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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 7. Berlin, Wien, 1915.

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41 mm Durchmesser; der Kesseldurchmesser betrug 0·914 m bei 1·98 m Länge, die Heizfläche 3·46 m2 in der Feuerbüchse und 34·34 m2 in den Röhren. Die L. soll am 4. Dezember 1830 einen gemischten Zug von 77 t in 2 Stunden 39 Minuten von Liverpool nach Manchester gefahren haben, mit 24 km Höchstgeschwindigkeit pro Stunde auf wagrechter Strecke bei ungünstigem Wind.

Abb. 180 zeigt eine nach der L. "Planet" von Stephenson 1830 gebaute L. "Mercury",


Abb. 180. Liverpool-Manchester-Eisenbahn "Mercury" (Stephenson 1830).
Tr = 279/406/1524; R = 0·6; H = 38; Qd = 8·1; Qr = 5·2.
die sich von der "Planet" durch wesentliche Einzelverbesserungen unterschied.

Das Steuerungsgetriebe war noch wenig entwickelt; 2 miteinander verschraubte Exzenter (je für 1 Zylinder) wurden auf der Treibachse zwischen den Kurbelarmen durch einen Trethebel vom Führer hin- und hergeschoben und so je nach Vor- oder Rückwärtsgang mit dem einen oder andern Kurbelarm durch Stifte gekuppelt. Die Gabeln zum Anschluß der Exzenterstangenenden an den Schieberstangen konnten durch 2 besondere Handhebel vom Führer ausgelöst werden, wenn, was beim Anfahren meistens nötig war, die Schieber von Hand bewegt werden mußten, wozu abermals 2 Handhebel auf dem Führerstand vorgesehen waren. Der Führer hatte sonach beim Anfahren außer dem Regulatorgriff 4 Handgriffe und einen Trethebel für die Steuerung zu bedienen. (Die Entwicklung der Steuerung ist eingehend in Clark, Railway machinery, und Heusinger v. Waldegg und Clauß, Lokomotivmaschine, behandelt.)

B. Abschnitt: 1831 bis zur Neuzeit.

Aus dem ersten Abschnitt sind schon die wichtigsten Grundlagen der modernen L. bekannt: Die wasserumspülte Feuerbüchse als Verbrennungsherd mit dem Rohrbündel im Langkessel; das den Auspuffdampf zur Feueranfachung ausnutzende Blasrohr und die zu beiden Seiten der Längsachse wagrecht oder schwach geneigt angeordneten Zylinder mit unmittelbarer Einwirkung auf die Räder ein und derselben Achse.

Die weitere Entwicklung wendet sich hauptsächlich der Steigerung der Leistungsfähigkeit von Kessel und Maschine, der Steuerung der Dampfzylinder und dem Gestell der L. - dem Rahmen nebst Achsen und Federn - zu sowie auch der Vervollkommnung aller Einzelteile. Neben England erlangte Amerika zunächst eine namhafte Einwirkung. Sehr bald aber setzte der Lokomotivbau auch in den übrigen Kulturländern ein. Ein gewisser Stillstand in der Weiterentwicklung trat Ende der Sechzigerjahre ein, bis etwa 20 Jahre später durch die Einführung der Verbundwirkung, der bald die des 4zylindrigen Triebwerks und des Heißdampfes folgte, ein neuer Aufschwung begann.

1. In England nahmen Vignoles und Erikson am 7. September 1830 ein Patent auf eine L. zum Betrieb starker Steigungen, bei der, zur Erhöhung der Reibung, an eine erhöhte Mittelschiene beiderseits wagrecht gelagerte kleine Räder angepreßt wurden. Segnier schlug nach dem Unglück auf der Versailler Eisenbahn, am 8. Mai 1842, dieselbe Einrichtung zur Verhinderung der Entgleisung vor. Auch Krauß, Fell und Hanscotte (s. w. u.) kamen bei ihren Gebirgslokomotiven auf diesen Vorschlag zurück.

Die L. der "Mercury"-Klasse wurden mit 51/2 t Treibachsdruck und 48 km Geschwindigkeit sehr bald den Schienen von 35 lbs (18 kg pro 1 m) so verderblich, daß zur Lastverringerung durch Anwendung einer dritten Laufachse geschritten wurde. Die Treibachse blieb dafür - in der Mitte liegend - flanschlos.

