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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914.

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des Güterverkehrs stellt sich das Verhältnis zwischen toter Last und Nutzlast sehr verschieden nach den verschiedenen Transporten, u. zw. absolut verschieden, d. h. unter Voraussetzung der vollen Ausnutzung der Beförderungsmittel und relativ, d. h. nach der tatsächlichen durchschnittlichen Ausnutzung der Beförderungsmittel. Hiernach unterscheidet man absolute und relative Tara.

Im Güterverkehr ist die Tara absolut verschieden nach Umfang und Gewicht der verschiedenen Güter, je nachdem von ihnen ein derartiges Gewicht in den Raum eines Wagens verladen werden kann, daß die Tragfähigkeit des Wagens voll ausgenutzt wird oder nicht. Relativ verschieden ist sie nach der Gleichmäßigkeit oder Ungleichmäßigkeit des Verkehrs zu den verschiedenen Jahreszeiten und je nachdem Rückladung vorhanden ist oder nicht, sodann aber auch danach, ob die Güter in Mengen aufgegeben werden, die der Tragfähigkeit eines Wagens entsprechen oder darunter bleiben. Wenn man diese Möglichkeiten der absoluten und relativen Tara genau ermitteln wollte, so würden sich Verschiedenheiten der veränderlichen Selbstkosten fast für jeden Transport und fast auf jeder Eisenbahnlinie ergeben; dies würde für die Festsetzung des festen Tarifteils keine brauchbare Grundlage geben. Man läßt sie deshalb unberücksichtigt und legt nur die größeren durchschnittlichen Verschiedenheiten zu grunde. Auf diese Weise gelangt man für die Bemessung des festen Tarifteils zur Feststellung verschiedener Klassen, der sog. Taraklassifikation, die auf den wesentlichen Taraverschiedenheiten im Güterverkehr beruht.

Nach der Taraklassifikation ist vor allem zu unterscheiden zwischen Einzel- oder Stückgut und Wagenladung. Als letztere ist nach der Natur der Sache das aufgegebene Gut nur in dem Fall anzusehen, wenn es die Tragkraft des Wagens, worin es verladen wird, voll ausnutzt, wenn also die absolute und relative Tara zusammenfallen, während überall, wo dies nicht der Fall ist, es als Stück- oder Einzelgut zu betrachten ist. In der Praxis erwachsen indes hierbei mannigfache Schwierigkeiten, weshalb diese Unterscheidung in ihrer Reinheit nicht aufrecht erhalten wird.

a) Die erste große Schwierigkeit erwächst aus der Verschiedenheit der Tragkraft, des Ladegewichts und des Fassungsraumes der Ladefläche der Wagen.

Da die Eisenbahnen als öffentliche Verkehrsanstalten für die Beförderung jeglicher Art Güter zu sorgen haben, so hat sich hieraus von selbst eine Verschiedenartigkeit der Wagen je nach der Ladefläche und dem Ladegewicht ergeben. Beispielsweise benutzte man in den ersten deutschen Eisenbahnzeiten Wagen mit einem Ladegewicht von nur 100 Zentnern = 5 t; aber schon zur Zeit der Verstaatlichungen in Preußen in den Achtzigerjahren des vorigen Jahrhunderts ging man zu der 10 t-Wagenform über. Hierbei ist man aber nicht stehen geblieben. Die Erkenntnis, daß sich mit der Vergrößerung des Ladegewichts die tote Last vermindert und damit der Betrieb verbilligt, daß die Verwendung von Wagen mit höherem Ladegewicht eine wirtschaftlichere Ausnutzung der öffentlichen Ladestraßen und Privatanschlußanlagen ermöglicht und daß schließlich der Bau derartiger Wagen insofern verhältnismäßig billiger wird, als mit denselben Anschaffungskosten die Beförderung größerer Güter erreicht wird, hat namentlich bei den preußischen Staatsbahnen zu einer weiteren Vergrößerung des Ladegewichts der Wagen geführt. Hand in Hand hiermit ist auch die Ladefläche der Wagen gewachsen. Beispielsweise besaßen die preußischen Staatseisenbahnen 1888 an bedeckten Wagen von mehr als 20 m2 Ladefläche nur 0·90% ihres Gesamtbestandes an bedeckten Wagen, 1906 bereits 67·3%, weil eben nur noch bedeckte Wagen mit mindestens 21 m2 Ladefläche gebaut werden. Den Anstoß hierzu haben die Erfahrungen auf den nordamerikanischen Bahnen gegeben, die das Ladegewicht ihrer Güterwagen bis auf 40 und 50 t aus den erwähnten Gründen vergrößert haben. In ähnlicher Weise kann man auch eine Veränderung der Bauart der Wagen in den anderen Ländern feststellen. Die nachfolgenden Ausführungen gelten nur für solche Länder, in denen die Normalform der Güterwagen der 10 t-Wagen ist.

