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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 7. Berlin, Wien, 1915.

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Rüstung ein bis unter den Obergurt reichendes Obergerüst aufgestellt, von dem aus die Montage der oberen Tragwandteile erfolgt. Bei geradem Untergurt und Verwendung von Portalkranen kann dieses Obergerüst erspart und nur stellenweise auf fliegende Rüstungen zur Vornahme der Nietarbeiten beschränkt werden.

Hölzerne Montagegerüste, deren Joche der Fachweite der Hauptträger entsprechend in 5 bis 10 m Abstand angeordnet werden, sind dort zweckmäßig, wo die Höhe der Brücke über der Talsohle nicht bedeutend ist, wo die Brückenöffnung durch die Joche ganz verbaut werden kann und wo die Strom- oder die Baugrundverhältnisse dafür günstig sind. Hoch über der Talsohle liegende eiserne Brückentragwerke werden nur ausnahmsweise auf durchgehenden festen Rüstungen montiert. Ein Beispiel liefert die Angerschluchtbrücke auf der Tauernbahn, eine eiserne Bogenbrücke von 110 m Stützweite in 75 m Höhe über der Talsohle, deren Montagegerüst 1125 m3 Holz, d. i. rd. 2 m3 Holz für 1 t Eisenkonstruktion erforderte.

Soll die Anordnung nahestehender Joche wegen des Schiffahrtsverkehrs oder sonstiger Hindernisse oder bei großer Höhe wegen zu hohen Holzaufwandes vermieden werden, so muß die durchgehende Rüstbühne durch weitgespannte Rüstträger unterstützt werden. Diese werden entweder in Holz oder Eisen ausgeführt und ihre Aufstellung muß entweder durch Freimontage (Hohenzollern- oder Nordbrücke in Köln), durch Längsverschiebung (Alexander-Brücke in Paris, Südbrücke in Köln) oder mit Hilfe von Kabeln (Eisenbahnbrücke über die Noce-Schlucht bei Mostizzolo in Tirol) bewerkstelligt werden.

Zu 2. Können durchgehende Rüstungen aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht zur Anwendung kommen, so ist vor allem der freie Vorbau durch Auskragung von den Stützpunkten in Betracht zu ziehen. Dieses Montierungsverfahren eignet sich besonders für durchgehende Tragwerke, kontinuierliche und Gerberträger; es hat aber unter Zuhilfenahme von Verankerungen an den Widerlagern auch bei Bogenbrücken und in einigen Fällen bei weitgespannten Einzelbalkenträgern Anwendung gefunden. Bemerkenswerte Beispiele lieferten: für Auslegerbrücken die Firth of Forth-Brücke mit 518 m, Blackwell-Insel-Brücke mit 360 m, Rheinbrücke zwischen Ruhrort-Homberg mit 203 m, Eisenbahnbrücke über die Moldau bei Cervena mit 80 m größter Spannweite und viele andere; für Bogenbrücken die Kaiser Wilhelm-Brücke bei Müngsten mit 180 m, Dnjeprbrücke bei Alexandrowsk mit 190 m, Brücke über den Song-Ma-Fluß in Tonking mit 162 m, Straßenbrücke über die Noceschlucht in Tirol mit 60 m Spannweite u. a.; für Einzelbalken der Eisenbahnviadukt über die Sitter zwischen Bruggen und Herisau, dessen 120 m weit gespannter Überbau (Halbparabelträger) auf einem in der Öffnungsmitte errichteten hölzernen Gerüstturm aufgestellt und nach beiden Seiten durch freien Vorbau ausgekragt wurde.

Zum Vorhalten der Eisenteile dienen bei der Freimontage für kleine Öffnungsweiten feste Mastenkrane, die auf den Pfeilern oder eingebauten Gerüsttürmen aufstehen, für größere Tragwerke fahrbare Auslegerkrane an den freien Enden der ausgekragten Konstruktion, zuweilen auch eine Seilschwebebahn, die, von Ufer zu Ufer reichend, die Bauwerksteile befördert (Brücke über den Song-Ma). Bei einer Brücke mit über mehrere Öffnungen durchgehendem Tragwerk wird zunächst eine Landöffnung auf festem Gerüst aufgestellt und dient diese dann als Rückhalt für den freien Vorbau. Bei Gelenkträgern muß dabei die Wirkung der Gelenke durch zeitweise feste Verbindung aufgehoben werden.

