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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 6. Berlin, Wien, 1914.

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muß aber jede Rücksicht, auch die auf das Privateigentum, im Kriege vor der "Kriegsnotwendigkeit" zurücktreten.

Literatur: S. Eisenbahntruppen, ferner die im vor stehenden Text erwähnten Gesetze und Verordnungen. Wegen der rechtlichen Stellung der Eisenbahnen nach internationalem Recht s. Dr. H. Wehberg, Die rechtliche Stellung der Eisenbahnen im Kriege nach den Beschlüssen der 2. Haager Friedenskonferenz im Arch. f. Ebw., 1910, S. 623, und Die Eisenbahnen im Kriege und die Haager Friedenskonferenz in der Deutschen Eisenbahnbeamten-Zeitung, 1912, S. 469.

Wernekke.


Kriegsvorräte, s. Brennstoffe.


Krisen sind Störungen und Erschütterungen des wirtschaftlichen Lebens, die sich meist als Folgen einer ungesunden Entwicklung darstellen. Die Ursachen der Krisen sind verschiedener Art. Plötzlicher Preissturz infolge von Vermehrung des Angebotes und Verminderung der Nachfrage bei den Bedarfsgegenständen der Handels- und der Gewerbetätigkeit, ferner äußere Erscheinungen, wie Kriege, Revolutionen, Mißernten, Überspannung des Kredits, unsolide Geldwirtschaft u. s. w. Derartige Vorgänge beeinflussen auch die Eisenbahnen, deren Bau und Betrieb, im allgemeinen. Es gibt aber auch K., die durch die ungesunde Entwicklung des Eisenbahnwesens hervorgerufen oder in ihren Wirkungen verstärkt werden. K., die allerdings ausschließlich unter der Herrschaft des Privatbahnsystems vorkommen, und solche K. kann man als Eisenbahnkrisen bezeichnen. Sie äußern sich zunächst in einer Überspekulation in Bahnen. Bahnen werden gebaut, die in absehbarer Zeit nicht im stande sind, ein Erträgnis zu liefern. Der bei den neuen Bahnen zu erwartende Verkehr wird absichtlich überschätzt und es wird daher nicht mit genügender Sparsamkeit gebaut. Konkurrenzlinien werden neben bereits bestehenden Bahnen angelegt, ohne daß auf den späteren teueren Betrieb (namentlich bei Hochgebirgsbahnen) und darauf Bedacht genommen wird, daß das Anlagekapital hoch verzinst werden muß.

Die Triebfeder für neue Pläne ist nicht das Bedürfnis des Verkehrs, sondern die Aussicht auf den Gründergewinn. Um das Kapital anzulocken, wendet man nicht immer die lautersten Mittel an; die Vorteile des Unternehmens werden mit übertriebenen Farben geschildert, Ertragsberechnungen angestellt und Kostenvoranschläge gemacht, die jeder gesunden Grundlage entbehren u. s. w.

Ist mit solchen Mitteln das Eisenbahnnetz ungesund erweitert, so entstehen K. Infolge ungenügender Betriebsergebnisse und des Zusammenbruchs einzelner Unternehmungen bemächtigt sich ein allgemeines Mißtrauen der beteiligten Kreise, das Publikum entäußert sich seines Besitzes an Eisenbahnpapieren, ihr Kurs sinkt, u. zw. nicht allein der der Aktien der Eisenbahnen, die nur des Gründergewinns willen gebaut sind, sondern auch der besseren Bahnen; die Aktien der ersteren werden nachgerade unverkäuflich. Auf diese Art erleiden die Besitzer von solchen Werten nicht nur einen vorübergehenden Zinsenverlust, sondern auch eine Einbuße an Kapital, die Unternehmungslust schwindet, geplante Projekte werden aufgegeben, unvollendete Eisenbahnen werden nicht fertig gebaut, begonnene Unternehmungen im Stich gelassen, Konzessionen verfallen, Bahnen werden unter ihrem Werte von anderen, häufig den im Wettbewerbe stehenden Bahnen oder vom Staate angekauft.

Solche K. haben auch Einfluß auf die Unternehmungen, die mit dem Eisenbahnbau im Zusammenhang stehen, insbesondere auf die Eisenindustrie und den Kohlenbergbau.

Die Frage, ob bei K. die Staatsgewalt helfend eintreten oder ob sie die Heilung der K. dem Organismus selbst überlassen soll, läßt sich nur von Fall zu Fall entscheiden. Meistens greift mit Rücksicht auf die hohe allgemeine wirtschaftliche Bedeutung der Eisenbahnen der Staat ein, indem er Unterstützungen gewährt oder durch Betriebsübernahme, finanzielle Beihilfen u. dgl. bedrängte Unternehmungen aus ihrer kritischen Lage zu befreien sucht.

