temperaturen bis zu 10° über dem Eispunkt an der Erdoberfläche. In diesem Fall bildet sich der Schnee in den weit kälteren, hohen Regionen und fällt so schnell und dicht, daß ihn die unten herrschende höhere Temperatur nicht rasch genug zu schmelzen vermag.

Bei niedrigeren Temperaturen kann der Schneefall nicht sehr ausgiebig sein, weil dann die Luft wenig Wasserdampf enthält, doch sind Schneefälle schon bei den tiefsten Wintertemperaturen beobachtet worden. Am häufigsten und ergiebigsten sind die Schneefälle, wenn die Temperatur um den Nullpunkt schwankt.

Der Schnee besteht aus locker aneinandergehäuften kleinen Eiskriställchen. Bei ruhiger Luft bilden sich die bekannten zierlichen, sechseckigen Sternchen.

Bei großer Kälte scheidet sich die Feuchtigkeit der Atmosphäre in feinen, sechseckigen Tafeln aus, auf hohen Bergen oft bei klarem, windstillem Wetter. Schnee, der bei niederen Temperaturen fällt – Hochgebirgsschnee – ist trocken und staubartig. In dieser Form – Pulverschnee – ist er am beweglichsten, für Schneetreiben und Staublawinen am geeignetsten.

Der bei höheren Temperaturen fallende Schnee ist naß, bildet große Flocken, ballt sich und klebt an der Unterlage.

In den Hochgebirgen läßt sich eine je nach der geographischen Breite und den klimatischen Verhältnissen verschieden hoch liegende Schneegrenze – in den Alpen etwa in einer Seehöhe von 2700 m – feststellen, oberhalb der der Niederschlag fast immer in fester Form als Schnee erfolgt und als solcher niemals ganz verschwindet; die Wärmewirkungen vermögen oberhalb dieser Grenze die im Verlauf des Jahres fallenden Schneemassen nicht mehr zu schmelzen.

In den höchsten Regionen der Gebirge – in den Alpen etwa in den Höhen von über 4000 m – bleibt der Schnee infolge der Kälte und Trockenheit der Luft fast unverändert und müßten die Schneeansammlungen daselbst fortwährend anwachsen. Solche Ansammlungen von – pulverigem – Hochgebirgsschnee auf steiler Unterlage sind aber außerordentlich labile Gebilde, die bei dem geringsten Anlaß – etwa durch heftigere Windstöße – schon das Gleichgewicht verlieren und als Staublawinen den Weg in die Tiefe nehmen.

In den tieferen Regionen – also in den Alpen etwa unter 4000 m – schmilzt der Hochschnee teilweise unter der Einwirkung der Sonnenwärme und warmen Winde an der Oberfläche, das Schmelzwasser aber sickert in die tieferen Lagen ein, wo es noch kälteren Schnee antrifft und wieder gefriert. Dadurch mögen aus dem Schnee runde Körner (Firnschnee) werden, die aneinanderhaften und eine vielfach

