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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 6. Berlin, Wien, 1914.

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Betriebsergebnissen nach dem bei Gründung einer Bahn aufzustellenden Finanzplan das in Schuldverschreibungen und Aktien ausgedrückte Anlagekapital während der Konzessionsdauer getilgt sein soll. Freilich gilt dies nicht in vollem Maße von den stets notwendig werdenden Ergänzungen und Auswechslungen an den ursprünglichen Anlagen, deren Kosten, wenn sie in die letzten Jahre vor Konzessionsablauf fallen, kaum vor Eintritt des H. getilgt sein könnten. Anderseits sind Zuwendungen, die der Staat in den verschiedenen möglichen Formen (Subventionen, Garantiezahlungen u. s. w.) für die Bahn gemacht hat, bei Eintritt des H. nicht zu erstatten.

Die praktische Bedeutung des H. der Bahnen, in denen man hie und da mit Rücksicht auf ihren zukünftigen unentgeltlichen Eintritt in das Staatsvermögen eine Art außerordentlichen Reservefonds des Staates erblicken zu können geglaubt hat, darf nicht überschätzt werden. Die wirtschaftspolitischen Notwendigkeiten drängen zumeist zur Übernahme der Bahnen durch den Staat vor Ablauf ihrer Konzession, so daß in den seltensten Fällen bis zum Eintritte des H. gewartet werden kann, vielmehr vom Rückkaufsrecht Gebrauch gemacht wird. Wo aber am Privatbetrieb festgehalten wird, wird auch nach Ablauf der Konzession eine Verlängerung oder Neuverleihung an Privatunternehmungen erfolgen.

B. Inhalt des Heimfallsrechts.

Soweit sich bei der Verschiedenartigkeit der Einzelbestimmungen in Konzessionsgesetzen und Konzessionsurkunden über Bestand, Umfang und Art der Geltendmachung des Heimfallsrechts einheitliche Normen herausheben lassen, sind dies folgende:

Die Konzession setzt vor allem den Zeitpunkt fest, bis zu dem die Konzessionäre ihre ausschließlichen Eigentums- und Betriebsrechte ausüben, wobei diese Zeit vom Tag der Konzessionserteilung, häufig auch vom Tag der Betriebseröffnung an, gerechnet wird.

Als Regel gilt, daß alles das dem H. unterworfen ist, was aus dem staatlich genehmigten Anlagekapital angeschafft worden ist. Doch sind die Einzelheiten sehr verschieden festgelegt. Zumeist erstreckt sich der H. auf die Immobilien und sämtliches unbewegliche Zugehör, ferner nach dem Konzessionsrecht mancher Länder auch auf die beweglichen Sachen, die unmittelbar zum Bahnbetrieb dienen, während die nur mittelbar mit dem Betrieb zusammenhängenden Objekte (z. B. selbständige Lokomotivfabriken, Bergwerke u. s. w.) und Mobilien nicht unter das Heimfallsrecht fallen und nur durch Ablösung an den Staat übergehen können. Ferner werden regelmäßig aus dem Heimfallsrecht ausgeschaltet der Reservefonds und die ausstehenden Aktiven der Bahn, wenn sie aus dem eigenen Erträgnis der Bahn herrühren; wogegen Baureservefonds meistens einen Gegenstand des H. bilden.

Der H. tritt unmittelbar, d. h. ohne Hinzutun des Staates, u. zw. vom Tag des Ablaufes der Konzession ein. Der Übergang hat lastenfrei zu erfolgen. Für die nicht heimfallenden Teile der Eisenbahn werden in der Konzession Ablösungsgrundlagen festgesetzt. Das Heimfallsrecht anderer öffentlicher Körperschaften (Länder, Provinzen, Gemeinden) kann hinsichtlich von Bahnen niederer Ordnung, namentlich Kleinbahnen, durch besondere Bestimmungen vorbehalten sein. Inhalt und Umfang decken sich dann im wesentlichen mit dem staatlichen Heimfallsrechte.

C. Die Regelung des Heimfallsrechts in den einzelnen Staaten.

Unter den deutschen Staaten hat Preußen in sein Eisenbahngesetz vom 3. November 1838 nur ein Rückkaufsrecht, jedoch kein Heimfallsrecht aufgenommen; ebenso Sachsen, Baden, Oldenburg, Hessen (hier mit Vorbehaft des Rückkaufs vor oder nach Ablauf der Konzession nach Schätzwert, der aber den 20fachen Betrag des durchschnittlichen Reinertrages der letzten 5 Jahre nicht übersteigen soll). In Bayern ist durch die Verordnung vom 20. Juni 1855 ein Heimfallsrecht festgesetzt, indem die Konzessionen auf höchstens 99 Jahre verliehen werden und nach deren Ablauf das unbewegliche Bahneigentum nebst Zubehör ohne Entgelt unmittelbar an den Staat übergehen soll. Für das bewegliche Eigentum ist ein Einlösungsrecht vorbehalten.

