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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 7. Berlin, Wien, 1915.

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Maschinen für die Kerbschlagproben (Pendelhämmer) und bezüglich der Durchführung beschleunigter Raumbeständigkeitsproben bei Zementen (nach Le Chatelier).

Man unterscheidet Proben zur Ermittlung der Qualitätsziffern des Materials an sich und Versuche mit den zum Gebrauch fertigen Stücken, z. B. Radreifen. Gelangt jedes Stück zur Erprobung, so spricht man von Stückproben; werden wahllos einzelne Stücke geprüft (etwa 2% der Gesamtzahl), so hat man es mit Stichproben zu tun. Wenn die Erprobungen nicht zu wissenschaftlichen Zwecken erfolgen, sondern zwecks Materialübernahme, geschieht dies entsprechend den Lieferungsbedingungen. Die Erprobungen finden häufig an der Erzeugungsstätte (Eisenwerk) statt. Viele Bahnen besitzen jedoch gut eingerichtete Versuchsanstalten oder wenden sich in strittigen Fällen an öffentliche Versuchsämter.

Die Proben sollen dem Verwendungszweck der Materialien möglichst angepaßt sein; aus diesem Grund treten die physikalischen, bzw. die mechanisch-technischen Erprobungen gegenüber der chemischen Analyse in der Regel sehr in den Vordergrund. Auch kann die chemische Analyse z. B. bei Eisen, Zement ganz normale Werte liefern und die Ware dabei wegen schlechter Wärmebehandlung oder falscher Aufbereitung unbrauchbar sein. Proben, die dazu dienen, die Bearbeitungsfähigkeit eines Materials beim Schmieden, Pressen, Ziehen, Stanzen oder dessen Verhalten bei Abnutzungen im Betrieb (Schienen, Pflastersteine) beurteilen zu lassen, wobei manchmal das Versuchsergebnis nicht ziffernmäßig, sondern in der Form "bestanden" oder "nicht bestanden" (Kochproben, Aufdornproben, bei Zementen Raumbeständigkeit) angegeben wird, heißen "technologische" Proben.

Die Prüfung der Materialien findet entweder an Universal- oder Spezialmaschinen statt, je nachdem diese für eine Reihe von Erprobungen verschiedener Art (z. B. Zug, Druck, Biegung und Torsion) oder nur für ein einziges Versuchsverfahren eingerichtet sind. Maschinen mit kleinerem Kraftbedarf werden oft von Hand aus, solche mit großem maschinell oder durch einen Akkumulator betrieben. Von größter Wichtigkeit ist die genaue Kraftmessung, die durch Manometer, Meßdosen, Pendel-, Hebel- oder Federwagen vorgenommen wird. Bewährt haben sich die hydraulischen Maschinen von Amsler mit sorgfältig eingeschliffenen Kolben nach System Amagat. Je nach der Lage des Probestabs, bzw. des Probekörpers unterscheidet man auch liegende und stehende Maschinen. Manche Maschinen sind mit Vorrichtungen ausgerüstet, die die Formänderungen des Versuchsstücks selbsttätig verzeichnen.

Im Eisenbahnwesen werden durchgeführt: bei Schienen Zerreiß- und Schlag-, auch Härteproben, bei Brückentragwerken aus Eisen Zerreiß- und die technologischen Proben, bei Nieten und Nieteisen Zerreiß-, Stauch-, Scher- und Hammerproben, bei Achsen und Radreifen Zerreiß- und Schlagproben, bei Federn Proben unter schwingender Belastung, bei Werkzeugstahl Härteproben, bei Draht für Telegraphen- und Telephonleitungen Zerreiß- und technologische Proben, bei Lampenzylindern Proben auf Stoß und Widerstandsfähigkeit gegen ungleichmäßige Erwärmung.

Neben den Baustoffen werden auch die Verbrauchsmaterialien erprobt; so z. B. Schmieröle mechanisch auf Zähigkeit und Schmierfähigkeit, chemisch auf schädliche Beimengungen (Säuregehalt); Brennstoffe auf Heizwert.

