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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 6. Berlin, Wien, 1914.

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sind. Der deutschen Militäreisenbahnordnung entspricht in Österreich-Ungarn die Vorschrift für den Militärtransport auf Eisenbahnen von 1892. - Das Gesetz vom 8. August 1910 über die Bahnen niederer Ordnung (Lokalbahngesetz) setzt in Artikel XXVIII die Verpflichtung der Lokalbahnunternehmungen fest, im Mobilmachungs- und im Kriegsfall den Bahnbetrieb jederzeit gegen angemessene Entschädigung insoweit und für so lange für militärische Zwecke zur Verfügung zu stellen, als dies seitens der Militärbehörden für notwendig erachtet wird. Artikel XXX schränkt diese Verpflichtung soweit ein, als die Leistungen mit Rücksicht auf die Anlage und Betriebseinrichtungen der Bahn durchführbar sind.

Für Belgien bestimmt eine Königliche Verordnung vom 13. April 1887 betreffend die Regelung des Eisenbahndienstes für Kriegszwecke, daß die Privatbahnen des Landes im Kriege die Benutzung ihrer Strecken und Betriebsmittel gestatten müssen. Wenn nötig, übernimmt die Militärverwaltung den Betrieb; das Personal der Privatbahnen tritt dann unter den Befehl des Feldeisenbahndirektors.

In Frankreich sind die Eisenbahnen nach dem Gesetze vom 3. Juli 1877 verpflichtet, dem Kriegsminister alles Personal und Material zur Verfügung zu stellen, das er zur Sicherstellung der Transporte für erforderlich hält. Das zur Verfügung gestellte Personal und Material kann überall verwendet werden. - Die Militärgewalt kann auch von den Gesellschaften die nötigen Brenn- und Schmiermittel sowie andere Gegenstände in Anspruch nehmen, die für den Feldeisenbahndienst notwendig sind. Das Zubehör der Bahnhöfe und des Bahnkörpers, einschließlich der Diensträume und der Telegraphenleitungen, ist ebenfalls auf Verlangen der Militärgewalt zur Verfügung zu stellen. - Die Einstellung des Zivilverkehrs gibt den Bahnen keinen Anspruch auf Entschädigung. - Nach den Bestimmungen des Reglement d'administration publique vom 2. August 1877 darf das Zubehör der Bahnhöfe und des Bahnkörpers nur vom Kriegsminister auf Grund des Gutachtens der Oberen Eisenbahnmilitärkommission und auf dem Kriegsschauplatze durch den Kommandierenden in Anspruch genommen werden; für die Überlassung von Lokomotiven und Wagen gebührt den Eisenbahnen eine Miete, die durch einen vom Staatsrat aufzustellenden Tarif geregelt wird. Die Betriebsmittel werden vor der Übernahme geschätzt, und danach wird die Entschädigung im Falle der Zerstörung oder Beschädigung berechnet. Bei Anforderung von Brenn- und Schmiermitteln oder anderen Gegenständen wird der Ankaufspreis nebst den Beförderungskosten vergütet. Nach dem Gesetz vom 22. Dezember 1888 untersteht in Kriegszeiten der gesamte Dienst der Eisenbahnen der militärischen Obrigkeit. Die Oberbefehlshaber der Heere verfügen über die Eisenbahnen, jeder in dem ihm zugewiesenen Gebiet, in dem er die militärischen Unternehmungen leitet; im Rücken des Heeres steht dieses Recht dem Kriegsminister zu. - Die Bedingnishefte, die der Genehmigung zum Bau der Eisenbahnen zu grunde gelegt werden, enthalten in ihrem Artikel 54 die Verpflichtungen der Eisenbahnen gegenüber dem Heere. Danach müssen Soldaten, die einzeln oder in Verbänden, im Dienste, auf Urlaub oder nach der Entlassung in die Heimat reisen, mit ihren Pferden und ihrem Gepäck zu einem Viertel der tarifmäßigen Preise befördert werden. Bei der Zusammenziehung von Truppen, bei allgemeiner oder teilweiser Mobilmachung und im Kriegsfalle kann das Kriegsministerium verlangen, daß alle Betriebsmittel der Eisenbahnen dem Heere zur Verfügung gestellt werden; hiefür ist die Hälfte der tarifmäßigen Vergütung zu entrichten. - Betreffs der Beförderung von Kriegsbedürfnissen mit der Eisenbahn bestehen seit dem Jahre 1891 eine Anzahl Verträge zwischen dem Kriegsminister und den Eisenbahnverwaltungen nebst einer Anzahl Nachträge. Auf Grund dieser haben die Eisenbahnverwaltungen die Verpflichtung, alles Heergerät, Waren und Verpflegungsbedarf zu befördern; die Heeresverwaltung ist andererseits verpflichtet, ihnen, diese Beförderung mit wenigen Ausnahmen zu überweisen.

