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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914.

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aus; den Übergang zu dieser Periode kennzeichnet eine bemerkenswerte Tatsache vom Jahr 1832. Die Konzessionärin der Linie St. Etienne-Lyon führte im Juli 1832 die Personenbeförderung, die im Bedingnisheft nicht vorgesehen war, neben der Güterbeförderung ein und ersetzte den Pferdebetrieb durch den Lokomotivbetrieb. Nunmehr erkannte man, daß die Bedeutung der Eisenbahnen ein Einschreiten der Gesetzgebung erforderlich mache. Seither trat die gesetzgebende Gewalt an Stelle der Regierung bei Anerkennung der öffentlichen Nützlichkeit und der Konzessionserteilung für alle Linien von einiger Bedeutung. Zuerst wurde die Regierung durch Gesetz vom 26. April 1833 ermächtigt, im Wege der Submission zur Konzessionierung der Bahn von Montbrison nach Montrond (16 km) zu schreiten. Mit Gesetz vom 29. Juni 1833 wurde ferner der Zuschlag für die Konzession einer Bahn von Alais nach Beaucaire (72 km) genehmigt. Beide Gesetze standen noch auf dem Standpunkt der unbegrenzten Konzessionsdauer.

Unter dem 7. Juli 1833 kam ein Gesetz, "sur l'expropriation pour cause d'utilite publique", zu stände, demzufolge keine Eisenbahn, möge sie vom Staat oder von Gesellschaften unternommen werden, ohne Gesetz ausgeführt werden darf, das erst nach einer administrativen Enquete erlassen werden kann. Eine kgl. Ordonnanz sollte nur dann ausreichen, wenn es sich um Zweiglinien von weniger als 20 km handelt.

Mit Gesetz vom 27. Juni 1833 wurde die Regierung ermächtigt, einen Betrag von 500.000 Fr. zum Studium neuer Eisenbahnen zu verwenden. Thiers, der damalige Minister des Handels und der öffentlichen Arbeiten, hob in den Motiven hervor, daß er zwar nicht den Staatseisenbahnbau vorschlagen könne, daß er aber Vorschläge zur Behebung der Schwierigkeiten machen wolle, die sich in Frankreich dem Eisenbahnbau entgegenstellten und insbesondere die großen Kosten der vorläufigen Pläne, die Kosten für deren Prüfung und die Dauer der vorläufigen Enqueten betrafen. Thiers sprach die Hoffnung aus, daß sich gewiß Unternehmer zur Ausführung finden würden, wenn der Staat durch seine Ingenieurkorps die vorläufigen Entwürfe ausarbeiten, die Kostenanschläge aufstellen und die Enqueten durchführen werde. Das Gesetz wurde angenommen, nachdem man in der Kammer noch besonders auf die militärische Bedeutung der Bahnen hingewiesen hatte.

1835 wurde die Bahn von Paris nach St. Germain (19 km) durch Gesetz vom 9. Juli konzessioniert; diese Konzession war die erste, bei der mit der unbegrenzten Konzessionsdauer (die Konzession lautete auf 99 Jahre) gebrochen wurde; das Bedingnisheft regelt sehr eingehend (in 48 Artikeln) die Verpflichtungen der Konzessionäre. Die Bestimmungen sind vielfach in spätere Konzessionen übergegangen.

Im selben Jahre wurden die Bahn von Alais nach Grand' Combe (17 km) und drei andere Linien von geringerer Bedeutung konzessioniert und ohne Staatsunterstützung hergestellt.

1837 erfolgte die Konzession für die Linien Montpellier-Cette (27 km), Paris-Versailles rechtes und linkes Ufer (35 km), Mülhausen-Thann, Bordeaux-La Teste und Epinac zum Kanal du Centre. Ein Teil der Linien wurde aus freier Hand, ein anderer im Weg der Versteigerung (Adjudikation) konzessioniert, wobei der Nachlaß vielfach in der Annahme einer kürzeren Konzessionsdauer bestand.

Im selben Jahre wurde den Konzessionären der Bahnen Alais-Beaucaire und Alais-Grand' Combe ein Darlehen von 6 Mill. Fr. gewährt, das mit 3% zu verzinsen war. Hierfür waren dem Staat für öffentliche Zwecke die Kohlen zu einem billigen Preis zu überlassen.

Im Jahre 1838 wurden die Linien Basel-Straßburg, ferner Paris-Rouen, Havre und Dieppe, endlich Paris-Orleans konzessioniert.

