Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 7. Berlin, Wien, 1915.1822 wurden auf der Hetton-Bahn unweit Sunderland 5 Stephensonsche L. ähnlich den vorigen, im Volksmund Iron horses geheißen, in Betrieb genommen. Bis 1825 hatte Stephenson bereits 16 L. gebaut. 1823 wurde er Ingenieur der Stockton-Darlington-Bahn, 1824 gründete er mit Unterstützung des Mr. Edward Pease die von seinem Sohn Robert betriebene Lokomotivfabrik in Newcastle, in der die erste L. zur Eröffnung der Stockton-Darlington-Bahn "Locomotion" am 27. September 1825 fertig wurde, an welchem Tag sie nach "Thurston" eine Zuglast von 90 t mit 19, zuweilen sogar 24 km/Std. befördert haben soll. Bei ihrer Bauart waren die unpraktischen Ketten durch die oben beschriebenen Kuppelstangen ersetzt. Die Leistungsangabe klingt sehr unwahrscheinlich; es dürfte Verwechslung mit den Leistungen der L. "Planet" (s. u.) vorliegen. Sie entspricht der Bauart von 1815; die Kupplung erfolgte durch Kuppelstangen; noch ist das einfache Flammrohr vorhanden. Auch diese L. ist erhalten; sie steht vor dem Bahnhofe in Darlington. Die 1825 auf der Wylam-Eisenbahn angewendeten L. waren wegen großen Gewichts auf 2 besondere Gestelle (bogies) mit je 4 Rädern gesetzt; das war die erste Anwendung der Bogies, welche schon 1812 im Chapmannschen Patent vorgeschlagen worden waren. 1826 wurden die bis dahin gußeisernen Räder von Wood mit schmiedeeisernen Radreifen versehen, deren Bewährung 1827 die Bedlington-Eisenhütte zur Anlage des ersten Reifenwalzwerks veranlaßte. 1827 brachte Tim. Hackworth als Betriebsleiter der Stockton-Darlington-Bahn zuerst an einer L. "Royal George" die Zylinder auf beiden Seiten des Kessels, jedoch wie bisher stehend, an und ließ beide auf dieselbe Treibachse wirken, deren Kurbeln rechtwinklig versetzt und mit den Kurbelzapfen der gekuppelten Achsen durch Kuppelstangen mit nachstellbaren Lagern verbunden waren. Hackworth wendete auch bei dieser L. als erster ein richtig angeordnetes, kräftig wirkendes Blasrohr im Schornstein an. In der Rauchkammer befand sich ein durch Abdampf zu heizender Speisewasserbehälter, durch Exzenter wurde eine kurzhubige Speisewasserpumpe angetrieben, die Gewichte der Sicherheitsventile waren durch Federn ersetzt. 1828 baute R. Stephenson für die Bolton-Eisenbahn eine 2fach gekuppelte L. mit Angriff der Kuppelstangen nach Hackworths Art, aber geneigt neben der Feuerung am Kessel befestigten Zylindern; diese L. bildete den Übergang zu der Preislokomotive "Rocket". Die beschriebenen L. wurden infolge der schwachen Dampferzeugung und der sich daraus ergebenden geringen Geschwindigkeit ausschließlich für die Kohlenbeförderung verwendet. Obgleich die Fortschritte der Hackworthschen L. den Bau von kräftigen schnellfahrenden L. zur Personenbeförderung anregten und obwohl G. Stephenson, der als ausführender Ingenieur zum Bau der Liverpool-Manchester-Eisenbahn übergetreten war, im Interesse dieser Bahn für den Ersatz des Pferdebetriebs durch L. mit seinem ganzen Einfluß auftrat, so fand sich doch zunächst in England wenig Stimmung hierfür. Wie wenig einsichtige Ingenieure Englands an eine Zukunft der L. glaubten, erhellt aus einem Ausspruch von Ellijah Galloway in seinem 1828 in London in zweiter Auflage erschienenen Werk: History of the steam engine: "Die L. sind lange in den Killingworth-Kohlenwerken