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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 7. Berlin, Wien, 1915.

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anwendete, eine E-Lokomotive Serie 180, bei der er nach den Ideen von Helmholtz die Grundsätze über die Verschiebbarkeit der Achsen in die Praxis umsetzte, indem er die vierte Achse antrieb und der ersten und fünften Achse je 26 mm und der dritten Achse 20 mm Verschiebbarkeit nach jeder Seite gab. Die Rostfläche wurde später auf 3·4 m2 vergrößert und wieder später ein Dampftrockner Bauart Clench eingebaut1. In ihrer Gesamtanordnung hat diese L. für viele andere Ausführungen als Vorbild gewirkt. Die Abb. 1, Taf. IV, zeigt gleichzeitig die charakteristische Ausbildung der L. der österreichischen Staatsbahn.

Der Feuerkistenmantel ist zylindrisch, die Rückwand meist etwas geneigt, um möglichst geringes Gewicht bei großer Rostfläche zu erzielen. Doppeldom, um an Dampfraum zu gewinnen; große Rauchkammer mit Froschmaulblasrohr. Als Rahmen finden durchweg Platten rahmen Verwendung. Das Triebwerk ist im einzelnen sehr sorgfältig durchgebildet. Als Steuerung wird durchweg Heusinger-Steuerung verwendet. Die Schieber sind stets Flachschieber, erst bei den neuen Heißdampflokomotiven ist Gölsdorf zum Kolbenschieber übergegangen. Der Sandstreuer sitzt nicht auf dem Kessel, sondern auf oder unter dem Laufbrett, wo er meist besser zugänglich ist. Die Führerhäuser sind im Oberteil um etwa 2 x 135 mm verschmälert und mit schmaler Windschutzleiste versehen. Der Reglerzug liegt außen. Alle Züge sind möglichst übersichtlich parallel nebeneinander auf der Führerseite angeordnet. Die überall durchgeführte, sehr sorgfältige Berechnung aller Einzelteile und Anpassung an die wirklichen Beanspruchungen hat es Gölsdorf ermöglicht, trotz geringerer Achsdrücke meist größere Kessel unterzubringen als sonst üblich.

Für den schweren Personen- und Schnellzugdienst baute Gölsdorf, nachdem die 2zylindrige Verbund-1 D-Lokomotive Serie 170 sich als ungenügend erwiesen hatte, im Jahre 1906 eine 4zylindrige 1 E-Lokomotive Serie 280 mit folgenden Abmessungen: 16 at, R = 4·6, H = 232, Qd = 77, Qr = 67. Der auffällig große, bei allen L. mit entsprechendem Treibraddurchmesser gewählte Kolbenhub von 720 mm ermöglicht geringe Zylinderdurchmesser, geringere Kolbendrücke und daher Gewichtsersparnisse im Triebwerk. Diese Lokomotivtype wurde später als Serie 380 auch für Heißdampf gebaut. Sie erhielt Schmidtschen Überhitzer (Abb. 2, Taf. IV). Dieser folgte im Jahre 1911 die Serie 100 (s. Art. Heißdampflokomotive, Taf. VI, Bd. VI), eine 1 F-Lokomotive. Es ist dies die erste in Europa gebaute L. mit 6 im gleichen Rahmen gelagerten Treibachsen. Auch bei dieser L. ist die notwendige Kurvenbeweglichkeit für die kurvenreichen Alpenbahnen durch parallele Verschiebbarkeit der Laufachsen erreicht, und zwar besitzt die Laufachse, Bauart Adam, 50, die zweite und fünfte Kuppelachse je 26 und die sechste Kuppelachse 40 mm Seitenverschiebbarkeit1.

Daneben lief eine ständige Ausbildung der Flachlandlokomotiven. Die alte 2 B-Zwillingslokomotive Serie 1-3 (R = 2, H = 110, Treibraddurchmesser 1700-1800 mm) wurde im Jahre 1893 durch eine 2zylindrige Verbundlokomotive Serie 6 ersetzt mit Abmessungen: 13 at, R = 2·9, H = 140, Qd = 55, Qr = 29. Diese Type wurde weiter ausgebildet, 1898 als Serie 106, 1903 als Serie 206, beide noch Naßdampflokomotiven, und 1908 als Serie 306 (Abb. 3, Taf. IV) mit Schmidt-Überhitzer. Daneben besaß Österreich auch eine 2 B 14v, Serie 108, mit 15 at, R = 3·5, H = 197, Qd = 68, Qr = 29. Diese Type hat jedoch kein großes Verwendungsgebiet gefunden, da die Strecken, auf denen sehr hohe Geschwindigkeiten zulässig sind, in Österreich wegen des hügeligen Geländes nicht sehr zahlreich sind. Notwendiger wurde eine Schnellzuglokomotive mit 3 gekuppelten Achsen. Nachdem Gölsdorf im Jahre 1898 eine 2 C2 v mit Innenzylindern Serie 9 gebaut hatte, drängte die Notwendigkeit der namentlich bei der österreichischen Kohle erforderlichen großen Rostfläche zur Anwendung der 1 C 1-Lokomotive, die im Jahre 1905 als Vierzylinderverbundmaschine Serie 110 erschien (Abb. 4, Taf. IV). Sie ist inzwischen auch als Serie 10 als Heißdampflokomotive gebaut. Ferner wurde 1907 für Personenzugdienst eine 2zylindrige L. gleicher Radanordnung als Serie 329 und 1909 als Heißdampflokomotive Serie 429 geschaffen.