In Österreich lassen sich für das Heimfallsrecht drei Perioden unterscheiden:

1. Vor dem Hofkanzleidekret vom 18. Juni 1838 hatte die Konzession eine Dauer von 50 Jahren, nach deren Ablauf die Konzessionäre "mit den Real- und Mobilarzugehörungen frei schalten, über deren Ablösung mit dem Staate oder Privaten in Unterhandlung treten können", falls nicht eine Erneuerung stattfinde.

2. In der Zeit von 1838 bis zum Eisenbahnkonzessionsgesetz vom 14. September 1854 galt als Regel, daß nach Ablauf der Konzessionsdauer von 50 Jahren der H. stattfinden solle. Der Staat versprach aber den Unternehmern, die während der Konzessionsdauer keinen zureichenden Ersatz für ihre Bauauslagen

Betriebsergebnissen nach dem bei Gründung einer Bahn aufzustellenden Finanzplan das in Schuldverschreibungen und Aktien ausgedrückte Anlagekapital während der Konzessionsdauer getilgt sein soll. Freilich gilt dies nicht in vollem Maße von den stets notwendig werdenden Ergänzungen und Auswechslungen an den ursprünglichen Anlagen, deren Kosten, wenn sie in die letzten Jahre vor Konzessionsablauf fallen, kaum vor Eintritt des H. getilgt sein könnten. Anderseits sind Zuwendungen, die der Staat in den verschiedenen möglichen Formen (Subventionen, Garantiezahlungen u. s. w.) für die Bahn gemacht hat, bei Eintritt des H. nicht zu erstatten.

Die praktische Bedeutung des H. der Bahnen, in denen man hie und da mit Rücksicht auf ihren zukünftigen unentgeltlichen Eintritt in das Staatsvermögen eine Art außerordentlichen Reservefonds des Staates erblicken zu können geglaubt hat, darf nicht überschätzt werden. Die wirtschaftspolitischen Notwendigkeiten drängen zumeist zur Übernahme der Bahnen durch den Staat vor Ablauf ihrer Konzession, so daß in den seltensten Fällen bis zum Eintritte des H. gewartet werden kann, vielmehr vom Rückkaufsrecht Gebrauch gemacht wird. Wo aber am Privatbetrieb festgehalten wird, wird auch nach Ablauf der Konzession eine Verlängerung oder Neuverleihung an Privatunternehmungen erfolgen.

B. Inhalt des Heimfallsrechts.

Soweit sich bei der Verschiedenartigkeit der Einzelbestimmungen in Konzessionsgesetzen und Konzessionsurkunden über Bestand, Umfang und Art der Geltendmachung des Heimfallsrechts einheitliche Normen herausheben lassen, sind dies folgende:

Die Konzession setzt vor allem den Zeitpunkt fest, bis zu dem die Konzessionäre ihre ausschließlichen Eigentums- und Betriebsrechte ausüben, wobei diese Zeit vom Tag der Konzessionserteilung, häufig auch vom Tag der Betriebseröffnung an, gerechnet wird.

Als Regel gilt, daß alles das dem H. unterworfen ist, was aus dem staatlich genehmigten Anlagekapital angeschafft worden ist. Doch sind die Einzelheiten sehr verschieden festgelegt. Zumeist erstreckt sich der H. auf die Immobilien und sämtliches unbewegliche Zugehör, ferner nach dem Konzessionsrecht mancher Länder auch auf die beweglichen Sachen, die unmittelbar zum Bahnbetrieb dienen, während die nur mittelbar mit dem Betrieb zusammenhängenden Objekte (z. B. selbständige Lokomotivfabriken, Bergwerke u. s. w.) und Mobilien nicht unter das Heimfallsrecht fallen und nur durch Ablösung an den Staat übergehen können. Ferner werden regelmäßig aus dem Heimfallsrecht ausgeschaltet der Reservefonds und die ausstehenden Aktiven der Bahn, wenn sie aus dem eigenen Erträgnis der Bahn herrühren; wogegen Baureservefonds meistens einen Gegenstand des H. bilden.

