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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 8. Berlin, Wien, 1917.

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6. Witterungs- und örtliche Verhältnisse. Feuchte Einschnitte, zumal Tunnel befördern unter sonst gleichen Verhältnissen die S. gegenüber trockener freier Strecke. In langen oder gekrümmten Tunneln wirken vornehmlich die Rauchgase der Lokomotiven durch Rostbildung zerstörend auf das Gleisgefüge als Ganzes ein (Gegenmaßnahmen: Tunnellüftung, Blauölfeuerung, elektrischer Betrieb). Ähnliches wurde auch bei Gleisen in der Nähe von Fabriken mit schwefelige und Schwefelsäure enthaltenden Abgasen sowie auf Stationsgleisen beobachtet, auf welchen Ladungen längere Zeit stehen, die bei Regenwetter säurehaltiges Tropfwasser absetzen. Im Arlbergtunnel mit Platten verschiedener Stoffbeschaffenheit durchgeführte Versuche haben während einer 17jährigen Beobachtungsdauer nachstehende Gewichtsabnahmen ergeben, aus denen einerseits hervorgeht, daß die verschiedenen gebräuchlichen Stahlgattungen gegen Rostbildung nahezu gleich und erheblich mehr widerstandsfähig als Gußeisen sind (Rauheit der Oberfläche des letzteren) und daß andererseits an trockenen Tunnelstellen größere Rostbildung als an nassen vermutlich deshalb auftritt, weil an diesen die rostbildenden Säuren weniger gesättigt zur Wirkung gelangen.



Bemerkenswerte Beobachtungen und Untersuchungen über die Abnutzung von Eisen- und Puddelstahlschienen wurden vom damaligen Zentralinspektor der österreichischen Nordbahn Franz Stockert in der Ztschr. d. Österr. Ing.-V. 1872 mitgeteilt, die
Abb. 180.
wesentlich zu folgenden Ergebnissen führten. Werden im neben abgebildeten Achsenkreuz (Abb. 180) die über eine Versuchstrecke während bestimmter Beobachtungszeiten gerollten Bruttotonnen als Abszissen und die zugehörigen Schienenauswechslungen als Ordinaten aufgetragen, so ergibt der die einzelnen Punkte verbindende Linienzug (die "Ausnutzungslinie" der Schienen) eine Viertelellipse, deren lotrechte Halbachse b die Gesamtzahl der ursprünglich in der Versuchsstrecke verlegten Schiene und deren wagrechte Halbachse a die Gesamtlast zur Darstellung bringt, die den völligen Ausbau aller Versuchsschienen bedingte. Stockert hat solche Ausnutzungslinien für 20 verschieden gelegene, ausgerüstete und belastete Versuchsstrecken bestimmt und aus ihnen Festzahlen abgeleitet, auf Grund deren der Einfluß der Richtungs- und Neigungsverhältnisse auf den Verbrauch geschweißter Schienen beurteilt und die in einem kommenden Zeitraum zur Gleisunterhaltung erforderliche Schienenzahl veranschlagt werden kann. Hinsichtlich der Einzelheiten der sehr lesenswerten Abhandlung muß auf die genannte Quelle verwiesen werden. Für Flußstahlschienen wurden ähnliche Untersuchungen noch nicht angestellt, da nach dem dermaligen Stand der Statistik hierfür genügende Unterlagen nicht vorliegen. Doch hält Stockert (1890) dafür, daß das von ihm abgeleitete Gesetz auch für eine angenäherte Ermittlung der Ausnutzungsfähigkeit von Flußstahlschienen verwendbar sei. Bemerkt sei schließlich, daß es sich (nach Rosche, a. a. O.) nicht empfiehlt, ein Gleis noch weiter durch Einbau von Ersatzschienen zu erhalten, wenn mehr als etwa 20-30% der ursprünglich eingelegten Schienen unbrauchbar geworden sind, weil die letzten 80 bis 70% nur mehr einem unverhältnismäßig geringen Teil der Gesamtausnutzungslast Genüge leisten, und daß man die durchschnittliche Verwendungsdauer einer Schiene in Hauptgleisen mit jährlich etwa 5 Mill. Bruttobelastung unter mittleren Anlage- und Verkehrsverhältnissen auf etwa 15-20 Jahre schätzen kann, daß aber diese Verwendungsdauer bei ungewöhnlichen Verhältnissen auch bis auf 5 Jahre und weniger herabsinkt.