Im Jahr 1839 trat die erste Eisenbahnkrise ein. Die Aktionäre verweigerten die Einzahlung der gezeichneten Summen, weil sie einerseits vor den den Bahnen durch die Konzessionen auferlegten Verpflichtungen zurückschreckten, anderseits die politische Lage als gefahrdrohend für den Geldmarkt hielten. Die Gesellschaften, denen die Linien Lille-Dünkirchen und Paris-Rouen, Havre-Dieppe konzessioniert waren, gaben die Konzession zurück und die eben gebildete Paris-Orleansbahn suchte bei der Regierung um die Beschränkung ihrer Konzession auf einzelne kleinere Strecken nach. Infolgedessen sah sich die Regierung genötigt, mit Gesetz vom 9. August 1839 allgemeine Erleichterungen zu gewähren, nachdem vorher schon der Paris-Versailles-Bahn (rive gauche) ein Vorschuß bewilligt worden war.

1840 wurde die Konzession für die Strecke Paris-Rouen unter Gewährung eines Staatsvorschusses neu verliehen.

1840 und 1841 sah sich der Staat gezwungen, mehreren Bahnen (Paris-Rouen [7 Mill. Fr.], Straßburg-Basel [12 Mill. Fr.], Andrezieux-Roanne [4 Mill. Fr.]) finanzielle Hilfe zu leisten, u. zw. meist in Form von Darlehen; die Orleans-Bahn erhielt statt der

aus; den Übergang zu dieser Periode kennzeichnet eine bemerkenswerte Tatsache vom Jahr 1832. Die Konzessionärin der Linie St. Étienne-Lyon führte im Juli 1832 die Personenbeförderung, die im Bedingnisheft nicht vorgesehen war, neben der Güterbeförderung ein und ersetzte den Pferdebetrieb durch den Lokomotivbetrieb. Nunmehr erkannte man, daß die Bedeutung der Eisenbahnen ein Einschreiten der Gesetzgebung erforderlich mache. Seither trat die gesetzgebende Gewalt an Stelle der Regierung bei Anerkennung der öffentlichen Nützlichkeit und der Konzessionserteilung für alle Linien von einiger Bedeutung. Zuerst wurde die Regierung durch Gesetz vom 26. April 1833 ermächtigt, im Wege der Submission zur Konzessionierung der Bahn von Montbrison nach Montrond (16 km) zu schreiten. Mit Gesetz vom 29. Juni 1833 wurde ferner der Zuschlag für die Konzession einer Bahn von Alais nach Beaucaire (72 km) genehmigt. Beide Gesetze standen noch auf dem Standpunkt der unbegrenzten Konzessionsdauer.

Unter dem 7. Juli 1833 kam ein Gesetz, „sur l'expropriation pour cause d'utilité publique“, zu stände, demzufolge keine Eisenbahn, möge sie vom Staat oder von Gesellschaften unternommen werden, ohne Gesetz ausgeführt werden darf, das erst nach einer administrativen Enquete erlassen werden kann. Eine kgl. Ordonnanz sollte nur dann ausreichen, wenn es sich um Zweiglinien von weniger als 20 km handelt.

Mit Gesetz vom 27. Juni 1833 wurde die Regierung ermächtigt, einen Betrag von 500.000 Fr. zum Studium neuer Eisenbahnen zu verwenden. Thiers, der damalige Minister des Handels und der öffentlichen Arbeiten, hob in den Motiven hervor, daß er zwar nicht den Staatseisenbahnbau vorschlagen könne, daß er aber Vorschläge zur Behebung der Schwierigkeiten machen wolle, die sich in Frankreich dem Eisenbahnbau entgegenstellten und insbesondere die großen Kosten der vorläufigen Pläne, die Kosten für deren Prüfung und die Dauer der vorläufigen Enqueten betrafen. Thiers sprach die Hoffnung aus, daß sich gewiß Unternehmer zur Ausführung finden würden, wenn der Staat durch seine Ingenieurkorps die vorläufigen Entwürfe ausarbeiten, die Kostenanschläge aufstellen und die Enqueten durchführen werde. Das Gesetz wurde angenommen, nachdem man in der Kammer noch besonders auf die militärische Bedeutung der Bahnen hingewiesen hatte.

