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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914.

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ihr wirklich entstanden ist. Dem Geschädigten steht der Gegenbeweis offen, daß der Schaden nicht aus dieser Gefahr entstehen konnte oder tatsächlich nicht daraus entstanden ist, insbesondere, weil er von der Eisenbahn verschuldet ist. Letzteres ist im § 86 EVO., BR. ausdrücklich hervorgehoben.

Bei Gütern, die während der Beförderung regelmäßig an Gewicht verlieren (sog. schwindenden Gütern), steht innerhalb der in den AB. § 8 festgesetzten Normalgrenze von 1% (bei flüssigen, feuchten und gewissen trockenen Gütern von 2%, sog. Kalo) der Eisenbahn die Vermutung zur Seite, daß ein eingetretener Gewichtsverlust durch diese natürliche Beschaffenheit des Gutes erstanden ist (Art. 32). Sie braucht dies also bei so kleinen Gewichtsabgängen nicht, wie ihr nach Art. 30 an sich obliegen würde, zu beweisen, vielmehr muß der Geschädigte beweisen, daß eine andere Ursache vorliegt oder der angenommene Prozentsatz den Umständen des Falles nicht entspricht. Der Normalsatz ist bei mehreren auf einen Frachtbrief beförderten Stücken, soweit das möglich ist, vom Einzelgewicht zu berechnen. Bei gänzlichem Verlust darf der Prozentsatz nicht abgezogen werden.

Der Klageberechtigte kann das Gut nach Verlauf von 30 Tagen seit Ablauf der Lieferfrist ohne weiteren Nachweis als verloren ansehen (Art. 33). Diese unwiderlegliche Vermutung soll ihn von dem schwierigen Nachweis des Verlustes befreien, andererseits soll der Eisenbahn eine angemessene Frist für die Herbeischaffung des Gutes gewährt werden.

Die Bestimmungen über die Höhe des Schadenersatzes bei gänzlichem oder teilweisem Verlust des Gutes halten eine mittlere Linie ein zwischen dem damaligen deutschen Recht, das der Erstattung nur den Sachwert zu grunde legte und Maximalentschädigungssätze zuließ und dem für das Publikum günstigeren französischen Recht, das auch das weitergehende Interesse des Geschädigten - in beschränkter Weise - berücksichtigte. Nach dem IÜ. (Art. 34) ist zu ersetzen der gemeine Handelswert, d. i. in der Regel der Marktpreis, und wenn ein solcher fehlt, der gemeine Wert, d. h. der, den das Gut für jedermann hat, am Versandort zur Zeit der Annahme unter Hinzurechnung der gezahlten Fracht-, Zoll- und sonstigen Unkosten, während nach dem älteren deutschen Recht der schwerer nachzuweisende Wert am Empfangsort abzüglich jener Kosten maßgebend war. Daneben ist jedoch durch Art. 35 auch das von einzelnen Staaten lebhaft befürwortete System der Maximalsätze allerdings unter sehr erschwerten Bedingungen zugelassen. Maximalsätze, die für die ganze Beförderungsstrecke gleich sein müssen, sind nur zulässig bei Spezialtarifen (Ausnahmetarifen), die gegenüber den gewöhnlichen Tarifen jeder Eisenbahn eine Preisermäßigung für den ganzen Transport gewähren. Solche Tarife bedürfen also der Zustimmung aller beteiligten Bahnen und müssen auch - soweit das nach den Einzelrechten vorgesehen ist, von allen beteiligten Aufsichtsbehörden genehmigt sein. In Deutschland bestehen solche Tarife nicht.

Nach Art. 38 u. § 9 A B. kann der Ersatz des weiteren, über den gemeinen Wert hinausgehenden, nachweisbaren Schadens beansprucht werden, wenn eine dem Mehrwert entsprechende Summe, die die Grenze der weiteren Entschädigung bildet, als Interesse an der Lieferung im Frachtbriefe (mit Buchstaben) deklariert und eine als Frachtzuschlag bezeichnete mit der Summe und Entfernung steigende Versicherungsgebühr entrichtet wird. Damit ist dem französischen Standpunkt ein Zugeständnis gemacht. Die Gebühr (0·25 Cts. für unteilbare Einheiten von je 10 Fr. und 10 km, mindestens 50 Cts.) ist ziemlich hoch bemessen, um der Eisenbahn einen Ausgleich für das ihr auferlegte höhere Risiko zu bieten. Diese vom IÜ. neu eingeführte Angabe des Interesses umfaßt nicht nur die Fälle des Verlustes und der Beschädigung, sondern auch die der Lieferfristüberschreitung, doch ist dort die Höhe der Entschädigung besonders geregelt (Normalsätze). Das IÜ. hat somit drei Systeme des Schadensersatzes: den regelrechten Ersatz des gemeinen Wertes, einen beschränkten, wenn die Bahnen billige Tarife gewähren und einen erhöhten, wenn besondere Gebühren entrichtet werden.