Abgesehen davon, daß stets ältere Wagen von geringerer und neue von größerer Tragkraft vorhanden sind, haben aber selbst die Wagen von gleicher Tragfähigkeit nicht gleichen Fassungsraum, so daß in den einen Wagen gleicher Tragfähigkeit mehr verladen werden kann als in den anderen. Eine Wagenladung kann daher unter den vorhandenen tatsächlichen Verhältnissen sehr verschieden sein. Dies ist aber natürlich für die Tariffestsetzung nicht zulässig, es muß vielmehr hierfür ein Normalwagen angenommen und dessen Tragkraft und Fassungsraum zu grunde gelegt werden, weil sonst die Fracht für dieselbe Menge desselben Guts sich verschieden hoch bemessen würde, je nach Tragkraft und Fassungsraum des zum Transport gestellten Wagens. Die vorhandenen Wagen mit anderem

des Güterverkehrs stellt sich das Verhältnis zwischen toter Last und Nutzlast sehr verschieden nach den verschiedenen Transporten, u. zw. absolut verschieden, d. h. unter Voraussetzung der vollen Ausnutzung der Beförderungsmittel und relativ, d. h. nach der tatsächlichen durchschnittlichen Ausnutzung der Beförderungsmittel. Hiernach unterscheidet man absolute und relative Tara.

Im Güterverkehr ist die Tara absolut verschieden nach Umfang und Gewicht der verschiedenen Güter, je nachdem von ihnen ein derartiges Gewicht in den Raum eines Wagens verladen werden kann, daß die Tragfähigkeit des Wagens voll ausgenutzt wird oder nicht. Relativ verschieden ist sie nach der Gleichmäßigkeit oder Ungleichmäßigkeit des Verkehrs zu den verschiedenen Jahreszeiten und je nachdem Rückladung vorhanden ist oder nicht, sodann aber auch danach, ob die Güter in Mengen aufgegeben werden, die der Tragfähigkeit eines Wagens entsprechen oder darunter bleiben. Wenn man diese Möglichkeiten der absoluten und relativen Tara genau ermitteln wollte, so würden sich Verschiedenheiten der veränderlichen Selbstkosten fast für jeden Transport und fast auf jeder Eisenbahnlinie ergeben; dies würde für die Festsetzung des festen Tarifteils keine brauchbare Grundlage geben. Man läßt sie deshalb unberücksichtigt und legt nur die größeren durchschnittlichen Verschiedenheiten zu grunde. Auf diese Weise gelangt man für die Bemessung des festen Tarifteils zur Feststellung verschiedener Klassen, der sog. Taraklassifikation, die auf den wesentlichen Taraverschiedenheiten im Güterverkehr beruht.

Nach der Taraklassifikation ist vor allem zu unterscheiden zwischen Einzel- oder Stückgut und Wagenladung. Als letztere ist nach der Natur der Sache das aufgegebene Gut nur in dem Fall anzusehen, wenn es die Tragkraft des Wagens, worin es verladen wird, voll ausnutzt, wenn also die absolute und relative Tara zusammenfallen, während überall, wo dies nicht der Fall ist, es als Stück- oder Einzelgut zu betrachten ist. In der Praxis erwachsen indes hierbei mannigfache Schwierigkeiten, weshalb diese Unterscheidung in ihrer Reinheit nicht aufrecht erhalten wird.

a) Die erste große Schwierigkeit erwächst aus der Verschiedenheit der Tragkraft, des Ladegewichts und des Fassungsraumes der Ladefläche der Wagen.