bei Newcastle und in denen von Hetton (Wear) benutzt worden, so daß Vor- und Nachteile sorgfältig haben studiert werden können; trotzdem und trotz der großen Anstrengungen des Erfinders Stephenson, sie bei den bestehenden, im Bau begriffenen Eisenbahnen einzuführen, entsprechen sie nach Ansicht der angesehensten Ingenieure nicht den vom Erfinder in Aussicht gestellten Vorteilen; es gibt in der Tat keinen besseren Beweis für die in Hinsicht ihrer Nützlichkeit bestehenden Zweifel, als die Tatsache, daß auf der zwischen Newcastle und Carlisle zu erbauenden Eisenbahn keine L. benutzt werden sollen; denn, wären ihre Vorzüge einleuchtend, so würden sie den unmittelbar am Benutzungsort Newcastle wohnenden Personen bekannt geworden sein." Galloway erblickte (wohl mit Recht) einen großen Fehler darin, daß der Zylinder infolge der senkrechten Lage, die den damals bekannten Ausführungen eigen war und erst von Stephenson 1828 bei der L. für die Bolton-Eisenbahn vermieden wurde, ober- und unterhalb des Kolbens einen der Federung der Achsen entsprechenden, ziemlich beträchtlichen Spielraum haben mußte, der den Dampfverbrauch ungünstig beeinflußte und auch nicht selten zu Zylinderbrüchen führte. Die Direktoren der Liverpool-Manchester-Eisenbahn zogen noch in dem Eröffnungsjahr 1829 ernstlich in Erwägung, den Betrieb der 48 km langen Bahn mit stationären Dampfmaschinen zu führen. Inzwischen - 1829 - waren jedoch zwei L. von G. Stephenson für die Bahn Lyon-St. Etienne nach Frankreich geliefert worden; die ersten, die überhaupt Frankreich besaß1. Diese erreichten bei den Probefahrten nur 6-7 km Stundengeschwindigkeit; Seguin, Direktor der 1 Lobet, Des chemins de fer de France, 1845.
1822 wurden auf der Hetton-Bahn unweit Sunderland 5 Stephensonsche L. ähnlich den vorigen, im Volksmund Iron horses geheißen, in Betrieb genommen. Bis 1825 hatte Stephenson bereits 16 L. gebaut. 1823 wurde er Ingenieur der Stockton-Darlington-Bahn, 1824 gründete er mit Unterstützung des Mr. Edward Pease die von seinem Sohn Robert betriebene Lokomotivfabrik in Newcastle, in der die erste L. zur Eröffnung der Stockton-Darlington-Bahn „Locomotion“ am 27. September 1825 fertig wurde, an welchem Tag sie nach „Thurston“ eine Zuglast von 90 t mit 19, zuweilen sogar 24 km/Std. befördert haben soll. Bei ihrer Bauart waren die unpraktischen Ketten durch die oben beschriebenen Kuppelstangen ersetzt. Die Leistungsangabe klingt sehr unwahrscheinlich; es dürfte Verwechslung mit den Leistungen der L. „Planet“ (s. u.) vorliegen. Sie entspricht der Bauart von 1815; die Kupplung erfolgte durch Kuppelstangen; noch ist das einfache Flammrohr vorhanden. Auch diese L. ist erhalten; sie steht vor dem Bahnhofe in Darlington. Die 1825 auf der Wylam-Eisenbahn angewendeten L. waren wegen großen Gewichts auf 2 besondere Gestelle (bogies) mit je 4 Rädern gesetzt; das war die erste Anwendung der Bogies, welche schon 1812 im Chapmannschen Patent vorgeschlagen worden waren. 1826 wurden die bis dahin gußeisernen Räder von Wood mit schmiedeeisernen Radreifen versehen, deren Bewährung 1827 die Bedlington-Eisenhütte zur Anlage des ersten Reifenwalzwerks veranlaßte. 