Nach den italienischen Betriebsüberlassungsverträgen (1885) war im Falle großer Truppenbeförderungen zur Vorbereitung und während des Krieges die Regierung berechtigt, Dienstvorschriften für die militärischen und nichtmilitärischen Transporte zu erlassen. Sie konnte auch den Oberbau entfernen, den Lauf der Züge unterbrechen, die Leitung des Betriebs übernehmen oder diesen selbst führen, und zwar sowohl für die militärischen als auch für die nichtmilitärischen Transporte. Die durch die Entfernung der Gleise, Unterbrechung oder Beschädigung der Bahn, sowie durch deren Wiederherstellung entstehenden Kosten waren vom Staate zu tragen. - Wenn die Regierung eine Unterbrechung oder Einstellung des Verkehrs anordnete, so war über diese Linien eine besondere Rechnung zu führen. Die Einnahmen wurden nach Abzug der Kosten in die Staatskassen eingezahlt. Die Eisenbahnverwaltung konnte sodann ihren Anspruch

sind. Der deutschen Militäreisenbahnordnung entspricht in Österreich-Ungarn die Vorschrift für den Militärtransport auf Eisenbahnen von 1892. – Das Gesetz vom 8. August 1910 über die Bahnen niederer Ordnung (Lokalbahngesetz) setzt in Artikel XXVIII die Verpflichtung der Lokalbahnunternehmungen fest, im Mobilmachungs- und im Kriegsfall den Bahnbetrieb jederzeit gegen angemessene Entschädigung insoweit und für so lange für militärische Zwecke zur Verfügung zu stellen, als dies seitens der Militärbehörden für notwendig erachtet wird. Artikel XXX schränkt diese Verpflichtung soweit ein, als die Leistungen mit Rücksicht auf die Anlage und Betriebseinrichtungen der Bahn durchführbar sind.

Für Belgien bestimmt eine Königliche Verordnung vom 13. April 1887 betreffend die Regelung des Eisenbahndienstes für Kriegszwecke, daß die Privatbahnen des Landes im Kriege die Benutzung ihrer Strecken und Betriebsmittel gestatten müssen. Wenn nötig, übernimmt die Militärverwaltung den Betrieb; das Personal der Privatbahnen tritt dann unter den Befehl des Feldeisenbahndirektors.

