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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914.

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Abb. 295. Längsschnitt des Gotthardtunnels.
und 7500 vom Nordeingange und 4600 m vom Südeingange entfernt. Das Gebirge bestand in den Strecken auf der Nordseite aus stark lettig zersetztem Gneis, teilweise blähend, so daß Zimmerung und Mauerung unter großem Druck stand und wiederholte Umbauten erforderlich waren; erst die 3. Herstellung des Mauerwerkes mit 1·5 m starken Granitquadern leistete genügenden Widerstand.

Der Wasserzufluß betrug in der Nordhälfte des Tunnels 50 l/Sek., in der Südhälfte 230 l/Sek. Der größte Zufluß von 348 l/Sek. fand bei 2092 m vom Südmunde aus statt, wodurch die Arbeiten wesentlich erschwert wurden.

Die Gesteinstemperatur in der Mitte des Tunnels bei 1700 m Gebirgsüberlagerung und - 6° C mittlerer Außentemperatur betrug 31° C. Durch Sprenggase, Beleuchtung und durch die menschliche Tätigkeit wurde die Temperatur im Tunnel noch nennenswert erhöht, was wesentliche Arbeitserschwernisse verursachte. Der zweigleisige Tunnelquerschnitt von 8 m Breite und 6 m Höhe hat 41 m2 Lichtfläche. Der Ausbruch wurde mit einem 6-7 m2 großen Firststollen begonnen, dem die seitlichen Erweiterungen (7-8 m2), der Sohlschlitz (11-12 m2) und schließlich die Strosse mit dem Kanäle (30-32 m2) folgten. Die Ausmauerung geschah nach der belgischen Bauweise, d. i. Herstellung des Gewölbes (0·4-0·7 m stark) nach Vollendung der seitlichen Erweiterung und Unterfangung durch die Widerlager nach dem Vollausbruche. Sohlgewölbe kam nur in den genannten Druckstrecken zur Anwendung. Der Kanal mit 0·4-1·0 m Weite wurde zumeist an den Widerlagern, ausnahmsweise bei Verwendung eines Sohlgewölbes in der Tunnelachse angeordnet.

Nischen sind im Abstände von 100 m erstellt; einige sind für die Unterbringung der Wärter und Signalstationen im Abstände von 1 km, zu größeren Kammern (3 m tief und 3 m breit) erweitert.

Im festen Gebirge wurde der Ausbruch des Firststollens und der Erweiterungen zeitweise auch des Sohlschlitzes mit Bohrmaschinen Ferroux und Mac Kean-Seguin (Preßluft von 3-5 Atm.) bewerkstelligt Der mittlere tägliche Stollenfortschritt auf die gesamte Bauzeit (7 Jahre 5 Monate) verteilt, betrug 5·5 m; hierbei wurde 5% der Bauzeit von Hand gebohrt.

Der größte Stollenfortschritt wurde im August 1878 mit 278 m, d. s. 8·96 m durchschnittlich täglich, erzielt.

Als Sprengmittel ist Dynamit (70%iges Nitroglyzerin), später stellenweise auch Sprenggelatine (90%iges Nitroglyzerin) verwendet worden.



Abb. 295. Längsschnitt des Gotthardtunnels.
und 7500 vom Nordeingange und 4600 m vom Südeingange entfernt. Das Gebirge bestand in den Strecken auf der Nordseite aus stark lettig zersetztem Gneis, teilweise blähend, so daß Zimmerung und Mauerung unter großem Druck stand und wiederholte Umbauten erforderlich waren; erst die 3. Herstellung des Mauerwerkes mit 1·5 m starken Granitquadern leistete genügenden Widerstand.

Der Wasserzufluß betrug in der Nordhälfte des Tunnels 50 l/Sek., in der Südhälfte 230 l/Sek. Der größte Zufluß von 348 l/Sek. fand bei 2092 m vom Südmunde aus statt, wodurch die Arbeiten wesentlich erschwert wurden.

Die Gesteinstemperatur in der Mitte des Tunnels bei 1700 m Gebirgsüberlagerung und – 6° C mittlerer Außentemperatur betrug 31° C. Durch Sprenggase, Beleuchtung und durch die menschliche Tätigkeit wurde die Temperatur im Tunnel noch nennenswert erhöht, was wesentliche Arbeitserschwernisse verursachte. Der zweigleisige Tunnelquerschnitt von 8 m Breite und 6 m Höhe hat 41 m2 Lichtfläche. Der Ausbruch wurde mit einem 6–7 m2 großen Firststollen begonnen, dem die seitlichen Erweiterungen (7–8 m2), der Sohlschlitz (11–12 m2) und schließlich die Strosse mit dem Kanäle (30–32 m2) folgten. Die Ausmauerung geschah nach der belgischen Bauweise, d. i. Herstellung des Gewölbes (0·4–0·7 m stark) nach Vollendung der seitlichen Erweiterung und Unterfangung durch die Widerlager nach dem Vollausbruche. Sohlgewölbe kam nur in den genannten Druckstrecken zur Anwendung. Der Kanal mit 0·4–1·0 m Weite wurde zumeist an den Widerlagern, ausnahmsweise bei Verwendung eines Sohlgewölbes in der Tunnelachse angeordnet.