Wird verlorenes Gut binnen 4 Monaten nach Ablauf der Lieferfrist wieder aufgefunden, so kann der Berechtigte innerhalb 30 Tagen nach erhaltener Nachricht gegen Rückerstattung der gezahlten Entschädigung kostenfreie Auslieferung des Gutes am Versand- oder Bestimmungsorte verlangen, wenn er in der Quittung eine solche Benachrichtigung gefordert hatte, was ihm bescheinigt werden muß (Art. 36). Als Entschädigung für Versäumung der Lieferfrist darf er nichts abziehen (anders § 91 EVO., BR., die auch die viermonatige Ausschlußfrist nicht kennen). Treffen diese Voraussetzungen nicht zu, so kann die Eisenbahn nach den Gesetzen ihres Landes über das Gut verfügen.

Bei Beschädigung des Gutes (Art. 37) hat die Eisenbahn dessen ganzen Minderwert zu ersetzen, der bei Tarifen mit Maximalsätzen entsprechend zu ermäßigen ist, und sich bei

ihr wirklich entstanden ist. Dem Geschädigten steht der Gegenbeweis offen, daß der Schaden nicht aus dieser Gefahr entstehen konnte oder tatsächlich nicht daraus entstanden ist, insbesondere, weil er von der Eisenbahn verschuldet ist. Letzteres ist im § 86 EVO., BR. ausdrücklich hervorgehoben.

Bei Gütern, die während der Beförderung regelmäßig an Gewicht verlieren (sog. schwindenden Gütern), steht innerhalb der in den AB. § 8 festgesetzten Normalgrenze von 1% (bei flüssigen, feuchten und gewissen trockenen Gütern von 2%, sog. Kalo) der Eisenbahn die Vermutung zur Seite, daß ein eingetretener Gewichtsverlust durch diese natürliche Beschaffenheit des Gutes erstanden ist (Art. 32). Sie braucht dies also bei so kleinen Gewichtsabgängen nicht, wie ihr nach Art. 30 an sich obliegen würde, zu beweisen, vielmehr muß der Geschädigte beweisen, daß eine andere Ursache vorliegt oder der angenommene Prozentsatz den Umständen des Falles nicht entspricht. Der Normalsatz ist bei mehreren auf einen Frachtbrief beförderten Stücken, soweit das möglich ist, vom Einzelgewicht zu berechnen. Bei gänzlichem Verlust darf der Prozentsatz nicht abgezogen werden.

Der Klageberechtigte kann das Gut nach Verlauf von 30 Tagen seit Ablauf der Lieferfrist ohne weiteren Nachweis als verloren ansehen (Art. 33). Diese unwiderlegliche Vermutung soll ihn von dem schwierigen Nachweis des Verlustes befreien, andererseits soll der Eisenbahn eine angemessene Frist für die Herbeischaffung des Gutes gewährt werden.

Die Bestimmungen über die Höhe des Schadenersatzes bei gänzlichem oder teilweisem Verlust des Gutes halten eine mittlere Linie ein zwischen dem damaligen deutschen Recht, das der Erstattung nur den Sachwert zu grunde legte und Maximalentschädigungssätze zuließ und dem für das Publikum günstigeren französischen Recht, das auch das weitergehende Interesse des Geschädigten – in beschränkter Weise – berücksichtigte. Nach dem IÜ. (Art. 34) ist zu ersetzen der gemeine Handelswert, d. i. in der Regel der Marktpreis, und wenn ein solcher fehlt, der gemeine Wert, d. h. der, den das Gut für jedermann hat, am Versandort zur Zeit der Annahme unter Hinzurechnung der gezahlten Fracht-, Zoll- und sonstigen Unkosten, während nach dem älteren deutschen Recht der schwerer nachzuweisende Wert am Empfangsort abzüglich jener Kosten maßgebend war. Daneben ist jedoch durch Art. 35 auch das von einzelnen Staaten lebhaft befürwortete System der Maximalsätze allerdings unter sehr erschwerten Bedingungen zugelassen. Maximalsätze, die für die ganze Beförderungsstrecke gleich sein müssen, sind nur zulässig bei Spezialtarifen (Ausnahmetarifen), die gegenüber den gewöhnlichen Tarifen jeder Eisenbahn eine Preisermäßigung für den ganzen Transport gewähren. Solche Tarife bedürfen also der Zustimmung aller beteiligten Bahnen und müssen auch – soweit das nach den Einzelrechten vorgesehen ist, von allen beteiligten Aufsichtsbehörden genehmigt sein. In Deutschland bestehen solche Tarife nicht.