1835 wurde die Bahn von Paris nach St. Germain (19 km) durch Gesetz vom 9. Juli konzessioniert; diese Konzession war die erste, bei der mit der unbegrenzten Konzessionsdauer (die Konzession lautete auf 99 Jahre) gebrochen wurde; das Bedingnisheft regelt sehr eingehend (in 48 Artikeln) die Verpflichtungen der Konzessionäre. Die Bestimmungen sind vielfach in spätere Konzessionen übergegangen.

Im selben Jahre wurden die Bahn von Alais nach Grand' Combe (17 km) und drei andere Linien von geringerer Bedeutung konzessioniert und ohne Staatsunterstützung hergestellt.

1837 erfolgte die Konzession für die Linien Montpellier-Cette (27 km), Paris-Versailles rechtes und linkes Ufer (35 km), Mülhausen-Thann, Bordeaux-La Teste und Épinac zum Kanal du Centre. Ein Teil der Linien wurde aus freier Hand, ein anderer im Weg der Versteigerung (Adjudikation) konzessioniert, wobei der Nachlaß vielfach in der Annahme einer kürzeren Konzessionsdauer bestand.

Im selben Jahre wurde den Konzessionären der Bahnen Alais-Beaucaire und Alais-Grand' Combe ein Darlehen von 6 Mill. Fr. gewährt, das mit 3% zu verzinsen war. Hierfür waren dem Staat für öffentliche Zwecke die Kohlen zu einem billigen Preis zu überlassen.

Im Jahre 1838 wurden die Linien Basel-Straßburg, ferner Paris-Rouen, Havre und Dieppe, endlich Paris-Orléans konzessioniert.

Im Jahr 1839 trat die erste Eisenbahnkrise ein. Die Aktionäre verweigerten die Einzahlung der gezeichneten Summen, weil sie einerseits vor den den Bahnen durch die Konzessionen auferlegten Verpflichtungen zurückschreckten, anderseits die politische Lage als gefahrdrohend für den Geldmarkt hielten. Die Gesellschaften, denen die Linien Lille-Dünkirchen und Paris-Rouen, Havre-Dieppe konzessioniert waren, gaben die Konzession zurück und die eben gebildete Paris-Orléansbahn suchte bei der Regierung um die Beschränkung ihrer Konzession auf einzelne kleinere Strecken nach. Infolgedessen sah sich die Regierung genötigt, mit Gesetz vom 9. August 1839 allgemeine Erleichterungen zu gewähren, nachdem vorher schon der Paris-Versailles-Bahn (rive gauche) ein Vorschuß bewilligt worden war.

1840 wurde die Konzession für die Strecke Paris-Rouen unter Gewährung eines Staatsvorschusses neu verliehen.

1840 und 1841 sah sich der Staat gezwungen, mehreren Bahnen (Paris-Rouen [7 Mill. Fr.], Straßburg-Basel [12 Mill. Fr.], Andrézieux-Roanne [4 Mill. Fr.]) finanzielle Hilfe zu leisten, u. zw. meist in Form von Darlehen; die Orléans-Bahn erhielt statt der