In Frankreich sind die Eisenbahnen nach dem Gesetze vom 3. Juli 1877 verpflichtet, dem Kriegsminister alles Personal und Material zur Verfügung zu stellen, das er zur Sicherstellung der Transporte für erforderlich hält. Das zur Verfügung gestellte Personal und Material kann überall verwendet werden. – Die Militärgewalt kann auch von den Gesellschaften die nötigen Brenn- und Schmiermittel sowie andere Gegenstände in Anspruch nehmen, die für den Feldeisenbahndienst notwendig sind. Das Zubehör der Bahnhöfe und des Bahnkörpers, einschließlich der Diensträume und der Telegraphenleitungen, ist ebenfalls auf Verlangen der Militärgewalt zur Verfügung zu stellen. – Die Einstellung des Zivilverkehrs gibt den Bahnen keinen Anspruch auf Entschädigung. – Nach den Bestimmungen des Réglement d'administration publique vom 2. August 1877 darf das Zubehör der Bahnhöfe und des Bahnkörpers nur vom Kriegsminister auf Grund des Gutachtens der Oberen Eisenbahnmilitärkommission und auf dem Kriegsschauplatze durch den Kommandierenden in Anspruch genommen werden; für die Überlassung von Lokomotiven und Wagen gebührt den Eisenbahnen eine Miete, die durch einen vom Staatsrat aufzustellenden Tarif geregelt wird. Die Betriebsmittel werden vor der Übernahme geschätzt, und danach wird die Entschädigung im Falle der Zerstörung oder Beschädigung berechnet. Bei Anforderung von Brenn- und Schmiermitteln oder anderen Gegenständen wird der Ankaufspreis nebst den Beförderungskosten vergütet. Nach dem Gesetz vom 22. Dezember 1888 untersteht in Kriegszeiten der gesamte Dienst der Eisenbahnen der militärischen Obrigkeit. Die Oberbefehlshaber der Heere verfügen über die Eisenbahnen, jeder in dem ihm zugewiesenen Gebiet, in dem er die militärischen Unternehmungen leitet; im Rücken des Heeres steht dieses Recht dem Kriegsminister zu. – Die Bedingnishefte, die der Genehmigung zum Bau der Eisenbahnen zu grunde gelegt werden, enthalten in ihrem Artikel 54 die Verpflichtungen der Eisenbahnen gegenüber dem Heere. Danach müssen Soldaten, die einzeln oder in Verbänden, im Dienste, auf Urlaub oder nach der Entlassung in die Heimat reisen, mit ihren Pferden und ihrem Gepäck zu einem Viertel der tarifmäßigen Preise befördert werden. Bei der Zusammenziehung von Truppen, bei allgemeiner oder teilweiser Mobilmachung und im Kriegsfalle kann das Kriegsministerium verlangen, daß alle Betriebsmittel der Eisenbahnen dem Heere zur Verfügung gestellt werden; hiefür ist die Hälfte der tarifmäßigen Vergütung zu entrichten. – Betreffs der Beförderung von Kriegsbedürfnissen mit der Eisenbahn bestehen seit dem Jahre 1891 eine Anzahl Verträge zwischen dem Kriegsminister und den Eisenbahnverwaltungen nebst einer Anzahl Nachträge. Auf Grund dieser haben die Eisenbahnverwaltungen die Verpflichtung, alles Heergerät, Waren und Verpflegungsbedarf zu befördern; die Heeresverwaltung ist andererseits verpflichtet, ihnen, diese Beförderung mit wenigen Ausnahmen zu überweisen.

Nach den italienischen Betriebsüberlassungsverträgen (1885) war im Falle großer Truppenbeförderungen zur Vorbereitung und während des Krieges die Regierung berechtigt, Dienstvorschriften für die militärischen und nichtmilitärischen Transporte zu erlassen. Sie konnte auch den Oberbau entfernen, den Lauf der Züge unterbrechen, die Leitung des Betriebs übernehmen oder diesen selbst führen, und zwar sowohl für die militärischen als auch für die nichtmilitärischen Transporte. Die durch die Entfernung der Gleise, Unterbrechung oder Beschädigung der Bahn, sowie durch deren Wiederherstellung entstehenden Kosten waren vom Staate zu tragen. – Wenn die Regierung eine Unterbrechung oder Einstellung des Verkehrs anordnete, so war über diese Linien eine besondere Rechnung zu führen. Die Einnahmen wurden nach Abzug der Kosten in die Staatskassen eingezahlt. Die Eisenbahnverwaltung konnte sodann ihren Anspruch