Nach Art. 38 u. § 9 A B. kann der Ersatz des weiteren, über den gemeinen Wert hinausgehenden, nachweisbaren Schadens beansprucht werden, wenn eine dem Mehrwert entsprechende Summe, die die Grenze der weiteren Entschädigung bildet, als Interesse an der Lieferung im Frachtbriefe (mit Buchstaben) deklariert und eine als Frachtzuschlag bezeichnete mit der Summe und Entfernung steigende Versicherungsgebühr entrichtet wird. Damit ist dem französischen Standpunkt ein Zugeständnis gemacht. Die Gebühr (0·25 Cts. für unteilbare Einheiten von je 10 Fr. und 10 km, mindestens 50 Cts.) ist ziemlich hoch bemessen, um der Eisenbahn einen Ausgleich für das ihr auferlegte höhere Risiko zu bieten. Diese vom IÜ. neu eingeführte Angabe des Interesses umfaßt nicht nur die Fälle des Verlustes und der Beschädigung, sondern auch die der Lieferfristüberschreitung, doch ist dort die Höhe der Entschädigung besonders geregelt (Normalsätze). Das IÜ. hat somit drei Systeme des Schadensersatzes: den regelrechten Ersatz des gemeinen Wertes, einen beschränkten, wenn die Bahnen billige Tarife gewähren und einen erhöhten, wenn besondere Gebühren entrichtet werden.

Wird verlorenes Gut binnen 4 Monaten nach Ablauf der Lieferfrist wieder aufgefunden, so kann der Berechtigte innerhalb 30 Tagen nach erhaltener Nachricht gegen Rückerstattung der gezahlten Entschädigung kostenfreie Auslieferung des Gutes am Versand- oder Bestimmungsorte verlangen, wenn er in der Quittung eine solche Benachrichtigung gefordert hatte, was ihm bescheinigt werden muß (Art. 36). Als Entschädigung für Versäumung der Lieferfrist darf er nichts abziehen (anders § 91 EVO., BR., die auch die viermonatige Ausschlußfrist nicht kennen). Treffen diese Voraussetzungen nicht zu, so kann die Eisenbahn nach den Gesetzen ihres Landes über das Gut verfügen.

Bei Beschädigung des Gutes (Art. 37) hat die Eisenbahn dessen ganzen Minderwert zu ersetzen, der bei Tarifen mit Maximalsätzen entsprechend zu ermäßigen ist, und sich bei