Der H. tritt unmittelbar, d. h. ohne Hinzutun des Staates, u. zw. vom Tag des Ablaufes der Konzession ein. Der Übergang hat lastenfrei zu erfolgen. Für die nicht heimfallenden Teile der Eisenbahn werden in der Konzession Ablösungsgrundlagen festgesetzt. Das Heimfallsrecht anderer öffentlicher Körperschaften (Länder, Provinzen, Gemeinden) kann hinsichtlich von Bahnen niederer Ordnung, namentlich Kleinbahnen, durch besondere Bestimmungen vorbehalten sein. Inhalt und Umfang decken sich dann im wesentlichen mit dem staatlichen Heimfallsrechte.

C. Die Regelung des Heimfallsrechts in den einzelnen Staaten.

Unter den deutschen Staaten hat Preußen in sein Eisenbahngesetz vom 3. November 1838 nur ein Rückkaufsrecht, jedoch kein Heimfallsrecht aufgenommen; ebenso Sachsen, Baden, Oldenburg, Hessen (hier mit Vorbehaft des Rückkaufs vor oder nach Ablauf der Konzession nach Schätzwert, der aber den 20fachen Betrag des durchschnittlichen Reinertrages der letzten 5 Jahre nicht übersteigen soll). In Bayern ist durch die Verordnung vom 20. Juni 1855 ein Heimfallsrecht festgesetzt, indem die Konzessionen auf höchstens 99 Jahre verliehen werden und nach deren Ablauf das unbewegliche Bahneigentum nebst Zubehör ohne Entgelt unmittelbar an den Staat übergehen soll. Für das bewegliche Eigentum ist ein Einlösungsrecht vorbehalten.

In Österreich lassen sich für das Heimfallsrecht drei Perioden unterscheiden:

1. Vor dem Hofkanzleidekret vom 18. Juni 1838 hatte die Konzession eine Dauer von 50 Jahren, nach deren Ablauf die Konzessionäre „mit den Real- und Mobilarzugehörungen frei schalten, über deren Ablösung mit dem Staate oder Privaten in Unterhandlung treten können“, falls nicht eine Erneuerung stattfinde.

2. In der Zeit von 1838 bis zum Eisenbahnkonzessionsgesetz vom 14. September 1854 galt als Regel, daß nach Ablauf der Konzessionsdauer von 50 Jahren der H. stattfinden solle. Der Staat versprach aber den Unternehmern, die während der Konzessionsdauer keinen zureichenden Ersatz für ihre Bauauslagen

