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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 6. Berlin, Wien, 1914.

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c) Die Regierung verbürgte sich für Darlehen, das einem Staate durch eine Gesellschaft gegeben wurde.

Die Art der Aufbringung der Mittel erfolgte unter Berücksichtigung der finanziellen und wirtschaftlichen Lage des betreffenden Landesgebiets.

In der ersten Zeit wurde die Aufsicht über alle Bahnen von der Zentralregierung ausgeübt. Später wurde ein Teil der Aufsichtsrechte einzelnen Provinzialregierungen (Bengalen, Bombay u. s. w.) übertragen.

Die Aufsichtsbeamten waren zum größten Teile tüchtige Militäringenieure. Mit der wachsenden Ausdehnung des Eisenbahnnetzes überzeugte man sich, daß diese Art der Aufsichtsführung nicht mehr genügte, und im Jahre 1879 wurde ein Generaldirektor der Eisenbahnen ernannt. Die technischen Beamten wurden mit bestimmten Befugnissen als Vertreter bei den verschiedenen Provinzialregierungen beibehalten.

Im Jahre 1897 wurde an Stelle eines Generaldirektors ein Direktor des Eisenbahnbaues und ein Direktor des Eisenbahnverkehrs eingesetzt und wurden die Befugnisse der Provinzialaufsichtsbeamten denen der Zentralbehörde angepaßt.

Im Jahre 1901 und 1902 bereiste ein englischer Sachverständiger, Thomas Robertson, Indien, um die dortigen Eisenbahnverhältnisse zu untersuchen. Auf Grund eines von ihm im Jahre 1903 erstatteten Berichtes wurde im Jahre 1905 eine Zentraleisenbahnbehörde eingesetzt, bestehend aus: einem Präsidenten und zwei Mitgliedern mit einem Sekretär, die mit weitgehenden Befugnissen ausgestattet waren. Diese Behörde untersteht dem Generalgouverneur.

Die finanzielle Überwachung der Eisenbahnen wurde nun dieser Behörde übertragen, während aus den technischen Beamten der Provinzen Regierungsinspektoren wurden, die für Sicherheit und Bequemlichkeit der Reisenden auf den Linien in ihren Aufsichtsbezirken verantwortlich sind.

Es gibt in Indien kein Clearinghouse (Zentralabrechnungsstelle). Der Mangel eines solchen macht sich sehr fühlbar.

Die Direktoren der Eisenbahnen treten in der Regel einmal im Jahr zu einer Konferenz zusammen, in der über gemeinsame Fragen beraten wird. Ihre Beschlüsse werden der Zentraleisenbahnbehörde und der in England ansässigen Verwaltungsstelle vorgelegt. Verbunden mit dieser Vereinigung ist der Ausschuß der Lokomotiv- und Wagen-Oberaufsichtsbeamten, der sich auch jährlich versammelt; seine wertvolle Arbeit besteht in der Festsetzung von Normalien für das rollende Material und seine Bestandteile.

4. Technische Fragen.

Allgemeine Anlage. Spurweite.

Ein Fehler der ersten Unternehmer war es, die indischen Eisenbahnen nach einem zu großen Maßstab anzulegen. Die ersten Bahnen waren doppelgleisig geplant, und es wurden Brücken für zwei Gleise gebaut, obgleich die ersten Linien eingleisig hergestellt wurden und erst 20 Jahre später die Notwendigkeit eines zweiten Gleises und dann auch nur in den stärker bevölkerten Gegenden sich fühlbar machte; viele hundert Meilen sind noch eingleisig geblieben, aber mit Unterbau und Brücken für zwei Gleise. Ferner wurde zunächst mehr Wert auf eine geradlinige Führung der Trassen gelegt, als darauf, die Haupthandelszentren unmittelbar zu berühren. Die Endstationen wurden entweder an die Peripherie der Städte oder sogar einige Meilen von ihnen entfernt angelegt. Viele solche Beispiele kamen in Südindien vor; das schlagendste ist vielleicht die Wahl von Beypur als Endpunkt der alten Madras Railway an der Küste von Malabar. Beypur war ein Fischerdorf und einige Meilen entfernt von der Hauptstadt von Malabar, Calicut; etwa 27 Jahre später, im Jahre 1888, wurde Calicut an die Hauptlinie angeschlossen und Beypur aufgegeben. Unter dieser Politik haben die Eisenbahneinnahmen stark gelitten.