1827 brachte Tim. Hackworth als Betriebsleiter der Stockton-Darlington-Bahn zuerst an einer L. „Royal George“ die Zylinder auf beiden Seiten des Kessels, jedoch wie bisher stehend, an und ließ beide auf dieselbe Treibachse wirken, deren Kurbeln rechtwinklig versetzt und mit den Kurbelzapfen der gekuppelten Achsen durch Kuppelstangen mit nachstellbaren Lagern verbunden waren. Hackworth wendete auch bei dieser L. als erster ein richtig angeordnetes, kräftig wirkendes Blasrohr im Schornstein an. In der Rauchkammer befand sich ein durch Abdampf zu heizender Speisewasserbehälter, durch Exzenter wurde eine kurzhubige Speisewasserpumpe angetrieben, die Gewichte der Sicherheitsventile waren durch Federn ersetzt. 1828 baute R. Stephenson für die Bolton-Eisenbahn eine 2fach gekuppelte L. mit Angriff der Kuppelstangen nach Hackworths Art, aber geneigt neben der Feuerung am Kessel befestigten Zylindern; diese L. bildete den Übergang zu der Preislokomotive „Rocket“. Die beschriebenen L. wurden infolge der schwachen Dampferzeugung und der sich daraus ergebenden geringen Geschwindigkeit ausschließlich für die Kohlenbeförderung verwendet. Obgleich die Fortschritte der Hackworthschen L. den Bau von kräftigen schnellfahrenden L. zur Personenbeförderung anregten und obwohl G. Stephenson, der als ausführender Ingenieur zum Bau der Liverpool-Manchester-Eisenbahn übergetreten war, im Interesse dieser Bahn für den Ersatz des Pferdebetriebs durch L. mit seinem ganzen Einfluß auftrat, so fand sich doch zunächst in England wenig Stimmung hierfür. Wie wenig einsichtige Ingenieure Englands an eine Zukunft der L. glaubten, erhellt aus einem Ausspruch von Ellijah Galloway in seinem 1828 in London in zweiter Auflage erschienenen Werk: History of the steam engine: „Die L. sind lange in den Killingworth-Kohlenwerken bei Newcastle und in denen von Hetton (Wear) benutzt worden, so daß Vor- und Nachteile sorgfältig haben studiert werden können; trotzdem und trotz der großen Anstrengungen des Erfinders Stephenson, sie bei den bestehenden, im Bau begriffenen Eisenbahnen einzuführen, entsprechen sie nach Ansicht der angesehensten Ingenieure nicht den vom Erfinder in Aussicht gestellten Vorteilen; es gibt in der Tat keinen besseren Beweis für die in Hinsicht ihrer Nützlichkeit bestehenden Zweifel, als die Tatsache, daß auf der zwischen Newcastle und Carlisle zu erbauenden Eisenbahn keine L. benutzt werden sollen; denn, wären ihre Vorzüge einleuchtend, so würden sie den unmittelbar am Benutzungsort Newcastle wohnenden Personen bekannt geworden sein.“ Galloway erblickte (wohl mit Recht) einen großen Fehler darin, daß der Zylinder infolge der senkrechten Lage, die den damals bekannten Ausführungen eigen war und erst von Stephenson 1828 bei der L. für die Bolton-Eisenbahn vermieden wurde, ober- und unterhalb des Kolbens einen der Federung der Achsen entsprechenden, ziemlich beträchtlichen Spielraum haben mußte, der den Dampfverbrauch ungünstig beeinflußte und auch nicht selten zu Zylinderbrüchen führte. Die Direktoren der Liverpool-Manchester-Eisenbahn zogen noch in dem Eröffnungsjahr 1829 ernstlich in Erwägung, den Betrieb der 48 km langen Bahn mit stationären Dampfmaschinen zu führen. Inzwischen – 1829 – waren jedoch zwei L. von G. Stephenson für die Bahn Lyon-St. Etienne nach Frankreich geliefert worden; die ersten, die überhaupt Frankreich besaß1. Diese erreichten bei den Probefahrten nur 6–7 km Stundengeschwindigkeit; Séguin, Direktor der 1 Lobet, Des chemins de fer de France, 1845.