Über die Ursachen der zurzeit im Vordergrund der Erörterung stehenden Riffelbildung, einer besonderen Abnutzungsform der Schienen, sind die Anschauungen noch nicht geklärt. Zusammenfassende Darstellungen dieser zumal für Straßenbahnen wichtigen Frage finden sich unter Anführung näherer Literaturangaben von Busse in den Berichten über den XV. (München 1908), XVI. (Brüssel 1910) und XVII. (Christiania 1912) Int. Straßen- und Kleinbahnkongreß, von Meyer in seiner Veröffentlichung "Zur Klärung bedeutsamer Fragen im Straßenbahn-Oberbau und insbesondere der Riffelbildung auf den Schienen" (Berlin, H. S. Hermann 1915), von Dormus in Stahl u. Eis. 1916, S. 257 und von Kayser in den Druckschriften der Kommission für Riffeluntersuchungen (Cöln, Greven und Bechtold 1916; vgl. auch Art. Oberbau der Straßenbahnen, Bd. VII, S. 416).

Die große wirtschaftliche Bedeutung der S., die schon daraus ersichtlich ist, daß auf Schienenbeschaffung allein (also ohne Aus- und Einbaukosten) nahezu 3% der sachlichen Gesamtausgaben der Bahnverwaltungen entfallen, hat den Gedanken nahegelegt, schon anläßlich der Abnahme der Schienen in den Werken sich Einblick in deren voraussichtlichen Verschleißwiderstand in ähnlicher Weise zu verschaffen, wie dies durch Schlagproben u. s. w. hinsichtlich des Bruchwiderstandes der Schienen seit langem geschieht. U. a. hat Scheibe hierfür (Organ 1909) Schleifproben mit Carborundumscheiben angeregt und Saller (Ztg. d.

6. Witterungs- und örtliche Verhältnisse. Feuchte Einschnitte, zumal Tunnel befördern unter sonst gleichen Verhältnissen die S. gegenüber trockener freier Strecke. In langen oder gekrümmten Tunneln wirken vornehmlich die Rauchgase der Lokomotiven durch Rostbildung zerstörend auf das Gleisgefüge als Ganzes ein (Gegenmaßnahmen: Tunnellüftung, Blauölfeuerung, elektrischer Betrieb). Ähnliches wurde auch bei Gleisen in der Nähe von Fabriken mit schwefelige und Schwefelsäure enthaltenden Abgasen sowie auf Stationsgleisen beobachtet, auf welchen Ladungen längere Zeit stehen, die bei Regenwetter säurehaltiges Tropfwasser absetzen. Im Arlbergtunnel mit Platten verschiedener Stoffbeschaffenheit durchgeführte Versuche haben während einer 17jährigen Beobachtungsdauer nachstehende Gewichtsabnahmen ergeben, aus denen einerseits hervorgeht, daß die verschiedenen gebräuchlichen Stahlgattungen gegen Rostbildung nahezu gleich und erheblich mehr widerstandsfähig als Gußeisen sind (Rauheit der Oberfläche des letzteren) und daß andererseits an trockenen Tunnelstellen größere Rostbildung als an nassen vermutlich deshalb auftritt, weil an diesen die rostbildenden Säuren weniger gesättigt zur Wirkung gelangen.



Bemerkenswerte Beobachtungen und Untersuchungen über die Abnutzung von Eisen- und Puddelstahlschienen wurden vom damaligen Zentralinspektor der österreichischen Nordbahn Franz Stockert in der Ztschr. d. Österr. Ing.-V. 1872 mitgeteilt, die
Abb. 180.
wesentlich zu folgenden Ergebnissen führten. Werden im neben abgebildeten Achsenkreuz (Abb. 180) die über eine Versuchstrecke während bestimmter Beobachtungszeiten gerollten Bruttotonnen als Abszissen und die zugehörigen Schienenauswechslungen als Ordinaten aufgetragen, so ergibt der die einzelnen Punkte verbindende Linienzug (die „Ausnutzungslinie“ der Schienen) eine Viertelellipse, deren lotrechte Halbachse b die Gesamtzahl der ursprünglich in der Versuchsstrecke verlegten Schiene und deren wagrechte Halbachse a die Gesamtlast zur Darstellung bringt, die den völligen Ausbau aller Versuchsschienen bedingte. Stockert hat solche Ausnutzungslinien für 20 verschieden gelegene, ausgerüstete und belastete Versuchsstrecken bestimmt und aus ihnen Festzahlen abgeleitet, auf Grund deren der Einfluß der Richtungs- und Neigungsverhältnisse auf den Verbrauch geschweißter Schienen beurteilt und die in einem kommenden Zeitraum zur Gleisunterhaltung erforderliche Schienenzahl veranschlagt werden kann. Hinsichtlich der Einzelheiten der sehr lesenswerten Abhandlung muß auf die genannte Quelle verwiesen werden. Für Flußstahlschienen wurden ähnliche Untersuchungen noch nicht angestellt, da nach dem dermaligen Stand der Statistik hierfür genügende Unterlagen nicht vorliegen. Doch hält Stockert (1890) dafür, daß das von ihm abgeleitete Gesetz auch für eine angenäherte Ermittlung der Ausnutzungsfähigkeit von Flußstahlschienen verwendbar sei. Bemerkt sei schließlich, daß es sich (nach Rosche, a. a. O.) nicht empfiehlt, ein Gleis noch weiter durch Einbau von Ersatzschienen zu erhalten, wenn mehr als etwa 20–30% der ursprünglich eingelegten Schienen unbrauchbar geworden sind, weil die letzten 80 bis 70% nur mehr einem unverhältnismäßig geringen Teil der Gesamtausnutzungslast Genüge leisten, und daß man die durchschnittliche Verwendungsdauer einer Schiene in Hauptgleisen mit jährlich etwa 5 Mill. Bruttobelastung unter mittleren Anlage- und Verkehrsverhältnissen auf etwa 15–20 Jahre schätzen kann, daß aber diese Verwendungsdauer bei ungewöhnlichen Verhältnissen auch bis auf 5 Jahre und weniger herabsinkt.