Für die schweren Schnellzüge der Nordbahnstrecken genügte jedoch die L. Serie 110 nicht mehr. Auch hier ging Gölsdorf seine eigenen Wege, indem er 1908 nicht zur Pacificlokomotive 2 C 1, sondern zu einer 1 C 2-Lokomotive, der ersten L. mit dieser Radanordnung, schritt. Während Gölsdorf bei seinen bisherigen L. stets führende Adam-Achsen (s. Bd. I, S. 122), u. zw. stets ohne Rückstellvorrichtung, mit Erfolg angewendet

1 Über die Entwicklung dieser Bauart vgl. die Ztschr. Die Lokomotive, 1911, S. 73.
1 Den Längsschnitt durch Zylinder und Schieberkasten dieser Lokomotive zeigt Abb. 232, Bd. III.

anwendete, eine E-Lokomotive Serie 180, bei der er nach den Ideen von Helmholtz die Grundsätze über die Verschiebbarkeit der Achsen in die Praxis umsetzte, indem er die vierte Achse antrieb und der ersten und fünften Achse je 26 mm und der dritten Achse 20 mm Verschiebbarkeit nach jeder Seite gab. Die Rostfläche wurde später auf 3·4 m2 vergrößert und wieder später ein Dampftrockner Bauart Clench eingebaut1. In ihrer Gesamtanordnung hat diese L. für viele andere Ausführungen als Vorbild gewirkt. Die Abb. 1, Taf. IV, zeigt gleichzeitig die charakteristische Ausbildung der L. der österreichischen Staatsbahn.

Der Feuerkistenmantel ist zylindrisch, die Rückwand meist etwas geneigt, um möglichst geringes Gewicht bei großer Rostfläche zu erzielen. Doppeldom, um an Dampfraum zu gewinnen; große Rauchkammer mit Froschmaulblasrohr. Als Rahmen finden durchweg Platten rahmen Verwendung. Das Triebwerk ist im einzelnen sehr sorgfältig durchgebildet. Als Steuerung wird durchweg Heusinger-Steuerung verwendet. Die Schieber sind stets Flachschieber, erst bei den neuen Heißdampflokomotiven ist Gölsdorf zum Kolbenschieber übergegangen. Der Sandstreuer sitzt nicht auf dem Kessel, sondern auf oder unter dem Laufbrett, wo er meist besser zugänglich ist. Die Führerhäuser sind im Oberteil um etwa 2 × 135 mm verschmälert und mit schmaler Windschutzleiste versehen. Der Reglerzug liegt außen. Alle Züge sind möglichst übersichtlich parallel nebeneinander auf der Führerseite angeordnet. Die überall durchgeführte, sehr sorgfältige Berechnung aller Einzelteile und Anpassung an die wirklichen Beanspruchungen hat es Gölsdorf ermöglicht, trotz geringerer Achsdrücke meist größere Kessel unterzubringen als sonst üblich.

Für den schweren Personen- und Schnellzugdienst baute Gölsdorf, nachdem die 2zylindrige Verbund-1 D-Lokomotive Serie 170 sich als ungenügend erwiesen hatte, im Jahre 1906 eine 4zylindrige 1 E-Lokomotive Serie 280 mit folgenden Abmessungen: 16 at, R = 4·6, H = 232, Qd = 77, Qr = 67. Der auffällig große, bei allen L. mit entsprechendem Treibraddurchmesser gewählte Kolbenhub von 720 mm ermöglicht geringe Zylinderdurchmesser, geringere Kolbendrücke und daher Gewichtsersparnisse im Triebwerk. Diese Lokomotivtype wurde später als Serie 380 auch für Heißdampf gebaut. Sie erhielt Schmidtschen Überhitzer (Abb. 2, Taf. IV). Dieser folgte im Jahre 1911 die Serie 100 (s. Art. Heißdampflokomotive, Taf. VI, Bd. VI), eine 1 F-Lokomotive. Es ist dies die erste in Europa gebaute L. mit 6 im gleichen Rahmen gelagerten Treibachsen. Auch bei dieser L. ist die notwendige Kurvenbeweglichkeit für die kurvenreichen Alpenbahnen durch parallele Verschiebbarkeit der Laufachsen erreicht, und zwar besitzt die Laufachse, Bauart Adam, 50, die zweite und fünfte Kuppelachse je 26 und die sechste Kuppelachse 40 mm Seitenverschiebbarkeit1.

