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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 6. Berlin, Wien, 1914.

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gebaut. Eine ältere Bauart weist die von derselben Firma in 1893 in Chicago erbaute H. über den Chicagofluß in der Süd-Halsteadstraße auf (Abb. 154).

Die ungefähr 40 m lange und 14·60 m breite Straßen-H. wiegt 290 t. Die vier je an acht Drahtseilen von 39 mm Stärke aufgehängten gußeisernen Gegengewichte wiegen ebensoviel. Zum Heben, bzw. Senken der H. diente anfänglich eine Dampfmaschine, die sich auf dem Lande unterhalb der Zufahrtstraße befand und zwei Seiltrommeln bewegte, von der die Drahtseile


Abb. 154. Hubbrücke in der Süd-Halsteadstraße in Chicago.
über die nötigen Leitrollen und Scheiben einerseits zu dem zu bewegenden Brückenteil und anderseits zu den Gegengewichten gehen. Dreht die Maschine in einer Richtung, dann werden die an der H. befestigten Seile auf die Trommeln gewunden, indem die an den Gegengewichten befestigten Seile ebensoviel abgewunden werden, wodurch die H. gehoben wird. Dreht die Maschine in entgegengesetzter Richtung, dann werden die Gegengewichte hochgezogen und somit die H. gesenkt.

Die zwei 70 PS.-Dampfmaschinen sind seit einigen Jahren durch Elektromotoren ersetzt, die die H. in 37 Sek. 42·80 m heben können.

Ketten, deren eines Ende an der Brücke, das andere an dem Gegengewichte befestigt ist, gleichen in jeder Stellung der H. den Unterschied zwischen den Gewichten der Seile an beiden Seiten der Rollen auf den Türmen aus.

Eine solche Ausgleichung findet bei den neueren H. nicht statt und ist bei mechanischem Antrieb des Bewegungsmechanismus auch wohl überflüssig, wenn man nur die Motoren entsprechend kräftiger nimmt. Es dürfte sich sogar empfehlen, bei Eisenbahn-H. von einer solchen Ausgleichung immer Abstand zu nehmen. Denn, wenn die Gegengewichte ebenso schwer sind wie der zu hebende Brückenteil, genügt das Gewicht der Kabel, um zu verhindern, daß die H. infolge der durch atmosphärische oder sonstige Einflüsse verursachten geringen Gewichtsänderungen die Neigung haben wird, sich aus ihren Endstellungen zu begeben.

An jedem Turmeck ist oben und unten ein Wasserdruckpuffer angebracht, der kräftig genug ist, um den Stoß der mit größter Geschwindigkeit (1·22 m i. d. Sek.) anlangenden H. unschädlich zu machen. Durch teilweise Füllung, bzw. Entleerung eines an der H. befindlichen Wasserbehälters kann zu jeder Zeit das durch irgend eine Ursache gestörte Gleichgewicht wieder hergestellt werden. Dieser Wasserbehälter wird aber nicht mehr gebraucht; etwaige Gewichtsunterschiede werden durch Zufügung von Gewichten ausgeglichen.

gebaut. Eine ältere Bauart weist die von derselben Firma in 1893 in Chicago erbaute H. über den Chicagofluß in der Süd-Halsteadstraße auf (Abb. 154).

Die ungefähr 40 m lange und 14·60 m breite Straßen-H. wiegt 290 t. Die vier je an acht Drahtseilen von 39 mm Stärke aufgehängten gußeisernen Gegengewichte wiegen ebensoviel. Zum Heben, bzw. Senken der H. diente anfänglich eine Dampfmaschine, die sich auf dem Lande unterhalb der Zufahrtstraße befand und zwei Seiltrommeln bewegte, von der die Drahtseile


Abb. 154. Hubbrücke in der Süd-Halsteadstraße in Chicago.
über die nötigen Leitrollen und Scheiben einerseits zu dem zu bewegenden Brückenteil und anderseits zu den Gegengewichten gehen. Dreht die Maschine in einer Richtung, dann werden die an der H. befestigten Seile auf die Trommeln gewunden, indem die an den Gegengewichten befestigten Seile ebensoviel abgewunden werden, wodurch die H. gehoben wird. Dreht die Maschine in entgegengesetzter Richtung, dann werden die Gegengewichte hochgezogen und somit die H. gesenkt.

Die zwei 70 PS.-Dampfmaschinen sind seit einigen Jahren durch Elektromotoren ersetzt, die die H. in 37 Sek. 42·80 m heben können.