Derartige K. sind in fast allen Ländern teils gleichzeitig (z. B. in fast ganz Mitteleuropa unter dem Einfluß der revolutionären Bewegung des Jahres 1848), teils zu verschiedenen Zeiten vorgekommen.

In Preußen bereitete sich schon Ende der Dreißigerjahre eine K. vor. Nachdem das Publikum anfänglich den Eisenbahnen gegenüber ganz zurückhaltend gewesen war, änderte sich die Stimmung infolge der guten Erfahrungen mit den ersten Unternehmungen, es trat eine Überstürzung in der Vorbereitung neuer Eisenbahnen, der Beschaffung der Geldmittel durch Aktienzeichnungen ein, und als die erhofften Erfolge nicht sogleich sich verwirklichten, fielen die Aktien im Kurse, der Bau der in Angriff genommenen Bahnen stockte und es fand sich kein Geld für neue Bahnen. Die Regierung sah sich genötigt, zur Fortsetzung des Eisenbahnbaues mit Gewährung von Zinsbürgschaften (1842) einzugreifen. - Im Jahre 1848 gingen infolge der Revolution die Kurse der Eisenbahnpapiere so tief herunter, daß die Regierung den Plan faßte, alle vorhandenen Eisenbahnen zu billigem Preise für den Staat zu erwerben, ein Plan, der nicht ausgeführt worden ist. Eine weitere

muß aber jede Rücksicht, auch die auf das Privateigentum, im Kriege vor der „Kriegsnotwendigkeit“ zurücktreten.

Literatur: S. Eisenbahntruppen, ferner die im vor stehenden Text erwähnten Gesetze und Verordnungen. Wegen der rechtlichen Stellung der Eisenbahnen nach internationalem Recht s. Dr. H. Wehberg, Die rechtliche Stellung der Eisenbahnen im Kriege nach den Beschlüssen der 2. Haager Friedenskonferenz im Arch. f. Ebw., 1910, S. 623, und Die Eisenbahnen im Kriege und die Haager Friedenskonferenz in der Deutschen Eisenbahnbeamten-Zeitung, 1912, S. 469.

Wernekke.


Kriegsvorräte, s. Brennstoffe.


Krisen sind Störungen und Erschütterungen des wirtschaftlichen Lebens, die sich meist als Folgen einer ungesunden Entwicklung darstellen. Die Ursachen der Krisen sind verschiedener Art. Plötzlicher Preissturz infolge von Vermehrung des Angebotes und Verminderung der Nachfrage bei den Bedarfsgegenständen der Handels- und der Gewerbetätigkeit, ferner äußere Erscheinungen, wie Kriege, Revolutionen, Mißernten, Überspannung des Kredits, unsolide Geldwirtschaft u. s. w. Derartige Vorgänge beeinflussen auch die Eisenbahnen, deren Bau und Betrieb, im allgemeinen. Es gibt aber auch K., die durch die ungesunde Entwicklung des Eisenbahnwesens hervorgerufen oder in ihren Wirkungen verstärkt werden. K., die allerdings ausschließlich unter der Herrschaft des Privatbahnsystems vorkommen, und solche K. kann man als Eisenbahnkrisen bezeichnen. Sie äußern sich zunächst in einer Überspekulation in Bahnen. Bahnen werden gebaut, die in absehbarer Zeit nicht im stande sind, ein Erträgnis zu liefern. Der bei den neuen Bahnen zu erwartende Verkehr wird absichtlich überschätzt und es wird daher nicht mit genügender Sparsamkeit gebaut. Konkurrenzlinien werden neben bereits bestehenden Bahnen angelegt, ohne daß auf den späteren teueren Betrieb (namentlich bei Hochgebirgsbahnen) und darauf Bedacht genommen wird, daß das Anlagekapital hoch verzinst werden muß.

Die Triebfeder für neue Pläne ist nicht das Bedürfnis des Verkehrs, sondern die Aussicht auf den Gründergewinn. Um das Kapital anzulocken, wendet man nicht immer die lautersten Mittel an; die Vorteile des Unternehmens werden mit übertriebenen Farben geschildert, Ertragsberechnungen angestellt und Kostenvoranschläge gemacht, die jeder gesunden Grundlage entbehren u. s. w.