Bei den M. handelt es sich meist um die Festigkeitseigenschaften, um Zug-, Druck-, Biege-, Torsions-, Scher- und Schubfestigkeit, um Härte, Zähigkeit, Abnutzbarkeit, dann auch um die Ermittlung der elastischen Eigenschaften und der Formänderungsfähigkeit, also Elastizitätsmodul, Elastizitätsgrenze, Fließ-, bzw. Streckgrenze, Dehnung und Einschnürung. Das Aussehen der Bruchfläche (sehnig, faserig, körnig, blättrig, matt, glänzend) und die Änderung der Oberfläche während des Versuchs (Matt- und Krispeligwerden) können bei Berücksichtigung der Art der Versuchsausführung gleichfalls Anhaltspunkte für die Beurteilung des Materials bieten. Grundsätzlich können nur Qualitätsziffern miteinander verglichen werden, wenn sie sich auf Versuchskörper gleicher Größe (Normalstäbe, Normalwürfel) oder zumindest auf Probekörper geometrisch ähnlicher Abmessungen beziehen (Proportionalstäbe, Ähnlichkeitsgesetz). Will man durchschnittliche Qualitätsziffern für das Material erhalten, so wähle man zur Prüfung möglichst große Versuchskörper; ist die Qualität an bestimmten Stellen (Einfluß von Seigerungen, Schweißungen, Lötungen) zu bestimmen, so müssen die Probekörper klein sein. Allzu kleine Versuchsstücke sind jedoch gegenüber der Kaltbearbeitung bei deren Herstellung empfindlich, auch scheinen, trotz des festen Zustandes, Oberflächenspannungen vorhanden zu sein, die die Versuchsergebnisse beeinflussen. Die mechanische Vorbehandlung (Kalt- und Warmbearbeitung) des Materials und die Temperatur, bei der die Versuche durchgeführt werden, sind von Einfluß auf die Festigkeits- und Deformationswiderstände; ebenso die Länge der Zeit, während welcher die Belastung

Maschinen für die Kerbschlagproben (Pendelhämmer) und bezüglich der Durchführung beschleunigter Raumbeständigkeitsproben bei Zementen (nach Le Chatelier).

Man unterscheidet Proben zur Ermittlung der Qualitätsziffern des Materials an sich und Versuche mit den zum Gebrauch fertigen Stücken, z. B. Radreifen. Gelangt jedes Stück zur Erprobung, so spricht man von Stückproben; werden wahllos einzelne Stücke geprüft (etwa 2% der Gesamtzahl), so hat man es mit Stichproben zu tun. Wenn die Erprobungen nicht zu wissenschaftlichen Zwecken erfolgen, sondern zwecks Materialübernahme, geschieht dies entsprechend den Lieferungsbedingungen. Die Erprobungen finden häufig an der Erzeugungsstätte (Eisenwerk) statt. Viele Bahnen besitzen jedoch gut eingerichtete Versuchsanstalten oder wenden sich in strittigen Fällen an öffentliche Versuchsämter.

Die Proben sollen dem Verwendungszweck der Materialien möglichst angepaßt sein; aus diesem Grund treten die physikalischen, bzw. die mechanisch-technischen Erprobungen gegenüber der chemischen Analyse in der Regel sehr in den Vordergrund. Auch kann die chemische Analyse z. B. bei Eisen, Zement ganz normale Werte liefern und die Ware dabei wegen schlechter Wärmebehandlung oder falscher Aufbereitung unbrauchbar sein. Proben, die dazu dienen, die Bearbeitungsfähigkeit eines Materials beim Schmieden, Pressen, Ziehen, Stanzen oder dessen Verhalten bei Abnutzungen im Betrieb (Schienen, Pflastersteine) beurteilen zu lassen, wobei manchmal das Versuchsergebnis nicht ziffernmäßig, sondern in der Form „bestanden“ oder „nicht bestanden“ (Kochproben, Aufdornproben, bei Zementen Raumbeständigkeit) angegeben wird, heißen „technologische“ Proben.

Die Prüfung der Materialien findet entweder an Universal- oder Spezialmaschinen statt, je nachdem diese für eine Reihe von Erprobungen verschiedener Art (z. B. Zug, Druck, Biegung und Torsion) oder nur für ein einziges Versuchsverfahren eingerichtet sind. Maschinen mit kleinerem Kraftbedarf werden oft von Hand aus, solche mit großem maschinell oder durch einen Akkumulator betrieben. Von größter Wichtigkeit ist die genaue Kraftmessung, die durch Manometer, Meßdosen, Pendel-, Hebel- oder Federwagen vorgenommen wird. Bewährt haben sich die hydraulischen Maschinen von Amsler mit sorgfältig eingeschliffenen Kolben nach System Amagat. Je nach der Lage des Probestabs, bzw. des Probekörpers unterscheidet man auch liegende und stehende Maschinen. Manche Maschinen sind mit Vorrichtungen ausgerüstet, die die Formänderungen des Versuchsstücks selbsttätig verzeichnen.