Daneben lief eine ständige Ausbildung der Flachlandlokomotiven. Die alte 2 B-Zwillingslokomotive Serie 1–3 (R = 2, H = 110, Treibraddurchmesser 1700–1800 mm) wurde im Jahre 1893 durch eine 2zylindrige Verbundlokomotive Serie 6 ersetzt mit Abmessungen: 13 at, R = 2·9, H = 140, Qd = 55, Qr = 29. Diese Type wurde weiter ausgebildet, 1898 als Serie 106, 1903 als Serie 206, beide noch Naßdampflokomotiven, und 1908 als Serie 306 (Abb. 3, Taf. IV) mit Schmidt-Überhitzer. Daneben besaß Österreich auch eine 2 B 14v, Serie 108, mit 15 at, R = 3·5, H = 197, Qd = 68, Qr = 29. Diese Type hat jedoch kein großes Verwendungsgebiet gefunden, da die Strecken, auf denen sehr hohe Geschwindigkeiten zulässig sind, in Österreich wegen des hügeligen Geländes nicht sehr zahlreich sind. Notwendiger wurde eine Schnellzuglokomotive mit 3 gekuppelten Achsen. Nachdem Gölsdorf im Jahre 1898 eine 2 C2 v mit Innenzylindern Serie 9 gebaut hatte, drängte die Notwendigkeit der namentlich bei der österreichischen Kohle erforderlichen großen Rostfläche zur Anwendung der 1 C 1-Lokomotive, die im Jahre 1905 als Vierzylinderverbundmaschine Serie 110 erschien (Abb. 4, Taf. IV). Sie ist inzwischen auch als Serie 10 als Heißdampflokomotive gebaut. Ferner wurde 1907 für Personenzugdienst eine 2zylindrige L. gleicher Radanordnung als Serie 329 und 1909 als Heißdampflokomotive Serie 429 geschaffen.

Für die schweren Schnellzüge der Nordbahnstrecken genügte jedoch die L. Serie 110 nicht mehr. Auch hier ging Gölsdorf seine eigenen Wege, indem er 1908 nicht zur Pacificlokomotive 2 C 1, sondern zu einer 1 C 2-Lokomotive, der ersten L. mit dieser Radanordnung, schritt. Während Gölsdorf bei seinen bisherigen L. stets führende Adam-Achsen (s. Bd. I, S. 122), u. zw. stets ohne Rückstellvorrichtung, mit Erfolg angewendet