Ist mit solchen Mitteln das Eisenbahnnetz ungesund erweitert, so entstehen K. Infolge ungenügender Betriebsergebnisse und des Zusammenbruchs einzelner Unternehmungen bemächtigt sich ein allgemeines Mißtrauen der beteiligten Kreise, das Publikum entäußert sich seines Besitzes an Eisenbahnpapieren, ihr Kurs sinkt, u. zw. nicht allein der der Aktien der Eisenbahnen, die nur des Gründergewinns willen gebaut sind, sondern auch der besseren Bahnen; die Aktien der ersteren werden nachgerade unverkäuflich. Auf diese Art erleiden die Besitzer von solchen Werten nicht nur einen vorübergehenden Zinsenverlust, sondern auch eine Einbuße an Kapital, die Unternehmungslust schwindet, geplante Projekte werden aufgegeben, unvollendete Eisenbahnen werden nicht fertig gebaut, begonnene Unternehmungen im Stich gelassen, Konzessionen verfallen, Bahnen werden unter ihrem Werte von anderen, häufig den im Wettbewerbe stehenden Bahnen oder vom Staate angekauft.

Solche K. haben auch Einfluß auf die Unternehmungen, die mit dem Eisenbahnbau im Zusammenhang stehen, insbesondere auf die Eisenindustrie und den Kohlenbergbau.

Die Frage, ob bei K. die Staatsgewalt helfend eintreten oder ob sie die Heilung der K. dem Organismus selbst überlassen soll, läßt sich nur von Fall zu Fall entscheiden. Meistens greift mit Rücksicht auf die hohe allgemeine wirtschaftliche Bedeutung der Eisenbahnen der Staat ein, indem er Unterstützungen gewährt oder durch Betriebsübernahme, finanzielle Beihilfen u. dgl. bedrängte Unternehmungen aus ihrer kritischen Lage zu befreien sucht.

Derartige K. sind in fast allen Ländern teils gleichzeitig (z. B. in fast ganz Mitteleuropa unter dem Einfluß der revolutionären Bewegung des Jahres 1848), teils zu verschiedenen Zeiten vorgekommen.

In Preußen bereitete sich schon Ende der Dreißigerjahre eine K. vor. Nachdem das Publikum anfänglich den Eisenbahnen gegenüber ganz zurückhaltend gewesen war, änderte sich die Stimmung infolge der guten Erfahrungen mit den ersten Unternehmungen, es trat eine Überstürzung in der Vorbereitung neuer Eisenbahnen, der Beschaffung der Geldmittel durch Aktienzeichnungen ein, und als die erhofften Erfolge nicht sogleich sich verwirklichten, fielen die Aktien im Kurse, der Bau der in Angriff genommenen Bahnen stockte und es fand sich kein Geld für neue Bahnen. Die Regierung sah sich genötigt, zur Fortsetzung des Eisenbahnbaues mit Gewährung von Zinsbürgschaften (1842) einzugreifen. – Im Jahre 1848 gingen infolge der Revolution die Kurse der Eisenbahnpapiere so tief herunter, daß die Regierung den Plan faßte, alle vorhandenen Eisenbahnen zu billigem Preise für den Staat zu erwerben, ein Plan, der nicht ausgeführt worden ist. Eine weitere