Über die Ursachen der zurzeit im Vordergrund der Erörterung stehenden Riffelbildung, einer besonderen Abnutzungsform der Schienen, sind die Anschauungen noch nicht geklärt. Zusammenfassende Darstellungen dieser zumal für Straßenbahnen wichtigen Frage finden sich unter Anführung näherer Literaturangaben von Busse in den Berichten über den XV. (München 1908), XVI. (Brüssel 1910) und XVII. (Christiania 1912) Int. Straßen- und Kleinbahnkongreß, von Meyer in seiner Veröffentlichung „Zur Klärung bedeutsamer Fragen im Straßenbahn-Oberbau und insbesondere der Riffelbildung auf den Schienen“ (Berlin, H. S. Hermann 1915), von Dormus in Stahl u. Eis. 1916, S. 257 und von Kayser in den Druckschriften der Kommission für Riffeluntersuchungen (Cöln, Greven und Bechtold 1916; vgl. auch Art. Oberbau der Straßenbahnen, Bd. VII, S. 416).

Die große wirtschaftliche Bedeutung der S., die schon daraus ersichtlich ist, daß auf Schienenbeschaffung allein (also ohne Aus- und Einbaukosten) nahezu 3% der sachlichen Gesamtausgaben der Bahnverwaltungen entfallen, hat den Gedanken nahegelegt, schon anläßlich der Abnahme der Schienen in den Werken sich Einblick in deren voraussichtlichen Verschleißwiderstand in ähnlicher Weise zu verschaffen, wie dies durch Schlagproben u. s. w. hinsichtlich des Bruchwiderstandes der Schienen seit langem geschieht. U. a. hat Scheibe hierfür (Organ 1909) Schleifproben mit Carborundumscheiben angeregt und Saller (Ztg. d.