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[153/0161] ihr wirklich entstanden ist. Dem Geschädigten steht der Gegenbeweis offen, daß der Schaden nicht aus dieser Gefahr entstehen konnte oder tatsächlich nicht daraus entstanden ist, insbesondere, weil er von der Eisenbahn verschuldet ist. Letzteres ist im § 86 EVO., BR. ausdrücklich hervorgehoben. Bei Gütern, die während der Beförderung regelmäßig an Gewicht verlieren (sog. schwindenden Gütern), steht innerhalb der in den AB. § 8 festgesetzten Normalgrenze von 1% (bei flüssigen, feuchten und gewissen trockenen Gütern von 2%, sog. Kalo) der Eisenbahn die Vermutung zur Seite, daß ein eingetretener Gewichtsverlust durch diese natürliche Beschaffenheit des Gutes erstanden ist (Art. 32). Sie braucht dies also bei so kleinen Gewichtsabgängen nicht, wie ihr nach Art. 30 an sich obliegen würde, zu beweisen, vielmehr muß der Geschädigte beweisen, daß eine andere Ursache vorliegt oder der angenommene Prozentsatz den Umständen des Falles nicht entspricht. Der Normalsatz ist bei mehreren auf einen Frachtbrief beförderten Stücken, soweit das möglich ist, vom Einzelgewicht zu berechnen. Bei gänzlichem Verlust darf der Prozentsatz nicht abgezogen werden. Der Klageberechtigte kann das Gut nach Verlauf von 30 Tagen seit Ablauf der Lieferfrist ohne weiteren Nachweis als verloren ansehen (Art. 33). Diese unwiderlegliche Vermutung soll ihn von dem schwierigen Nachweis des Verlustes befreien, andererseits soll der Eisenbahn eine angemessene Frist für die Herbeischaffung des Gutes gewährt werden. Die Bestimmungen über die Höhe des Schadenersatzes bei gänzlichem oder teilweisem Verlust des Gutes halten eine mittlere Linie ein zwischen dem damaligen deutschen Recht, das der Erstattung nur den Sachwert zu grunde legte und Maximalentschädigungssätze zuließ und dem für das Publikum günstigeren französischen Recht, das auch das weitergehende Interesse des Geschädigten – in beschränkter Weise – berücksichtigte. Nach dem IÜ. (Art. 34) ist zu ersetzen der gemeine Handelswert, d. i. in der Regel der Marktpreis, und wenn ein solcher fehlt, der gemeine Wert, d. h. der, den das Gut für jedermann hat, am Versandort zur Zeit der Annahme unter Hinzurechnung der gezahlten Fracht-, Zoll- und sonstigen Unkosten, während nach dem älteren deutschen Recht der schwerer nachzuweisende Wert am Empfangsort abzüglich jener Kosten maßgebend war. Daneben ist jedoch durch Art. 35 auch das von einzelnen Staaten lebhaft befürwortete System der Maximalsätze allerdings unter sehr erschwerten Bedingungen zugelassen. Maximalsätze, die für die ganze Beförderungsstrecke gleich sein müssen, sind nur zulässig bei Spezialtarifen (Ausnahmetarifen), die gegenüber den gewöhnlichen Tarifen jeder Eisenbahn eine Preisermäßigung für den ganzen Transport gewähren. Solche Tarife bedürfen also der Zustimmung aller beteiligten Bahnen und müssen auch – soweit das nach den Einzelrechten vorgesehen ist, von allen beteiligten Aufsichtsbehörden genehmigt sein. In Deutschland bestehen solche Tarife nicht. Nach Art. 38 u. § 9 A B. kann der Ersatz des weiteren, über den gemeinen Wert hinausgehenden, nachweisbaren Schadens beansprucht werden, wenn eine dem Mehrwert entsprechende Summe, die die Grenze der weiteren Entschädigung bildet, als Interesse an der Lieferung im Frachtbriefe (mit Buchstaben) deklariert und eine als Frachtzuschlag bezeichnete mit der Summe und Entfernung steigende Versicherungsgebühr entrichtet wird. Damit ist dem französischen Standpunkt ein Zugeständnis gemacht. Die Gebühr (0·25 Cts. für unteilbare Einheiten von je 10 Fr. und 10 km, mindestens 50 Cts.) ist ziemlich hoch bemessen, um der Eisenbahn einen Ausgleich für das ihr auferlegte höhere Risiko zu bieten. Diese vom IÜ. neu eingeführte Angabe des Interesses umfaßt nicht nur die Fälle des Verlustes und der Beschädigung, sondern auch die der Lieferfristüberschreitung, doch ist dort die Höhe der Entschädigung besonders geregelt (Normalsätze). Das IÜ. hat somit drei Systeme des Schadensersatzes: den regelrechten Ersatz des gemeinen Wertes, einen beschränkten, wenn die Bahnen billige Tarife gewähren und einen erhöhten, wenn besondere Gebühren entrichtet werden. Wird verlorenes Gut binnen 4 Monaten nach Ablauf der Lieferfrist wieder aufgefunden, so kann der Berechtigte innerhalb 30 Tagen nach erhaltener Nachricht gegen Rückerstattung der gezahlten Entschädigung kostenfreie Auslieferung des Gutes am Versand- oder Bestimmungsorte verlangen, wenn er in der Quittung eine solche Benachrichtigung gefordert hatte, was ihm bescheinigt werden muß (Art. 36). Als Entschädigung für Versäumung der Lieferfrist darf er nichts abziehen (anders § 91 EVO., BR., die auch die viermonatige Ausschlußfrist nicht kennen). Treffen diese Voraussetzungen nicht zu, so kann die Eisenbahn nach den Gesetzen ihres Landes über das Gut verfügen. Bei Beschädigung des Gutes (Art. 37) hat die Eisenbahn dessen ganzen Minderwert zu ersetzen, der bei Tarifen mit Maximalsätzen entsprechend zu ermäßigen ist, und sich bei

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen05_1914/161>, abgerufen am 22.11.2024.