Das Land hat zwei Hauptspurweiten: 5-6'' (1·676 m) und 3''-33/8'' (1·0 m). Die Umwandlung dieser zwei Spuren in eine einheitliche ist besonders durch Mr. Robertson in seinem Bericht befürwortet worden (s. oben). Er empfahl die Annahme der gemeinsamen europäischen und amerikanischen Spur von 4'-81/2'' (1·435 m). Seine Vorschläge wurden aber nicht beachtet. Die Spur von 5'-6'' ist erst nach langen Verhandlungen festgesetzt worden und viele Jahre war es die alleinige. Später wurden von Zeit zu Zeit Vorschläge gemacht, um für die Nebenlinien eine kleinere Spur einzuführen. Diese wurde jedoch erst im Jahre 1870 für Linien von untergeordneter Bedeutung angenommen, und es wurde bestimmt, daß diese Bahnen, wenn die Verhältnisse es nötig machten, die breitere Spur erhalten sollten. Es wurde ein Ausschuß eingesetzt, um die Spur festzusetzen und die Meterspur (3'-33/8 Fuß) wurde als zweite Normalspur für die indischen Bahnen angenommen. Vereinzelte kurze Linien mit nur lokaler Bedeutung haben Spurweiten von 2'- 6'' (0·76 m) und 2 Fuß (0·61 m).

c) Die Regierung verbürgte sich für Darlehen, das einem Staate durch eine Gesellschaft gegeben wurde.

Die Art der Aufbringung der Mittel erfolgte unter Berücksichtigung der finanziellen und wirtschaftlichen Lage des betreffenden Landesgebiets.

In der ersten Zeit wurde die Aufsicht über alle Bahnen von der Zentralregierung ausgeübt. Später wurde ein Teil der Aufsichtsrechte einzelnen Provinzialregierungen (Bengalen, Bombay u. s. w.) übertragen.

Die Aufsichtsbeamten waren zum größten Teile tüchtige Militäringenieure. Mit der wachsenden Ausdehnung des Eisenbahnnetzes überzeugte man sich, daß diese Art der Aufsichtsführung nicht mehr genügte, und im Jahre 1879 wurde ein Generaldirektor der Eisenbahnen ernannt. Die technischen Beamten wurden mit bestimmten Befugnissen als Vertreter bei den verschiedenen Provinzialregierungen beibehalten.

Im Jahre 1897 wurde an Stelle eines Generaldirektors ein Direktor des Eisenbahnbaues und ein Direktor des Eisenbahnverkehrs eingesetzt und wurden die Befugnisse der Provinzialaufsichtsbeamten denen der Zentralbehörde angepaßt.

Im Jahre 1901 und 1902 bereiste ein englischer Sachverständiger, Thomas Robertson, Indien, um die dortigen Eisenbahnverhältnisse zu untersuchen. Auf Grund eines von ihm im Jahre 1903 erstatteten Berichtes wurde im Jahre 1905 eine Zentraleisenbahnbehörde eingesetzt, bestehend aus: einem Präsidenten und zwei Mitgliedern mit einem Sekretär, die mit weitgehenden Befugnissen ausgestattet waren. Diese Behörde untersteht dem Generalgouverneur.

Die finanzielle Überwachung der Eisenbahnen wurde nun dieser Behörde übertragen, während aus den technischen Beamten der Provinzen Regierungsinspektoren wurden, die für Sicherheit und Bequemlichkeit der Reisenden auf den Linien in ihren Aufsichtsbezirken verantwortlich sind.

Es gibt in Indien kein Clearinghouse (Zentralabrechnungsstelle). Der Mangel eines solchen macht sich sehr fühlbar.

Die Direktoren der Eisenbahnen treten in der Regel einmal im Jahr zu einer Konferenz zusammen, in der über gemeinsame Fragen beraten wird. Ihre Beschlüsse werden der Zentraleisenbahnbehörde und der in England ansässigen Verwaltungsstelle vorgelegt. Verbunden mit dieser Vereinigung ist der Ausschuß der Lokomotiv- und Wagen-Oberaufsichtsbeamten, der sich auch jährlich versammelt; seine wertvolle Arbeit besteht in der Festsetzung von Normalien für das rollende Material und seine Bestandteile.