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[318/0336] 6. Witterungs- und örtliche Verhältnisse. Feuchte Einschnitte, zumal Tunnel befördern unter sonst gleichen Verhältnissen die S. gegenüber trockener freier Strecke. In langen oder gekrümmten Tunneln wirken vornehmlich die Rauchgase der Lokomotiven durch Rostbildung zerstörend auf das Gleisgefüge als Ganzes ein (Gegenmaßnahmen: Tunnellüftung, Blauölfeuerung, elektrischer Betrieb). Ähnliches wurde auch bei Gleisen in der Nähe von Fabriken mit schwefelige und Schwefelsäure enthaltenden Abgasen sowie auf Stationsgleisen beobachtet, auf welchen Ladungen längere Zeit stehen, die bei Regenwetter säurehaltiges Tropfwasser absetzen. Im Arlbergtunnel mit Platten verschiedener Stoffbeschaffenheit durchgeführte Versuche haben während einer 17jährigen Beobachtungsdauer nachstehende Gewichtsabnahmen ergeben, aus denen einerseits hervorgeht, daß die verschiedenen gebräuchlichen Stahlgattungen gegen Rostbildung nahezu gleich und erheblich mehr widerstandsfähig als Gußeisen sind (Rauheit der Oberfläche des letzteren) und daß andererseits an trockenen Tunnelstellen größere Rostbildung als an nassen vermutlich deshalb auftritt, weil an diesen die rostbildenden Säuren weniger gesättigt zur Wirkung gelangen. Bemerkenswerte Beobachtungen und Untersuchungen über die Abnutzung von Eisen- und Puddelstahlschienen wurden vom damaligen Zentralinspektor der österreichischen Nordbahn Franz Stockert in der Ztschr. d. Österr. Ing.-V. 1872 mitgeteilt, die [Abbildung Abb. 180. ] wesentlich zu folgenden Ergebnissen führten. Werden im neben abgebildeten Achsenkreuz (Abb. 180) die über eine Versuchstrecke während bestimmter Beobachtungszeiten gerollten Bruttotonnen als Abszissen und die zugehörigen Schienenauswechslungen als Ordinaten aufgetragen, so ergibt der die einzelnen Punkte verbindende Linienzug (die „Ausnutzungslinie“ der Schienen) eine Viertelellipse, deren lotrechte Halbachse b die Gesamtzahl der ursprünglich in der Versuchsstrecke verlegten Schiene und deren wagrechte Halbachse a die Gesamtlast zur Darstellung bringt, die den völligen Ausbau aller Versuchsschienen bedingte. Stockert hat solche Ausnutzungslinien für 20 verschieden gelegene, ausgerüstete und belastete Versuchsstrecken bestimmt und aus ihnen Festzahlen abgeleitet, auf Grund deren der Einfluß der Richtungs- und Neigungsverhältnisse auf den Verbrauch geschweißter Schienen beurteilt und die in einem kommenden Zeitraum zur Gleisunterhaltung erforderliche Schienenzahl veranschlagt werden kann. Hinsichtlich der Einzelheiten der sehr lesenswerten Abhandlung muß auf die genannte Quelle verwiesen werden. Für Flußstahlschienen wurden ähnliche Untersuchungen noch nicht angestellt, da nach dem dermaligen Stand der Statistik hierfür genügende Unterlagen nicht vorliegen. Doch hält Stockert (1890) dafür, daß das von ihm abgeleitete Gesetz auch für eine angenäherte Ermittlung der Ausnutzungsfähigkeit von Flußstahlschienen verwendbar sei. Bemerkt sei schließlich, daß es sich (nach Rosche, a. a. O.) nicht empfiehlt, ein Gleis noch weiter durch Einbau von Ersatzschienen zu erhalten, wenn mehr als etwa 20–30% der ursprünglich eingelegten Schienen unbrauchbar geworden sind, weil die letzten 80 bis 70% nur mehr einem unverhältnismäßig geringen Teil der Gesamtausnutzungslast Genüge leisten, und daß man die durchschnittliche Verwendungsdauer einer Schiene in Hauptgleisen mit jährlich etwa 5 Mill. Bruttobelastung unter mittleren Anlage- und Verkehrsverhältnissen auf etwa 15–20 Jahre schätzen kann, daß aber diese Verwendungsdauer bei ungewöhnlichen Verhältnissen auch bis auf 5 Jahre und weniger herabsinkt. Über die Ursachen der zurzeit im Vordergrund der Erörterung stehenden Riffelbildung, einer besonderen Abnutzungsform der Schienen, sind die Anschauungen noch nicht geklärt. Zusammenfassende Darstellungen dieser zumal für Straßenbahnen wichtigen Frage finden sich unter Anführung näherer Literaturangaben von Busse in den Berichten über den XV. (München 1908), XVI. (Brüssel 1910) und XVII. (Christiania 1912) Int. Straßen- und Kleinbahnkongreß, von Meyer in seiner Veröffentlichung „Zur Klärung bedeutsamer Fragen im Straßenbahn-Oberbau und insbesondere der Riffelbildung auf den Schienen“ (Berlin, H. S. Hermann 1915), von Dormus in Stahl u. Eis. 1916, S. 257 und von Kayser in den Druckschriften der Kommission für Riffeluntersuchungen (Cöln, Greven und Bechtold 1916; vgl. auch Art. Oberbau der Straßenbahnen, Bd. VII, S. 416). Die große wirtschaftliche Bedeutung der S., die schon daraus ersichtlich ist, daß auf Schienenbeschaffung allein (also ohne Aus- und Einbaukosten) nahezu 3% der sachlichen Gesamtausgaben der Bahnverwaltungen entfallen, hat den Gedanken nahegelegt, schon anläßlich der Abnahme der Schienen in den Werken sich Einblick in deren voraussichtlichen Verschleißwiderstand in ähnlicher Weise zu verschaffen, wie dies durch Schlagproben u. s. w. hinsichtlich des Bruchwiderstandes der Schienen seit langem geschieht. U. a. hat Scheibe hierfür (Organ 1909) Schleifproben mit Carborundumscheiben angeregt und Saller (Ztg. d.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 8. Berlin, Wien, 1917, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen08_1917/336>, abgerufen am 24.11.2024.