Um die Maschinenteile zugänglicher zu machen, bauten Forrester & Co. in Liverpool 1834 eine 3achsige L. mit außenliegenden Rahmen, Zylindern und Schieberkasten, deren Steuerungsgetriebe außen oberhalb der Treibachse angeordnet war. Die ganz vorn liegenden Zylinder verursachten aber unruhigen Gang.

Hawthorn in Newcastle führte 1837 für jeden der 2 Zylinder 2 feste Exzenter ein, deren Verbindung mit dem Schieber aber noch sehr umständlich war. Obwohl - abgesehen von der "Novelty" - die erste Tenderlokomotive "Eclipse" bereits 1837 von Dr. Church in Birmingham entworfen und ausgeführt wurde, so gelangten solche erst von 1847 ab zur häufigeren Anwendung. "Eclipse" war 4rädrig und hatte nach Art der "Rocket" die Treibachse mit 1·890 m Raddurchmesser vorn; die Zylinder von 300 x 610 mm lagen außerhalb der Rahmen hinten wagrecht unter dem Führerstand.

Der 1839 gemachte Versuch, Kohle statt Koks zu feuern, scheiterte an der Rauchentwicklung.

41 mm Durchmesser; der Kesseldurchmesser betrug 0·914 m bei 1·98 m Länge, die Heizfläche 3·46 m2 in der Feuerbüchse und 34·34 m2 in den Röhren. Die L. soll am 4. Dezember 1830 einen gemischten Zug von 77 t in 2 Stunden 39 Minuten von Liverpool nach Manchester gefahren haben, mit 24 km Höchstgeschwindigkeit pro Stunde auf wagrechter Strecke bei ungünstigem Wind.

Abb. 180 zeigt eine nach der L. „Planet“ von Stephenson 1830 gebaute L. „Mercury“,


Abb. 180. Liverpool-Manchester-Eisenbahn „Mercury“ (Stephenson 1830).
Tr = 279/406/1524; R = 0·6; H = 38; Qd = 8·1; Qr = 5·2.
die sich von der „Planet“ durch wesentliche Einzelverbesserungen unterschied.

Das Steuerungsgetriebe war noch wenig entwickelt; 2 miteinander verschraubte Exzenter (je für 1 Zylinder) wurden auf der Treibachse zwischen den Kurbelarmen durch einen Trethebel vom Führer hin- und hergeschoben und so je nach Vor- oder Rückwärtsgang mit dem einen oder andern Kurbelarm durch Stifte gekuppelt. Die Gabeln zum Anschluß der Exzenterstangenenden an den Schieberstangen konnten durch 2 besondere Handhebel vom Führer ausgelöst werden, wenn, was beim Anfahren meistens nötig war, die Schieber von Hand bewegt werden mußten, wozu abermals 2 Handhebel auf dem Führerstand vorgesehen waren. Der Führer hatte sonach beim Anfahren außer dem Regulatorgriff 4 Handgriffe und einen Trethebel für die Steuerung zu bedienen. (Die Entwicklung der Steuerung ist eingehend in Clark, Railway machinery, und Heusinger v. Waldegg und Clauß, Lokomotivmaschine, behandelt.)

B. Abschnitt: 1831 bis zur Neuzeit.

Aus dem ersten Abschnitt sind schon die wichtigsten Grundlagen der modernen L. bekannt: Die wasserumspülte Feuerbüchse als Verbrennungsherd mit dem Rohrbündel im Langkessel; das den Auspuffdampf zur Feueranfachung ausnutzende Blasrohr und die zu beiden Seiten der Längsachse wagrecht oder schwach geneigt angeordneten Zylinder mit unmittelbarer Einwirkung auf die Räder ein und derselben Achse.