4. Technische Fragen.

Allgemeine Anlage. Spurweite.

Ein Fehler der ersten Unternehmer war es, die indischen Eisenbahnen nach einem zu großen Maßstab anzulegen. Die ersten Bahnen waren doppelgleisig geplant, und es wurden Brücken für zwei Gleise gebaut, obgleich die ersten Linien eingleisig hergestellt wurden und erst 20 Jahre später die Notwendigkeit eines zweiten Gleises und dann auch nur in den stärker bevölkerten Gegenden sich fühlbar machte; viele hundert Meilen sind noch eingleisig geblieben, aber mit Unterbau und Brücken für zwei Gleise. Ferner wurde zunächst mehr Wert auf eine geradlinige Führung der Trassen gelegt, als darauf, die Haupthandelszentren unmittelbar zu berühren. Die Endstationen wurden entweder an die Peripherie der Städte oder sogar einige Meilen von ihnen entfernt angelegt. Viele solche Beispiele kamen in Südindien vor; das schlagendste ist vielleicht die Wahl von Beypur als Endpunkt der alten Madras Railway an der Küste von Malabar. Beypur war ein Fischerdorf und einige Meilen entfernt von der Hauptstadt von Malabar, Calicut; etwa 27 Jahre später, im Jahre 1888, wurde Calicut an die Hauptlinie angeschlossen und Beypur aufgegeben. Unter dieser Politik haben die Eisenbahneinnahmen stark gelitten.

Das Land hat zwei Hauptspurweiten: 5–6'' (1·676 m) und 3''–33/8'' (1·0 m). Die Umwandlung dieser zwei Spuren in eine einheitliche ist besonders durch Mr. Robertson in seinem Bericht befürwortet worden (s. oben). Er empfahl die Annahme der gemeinsamen europäischen und amerikanischen Spur von 4'-81/2'' (1·435 m). Seine Vorschläge wurden aber nicht beachtet. Die Spur von 5'–6'' ist erst nach langen Verhandlungen festgesetzt worden und viele Jahre war es die alleinige. Später wurden von Zeit zu Zeit Vorschläge gemacht, um für die Nebenlinien eine kleinere Spur einzuführen. Diese wurde jedoch erst im Jahre 1870 für Linien von untergeordneter Bedeutung angenommen, und es wurde bestimmt, daß diese Bahnen, wenn die Verhältnisse es nötig machten, die breitere Spur erhalten sollten. Es wurde ein Ausschuß eingesetzt, um die Spur festzusetzen und die Meterspur (3'–33/8 Fuß) wurde als zweite Normalspur für die indischen Bahnen angenommen. Vereinzelte kurze Linien mit nur lokaler Bedeutung haben Spurweiten von 2'– 6'' (0·76 m) und 2 Fuß (0·61 m).