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[482/0499] muß aber jede Rücksicht, auch die auf das Privateigentum, im Kriege vor der „Kriegsnotwendigkeit“ zurücktreten. Literatur: S. Eisenbahntruppen, ferner die im vor stehenden Text erwähnten Gesetze und Verordnungen. Wegen der rechtlichen Stellung der Eisenbahnen nach internationalem Recht s. Dr. H. Wehberg, Die rechtliche Stellung der Eisenbahnen im Kriege nach den Beschlüssen der 2. Haager Friedenskonferenz im Arch. f. Ebw., 1910, S. 623, und Die Eisenbahnen im Kriege und die Haager Friedenskonferenz in der Deutschen Eisenbahnbeamten-Zeitung, 1912, S. 469. Wernekke. Kriegsvorräte, s. Brennstoffe. Krisen sind Störungen und Erschütterungen des wirtschaftlichen Lebens, die sich meist als Folgen einer ungesunden Entwicklung darstellen. Die Ursachen der Krisen sind verschiedener Art. Plötzlicher Preissturz infolge von Vermehrung des Angebotes und Verminderung der Nachfrage bei den Bedarfsgegenständen der Handels- und der Gewerbetätigkeit, ferner äußere Erscheinungen, wie Kriege, Revolutionen, Mißernten, Überspannung des Kredits, unsolide Geldwirtschaft u. s. w. Derartige Vorgänge beeinflussen auch die Eisenbahnen, deren Bau und Betrieb, im allgemeinen. Es gibt aber auch K., die durch die ungesunde Entwicklung des Eisenbahnwesens hervorgerufen oder in ihren Wirkungen verstärkt werden. K., die allerdings ausschließlich unter der Herrschaft des Privatbahnsystems vorkommen, und solche K. kann man als Eisenbahnkrisen bezeichnen. Sie äußern sich zunächst in einer Überspekulation in Bahnen. Bahnen werden gebaut, die in absehbarer Zeit nicht im stande sind, ein Erträgnis zu liefern. Der bei den neuen Bahnen zu erwartende Verkehr wird absichtlich überschätzt und es wird daher nicht mit genügender Sparsamkeit gebaut. Konkurrenzlinien werden neben bereits bestehenden Bahnen angelegt, ohne daß auf den späteren teueren Betrieb (namentlich bei Hochgebirgsbahnen) und darauf Bedacht genommen wird, daß das Anlagekapital hoch verzinst werden muß. Die Triebfeder für neue Pläne ist nicht das Bedürfnis des Verkehrs, sondern die Aussicht auf den Gründergewinn. Um das Kapital anzulocken, wendet man nicht immer die lautersten Mittel an; die Vorteile des Unternehmens werden mit übertriebenen Farben geschildert, Ertragsberechnungen angestellt und Kostenvoranschläge gemacht, die jeder gesunden Grundlage entbehren u. s. w. Ist mit solchen Mitteln das Eisenbahnnetz ungesund erweitert, so entstehen K. Infolge ungenügender Betriebsergebnisse und des Zusammenbruchs einzelner Unternehmungen bemächtigt sich ein allgemeines Mißtrauen der beteiligten Kreise, das Publikum entäußert sich seines Besitzes an Eisenbahnpapieren, ihr Kurs sinkt, u. zw. nicht allein der der Aktien der Eisenbahnen, die nur des Gründergewinns willen gebaut sind, sondern auch der besseren Bahnen; die Aktien der ersteren werden nachgerade unverkäuflich. Auf diese Art erleiden die Besitzer von solchen Werten nicht nur einen vorübergehenden Zinsenverlust, sondern auch eine Einbuße an Kapital, die Unternehmungslust schwindet, geplante Projekte werden aufgegeben, unvollendete Eisenbahnen werden nicht fertig gebaut, begonnene Unternehmungen im Stich gelassen, Konzessionen verfallen, Bahnen werden unter ihrem Werte von anderen, häufig den im Wettbewerbe stehenden Bahnen oder vom Staate angekauft. Solche K. haben auch Einfluß auf die Unternehmungen, die mit dem Eisenbahnbau im Zusammenhang stehen, insbesondere auf die Eisenindustrie und den Kohlenbergbau. Die Frage, ob bei K. die Staatsgewalt helfend eintreten oder ob sie die Heilung der K. dem Organismus selbst überlassen soll, läßt sich nur von Fall zu Fall entscheiden. Meistens greift mit Rücksicht auf die hohe allgemeine wirtschaftliche Bedeutung der Eisenbahnen der Staat ein, indem er Unterstützungen gewährt oder durch Betriebsübernahme, finanzielle Beihilfen u. dgl. bedrängte Unternehmungen aus ihrer kritischen Lage zu befreien sucht. Derartige K. sind in fast allen Ländern teils gleichzeitig (z. B. in fast ganz Mitteleuropa unter dem Einfluß der revolutionären Bewegung des Jahres 1848), teils zu verschiedenen Zeiten vorgekommen. In Preußen bereitete sich schon Ende der Dreißigerjahre eine K. vor. Nachdem das Publikum anfänglich den Eisenbahnen gegenüber ganz zurückhaltend gewesen war, änderte sich die Stimmung infolge der guten Erfahrungen mit den ersten Unternehmungen, es trat eine Überstürzung in der Vorbereitung neuer Eisenbahnen, der Beschaffung der Geldmittel durch Aktienzeichnungen ein, und als die erhofften Erfolge nicht sogleich sich verwirklichten, fielen die Aktien im Kurse, der Bau der in Angriff genommenen Bahnen stockte und es fand sich kein Geld für neue Bahnen. Die Regierung sah sich genötigt, zur Fortsetzung des Eisenbahnbaues mit Gewährung von Zinsbürgschaften (1842) einzugreifen. – Im Jahre 1848 gingen infolge der Revolution die Kurse der Eisenbahnpapiere so tief herunter, daß die Regierung den Plan faßte, alle vorhandenen Eisenbahnen zu billigem Preise für den Staat zu erwerben, ein Plan, der nicht ausgeführt worden ist. Eine weitere

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 6. Berlin, Wien, 1914, S. 482. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen06_1914/499>, abgerufen am 25.11.2024.