Ketten, deren eines Ende an der Brücke, das andere an dem Gegengewichte befestigt ist, gleichen in jeder Stellung der H. den Unterschied zwischen den Gewichten der Seile an beiden Seiten der Rollen auf den Türmen aus.

Eine solche Ausgleichung findet bei den neueren H. nicht statt und ist bei mechanischem Antrieb des Bewegungsmechanismus auch wohl überflüssig, wenn man nur die Motoren entsprechend kräftiger nimmt. Es dürfte sich sogar empfehlen, bei Eisenbahn-H. von einer solchen Ausgleichung immer Abstand zu nehmen. Denn, wenn die Gegengewichte ebenso schwer sind wie der zu hebende Brückenteil, genügt das Gewicht der Kabel, um zu verhindern, daß die H. infolge der durch atmosphärische oder sonstige Einflüsse verursachten geringen Gewichtsänderungen die Neigung haben wird, sich aus ihren Endstellungen zu begeben.

An jedem Turmeck ist oben und unten ein Wasserdruckpuffer angebracht, der kräftig genug ist, um den Stoß der mit größter Geschwindigkeit (1·22 m i. d. Sek.) anlangenden H. unschädlich zu machen. Durch teilweise Füllung, bzw. Entleerung eines an der H. befindlichen Wasserbehälters kann zu jeder Zeit das durch irgend eine Ursache gestörte Gleichgewicht wieder hergestellt werden. Dieser Wasserbehälter wird aber nicht mehr gebraucht; etwaige Gewichtsunterschiede werden durch Zufügung von Gewichten ausgeglichen.

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[244/0258] gebaut. Eine ältere Bauart weist die von derselben Firma in 1893 in Chicago erbaute H. über den Chicagofluß in der Süd-Halsteadstraße auf (Abb. 154). Die ungefähr 40 m lange und 14·60 m breite Straßen-H. wiegt 290 t. Die vier je an acht Drahtseilen von 39 mm Stärke aufgehängten gußeisernen Gegengewichte wiegen ebensoviel. Zum Heben, bzw. Senken der H. diente anfänglich eine Dampfmaschine, die sich auf dem Lande unterhalb der Zufahrtstraße befand und zwei Seiltrommeln bewegte, von der die Drahtseile [Abbildung Abb. 154. Hubbrücke in der Süd-Halsteadstraße in Chicago. ] über die nötigen Leitrollen und Scheiben einerseits zu dem zu bewegenden Brückenteil und anderseits zu den Gegengewichten gehen. Dreht die Maschine in einer Richtung, dann werden die an der H. befestigten Seile auf die Trommeln gewunden, indem die an den Gegengewichten befestigten Seile ebensoviel abgewunden werden, wodurch die H. gehoben wird. Dreht die Maschine in entgegengesetzter Richtung, dann werden die Gegengewichte hochgezogen und somit die H. gesenkt. Die zwei 70 PS.-Dampfmaschinen sind seit einigen Jahren durch Elektromotoren ersetzt, die die H. in 37 Sek. 42·80 m heben können. Ketten, deren eines Ende an der Brücke, das andere an dem Gegengewichte befestigt ist, gleichen in jeder Stellung der H. den Unterschied zwischen den Gewichten der Seile an beiden Seiten der Rollen auf den Türmen aus. Eine solche Ausgleichung findet bei den neueren H. nicht statt und ist bei mechanischem Antrieb des Bewegungsmechanismus auch wohl überflüssig, wenn man nur die Motoren entsprechend kräftiger nimmt. Es dürfte sich sogar empfehlen, bei Eisenbahn-H. von einer solchen Ausgleichung immer Abstand zu nehmen. Denn, wenn die Gegengewichte ebenso schwer sind wie der zu hebende Brückenteil, genügt das Gewicht der Kabel, um zu verhindern, daß die H. infolge der durch atmosphärische oder sonstige Einflüsse verursachten geringen Gewichtsänderungen die Neigung haben wird, sich aus ihren Endstellungen zu begeben. An jedem Turmeck ist oben und unten ein Wasserdruckpuffer angebracht, der kräftig genug ist, um den Stoß der mit größter Geschwindigkeit (1·22 m i. d. Sek.) anlangenden H. unschädlich zu machen. Durch teilweise Füllung, bzw. Entleerung eines an der H. befindlichen Wasserbehälters kann zu jeder Zeit das durch irgend eine Ursache gestörte Gleichgewicht wieder hergestellt werden. Dieser Wasserbehälter wird aber nicht mehr gebraucht; etwaige Gewichtsunterschiede werden durch Zufügung von Gewichten ausgeglichen.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 6. Berlin, Wien, 1914, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen06_1914/258>, abgerufen am 22.11.2024.