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[265/0280] c) Die Regierung verbürgte sich für Darlehen, das einem Staate durch eine Gesellschaft gegeben wurde. Die Art der Aufbringung der Mittel erfolgte unter Berücksichtigung der finanziellen und wirtschaftlichen Lage des betreffenden Landesgebiets. In der ersten Zeit wurde die Aufsicht über alle Bahnen von der Zentralregierung ausgeübt. Später wurde ein Teil der Aufsichtsrechte einzelnen Provinzialregierungen (Bengalen, Bombay u. s. w.) übertragen. Die Aufsichtsbeamten waren zum größten Teile tüchtige Militäringenieure. Mit der wachsenden Ausdehnung des Eisenbahnnetzes überzeugte man sich, daß diese Art der Aufsichtsführung nicht mehr genügte, und im Jahre 1879 wurde ein Generaldirektor der Eisenbahnen ernannt. Die technischen Beamten wurden mit bestimmten Befugnissen als Vertreter bei den verschiedenen Provinzialregierungen beibehalten. Im Jahre 1897 wurde an Stelle eines Generaldirektors ein Direktor des Eisenbahnbaues und ein Direktor des Eisenbahnverkehrs eingesetzt und wurden die Befugnisse der Provinzialaufsichtsbeamten denen der Zentralbehörde angepaßt. Im Jahre 1901 und 1902 bereiste ein englischer Sachverständiger, Thomas Robertson, Indien, um die dortigen Eisenbahnverhältnisse zu untersuchen. Auf Grund eines von ihm im Jahre 1903 erstatteten Berichtes wurde im Jahre 1905 eine Zentraleisenbahnbehörde eingesetzt, bestehend aus: einem Präsidenten und zwei Mitgliedern mit einem Sekretär, die mit weitgehenden Befugnissen ausgestattet waren. Diese Behörde untersteht dem Generalgouverneur. Die finanzielle Überwachung der Eisenbahnen wurde nun dieser Behörde übertragen, während aus den technischen Beamten der Provinzen Regierungsinspektoren wurden, die für Sicherheit und Bequemlichkeit der Reisenden auf den Linien in ihren Aufsichtsbezirken verantwortlich sind. Es gibt in Indien kein Clearinghouse (Zentralabrechnungsstelle). Der Mangel eines solchen macht sich sehr fühlbar. Die Direktoren der Eisenbahnen treten in der Regel einmal im Jahr zu einer Konferenz zusammen, in der über gemeinsame Fragen beraten wird. Ihre Beschlüsse werden der Zentraleisenbahnbehörde und der in England ansässigen Verwaltungsstelle vorgelegt. Verbunden mit dieser Vereinigung ist der Ausschuß der Lokomotiv- und Wagen-Oberaufsichtsbeamten, der sich auch jährlich versammelt; seine wertvolle Arbeit besteht in der Festsetzung von Normalien für das rollende Material und seine Bestandteile. 4. Technische Fragen. Allgemeine Anlage. Spurweite. Ein Fehler der ersten Unternehmer war es, die indischen Eisenbahnen nach einem zu großen Maßstab anzulegen. Die ersten Bahnen waren doppelgleisig geplant, und es wurden Brücken für zwei Gleise gebaut, obgleich die ersten Linien eingleisig hergestellt wurden und erst 20 Jahre später die Notwendigkeit eines zweiten Gleises und dann auch nur in den stärker bevölkerten Gegenden sich fühlbar machte; viele hundert Meilen sind noch eingleisig geblieben, aber mit Unterbau und Brücken für zwei Gleise. Ferner wurde zunächst mehr Wert auf eine geradlinige Führung der Trassen gelegt, als darauf, die Haupthandelszentren unmittelbar zu berühren. Die Endstationen wurden entweder an die Peripherie der Städte oder sogar einige Meilen von ihnen entfernt angelegt. Viele solche Beispiele kamen in Südindien vor; das schlagendste ist vielleicht die Wahl von Beypur als Endpunkt der alten Madras Railway an der Küste von Malabar. Beypur war ein Fischerdorf und einige Meilen entfernt von der Hauptstadt von Malabar, Calicut; etwa 27 Jahre später, im Jahre 1888, wurde Calicut an die Hauptlinie angeschlossen und Beypur aufgegeben. Unter dieser Politik haben die Eisenbahneinnahmen stark gelitten. Das Land hat zwei Hauptspurweiten: 5–6'' (1·676 m) und 3''–33/8'' (1·0 m). Die Umwandlung dieser zwei Spuren in eine einheitliche ist besonders durch Mr. Robertson in seinem Bericht befürwortet worden (s. oben). Er empfahl die Annahme der gemeinsamen europäischen und amerikanischen Spur von 4'-81/2'' (1·435 m). Seine Vorschläge wurden aber nicht beachtet. Die Spur von 5'–6'' ist erst nach langen Verhandlungen festgesetzt worden und viele Jahre war es die alleinige. Später wurden von Zeit zu Zeit Vorschläge gemacht, um für die Nebenlinien eine kleinere Spur einzuführen. Diese wurde jedoch erst im Jahre 1870 für Linien von untergeordneter Bedeutung angenommen, und es wurde bestimmt, daß diese Bahnen, wenn die Verhältnisse es nötig machten, die breitere Spur erhalten sollten. Es wurde ein Ausschuß eingesetzt, um die Spur festzusetzen und die Meterspur (3'–33/8 Fuß) wurde als zweite Normalspur für die indischen Bahnen angenommen. Vereinzelte kurze Linien mit nur lokaler Bedeutung haben Spurweiten von 2'– 6'' (0·76 m) und 2 Fuß (0·61 m).

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 6. Berlin, Wien, 1914, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen06_1914/280>, abgerufen am 22.11.2024.