Zu 3. Die Aufstellung des Tragwerks am Ufer in der Verlängerung der Brückenachse, dann dessen Überschieben über die Brückenöffnung war früher ein besonders bei kontinuierlichen Trägern häufig geübter Montierungsvorgang. Der Brückenüberbau erhielt vorne eine hilfsweise angesetzte schnabelförmige Verlängerung, mit der er auf die definitiven oder bei großen Weiten auf provisorisch eingebaute Pfeiler auflief. Das Verschieben erfolgte auf festgelagerten Rollen oder mittels untergebauter Wagen auf Schienengleisen. Da durchlaufende gelenklose Träger heute nur mehr selten ausgeführt werden, so kommt auch das Überschieben nicht mehr oft zur Anwendung. In einigen wenigen Fällen sind auch Einzelträger, mit Zuhilfenahme eines vorübergehend eingebauten Zwischenpfeilers, vom Ufer aus eingeschoben worden. Die Montierung der Eisenkonstruktion wird bei diesem Vorgang allerdings sehr erleichtert, doch muß beim Überschieben mit entsprechender Vorsicht vorgegangen werden. Die Erfahrung bei einigen älteren französischen Brücken hat gelehrt, daß Unfälle infolge Sturm oder nicht genügend fester Verschubbahn dabei nicht ausgeschlossen sind.

Das Einfahren des fertig montierten Überbaues mit Hilfe schwimmender Rüstungen ist verschiedenartig zur Ausführung gekommen. Entweder erfolgt das Einbringen in die Brückenöffnung durch Längsverschiebung oder Drehung, wobei das eine Ende des Überbaues auf dem

Rüstung ein bis unter den Obergurt reichendes Obergerüst aufgestellt, von dem aus die Montage der oberen Tragwandteile erfolgt. Bei geradem Untergurt und Verwendung von Portalkranen kann dieses Obergerüst erspart und nur stellenweise auf fliegende Rüstungen zur Vornahme der Nietarbeiten beschränkt werden.

Hölzerne Montagegerüste, deren Joche der Fachweite der Hauptträger entsprechend in 5 bis 10 m Abstand angeordnet werden, sind dort zweckmäßig, wo die Höhe der Brücke über der Talsohle nicht bedeutend ist, wo die Brückenöffnung durch die Joche ganz verbaut werden kann und wo die Strom- oder die Baugrundverhältnisse dafür günstig sind. Hoch über der Talsohle liegende eiserne Brückentragwerke werden nur ausnahmsweise auf durchgehenden festen Rüstungen montiert. Ein Beispiel liefert die Angerschluchtbrücke auf der Tauernbahn, eine eiserne Bogenbrücke von 110 m Stützweite in 75 m Höhe über der Talsohle, deren Montagegerüst 1125 m3 Holz, d. i. rd. 2 m3 Holz für 1 t Eisenkonstruktion erforderte.

Soll die Anordnung nahestehender Joche wegen des Schiffahrtsverkehrs oder sonstiger Hindernisse oder bei großer Höhe wegen zu hohen Holzaufwandes vermieden werden, so muß die durchgehende Rüstbühne durch weitgespannte Rüstträger unterstützt werden. Diese werden entweder in Holz oder Eisen ausgeführt und ihre Aufstellung muß entweder durch Freimontage (Hohenzollern- oder Nordbrücke in Köln), durch Längsverschiebung (Alexander-Brücke in Paris, Südbrücke in Köln) oder mit Hilfe von Kabeln (Eisenbahnbrücke über die Noce-Schlucht bei Mostizzolo in Tirol) bewerkstelligt werden.

Zu 2. Können durchgehende Rüstungen aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht zur Anwendung kommen, so ist vor allem der freie Vorbau durch Auskragung von den Stützpunkten in Betracht zu ziehen. Dieses Montierungsverfahren eignet sich besonders für durchgehende Tragwerke, kontinuierliche und Gerberträger; es hat aber unter Zuhilfenahme von Verankerungen an den Widerlagern auch bei Bogenbrücken und in einigen Fällen bei weitgespannten Einzelbalkenträgern Anwendung gefunden. Bemerkenswerte Beispiele lieferten: für Auslegerbrücken die Firth of Forth-Brücke mit 518 m, Blackwell-Insel-Brücke mit 360 m, Rheinbrücke zwischen Ruhrort-Homberg mit 203 m, Eisenbahnbrücke über die Moldau bei Červena mit 80 m größter Spannweite und viele andere; für Bogenbrücken die Kaiser Wilhelm-Brücke bei Müngsten mit 180 m, Dnjeprbrücke bei Alexandrowsk mit 190 m, Brücke über den Song-Mâ-Fluß in Tonking mit 162 m, Straßenbrücke über die Noceschlucht in Tirol mit 60 m Spannweite u. a.; für Einzelbalken der Eisenbahnviadukt über die Sitter zwischen Bruggen und Herisau, dessen 120 m weit gespannter Überbau (Halbparabelträger) auf einem in der Öffnungsmitte errichteten hölzernen Gerüstturm aufgestellt und nach beiden Seiten durch freien Vorbau ausgekragt wurde.