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[168/0176] aus; den Übergang zu dieser Periode kennzeichnet eine bemerkenswerte Tatsache vom Jahr 1832. Die Konzessionärin der Linie St. Étienne-Lyon führte im Juli 1832 die Personenbeförderung, die im Bedingnisheft nicht vorgesehen war, neben der Güterbeförderung ein und ersetzte den Pferdebetrieb durch den Lokomotivbetrieb. Nunmehr erkannte man, daß die Bedeutung der Eisenbahnen ein Einschreiten der Gesetzgebung erforderlich mache. Seither trat die gesetzgebende Gewalt an Stelle der Regierung bei Anerkennung der öffentlichen Nützlichkeit und der Konzessionserteilung für alle Linien von einiger Bedeutung. Zuerst wurde die Regierung durch Gesetz vom 26. April 1833 ermächtigt, im Wege der Submission zur Konzessionierung der Bahn von Montbrison nach Montrond (16 km) zu schreiten. Mit Gesetz vom 29. Juni 1833 wurde ferner der Zuschlag für die Konzession einer Bahn von Alais nach Beaucaire (72 km) genehmigt. Beide Gesetze standen noch auf dem Standpunkt der unbegrenzten Konzessionsdauer. Unter dem 7. Juli 1833 kam ein Gesetz, „sur l'expropriation pour cause d'utilité publique“, zu stände, demzufolge keine Eisenbahn, möge sie vom Staat oder von Gesellschaften unternommen werden, ohne Gesetz ausgeführt werden darf, das erst nach einer administrativen Enquete erlassen werden kann. Eine kgl. Ordonnanz sollte nur dann ausreichen, wenn es sich um Zweiglinien von weniger als 20 km handelt. Mit Gesetz vom 27. Juni 1833 wurde die Regierung ermächtigt, einen Betrag von 500.000 Fr. zum Studium neuer Eisenbahnen zu verwenden. Thiers, der damalige Minister des Handels und der öffentlichen Arbeiten, hob in den Motiven hervor, daß er zwar nicht den Staatseisenbahnbau vorschlagen könne, daß er aber Vorschläge zur Behebung der Schwierigkeiten machen wolle, die sich in Frankreich dem Eisenbahnbau entgegenstellten und insbesondere die großen Kosten der vorläufigen Pläne, die Kosten für deren Prüfung und die Dauer der vorläufigen Enqueten betrafen. Thiers sprach die Hoffnung aus, daß sich gewiß Unternehmer zur Ausführung finden würden, wenn der Staat durch seine Ingenieurkorps die vorläufigen Entwürfe ausarbeiten, die Kostenanschläge aufstellen und die Enqueten durchführen werde. Das Gesetz wurde angenommen, nachdem man in der Kammer noch besonders auf die militärische Bedeutung der Bahnen hingewiesen hatte. 1835 wurde die Bahn von Paris nach St. Germain (19 km) durch Gesetz vom 9. Juli konzessioniert; diese Konzession war die erste, bei der mit der unbegrenzten Konzessionsdauer (die Konzession lautete auf 99 Jahre) gebrochen wurde; das Bedingnisheft regelt sehr eingehend (in 48 Artikeln) die Verpflichtungen der Konzessionäre. Die Bestimmungen sind vielfach in spätere Konzessionen übergegangen. Im selben Jahre wurden die Bahn von Alais nach Grand' Combe (17 km) und drei andere Linien von geringerer Bedeutung konzessioniert und ohne Staatsunterstützung hergestellt. 1837 erfolgte die Konzession für die Linien Montpellier-Cette (27 km), Paris-Versailles rechtes und linkes Ufer (35 km), Mülhausen-Thann, Bordeaux-La Teste und Épinac zum Kanal du Centre. Ein Teil der Linien wurde aus freier Hand, ein anderer im Weg der Versteigerung (Adjudikation) konzessioniert, wobei der Nachlaß vielfach in der Annahme einer kürzeren Konzessionsdauer bestand. Im selben Jahre wurde den Konzessionären der Bahnen Alais-Beaucaire und Alais-Grand' Combe ein Darlehen von 6 Mill. Fr. gewährt, das mit 3% zu verzinsen war. Hierfür waren dem Staat für öffentliche Zwecke die Kohlen zu einem billigen Preis zu überlassen. Im Jahre 1838 wurden die Linien Basel-Straßburg, ferner Paris-Rouen, Havre und Dieppe, endlich Paris-Orléans konzessioniert. Im Jahr 1839 trat die erste Eisenbahnkrise ein. Die Aktionäre verweigerten die Einzahlung der gezeichneten Summen, weil sie einerseits vor den den Bahnen durch die Konzessionen auferlegten Verpflichtungen zurückschreckten, anderseits die politische Lage als gefahrdrohend für den Geldmarkt hielten. Die Gesellschaften, denen die Linien Lille-Dünkirchen und Paris-Rouen, Havre-Dieppe konzessioniert waren, gaben die Konzession zurück und die eben gebildete Paris-Orléansbahn suchte bei der Regierung um die Beschränkung ihrer Konzession auf einzelne kleinere Strecken nach. Infolgedessen sah sich die Regierung genötigt, mit Gesetz vom 9. August 1839 allgemeine Erleichterungen zu gewähren, nachdem vorher schon der Paris-Versailles-Bahn (rive gauche) ein Vorschuß bewilligt worden war. 1840 wurde die Konzession für die Strecke Paris-Rouen unter Gewährung eines Staatsvorschusses neu verliehen. 1840 und 1841 sah sich der Staat gezwungen, mehreren Bahnen (Paris-Rouen [7 Mill. Fr.], Straßburg-Basel [12 Mill. Fr.], Andrézieux-Roanne [4 Mill. Fr.]) finanzielle Hilfe zu leisten, u. zw. meist in Form von Darlehen; die Orléans-Bahn erhielt statt der

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen05_1914/176>, abgerufen am 22.11.2024.