1 Über die Entwicklung dieser Bauart vgl. die Ztschr. Die Lokomotive, 1911, S. 73.
1 Den Längsschnitt durch Zylinder und Schieberkasten dieser Lokomotive zeigt Abb. 232, Bd. III.
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[167/0178] anwendete, eine E-Lokomotive Serie 180, bei der er nach den Ideen von Helmholtz die Grundsätze über die Verschiebbarkeit der Achsen in die Praxis umsetzte, indem er die vierte Achse antrieb und der ersten und fünften Achse je 26 mm und der dritten Achse 20 mm Verschiebbarkeit nach jeder Seite gab. Die Rostfläche wurde später auf 3·4 m2 vergrößert und wieder später ein Dampftrockner Bauart Clench eingebaut 1. In ihrer Gesamtanordnung hat diese L. für viele andere Ausführungen als Vorbild gewirkt. Die Abb. 1, Taf. IV, zeigt gleichzeitig die charakteristische Ausbildung der L. der österreichischen Staatsbahn. Der Feuerkistenmantel ist zylindrisch, die Rückwand meist etwas geneigt, um möglichst geringes Gewicht bei großer Rostfläche zu erzielen. Doppeldom, um an Dampfraum zu gewinnen; große Rauchkammer mit Froschmaulblasrohr. Als Rahmen finden durchweg Platten rahmen Verwendung. Das Triebwerk ist im einzelnen sehr sorgfältig durchgebildet. Als Steuerung wird durchweg Heusinger-Steuerung verwendet. Die Schieber sind stets Flachschieber, erst bei den neuen Heißdampflokomotiven ist Gölsdorf zum Kolbenschieber übergegangen. Der Sandstreuer sitzt nicht auf dem Kessel, sondern auf oder unter dem Laufbrett, wo er meist besser zugänglich ist. Die Führerhäuser sind im Oberteil um etwa 2 × 135 mm verschmälert und mit schmaler Windschutzleiste versehen. Der Reglerzug liegt außen. Alle Züge sind möglichst übersichtlich parallel nebeneinander auf der Führerseite angeordnet. Die überall durchgeführte, sehr sorgfältige Berechnung aller Einzelteile und Anpassung an die wirklichen Beanspruchungen hat es Gölsdorf ermöglicht, trotz geringerer Achsdrücke meist größere Kessel unterzubringen als sonst üblich. Für den schweren Personen- und Schnellzugdienst baute Gölsdorf, nachdem die 2zylindrige Verbund-1 D-Lokomotive Serie 170 sich als ungenügend erwiesen hatte, im Jahre 1906 eine 4zylindrige 1 E-Lokomotive Serie 280 mit folgenden Abmessungen: [FORMEL] 16 at, R = 4·6, H = 232, Qd = 77, Qr = 67. Der auffällig große, bei allen L. mit entsprechendem Treibraddurchmesser gewählte Kolbenhub von 720 mm ermöglicht geringe Zylinderdurchmesser, geringere Kolbendrücke und daher Gewichtsersparnisse im Triebwerk. Diese Lokomotivtype wurde später als Serie 380 auch für Heißdampf gebaut. Sie erhielt Schmidtschen Überhitzer (Abb. 2, Taf. IV). Dieser folgte im Jahre 1911 die Serie 100 (s. Art. Heißdampflokomotive, Taf. VI, Bd. VI), eine 1 F-Lokomotive. Es ist dies die erste in Europa gebaute L. mit 6 im gleichen Rahmen gelagerten Treibachsen. Auch bei dieser L. ist die notwendige Kurvenbeweglichkeit für die kurvenreichen Alpenbahnen durch parallele Verschiebbarkeit der Laufachsen erreicht, und zwar besitzt die Laufachse, Bauart Adam, 50, die zweite und fünfte Kuppelachse je 26 und die sechste Kuppelachse 40 mm Seitenverschiebbarkeit 1. Daneben lief eine ständige Ausbildung der Flachlandlokomotiven. Die alte 2 B-Zwillingslokomotive Serie 1–3 (R = 2, H = 110, Treibraddurchmesser 1700–1800 mm) wurde im Jahre 1893 durch eine 2zylindrige Verbundlokomotive Serie 6 ersetzt mit Abmessungen: [FORMEL] 13 at, R = 2·9, H = 140, Qd = 55, Qr = 29. Diese Type wurde weiter ausgebildet, 1898 als Serie 106, 1903 als Serie 206, beide noch Naßdampflokomotiven, und 1908 als Serie 306 (Abb. 3, Taf. IV) mit Schmidt-Überhitzer. Daneben besaß Österreich auch eine 2 B 14v, Serie 108, mit [FORMEL] 15 at, R = 3·5, H = 197, Qd = 68, Qr = 29. Diese Type hat jedoch kein großes Verwendungsgebiet gefunden, da die Strecken, auf denen sehr hohe Geschwindigkeiten zulässig sind, in Österreich wegen des hügeligen Geländes nicht sehr zahlreich sind. Notwendiger wurde eine Schnellzuglokomotive mit 3 gekuppelten Achsen. Nachdem Gölsdorf im Jahre 1898 eine 2 C2 v mit Innenzylindern Serie 9 gebaut hatte, drängte die Notwendigkeit der namentlich bei der österreichischen Kohle erforderlichen großen Rostfläche zur Anwendung der 1 C 1-Lokomotive, die im Jahre 1905 als Vierzylinderverbundmaschine Serie 110 erschien (Abb. 4, Taf. IV). Sie ist inzwischen auch als Serie 10 als Heißdampflokomotive gebaut. Ferner wurde 1907 für Personenzugdienst eine 2zylindrige L. gleicher Radanordnung als Serie 329 und 1909 als Heißdampflokomotive Serie 429 geschaffen. Für die schweren Schnellzüge der Nordbahnstrecken genügte jedoch die L. Serie 110 nicht mehr. Auch hier ging Gölsdorf seine eigenen Wege, indem er 1908 nicht zur Pacificlokomotive 2 C 1, sondern zu einer 1 C 2-Lokomotive, der ersten L. mit dieser Radanordnung, schritt. Während Gölsdorf bei seinen bisherigen L. stets führende Adam-Achsen (s. Bd. I, S. 122), u. zw. stets ohne Rückstellvorrichtung, mit Erfolg angewendet 1 Über die Entwicklung dieser Bauart vgl. die Ztschr. Die Lokomotive, 1911, S. 73. 1 Den Längsschnitt durch Zylinder und Schieberkasten dieser Lokomotive zeigt Abb. 232, Bd. III.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 7. Berlin, Wien, 1915, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen07_1915/178>, abgerufen am 30.08.2024.