Zum Vorhalten der Eisenteile dienen bei der Freimontage für kleine Öffnungsweiten feste Mastenkrane, die auf den Pfeilern oder eingebauten Gerüsttürmen aufstehen, für größere Tragwerke fahrbare Auslegerkrane an den freien Enden der ausgekragten Konstruktion, zuweilen auch eine Seilschwebebahn, die, von Ufer zu Ufer reichend, die Bauwerksteile befördert (Brücke über den Song-Mâ). Bei einer Brücke mit über mehrere Öffnungen durchgehendem Tragwerk wird zunächst eine Landöffnung auf festem Gerüst aufgestellt und dient diese dann als Rückhalt für den freien Vorbau. Bei Gelenkträgern muß dabei die Wirkung der Gelenke durch zeitweise feste Verbindung aufgehoben werden.

Zu 3. Die Aufstellung des Tragwerks am Ufer in der Verlängerung der Brückenachse, dann dessen Überschieben über die Brückenöffnung war früher ein besonders bei kontinuierlichen Trägern häufig geübter Montierungsvorgang. Der Brückenüberbau erhielt vorne eine hilfsweise angesetzte schnabelförmige Verlängerung, mit der er auf die definitiven oder bei großen Weiten auf provisorisch eingebaute Pfeiler auflief. Das Verschieben erfolgte auf festgelagerten Rollen oder mittels untergebauter Wagen auf Schienengleisen. Da durchlaufende gelenklose Träger heute nur mehr selten ausgeführt werden, so kommt auch das Überschieben nicht mehr oft zur Anwendung. In einigen wenigen Fällen sind auch Einzelträger, mit Zuhilfenahme eines vorübergehend eingebauten Zwischenpfeilers, vom Ufer aus eingeschoben worden. Die Montierung der Eisenkonstruktion wird bei diesem Vorgang allerdings sehr erleichtert, doch muß beim Überschieben mit entsprechender Vorsicht vorgegangen werden. Die Erfahrung bei einigen älteren französischen Brücken hat gelehrt, daß Unfälle infolge Sturm oder nicht genügend fester Verschubbahn dabei nicht ausgeschlossen sind.

Das Einfahren des fertig montierten Überbaues mit Hilfe schwimmender Rüstungen ist verschiedenartig zur Ausführung gekommen. Entweder erfolgt das Einbringen in die Brückenöffnung durch Längsverschiebung oder Drehung, wobei das eine Ende des Überbaues auf dem