Die weitere Entwicklung wendet sich hauptsächlich der Steigerung der Leistungsfähigkeit von Kessel und Maschine, der Steuerung der Dampfzylinder und dem Gestell der L. – dem Rahmen nebst Achsen und Federn – zu sowie auch der Vervollkommnung aller Einzelteile. Neben England erlangte Amerika zunächst eine namhafte Einwirkung. Sehr bald aber setzte der Lokomotivbau auch in den übrigen Kulturländern ein. Ein gewisser Stillstand in der Weiterentwicklung trat Ende der Sechzigerjahre ein, bis etwa 20 Jahre später durch die Einführung der Verbundwirkung, der bald die des 4zylindrigen Triebwerks und des Heißdampfes folgte, ein neuer Aufschwung begann.

1. In England nahmen Vignoles und Erikson am 7. September 1830 ein Patent auf eine L. zum Betrieb starker Steigungen, bei der, zur Erhöhung der Reibung, an eine erhöhte Mittelschiene beiderseits wagrecht gelagerte kleine Räder angepreßt wurden. Segnier schlug nach dem Unglück auf der Versailler Eisenbahn, am 8. Mai 1842, dieselbe Einrichtung zur Verhinderung der Entgleisung vor. Auch Krauß, Fell und Hanscotte (s. w. u.) kamen bei ihren Gebirgslokomotiven auf diesen Vorschlag zurück.

Die L. der „Mercury“-Klasse wurden mit 51/2 t Treibachsdruck und 48 km Geschwindigkeit sehr bald den Schienen von 35 lbs (18 kg pro 1 m) so verderblich, daß zur Lastverringerung durch Anwendung einer dritten Laufachse geschritten wurde. Die Treibachse blieb dafür – in der Mitte liegend – flanschlos.

Um die Maschinenteile zugänglicher zu machen, bauten Forrester & Co. in Liverpool 1834 eine 3achsige L. mit außenliegenden Rahmen, Zylindern und Schieberkasten, deren Steuerungsgetriebe außen oberhalb der Treibachse angeordnet war. Die ganz vorn liegenden Zylinder verursachten aber unruhigen Gang.

Hawthorn in Newcastle führte 1837 für jeden der 2 Zylinder 2 feste Exzenter ein, deren Verbindung mit dem Schieber aber noch sehr umständlich war. Obwohl – abgesehen von der „Novelty“ – die erste Tenderlokomotive „Eclipse“ bereits 1837 von Dr. Church in Birmingham entworfen und ausgeführt wurde, so gelangten solche erst von 1847 ab zur häufigeren Anwendung. „Eclipse“ war 4rädrig und hatte nach Art der „Rocket“ die Treibachse mit 1·890 m Raddurchmesser vorn; die Zylinder von 300 × 610 mm lagen außerhalb der Rahmen hinten wagrecht unter dem Führerstand.

Der 1839 gemachte Versuch, Kohle statt Koks zu feuern, scheiterte an der Rauchentwicklung.