Im Eisenbahnwesen werden durchgeführt: bei Schienen Zerreiß- und Schlag-, auch Härteproben, bei Brückentragwerken aus Eisen Zerreiß- und die technologischen Proben, bei Nieten und Nieteisen Zerreiß-, Stauch-, Scher- und Hammerproben, bei Achsen und Radreifen Zerreiß- und Schlagproben, bei Federn Proben unter schwingender Belastung, bei Werkzeugstahl Härteproben, bei Draht für Telegraphen- und Telephonleitungen Zerreiß- und technologische Proben, bei Lampenzylindern Proben auf Stoß und Widerstandsfähigkeit gegen ungleichmäßige Erwärmung.

Neben den Baustoffen werden auch die Verbrauchsmaterialien erprobt; so z. B. Schmieröle mechanisch auf Zähigkeit und Schmierfähigkeit, chemisch auf schädliche Beimengungen (Säuregehalt); Brennstoffe auf Heizwert.

Bei den M. handelt es sich meist um die Festigkeitseigenschaften, um Zug-, Druck-, Biege-, Torsions-, Scher- und Schubfestigkeit, um Härte, Zähigkeit, Abnutzbarkeit, dann auch um die Ermittlung der elastischen Eigenschaften und der Formänderungsfähigkeit, also Elastizitätsmodul, Elastizitätsgrenze, Fließ-, bzw. Streckgrenze, Dehnung und Einschnürung. Das Aussehen der Bruchfläche (sehnig, faserig, körnig, blättrig, matt, glänzend) und die Änderung der Oberfläche während des Versuchs (Matt- und Krispeligwerden) können bei Berücksichtigung der Art der Versuchsausführung gleichfalls Anhaltspunkte für die Beurteilung des Materials bieten. Grundsätzlich können nur Qualitätsziffern miteinander verglichen werden, wenn sie sich auf Versuchskörper gleicher Größe (Normalstäbe, Normalwürfel) oder zumindest auf Probekörper geometrisch ähnlicher Abmessungen beziehen (Proportionalstäbe, Ähnlichkeitsgesetz). Will man durchschnittliche Qualitätsziffern für das Material erhalten, so wähle man zur Prüfung möglichst große Versuchskörper; ist die Qualität an bestimmten Stellen (Einfluß von Seigerungen, Schweißungen, Lötungen) zu bestimmen, so müssen die Probekörper klein sein. Allzu kleine Versuchsstücke sind jedoch gegenüber der Kaltbearbeitung bei deren Herstellung empfindlich, auch scheinen, trotz des festen Zustandes, Oberflächenspannungen vorhanden zu sein, die die Versuchsergebnisse beeinflussen. Die mechanische Vorbehandlung (Kalt- und Warmbearbeitung) des Materials und die Temperatur, bei der die Versuche durchgeführt werden, sind von Einfluß auf die Festigkeits- und Deformationswiderstände; ebenso die Länge der Zeit, während welcher die Belastung