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[305/0320] Rüstung ein bis unter den Obergurt reichendes Obergerüst aufgestellt, von dem aus die Montage der oberen Tragwandteile erfolgt. Bei geradem Untergurt und Verwendung von Portalkranen kann dieses Obergerüst erspart und nur stellenweise auf fliegende Rüstungen zur Vornahme der Nietarbeiten beschränkt werden. Hölzerne Montagegerüste, deren Joche der Fachweite der Hauptträger entsprechend in 5 bis 10 m Abstand angeordnet werden, sind dort zweckmäßig, wo die Höhe der Brücke über der Talsohle nicht bedeutend ist, wo die Brückenöffnung durch die Joche ganz verbaut werden kann und wo die Strom- oder die Baugrundverhältnisse dafür günstig sind. Hoch über der Talsohle liegende eiserne Brückentragwerke werden nur ausnahmsweise auf durchgehenden festen Rüstungen montiert. Ein Beispiel liefert die Angerschluchtbrücke auf der Tauernbahn, eine eiserne Bogenbrücke von 110 m Stützweite in 75 m Höhe über der Talsohle, deren Montagegerüst 1125 m3 Holz, d. i. rd. 2 m3 Holz für 1 t Eisenkonstruktion erforderte. Soll die Anordnung nahestehender Joche wegen des Schiffahrtsverkehrs oder sonstiger Hindernisse oder bei großer Höhe wegen zu hohen Holzaufwandes vermieden werden, so muß die durchgehende Rüstbühne durch weitgespannte Rüstträger unterstützt werden. Diese werden entweder in Holz oder Eisen ausgeführt und ihre Aufstellung muß entweder durch Freimontage (Hohenzollern- oder Nordbrücke in Köln), durch Längsverschiebung (Alexander-Brücke in Paris, Südbrücke in Köln) oder mit Hilfe von Kabeln (Eisenbahnbrücke über die Noce-Schlucht bei Mostizzolo in Tirol) bewerkstelligt werden. Zu 2. Können durchgehende Rüstungen aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht zur Anwendung kommen, so ist vor allem der freie Vorbau durch Auskragung von den Stützpunkten in Betracht zu ziehen. Dieses Montierungsverfahren eignet sich besonders für durchgehende Tragwerke, kontinuierliche und Gerberträger; es hat aber unter Zuhilfenahme von Verankerungen an den Widerlagern auch bei Bogenbrücken und in einigen Fällen bei weitgespannten Einzelbalkenträgern Anwendung gefunden. Bemerkenswerte Beispiele lieferten: für Auslegerbrücken die Firth of Forth-Brücke mit 518 m, Blackwell-Insel-Brücke mit 360 m, Rheinbrücke zwischen Ruhrort-Homberg mit 203 m, Eisenbahnbrücke über die Moldau bei Červena mit 80 m größter Spannweite und viele andere; für Bogenbrücken die Kaiser Wilhelm-Brücke bei Müngsten mit 180 m, Dnjeprbrücke bei Alexandrowsk mit 190 m, Brücke über den Song-Mâ-Fluß in Tonking mit 162 m, Straßenbrücke über die Noceschlucht in Tirol mit 60 m Spannweite u. a.; für Einzelbalken der Eisenbahnviadukt über die Sitter zwischen Bruggen und Herisau, dessen 120 m weit gespannter Überbau (Halbparabelträger) auf einem in der Öffnungsmitte errichteten hölzernen Gerüstturm aufgestellt und nach beiden Seiten durch freien Vorbau ausgekragt wurde. Zum Vorhalten der Eisenteile dienen bei der Freimontage für kleine Öffnungsweiten feste Mastenkrane, die auf den Pfeilern oder eingebauten Gerüsttürmen aufstehen, für größere Tragwerke fahrbare Auslegerkrane an den freien Enden der ausgekragten Konstruktion, zuweilen auch eine Seilschwebebahn, die, von Ufer zu Ufer reichend, die Bauwerksteile befördert (Brücke über den Song-Mâ). Bei einer Brücke mit über mehrere Öffnungen durchgehendem Tragwerk wird zunächst eine Landöffnung auf festem Gerüst aufgestellt und dient diese dann als Rückhalt für den freien Vorbau. Bei Gelenkträgern muß dabei die Wirkung der Gelenke durch zeitweise feste Verbindung aufgehoben werden. Zu 3. Die Aufstellung des Tragwerks am Ufer in der Verlängerung der Brückenachse, dann dessen Überschieben über die Brückenöffnung war früher ein besonders bei kontinuierlichen Trägern häufig geübter Montierungsvorgang. Der Brückenüberbau erhielt vorne eine hilfsweise angesetzte schnabelförmige Verlängerung, mit der er auf die definitiven oder bei großen Weiten auf provisorisch eingebaute Pfeiler auflief. Das Verschieben erfolgte auf festgelagerten Rollen oder mittels untergebauter Wagen auf Schienengleisen. Da durchlaufende gelenklose Träger heute nur mehr selten ausgeführt werden, so kommt auch das Überschieben nicht mehr oft zur Anwendung. In einigen wenigen Fällen sind auch Einzelträger, mit Zuhilfenahme eines vorübergehend eingebauten Zwischenpfeilers, vom Ufer aus eingeschoben worden. Die Montierung der Eisenkonstruktion wird bei diesem Vorgang allerdings sehr erleichtert, doch muß beim Überschieben mit entsprechender Vorsicht vorgegangen werden. Die Erfahrung bei einigen älteren französischen Brücken hat gelehrt, daß Unfälle infolge Sturm oder nicht genügend fester Verschubbahn dabei nicht ausgeschlossen sind. Das Einfahren des fertig montierten Überbaues mit Hilfe schwimmender Rüstungen ist verschiedenartig zur Ausführung gekommen. Entweder erfolgt das Einbringen in die Brückenöffnung durch Längsverschiebung oder Drehung, wobei das eine Ende des Überbaues auf dem

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 7. Berlin, Wien, 1915, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen07_1915/320>, abgerufen am 22.11.2024.