Da die Eisenbahnen als öffentliche Verkehrsanstalten für die Beförderung jeglicher Art Güter zu sorgen haben, so hat sich hieraus von selbst eine Verschiedenartigkeit der Wagen je nach der Ladefläche und dem Ladegewicht ergeben. Beispielsweise benutzte man in den ersten deutschen Eisenbahnzeiten Wagen mit einem Ladegewicht von nur 100 Zentnern = 5 t; aber schon zur Zeit der Verstaatlichungen in Preußen in den Achtzigerjahren des vorigen Jahrhunderts ging man zu der 10 t-Wagenform über. Hierbei ist man aber nicht stehen geblieben. Die Erkenntnis, daß sich mit der Vergrößerung des Ladegewichts die tote Last vermindert und damit der Betrieb verbilligt, daß die Verwendung von Wagen mit höherem Ladegewicht eine wirtschaftlichere Ausnutzung der öffentlichen Ladestraßen und Privatanschlußanlagen ermöglicht und daß schließlich der Bau derartiger Wagen insofern verhältnismäßig billiger wird, als mit denselben Anschaffungskosten die Beförderung größerer Güter erreicht wird, hat namentlich bei den preußischen Staatsbahnen zu einer weiteren Vergrößerung des Ladegewichts der Wagen geführt. Hand in Hand hiermit ist auch die Ladefläche der Wagen gewachsen. Beispielsweise besaßen die preußischen Staatseisenbahnen 1888 an bedeckten Wagen von mehr als 20 m2 Ladefläche nur 0·90% ihres Gesamtbestandes an bedeckten Wagen, 1906 bereits 67·3%, weil eben nur noch bedeckte Wagen mit mindestens 21 m2 Ladefläche gebaut werden. Den Anstoß hierzu haben die Erfahrungen auf den nordamerikanischen Bahnen gegeben, die das Ladegewicht ihrer Güterwagen bis auf 40 und 50 t aus den erwähnten Gründen vergrößert haben. In ähnlicher Weise kann man auch eine Veränderung der Bauart der Wagen in den anderen Ländern feststellen. Die nachfolgenden Ausführungen gelten nur für solche Länder, in denen die Normalform der Güterwagen der 10 t-Wagen ist.

Abgesehen davon, daß stets ältere Wagen von geringerer und neue von größerer Tragkraft vorhanden sind, haben aber selbst die Wagen von gleicher Tragfähigkeit nicht gleichen Fassungsraum, so daß in den einen Wagen gleicher Tragfähigkeit mehr verladen werden kann als in den anderen. Eine Wagenladung kann daher unter den vorhandenen tatsächlichen Verhältnissen sehr verschieden sein. Dies ist aber natürlich für die Tariffestsetzung nicht zulässig, es muß vielmehr hierfür ein Normalwagen angenommen und dessen Tragkraft und Fassungsraum zu grunde gelegt werden, weil sonst die Fracht für dieselbe Menge desselben Guts sich verschieden hoch bemessen würde, je nach Tragkraft und Fassungsraum des zum Transport gestellten Wagens. Die vorhandenen Wagen mit anderem