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Sie entspricht der Bauart von 1815; die Kupplung erfolgte durch Kuppelstangen; noch ist das einfache Flammrohr vorhanden. Auch diese L. ist erhalten; sie steht vor dem Bahnhofe in Darlington.</p><lb/> <p>Die 1825 auf der Wylam-Eisenbahn angewendeten L. waren wegen großen Gewichts auf 2 besondere Gestelle (bogies) mit je 4 Rädern gesetzt; das war die erste Anwendung der Bogies, welche schon 1812 im Chapmannschen Patent vorgeschlagen worden waren.</p><lb/> <p>1826 wurden die bis dahin gußeisernen Räder von Wood mit schmiedeeisernen Radreifen versehen, deren Bewährung 1827 die Bedlington-Eisenhütte zur Anlage des ersten Reifenwalzwerks veranlaßte.</p><lb/> <p>1827 brachte Tim. 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Stephenson, der als ausführender Ingenieur zum Bau der Liverpool-Manchester-Eisenbahn übergetreten war, im Interesse dieser Bahn für den Ersatz des Pferdebetriebs durch L. mit seinem ganzen Einfluß auftrat, so fand sich doch zunächst in England wenig Stimmung hierfür.</p><lb/> <p>Wie wenig einsichtige Ingenieure Englands an eine Zukunft der L. glaubten, erhellt aus einem Ausspruch von Ellijah Galloway in seinem 1828 in London in zweiter Auflage erschienenen Werk: History of the steam engine:</p><lb/> <p>„Die L. sind lange in den Killingworth-Kohlenwerken bei Newcastle und in denen von Hetton (Wear) benutzt worden, so daß Vor- und Nachteile sorgfältig haben studiert werden können; trotzdem und trotz der großen Anstrengungen des Erfinders Stephenson, sie bei den bestehenden, im Bau begriffenen Eisenbahnen einzuführen, entsprechen sie nach Ansicht der angesehensten Ingenieure nicht den vom Erfinder in Aussicht gestellten Vorteilen; es gibt in der Tat keinen besseren Beweis für die in Hinsicht ihrer Nützlichkeit bestehenden Zweifel, als die Tatsache, daß auf der zwischen Newcastle und Carlisle zu erbauenden Eisenbahn keine L. benutzt werden sollen; denn, wären ihre Vorzüge einleuchtend, so würden sie den unmittelbar am Benutzungsort Newcastle wohnenden Personen bekannt geworden sein.“</p><lb/> <p>Galloway erblickte (wohl mit Recht) einen großen Fehler darin, daß der Zylinder infolge der senkrechten Lage, die den damals bekannten Ausführungen eigen war und erst von Stephenson 1828 bei der L. für die Bolton-Eisenbahn vermieden wurde, ober- und unterhalb des Kolbens einen der Federung der Achsen entsprechenden, ziemlich beträchtlichen Spielraum haben mußte, der den Dampfverbrauch ungünstig beeinflußte und auch nicht selten zu Zylinderbrüchen führte.</p><lb/> <p>Die Direktoren der Liverpool-Manchester-Eisenbahn zogen noch in dem Eröffnungsjahr 1829 ernstlich in Erwägung, den Betrieb der 48 <hi rendition="#i">km</hi> langen Bahn mit stationären Dampfmaschinen zu führen.</p><lb/> <p>Inzwischen – 1829 – waren jedoch zwei L. von G. 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1822 wurden auf der Hetton-Bahn unweit Sunderland 5 Stephensonsche L. ähnlich den vorigen, im Volksmund Iron horses geheißen, in Betrieb genommen. Bis 1825 hatte Stephenson bereits 16 L. gebaut.
1823 wurde er Ingenieur der Stockton-Darlington-Bahn, 1824 gründete er mit Unterstützung des Mr. Edward Pease die von seinem Sohn Robert betriebene Lokomotivfabrik in Newcastle, in der die erste L. zur Eröffnung der Stockton-Darlington-Bahn „Locomotion“ am 27. September 1825 fertig wurde, an welchem Tag sie nach „Thurston“ eine Zuglast von 90 t mit 19, zuweilen sogar 24 km/Std. befördert haben soll. Bei ihrer Bauart waren die unpraktischen Ketten durch die oben beschriebenen Kuppelstangen ersetzt. Die Leistungsangabe klingt sehr unwahrscheinlich; es dürfte Verwechslung mit den Leistungen der L. „Planet“ (s. u.) vorliegen. Sie entspricht der Bauart von 1815; die Kupplung erfolgte durch Kuppelstangen; noch ist das einfache Flammrohr vorhanden. Auch diese L. ist erhalten; sie steht vor dem Bahnhofe in Darlington.
Die 1825 auf der Wylam-Eisenbahn angewendeten L. waren wegen großen Gewichts auf 2 besondere Gestelle (bogies) mit je 4 Rädern gesetzt; das war die erste Anwendung der Bogies, welche schon 1812 im Chapmannschen Patent vorgeschlagen worden waren.