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[250/0265] Maschinen für die Kerbschlagproben (Pendelhämmer) und bezüglich der Durchführung beschleunigter Raumbeständigkeitsproben bei Zementen (nach Le Chatelier). Man unterscheidet Proben zur Ermittlung der Qualitätsziffern des Materials an sich und Versuche mit den zum Gebrauch fertigen Stücken, z. B. Radreifen. Gelangt jedes Stück zur Erprobung, so spricht man von Stückproben; werden wahllos einzelne Stücke geprüft (etwa 2% der Gesamtzahl), so hat man es mit Stichproben zu tun. Wenn die Erprobungen nicht zu wissenschaftlichen Zwecken erfolgen, sondern zwecks Materialübernahme, geschieht dies entsprechend den Lieferungsbedingungen. Die Erprobungen finden häufig an der Erzeugungsstätte (Eisenwerk) statt. Viele Bahnen besitzen jedoch gut eingerichtete Versuchsanstalten oder wenden sich in strittigen Fällen an öffentliche Versuchsämter. Die Proben sollen dem Verwendungszweck der Materialien möglichst angepaßt sein; aus diesem Grund treten die physikalischen, bzw. die mechanisch-technischen Erprobungen gegenüber der chemischen Analyse in der Regel sehr in den Vordergrund. Auch kann die chemische Analyse z. B. bei Eisen, Zement ganz normale Werte liefern und die Ware dabei wegen schlechter Wärmebehandlung oder falscher Aufbereitung unbrauchbar sein. Proben, die dazu dienen, die Bearbeitungsfähigkeit eines Materials beim Schmieden, Pressen, Ziehen, Stanzen oder dessen Verhalten bei Abnutzungen im Betrieb (Schienen, Pflastersteine) beurteilen zu lassen, wobei manchmal das Versuchsergebnis nicht ziffernmäßig, sondern in der Form „bestanden“ oder „nicht bestanden“ (Kochproben, Aufdornproben, bei Zementen Raumbeständigkeit) angegeben wird, heißen „technologische“ Proben. Die Prüfung der Materialien findet entweder an Universal- oder Spezialmaschinen statt, je nachdem diese für eine Reihe von Erprobungen verschiedener Art (z. B. Zug, Druck, Biegung und Torsion) oder nur für ein einziges Versuchsverfahren eingerichtet sind. Maschinen mit kleinerem Kraftbedarf werden oft von Hand aus, solche mit großem maschinell oder durch einen Akkumulator betrieben. Von größter Wichtigkeit ist die genaue Kraftmessung, die durch Manometer, Meßdosen, Pendel-, Hebel- oder Federwagen vorgenommen wird. Bewährt haben sich die hydraulischen Maschinen von Amsler mit sorgfältig eingeschliffenen Kolben nach System Amagat. Je nach der Lage des Probestabs, bzw. des Probekörpers unterscheidet man auch liegende und stehende Maschinen. Manche Maschinen sind mit Vorrichtungen ausgerüstet, die die Formänderungen des Versuchsstücks selbsttätig verzeichnen. Im Eisenbahnwesen werden durchgeführt: bei Schienen Zerreiß- und Schlag-, auch Härteproben, bei Brückentragwerken aus Eisen Zerreiß- und die technologischen Proben, bei Nieten und Nieteisen Zerreiß-, Stauch-, Scher- und Hammerproben, bei Achsen und Radreifen Zerreiß- und Schlagproben, bei Federn Proben unter schwingender Belastung, bei Werkzeugstahl Härteproben, bei Draht für Telegraphen- und Telephonleitungen Zerreiß- und technologische Proben, bei Lampenzylindern Proben auf Stoß und Widerstandsfähigkeit gegen ungleichmäßige Erwärmung. Neben den Baustoffen werden auch die Verbrauchsmaterialien erprobt; so z. B. Schmieröle mechanisch auf Zähigkeit und Schmierfähigkeit, chemisch auf schädliche Beimengungen (Säuregehalt); Brennstoffe auf Heizwert. Bei den M. handelt es sich meist um die Festigkeitseigenschaften, um Zug-, Druck-, Biege-, Torsions-, Scher- und Schubfestigkeit, um Härte, Zähigkeit, Abnutzbarkeit, dann auch um die Ermittlung der elastischen Eigenschaften und der Formänderungsfähigkeit, also Elastizitätsmodul, Elastizitätsgrenze, Fließ-, bzw. Streckgrenze, Dehnung und Einschnürung. Das Aussehen der Bruchfläche (sehnig, faserig, körnig, blättrig, matt, glänzend) und die Änderung der Oberfläche während des Versuchs (Matt- und Krispeligwerden) können bei Berücksichtigung der Art der Versuchsausführung gleichfalls Anhaltspunkte für die Beurteilung des Materials bieten. Grundsätzlich können nur Qualitätsziffern miteinander verglichen werden, wenn sie sich auf Versuchskörper gleicher Größe (Normalstäbe, Normalwürfel) oder zumindest auf Probekörper geometrisch ähnlicher Abmessungen beziehen (Proportionalstäbe, Ähnlichkeitsgesetz). Will man durchschnittliche Qualitätsziffern für das Material erhalten, so wähle man zur Prüfung möglichst große Versuchskörper; ist die Qualität an bestimmten Stellen (Einfluß von Seigerungen, Schweißungen, Lötungen) zu bestimmen, so müssen die Probekörper klein sein. Allzu kleine Versuchsstücke sind jedoch gegenüber der Kaltbearbeitung bei deren Herstellung empfindlich, auch scheinen, trotz des festen Zustandes, Oberflächenspannungen vorhanden zu sein, die die Versuchsergebnisse beeinflussen. Die mechanische Vorbehandlung (Kalt- und Warmbearbeitung) des Materials und die Temperatur, bei der die Versuche durchgeführt werden, sind von Einfluß auf die Festigkeits- und Deformationswiderstände; ebenso die Länge der Zeit, während welcher die Belastung

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 7. Berlin, Wien, 1915, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen07_1915/265>, abgerufen am 22.11.2024.