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[460/0472] des Güterverkehrs stellt sich das Verhältnis zwischen toter Last und Nutzlast sehr verschieden nach den verschiedenen Transporten, u. zw. absolut verschieden, d. h. unter Voraussetzung der vollen Ausnutzung der Beförderungsmittel und relativ, d. h. nach der tatsächlichen durchschnittlichen Ausnutzung der Beförderungsmittel. Hiernach unterscheidet man absolute und relative Tara. Im Güterverkehr ist die Tara absolut verschieden nach Umfang und Gewicht der verschiedenen Güter, je nachdem von ihnen ein derartiges Gewicht in den Raum eines Wagens verladen werden kann, daß die Tragfähigkeit des Wagens voll ausgenutzt wird oder nicht. Relativ verschieden ist sie nach der Gleichmäßigkeit oder Ungleichmäßigkeit des Verkehrs zu den verschiedenen Jahreszeiten und je nachdem Rückladung vorhanden ist oder nicht, sodann aber auch danach, ob die Güter in Mengen aufgegeben werden, die der Tragfähigkeit eines Wagens entsprechen oder darunter bleiben. Wenn man diese Möglichkeiten der absoluten und relativen Tara genau ermitteln wollte, so würden sich Verschiedenheiten der veränderlichen Selbstkosten fast für jeden Transport und fast auf jeder Eisenbahnlinie ergeben; dies würde für die Festsetzung des festen Tarifteils keine brauchbare Grundlage geben. Man läßt sie deshalb unberücksichtigt und legt nur die größeren durchschnittlichen Verschiedenheiten zu grunde. Auf diese Weise gelangt man für die Bemessung des festen Tarifteils zur Feststellung verschiedener Klassen, der sog. Taraklassifikation, die auf den wesentlichen Taraverschiedenheiten im Güterverkehr beruht. Nach der Taraklassifikation ist vor allem zu unterscheiden zwischen Einzel- oder Stückgut und Wagenladung. Als letztere ist nach der Natur der Sache das aufgegebene Gut nur in dem Fall anzusehen, wenn es die Tragkraft des Wagens, worin es verladen wird, voll ausnutzt, wenn also die absolute und relative Tara zusammenfallen, während überall, wo dies nicht der Fall ist, es als Stück- oder Einzelgut zu betrachten ist. In der Praxis erwachsen indes hierbei mannigfache Schwierigkeiten, weshalb diese Unterscheidung in ihrer Reinheit nicht aufrecht erhalten wird. a) Die erste große Schwierigkeit erwächst aus der Verschiedenheit der Tragkraft, des Ladegewichts und des Fassungsraumes der Ladefläche der Wagen. Da die Eisenbahnen als öffentliche Verkehrsanstalten für die Beförderung jeglicher Art Güter zu sorgen haben, so hat sich hieraus von selbst eine Verschiedenartigkeit der Wagen je nach der Ladefläche und dem Ladegewicht ergeben. Beispielsweise benutzte man in den ersten deutschen Eisenbahnzeiten Wagen mit einem Ladegewicht von nur 100 Zentnern = 5 t; aber schon zur Zeit der Verstaatlichungen in Preußen in den Achtzigerjahren des vorigen Jahrhunderts ging man zu der 10 t-Wagenform über. Hierbei ist man aber nicht stehen geblieben. Die Erkenntnis, daß sich mit der Vergrößerung des Ladegewichts die tote Last vermindert und damit der Betrieb verbilligt, daß die Verwendung von Wagen mit höherem Ladegewicht eine wirtschaftlichere Ausnutzung der öffentlichen Ladestraßen und Privatanschlußanlagen ermöglicht und daß schließlich der Bau derartiger Wagen insofern verhältnismäßig billiger wird, als mit denselben Anschaffungskosten die Beförderung größerer Güter erreicht wird, hat namentlich bei den preußischen Staatsbahnen zu einer weiteren Vergrößerung des Ladegewichts der Wagen geführt. Hand in Hand hiermit ist auch die Ladefläche der Wagen gewachsen. Beispielsweise besaßen die preußischen Staatseisenbahnen 1888 an bedeckten Wagen von mehr als 20 m2 Ladefläche nur 0·90% ihres Gesamtbestandes an bedeckten Wagen, 1906 bereits 67·3%, weil eben nur noch bedeckte Wagen mit mindestens 21 m2 Ladefläche gebaut werden. Den Anstoß hierzu haben die Erfahrungen auf den nordamerikanischen Bahnen gegeben, die das Ladegewicht ihrer Güterwagen bis auf 40 und 50 t aus den erwähnten Gründen vergrößert haben. In ähnlicher Weise kann man auch eine Veränderung der Bauart der Wagen in den anderen Ländern feststellen. Die nachfolgenden Ausführungen gelten nur für solche Länder, in denen die Normalform der Güterwagen der 10 t-Wagen ist. Abgesehen davon, daß stets ältere Wagen von geringerer und neue von größerer Tragkraft vorhanden sind, haben aber selbst die Wagen von gleicher Tragfähigkeit nicht gleichen Fassungsraum, so daß in den einen Wagen gleicher Tragfähigkeit mehr verladen werden kann als in den anderen. Eine Wagenladung kann daher unter den vorhandenen tatsächlichen Verhältnissen sehr verschieden sein. Dies ist aber natürlich für die Tariffestsetzung nicht zulässig, es muß vielmehr hierfür ein Normalwagen angenommen und dessen Tragkraft und Fassungsraum zu grunde gelegt werden, weil sonst die Fracht für dieselbe Menge desselben Guts sich verschieden hoch bemessen würde, je nach Tragkraft und Fassungsraum des zum Transport gestellten Wagens. Die vorhandenen Wagen mit anderem

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen05_1914/472>, abgerufen am 22.07.2024.