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Betriebsergebnissen nach dem bei Gründung einer Bahn aufzustellenden Finanzplan das in Schuldverschreibungen und Aktien ausgedrückte Anlagekapital während der Konzessionsdauer getilgt sein soll. Freilich gilt dies nicht in vollem Maße von den stets notwendig werdenden Ergänzungen und Auswechslungen an den ursprünglichen Anlagen, deren Kosten, wenn sie in die letzten Jahre vor Konzessionsablauf fallen, kaum vor Eintritt des H. getilgt sein könnten. Anderseits sind Zuwendungen, die der Staat in den verschiedenen möglichen Formen (Subventionen, Garantiezahlungen u. s. w.) für die Bahn gemacht hat, bei Eintritt des H. nicht zu erstatten.</p><lb/>
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[133/0144] Betriebsergebnissen nach dem bei Gründung einer Bahn aufzustellenden Finanzplan das in Schuldverschreibungen und Aktien ausgedrückte Anlagekapital während der Konzessionsdauer getilgt sein soll. Freilich gilt dies nicht in vollem Maße von den stets notwendig werdenden Ergänzungen und Auswechslungen an den ursprünglichen Anlagen, deren Kosten, wenn sie in die letzten Jahre vor Konzessionsablauf fallen, kaum vor Eintritt des H. getilgt sein könnten. Anderseits sind Zuwendungen, die der Staat in den verschiedenen möglichen Formen (Subventionen, Garantiezahlungen u. s. w.) für die Bahn gemacht hat, bei Eintritt des H. nicht zu erstatten. Die praktische Bedeutung des H. der Bahnen, in denen man hie und da mit Rücksicht auf ihren zukünftigen unentgeltlichen Eintritt in das Staatsvermögen eine Art außerordentlichen Reservefonds des Staates erblicken zu können geglaubt hat, darf nicht überschätzt werden. Die wirtschaftspolitischen Notwendigkeiten drängen zumeist zur Übernahme der Bahnen durch den Staat vor Ablauf ihrer Konzession, so daß in den seltensten Fällen bis zum Eintritte des H. gewartet werden kann, vielmehr vom Rückkaufsrecht Gebrauch gemacht wird. Wo aber am Privatbetrieb festgehalten wird, wird auch nach Ablauf der Konzession eine Verlängerung oder Neuverleihung an Privatunternehmungen erfolgen. B. Inhalt des Heimfallsrechts. Soweit sich bei der Verschiedenartigkeit der Einzelbestimmungen in Konzessionsgesetzen und Konzessionsurkunden über Bestand, Umfang und Art der Geltendmachung des Heimfallsrechts einheitliche Normen herausheben lassen, sind dies folgende: Die Konzession setzt vor allem den Zeitpunkt fest, bis zu dem die Konzessionäre ihre ausschließlichen Eigentums- und Betriebsrechte ausüben, wobei diese Zeit vom Tag der Konzessionserteilung, häufig auch vom Tag der Betriebseröffnung an, gerechnet wird. Als Regel gilt, daß alles das dem H. unterworfen ist, was aus dem staatlich genehmigten Anlagekapital angeschafft worden ist. Doch sind die Einzelheiten sehr verschieden festgelegt. Zumeist erstreckt sich der H. auf die Immobilien und sämtliches unbewegliche Zugehör, ferner nach dem Konzessionsrecht mancher Länder auch auf die beweglichen Sachen, die unmittelbar zum Bahnbetrieb dienen, während die nur mittelbar mit dem Betrieb zusammenhängenden Objekte (z. B. selbständige Lokomotivfabriken, Bergwerke u. s. w.) und Mobilien nicht unter das Heimfallsrecht fallen und nur durch Ablösung an den Staat übergehen können. Ferner werden regelmäßig aus dem Heimfallsrecht ausgeschaltet der Reservefonds und die ausstehenden Aktiven der Bahn, wenn sie aus dem eigenen Erträgnis der Bahn herrühren; wogegen Baureservefonds meistens einen Gegenstand des H. bilden. Der H. tritt unmittelbar, d. h. ohne Hinzutun des Staates, u. zw. vom Tag des Ablaufes der Konzession ein. Der Übergang hat lastenfrei zu erfolgen. Für die nicht heimfallenden Teile der Eisenbahn werden in der Konzession Ablösungsgrundlagen festgesetzt. Das Heimfallsrecht anderer öffentlicher Körperschaften (Länder, Provinzen, Gemeinden) kann hinsichtlich von Bahnen niederer Ordnung, namentlich Kleinbahnen, durch besondere Bestimmungen vorbehalten sein. Inhalt und Umfang decken sich dann im wesentlichen mit dem staatlichen Heimfallsrechte. C. Die Regelung des Heimfallsrechts in den einzelnen Staaten. Unter den deutschen Staaten hat Preußen in sein Eisenbahngesetz vom 3. November 1838 nur ein Rückkaufsrecht, jedoch kein Heimfallsrecht aufgenommen; ebenso Sachsen, Baden, Oldenburg, Hessen (hier mit Vorbehaft des Rückkaufs vor oder nach Ablauf der Konzession nach Schätzwert, der aber den 20fachen Betrag des durchschnittlichen Reinertrages der letzten 5 Jahre nicht übersteigen soll). In Bayern ist durch die Verordnung vom 20. Juni 1855 ein Heimfallsrecht festgesetzt, indem die Konzessionen auf höchstens 99 Jahre verliehen werden und nach deren Ablauf das unbewegliche Bahneigentum nebst Zubehör ohne Entgelt unmittelbar an den Staat übergehen soll. Für das bewegliche Eigentum ist ein Einlösungsrecht vorbehalten. In Österreich lassen sich für das Heimfallsrecht drei Perioden unterscheiden: 1. Vor dem Hofkanzleidekret vom 18. Juni 1838 hatte die Konzession eine Dauer von 50 Jahren, nach deren Ablauf die Konzessionäre „mit den Real- und Mobilarzugehörungen frei schalten, über deren Ablösung mit dem Staate oder Privaten in Unterhandlung treten können“, falls nicht eine Erneuerung stattfinde. 2. In der Zeit von 1838 bis zum Eisenbahnkonzessionsgesetz vom 14. September 1854 galt als Regel, daß nach Ablauf der Konzessionsdauer von 50 Jahren der H. stattfinden solle. Der Staat versprach aber den Unternehmern, die während der Konzessionsdauer keinen zureichenden Ersatz für ihre Bauauslagen

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 6. Berlin, Wien, 1914, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen06_1914/144>, abgerufen am 23.11.2024.