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[479/0496] sind. Der deutschen Militäreisenbahnordnung entspricht in Österreich-Ungarn die Vorschrift für den Militärtransport auf Eisenbahnen von 1892. – Das Gesetz vom 8. August 1910 über die Bahnen niederer Ordnung (Lokalbahngesetz) setzt in Artikel XXVIII die Verpflichtung der Lokalbahnunternehmungen fest, im Mobilmachungs- und im Kriegsfall den Bahnbetrieb jederzeit gegen angemessene Entschädigung insoweit und für so lange für militärische Zwecke zur Verfügung zu stellen, als dies seitens der Militärbehörden für notwendig erachtet wird. Artikel XXX schränkt diese Verpflichtung soweit ein, als die Leistungen mit Rücksicht auf die Anlage und Betriebseinrichtungen der Bahn durchführbar sind. Für Belgien bestimmt eine Königliche Verordnung vom 13. April 1887 betreffend die Regelung des Eisenbahndienstes für Kriegszwecke, daß die Privatbahnen des Landes im Kriege die Benutzung ihrer Strecken und Betriebsmittel gestatten müssen. Wenn nötig, übernimmt die Militärverwaltung den Betrieb; das Personal der Privatbahnen tritt dann unter den Befehl des Feldeisenbahndirektors. In Frankreich sind die Eisenbahnen nach dem Gesetze vom 3. Juli 1877 verpflichtet, dem Kriegsminister alles Personal und Material zur Verfügung zu stellen, das er zur Sicherstellung der Transporte für erforderlich hält. Das zur Verfügung gestellte Personal und Material kann überall verwendet werden. – Die Militärgewalt kann auch von den Gesellschaften die nötigen Brenn- und Schmiermittel sowie andere Gegenstände in Anspruch nehmen, die für den Feldeisenbahndienst notwendig sind. Das Zubehör der Bahnhöfe und des Bahnkörpers, einschließlich der Diensträume und der Telegraphenleitungen, ist ebenfalls auf Verlangen der Militärgewalt zur Verfügung zu stellen. – Die Einstellung des Zivilverkehrs gibt den Bahnen keinen Anspruch auf Entschädigung. – Nach den Bestimmungen des Réglement d'administration publique vom 2. August 1877 darf das Zubehör der Bahnhöfe und des Bahnkörpers nur vom Kriegsminister auf Grund des Gutachtens der Oberen Eisenbahnmilitärkommission und auf dem Kriegsschauplatze durch den Kommandierenden in Anspruch genommen werden; für die Überlassung von Lokomotiven und Wagen gebührt den Eisenbahnen eine Miete, die durch einen vom Staatsrat aufzustellenden Tarif geregelt wird. Die Betriebsmittel werden vor der Übernahme geschätzt, und danach wird die Entschädigung im Falle der Zerstörung oder Beschädigung berechnet. Bei Anforderung von Brenn- und Schmiermitteln oder anderen Gegenständen wird der Ankaufspreis nebst den Beförderungskosten vergütet. Nach dem Gesetz vom 22. Dezember 1888 untersteht in Kriegszeiten der gesamte Dienst der Eisenbahnen der militärischen Obrigkeit. Die Oberbefehlshaber der Heere verfügen über die Eisenbahnen, jeder in dem ihm zugewiesenen Gebiet, in dem er die militärischen Unternehmungen leitet; im Rücken des Heeres steht dieses Recht dem Kriegsminister zu. – Die Bedingnishefte, die der Genehmigung zum Bau der Eisenbahnen zu grunde gelegt werden, enthalten in ihrem Artikel 54 die Verpflichtungen der Eisenbahnen gegenüber dem Heere. Danach müssen Soldaten, die einzeln oder in Verbänden, im Dienste, auf Urlaub oder nach der Entlassung in die Heimat reisen, mit ihren Pferden und ihrem Gepäck zu einem Viertel der tarifmäßigen Preise befördert werden. Bei der Zusammenziehung von Truppen, bei allgemeiner oder teilweiser Mobilmachung und im Kriegsfalle kann das Kriegsministerium verlangen, daß alle Betriebsmittel der Eisenbahnen dem Heere zur Verfügung gestellt werden; hiefür ist die Hälfte der tarifmäßigen Vergütung zu entrichten. – Betreffs der Beförderung von Kriegsbedürfnissen mit der Eisenbahn bestehen seit dem Jahre 1891 eine Anzahl Verträge zwischen dem Kriegsminister und den Eisenbahnverwaltungen nebst einer Anzahl Nachträge. Auf Grund dieser haben die Eisenbahnverwaltungen die Verpflichtung, alles Heergerät, Waren und Verpflegungsbedarf zu befördern; die Heeresverwaltung ist andererseits verpflichtet, ihnen, diese Beförderung mit wenigen Ausnahmen zu überweisen. Nach den italienischen Betriebsüberlassungsverträgen (1885) war im Falle großer Truppenbeförderungen zur Vorbereitung und während des Krieges die Regierung berechtigt, Dienstvorschriften für die militärischen und nichtmilitärischen Transporte zu erlassen. Sie konnte auch den Oberbau entfernen, den Lauf der Züge unterbrechen, die Leitung des Betriebs übernehmen oder diesen selbst führen, und zwar sowohl für die militärischen als auch für die nichtmilitärischen Transporte. Die durch die Entfernung der Gleise, Unterbrechung oder Beschädigung der Bahn, sowie durch deren Wiederherstellung entstehenden Kosten waren vom Staate zu tragen. – Wenn die Regierung eine Unterbrechung oder Einstellung des Verkehrs anordnete, so war über diese Linien eine besondere Rechnung zu führen. Die Einnahmen wurden nach Abzug der Kosten in die Staatskassen eingezahlt. Die Eisenbahnverwaltung konnte sodann ihren Anspruch

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 6. Berlin, Wien, 1914, S. 479. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen06_1914/496>, abgerufen am 22.11.2024.