Nischen sind im Abstände von 100 m erstellt; einige sind für die Unterbringung der Wärter und Signalstationen im Abstände von 1 km, zu größeren Kammern (3 m tief und 3 m breit) erweitert.

Im festen Gebirge wurde der Ausbruch des Firststollens und der Erweiterungen zeitweise auch des Sohlschlitzes mit Bohrmaschinen Ferroux und Mac Kean-Seguin (Preßluft von 3–5 Atm.) bewerkstelligt Der mittlere tägliche Stollenfortschritt auf die gesamte Bauzeit (7 Jahre 5 Monate) verteilt, betrug 5·5 m; hierbei wurde 5% der Bauzeit von Hand gebohrt.

Der größte Stollenfortschritt wurde im August 1878 mit 278 m, d. s. 8·96 m durchschnittlich täglich, erzielt.

Als Sprengmittel ist Dynamit (70%iges Nitroglyzerin), später stellenweise auch Sprenggelatine (90%iges Nitroglyzerin) verwendet worden.

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[362/0373] [Abbildung Abb. 295. Längsschnitt des Gotthardtunnels. ] und 7500 vom Nordeingange und 4600 m vom Südeingange entfernt. Das Gebirge bestand in den Strecken auf der Nordseite aus stark lettig zersetztem Gneis, teilweise blähend, so daß Zimmerung und Mauerung unter großem Druck stand und wiederholte Umbauten erforderlich waren; erst die 3. Herstellung des Mauerwerkes mit 1·5 m starken Granitquadern leistete genügenden Widerstand. Der Wasserzufluß betrug in der Nordhälfte des Tunnels 50 l/Sek., in der Südhälfte 230 l/Sek. Der größte Zufluß von 348 l/Sek. fand bei 2092 m vom Südmunde aus statt, wodurch die Arbeiten wesentlich erschwert wurden. Die Gesteinstemperatur in der Mitte des Tunnels bei 1700 m Gebirgsüberlagerung und – 6° C mittlerer Außentemperatur betrug 31° C. Durch Sprenggase, Beleuchtung und durch die menschliche Tätigkeit wurde die Temperatur im Tunnel noch nennenswert erhöht, was wesentliche Arbeitserschwernisse verursachte. Der zweigleisige Tunnelquerschnitt von 8 m Breite und 6 m Höhe hat 41 m2 Lichtfläche. Der Ausbruch wurde mit einem 6–7 m2 großen Firststollen begonnen, dem die seitlichen Erweiterungen (7–8 m2), der Sohlschlitz (11–12 m2) und schließlich die Strosse mit dem Kanäle (30–32 m2) folgten. Die Ausmauerung geschah nach der belgischen Bauweise, d. i. Herstellung des Gewölbes (0·4–0·7 m stark) nach Vollendung der seitlichen Erweiterung und Unterfangung durch die Widerlager nach dem Vollausbruche. Sohlgewölbe kam nur in den genannten Druckstrecken zur Anwendung. Der Kanal mit 0·4–1·0 m Weite wurde zumeist an den Widerlagern, ausnahmsweise bei Verwendung eines Sohlgewölbes in der Tunnelachse angeordnet. Nischen sind im Abstände von 100 m erstellt; einige sind für die Unterbringung der Wärter und Signalstationen im Abstände von 1 km, zu größeren Kammern (3 m tief und 3 m breit) erweitert. Im festen Gebirge wurde der Ausbruch des Firststollens und der Erweiterungen zeitweise auch des Sohlschlitzes mit Bohrmaschinen Ferroux und Mac Kean-Seguin (Preßluft von 3–5 Atm.) bewerkstelligt Der mittlere tägliche Stollenfortschritt auf die gesamte Bauzeit (7 Jahre 5 Monate) verteilt, betrug 5·5 m; hierbei wurde 5% der Bauzeit von Hand gebohrt. Der größte Stollenfortschritt wurde im August 1878 mit 278 m, d. s. 8·96 m durchschnittlich täglich, erzielt. Als Sprengmittel ist Dynamit (70%iges Nitroglyzerin), später stellenweise auch Sprenggelatine (90%iges Nitroglyzerin) verwendet worden.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen05_1914/373>, abgerufen am 22.07.2024.