1826 wurden die bis dahin gußeisernen Räder von Wood mit schmiedeeisernen Radreifen versehen, deren Bewährung 1827 die Bedlington-Eisenhütte zur Anlage des ersten Reifenwalzwerks veranlaßte.
1827 brachte Tim. Hackworth als Betriebsleiter der Stockton-Darlington-Bahn zuerst an einer L. „Royal George“ die Zylinder auf beiden Seiten des Kessels, jedoch wie bisher stehend, an und ließ beide auf dieselbe Treibachse wirken, deren Kurbeln rechtwinklig versetzt und mit den Kurbelzapfen der gekuppelten Achsen durch Kuppelstangen mit nachstellbaren Lagern verbunden waren.
Hackworth wendete auch bei dieser L. als erster ein richtig angeordnetes, kräftig wirkendes Blasrohr im Schornstein an. In der Rauchkammer befand sich ein durch Abdampf zu heizender Speisewasserbehälter, durch Exzenter wurde eine kurzhubige Speisewasserpumpe angetrieben, die Gewichte der Sicherheitsventile waren durch Federn ersetzt.
1828 baute R. Stephenson für die Bolton-Eisenbahn eine 2fach gekuppelte L. mit Angriff der Kuppelstangen nach Hackworths Art, aber geneigt neben der Feuerung am Kessel befestigten Zylindern; diese L. bildete den Übergang zu der Preislokomotive „Rocket“.
Die beschriebenen L. wurden infolge der schwachen Dampferzeugung und der sich daraus ergebenden geringen Geschwindigkeit ausschließlich für die Kohlenbeförderung verwendet. Obgleich die Fortschritte der Hackworthschen L. den Bau von kräftigen schnellfahrenden L. zur Personenbeförderung anregten und obwohl G. Stephenson, der als ausführender Ingenieur zum Bau der Liverpool-Manchester-Eisenbahn übergetreten war, im Interesse dieser Bahn für den Ersatz des Pferdebetriebs durch L. mit seinem ganzen Einfluß auftrat, so fand sich doch zunächst in England wenig Stimmung hierfür.
Wie wenig einsichtige Ingenieure Englands an eine Zukunft der L. glaubten, erhellt aus einem Ausspruch von Ellijah Galloway in seinem 1828 in London in zweiter Auflage erschienenen Werk: History of the steam engine:
„Die L. sind lange in den Killingworth-Kohlenwerken bei Newcastle und in denen von Hetton (Wear) benutzt worden, so daß Vor- und Nachteile sorgfältig haben studiert werden können; trotzdem und trotz der großen Anstrengungen des Erfinders Stephenson, sie bei den bestehenden, im Bau begriffenen Eisenbahnen einzuführen, entsprechen sie nach Ansicht der angesehensten Ingenieure nicht den vom Erfinder in Aussicht gestellten Vorteilen; es gibt in der Tat keinen besseren Beweis für die in Hinsicht ihrer Nützlichkeit bestehenden Zweifel, als die Tatsache, daß auf der zwischen Newcastle und Carlisle zu erbauenden Eisenbahn keine L. benutzt werden sollen; denn, wären ihre Vorzüge einleuchtend, so würden sie den unmittelbar am Benutzungsort Newcastle wohnenden Personen bekannt geworden sein.“
Galloway erblickte (wohl mit Recht) einen großen Fehler darin, daß der Zylinder infolge der senkrechten Lage, die den damals bekannten Ausführungen eigen war und erst von Stephenson 1828 bei der L. für die Bolton-Eisenbahn vermieden wurde, ober- und unterhalb des Kolbens einen der Federung der Achsen entsprechenden, ziemlich beträchtlichen Spielraum haben mußte, der den Dampfverbrauch ungünstig beeinflußte und auch nicht selten zu Zylinderbrüchen führte.
Die Direktoren der Liverpool-Manchester-Eisenbahn zogen noch in dem Eröffnungsjahr 1829 ernstlich in Erwägung, den Betrieb der 48 km langen Bahn mit stationären Dampfmaschinen zu führen.
Inzwischen – 1829 – waren jedoch zwei L. von G. Stephenson für die Bahn Lyon-St. Etienne nach Frankreich geliefert worden; die ersten, die überhaupt Frankreich besaß 1. Diese erreichten bei den Probefahrten nur 6–7 km Stundengeschwindigkeit; Séguin, Direktor der
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