1 Nach E. Schubert, Schutz der Eisenbahnen gegen Schneeverwehungen und Lawinen.
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[386/0405] Die Luftdruckdifferenz zwischen 2 Orten, deren Entfernung 111 km (d. i. die Länge eines Meridiangrades) beträgt, nennt man den barometrischen Gradient der betreffenden Lokalität. Der Zusammenhang zwischen dem barometrischen Gradient und der Windstärke ist in der vorstehenden Beaufortschen Windskala durch Beisetzung des Gradienten ersichtlich gemacht. 1. Die Verschiedenheit der Verteilung der Wärme bzw. des Luftdruckes auf der Erdoberfläche bringt zunächst gewisse regelmäßige Zirkulationen in der Atmosphäre hervor, die als Berg- und Talwinde, Land- und Seewinde mit ihrem täglichen Wechsel, in größerem Maßstab aber als Passate, Monsune u. dgl. bekannt sind. Außer diesen regelmäßigen Zirkulationen in der Atmosphäre treten aber vielfach Wirbelbewegungen, sog. Zyklone auf. Diese Wirbelwinde sind rücksichtlich der Schneegefahren von weit größerem Interesse als die sonstigen regelmäßigen Luftzirkulationen, weil sie stets bedeutende Störungen der atmosphärischen Verhältnisse im Gefolge haben. So überschüttete beispielsweise, wie aus dem Bericht Dr. Aßmanns im Reichsanzeiger 1887 zu entnehmen ist, eine am 19. Dezember 1886 vom Biskayabusen äußerst langsam in Zentraleuropa eindringende flache und weitausgedehnte Depression in den Tagen vom 19. bis 22. Dezember 1886 ganz Deutschland mit einer Schneedecke, wie sie in der gleichen Ausdehnung und Stärke wahrscheinlich innerhalb der letzten 50 Jahre nicht vorgekommen ist. Diese Depression war von stürmischen Nord- und Nordostwinden begleitet, die bedeutende Schneeverwehungen und infolgedessen namhafte Unterbrechungen des Eisenbahn- und Postverkehrs im größten Teil von West-, Mittel- und Ostdeutschland hervorriefen. Auch rücksichtlich der Lawinengefahren sind die Wirbelwinde von gewissem Einfluß, u. zw. nicht nur deshalb, weil die sie etwa begleitenden Schneestürme die Schneelage im Gebirge erhöhen. Auch das Abgleiten der abgelagerten Schneemassen kann durch die im Gefolge der fortschreitenden Depressionen auftretenden warmen Winde – Föhne – wesentlich gefördert werden. b) Schnee ist die gewöhnliche Form der Ausscheidung der atmosphärischen Feuchtigkeit bei niederen Temperaturen. Schnee fällt bei Temperaturen bis zu 10° über dem Eispunkt an der Erdoberfläche. In diesem Fall bildet sich der Schnee in den weit kälteren, hohen Regionen und fällt so schnell und dicht, daß ihn die unten herrschende höhere Temperatur nicht rasch genug zu schmelzen vermag. Bei niedrigeren Temperaturen kann der Schneefall nicht sehr ausgiebig sein, weil dann die Luft wenig Wasserdampf enthält, doch sind Schneefälle schon bei den tiefsten Wintertemperaturen beobachtet worden. Am häufigsten und ergiebigsten sind die Schneefälle, wenn die Temperatur um den Nullpunkt schwankt. Der Schnee besteht aus locker aneinandergehäuften kleinen Eiskriställchen. Bei ruhiger Luft bilden sich die bekannten zierlichen, sechseckigen Sternchen. Bei großer Kälte scheidet sich die Feuchtigkeit der Atmosphäre in feinen, sechseckigen Tafeln aus, auf hohen Bergen oft bei klarem, windstillem Wetter. Schnee, der bei niederen Temperaturen fällt – Hochgebirgsschnee – ist trocken und staubartig. In dieser Form – Pulverschnee – ist er am beweglichsten, für Schneetreiben und Staublawinen am geeignetsten. Der bei höheren Temperaturen fallende Schnee ist naß, bildet große Flocken, ballt sich und klebt an der Unterlage. In den Hochgebirgen läßt sich eine je nach der geographischen Breite und den klimatischen Verhältnissen verschieden hoch liegende Schneegrenze – in den Alpen etwa in einer Seehöhe von 2700 m – feststellen, oberhalb der der Niederschlag fast immer in fester Form als Schnee erfolgt und als solcher niemals ganz verschwindet; die Wärmewirkungen vermögen oberhalb dieser Grenze die im Verlauf des Jahres fallenden Schneemassen nicht mehr zu schmelzen. In den höchsten Regionen der Gebirge – in den Alpen etwa in den Höhen von über 4000 m – bleibt der Schnee infolge der Kälte und Trockenheit der Luft fast unverändert und müßten die Schneeansammlungen daselbst fortwährend anwachsen. Solche Ansammlungen von – pulverigem – Hochgebirgsschnee auf steiler Unterlage sind aber außerordentlich labile Gebilde, die bei dem geringsten Anlaß – etwa durch heftigere Windstöße – schon das Gleichgewicht verlieren und als Staublawinen den Weg in die Tiefe nehmen. In den tieferen Regionen – also in den Alpen etwa unter 4000 m – schmilzt der Hochschnee teilweise unter der Einwirkung der Sonnenwärme und warmen Winde an der Oberfläche, das Schmelzwasser aber sickert in die tieferen Lagen ein, wo es noch kälteren Schnee antrifft und wieder gefriert. Dadurch mögen aus dem Schnee runde Körner (Firnschnee) werden, die aneinanderhaften und eine vielfach 1 Nach E. Schubert, Schutz der Eisenbahnen gegen Schneeverwehungen und Lawinen.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 8. Berlin, Wien, 1917, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen08_1917/405>, abgerufen am 24.11.2024.