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[150/0159] 41 mm Durchmesser; der Kesseldurchmesser betrug 0·914 m bei 1·98 m Länge, die Heizfläche 3·46 m2 in der Feuerbüchse und 34·34 m2 in den Röhren. Die L. soll am 4. Dezember 1830 einen gemischten Zug von 77 t in 2 Stunden 39 Minuten von Liverpool nach Manchester gefahren haben, mit 24 km Höchstgeschwindigkeit pro Stunde auf wagrechter Strecke bei ungünstigem Wind. Abb. 180 zeigt eine nach der L. „Planet“ von Stephenson 1830 gebaute L. „Mercury“, [Abbildung Abb. 180. Liverpool-Manchester-Eisenbahn „Mercury“ (Stephenson 1830). Tr = 279/406/1524; R = 0·6; H = 38; Qd = 8·1; Qr = 5·2. ] die sich von der „Planet“ durch wesentliche Einzelverbesserungen unterschied. Das Steuerungsgetriebe war noch wenig entwickelt; 2 miteinander verschraubte Exzenter (je für 1 Zylinder) wurden auf der Treibachse zwischen den Kurbelarmen durch einen Trethebel vom Führer hin- und hergeschoben und so je nach Vor- oder Rückwärtsgang mit dem einen oder andern Kurbelarm durch Stifte gekuppelt. Die Gabeln zum Anschluß der Exzenterstangenenden an den Schieberstangen konnten durch 2 besondere Handhebel vom Führer ausgelöst werden, wenn, was beim Anfahren meistens nötig war, die Schieber von Hand bewegt werden mußten, wozu abermals 2 Handhebel auf dem Führerstand vorgesehen waren. Der Führer hatte sonach beim Anfahren außer dem Regulatorgriff 4 Handgriffe und einen Trethebel für die Steuerung zu bedienen. (Die Entwicklung der Steuerung ist eingehend in Clark, Railway machinery, und Heusinger v. Waldegg und Clauß, Lokomotivmaschine, behandelt.) B. Abschnitt: 1831 bis zur Neuzeit. Aus dem ersten Abschnitt sind schon die wichtigsten Grundlagen der modernen L. bekannt: Die wasserumspülte Feuerbüchse als Verbrennungsherd mit dem Rohrbündel im Langkessel; das den Auspuffdampf zur Feueranfachung ausnutzende Blasrohr und die zu beiden Seiten der Längsachse wagrecht oder schwach geneigt angeordneten Zylinder mit unmittelbarer Einwirkung auf die Räder ein und derselben Achse. Die weitere Entwicklung wendet sich hauptsächlich der Steigerung der Leistungsfähigkeit von Kessel und Maschine, der Steuerung der Dampfzylinder und dem Gestell der L. – dem Rahmen nebst Achsen und Federn – zu sowie auch der Vervollkommnung aller Einzelteile. Neben England erlangte Amerika zunächst eine namhafte Einwirkung. Sehr bald aber setzte der Lokomotivbau auch in den übrigen Kulturländern ein. Ein gewisser Stillstand in der Weiterentwicklung trat Ende der Sechzigerjahre ein, bis etwa 20 Jahre später durch die Einführung der Verbundwirkung, der bald die des 4zylindrigen Triebwerks und des Heißdampfes folgte, ein neuer Aufschwung begann. 1. In England nahmen Vignoles und Erikson am 7. September 1830 ein Patent auf eine L. zum Betrieb starker Steigungen, bei der, zur Erhöhung der Reibung, an eine erhöhte Mittelschiene beiderseits wagrecht gelagerte kleine Räder angepreßt wurden. Segnier schlug nach dem Unglück auf der Versailler Eisenbahn, am 8. Mai 1842, dieselbe Einrichtung zur Verhinderung der Entgleisung vor. Auch Krauß, Fell und Hanscotte (s. w. u.) kamen bei ihren Gebirgslokomotiven auf diesen Vorschlag zurück. Die L. der „Mercury“-Klasse wurden mit 51/2 t Treibachsdruck und 48 km Geschwindigkeit sehr bald den Schienen von 35 lbs (18 kg pro 1 m) so verderblich, daß zur Lastverringerung durch Anwendung einer dritten Laufachse geschritten wurde. Die Treibachse blieb dafür – in der Mitte liegend – flanschlos. Um die Maschinenteile zugänglicher zu machen, bauten Forrester & Co. in Liverpool 1834 eine 3achsige L. mit außenliegenden Rahmen, Zylindern und Schieberkasten, deren Steuerungsgetriebe außen oberhalb der Treibachse angeordnet war. Die ganz vorn liegenden Zylinder verursachten aber unruhigen Gang. Hawthorn in Newcastle führte 1837 für jeden der 2 Zylinder 2 feste Exzenter ein, deren Verbindung mit dem Schieber aber noch sehr umständlich war. Obwohl – abgesehen von der „Novelty“ – die erste Tenderlokomotive „Eclipse“ bereits 1837 von Dr. Church in Birmingham entworfen und ausgeführt wurde, so gelangten solche erst von 1847 ab zur häufigeren Anwendung. „Eclipse“ war 4rädrig und hatte nach Art der „Rocket“ die Treibachse mit 1·890 m Raddurchmesser vorn; die Zylinder von 300 × 610 mm lagen außerhalb der Rahmen hinten wagrecht unter dem Führerstand. Der 1839 gemachte Versuch, Kohle statt Koks zu feuern, scheiterte an der Rauchentwicklung.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 7. Berlin, Wien, 1915, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen07_1915/159>, abgerufen am 18.09.2024.