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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914.

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ist. Daraus ergeben sich für das deutsche und österreichische Recht gewisse Abweichungen. Aber auch sonst bestehen Unterschiede, so namentlich hinsichtlich der im einzelnen zugelassenen nachträglichen Verfügungen (IÜ. Art. 15 [1] EVO. und BR. §§ 73 [1]), in der Möglichkeit der Befolgung eines bei der Bestimmungsstation unmittelbar gestellten Antrages (EVO. und BR. §§ 73, [4]). Überhaupt ist die Regelung in EVO. und BR. eine speziellere. Während Art. 16 und 17 IÜ. die Eisenbahn zur Aushändigung des Gutes gegen Bezahlung der im Frachtbrief ersichtlich gemachten Beträge verpflichtet, sprechen §§ 76 (1) EVO. und BR. von der Zahlung der durch den Frachtvertrag begründeten Forderungen, §§ 76 (4) von der Zahlung nach Maßgabe des Frachtbriefes. Die Bestimmung der §§ 70 (2) EVO. und BR., die den Empfänger zur Nachzahlung bei unrichtiger Frachtberechnung verpflichtet, fehlt im IÜ., materiell besteht aber auch hier kein Unterschied. Bei den Vorschriften über Beförderungshindernisse dagegen ist ein solcher vorhanden. Nach IÜ. Art. 18, [3] ist es der Eisenbahn überlassen, wenn ein Hilfsweg vorhanden ist, zu entscheiden, ob es dem Interesse des Absenders entspricht, diesen zu benutzen oder den Absender um anderweitige Verfügung zu ersuchen. Nach §§ 74, [1] EVO. und BR. hat die Eisenbahn in diesem Falle stets das Gut auf dem vorhandenen Hilfswege der Bestimmungsstation zuzuführen. Nur wenn kein Hilfsweg vorhanden ist, hat sie ebenso wie nach IÜ. den Absender um Anweisung zu befragen. (IÜ. Art. 18 [1], EVO. und BR. §§ 74 [2]). Die Bestimmung, daß das Ergebnis der Tatbestandsaufnahme unter allen Umständen der Versandstation mitzuteilen ist (IÜ. Art. 25 [1]) findet sich in EVO. und BR. nicht. Dagegen schreibt BR. § 82 (2) im Gegensatz zu IÜ. Art. 25 (1) und EVO. § 82 (2), die nur eine Mitteilung oder Bekanntgabe der Feststellungsergebnisse an die (sich ausweisenden [EVO.]) Beteiligten am Frachtvertrage vorsehen, die Überlassung einer Abschrift der Niederschrift der Feststellung an den Verfügungsberechtigten auf sein Verlangen vor. Das Fehlen des Abs. (3) in IÜ. Art. 31 gegenüber EVO. und BR. §§ 86 (3) bedeutet keinen materiellen Unterschied. Im IÜ. Art. 36 (1) kann sich bei Verlust des Gutes, der Entschädigungsberechtigte vorbehalten, daß er bei Auffinden des Gutes innerhalb 4 Monaten hiervon benachrichtigt sein wolle, diese Frist ist in den §§ 91 (1) EVO. und BR. nicht aufgenommen. Dann besteht noch ein Unterschied zwischen IÜ. Art. 40 und EVO. sowie BR. § 95. Während nach Abs. (2) dieser letzteren §§ Schadenersatz bei Lieferfristüberschreitung von der Eisenbahn auch in den dort angegebenen Frachtteilbeträgen zu leisten ist, wenn ein Schaden nicht entstanden ist, ist nach IÜ. Art. 40 (1) und (3) die Entschädigung nur dann zu zahlen, wenn ein Schaden entstanden ist. Eine dem Art.42 IÜ. entsprechende besondere Vorschrift über die Verzinsung der Entschädigungsbeträge fehlt in EVO. und BR. Verschieden ist die Regelung der Verjährung der Ansprüche gegen die Eisenbahn wegen Verlustes, Minderung, Beschädigung des Gutes und Lieferfristüberschreitung, für die EVO. und BR. §§ 98 (1) die Frist von einem Jahre vorsehen ebenso wie IÜ. Art. 45 (1). Daneben kennt aber IÜ. noch die dreijährige Verjährung, sofern der Anspruch des Entschädigungsberechtigten sich auf Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit stützt. (IÜ. Art. 45 [1] Schluß). In diesen Fällen gilt EVO. § 98 (6) sowie BR. § 98 (5), d. h. bei Vorsatz (nicht bei grober Fahrlässigkeit) gilt bürgerliches Recht, also in Deutschland § 196, Ziff. 3, BGB. Endlich besteht noch ein wesentlicher Unterschied zwischen IÜ. Art. 46 und EVO. § 98 (5). Nach IÜ. können verjährte oder nach Art. 44 erloschene Ansprüche auch im Wege der Widerklage oder der Einrede nicht geltend gemacht werden. Nach EVO. § 98 (5) können dagegen verjährte Ansprüche auch nach Vollendung der Verjährung noch aufgerechnet werden, wenn die näher bezeichneten Umstände vorliegen. Diese früher auch im österreichischen und ungarischen BR. enthaltene Abweichung ist hier nicht wieder aufgenommen. Es bewendet daher im BR. bei den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen (ipso jure compensatur).

2. Belgien hat in seinen Code de commerce, der dem französischen Recht verwandt ist, im 1. Buche einen Titel VII, vom Frachtgeschäft, der durch Gesetz vom 25. August 1891 eingeführt ist. Sein Kapitel II handelt von der Beförderung durch die Eisenbahnen, das ergänzt wird durch Kapitel I "Von dem Frachtgeschäft" (Art. 9 C. d. c). Die reglementarischen Bestimmungen über die Beförderung von Gütern, Möbelwagen, Gold-, Kunst- und Wertgegenständen, Fahrzeugen, Leichen und lebenden Tieren sind vom 1. März 1910 (vgl. Ztschr. f. d. i. Eisenbtr. 1911, Beil. S. 7).

Das innere belgische Recht stimmt nach diesen Vorschriften in allen wesentlichen Zügen mit dem des IÜ. überein.

Der Frachtbrief ist nicht obligatorisch. Neben ihm kommt der Beförderungsschein in Betracht. Der Frachtvertrag ist abgeschlossen, sobald das Gut von dem dazu bestellten Beamten der Eisenbahn angenommen ist. (Art. 6 der regl. Best.) Als Zeichen der Annahme wird dem Frachtbriefe - oder abweichend vom IÜ. dem Beförderungsschein - der Datumstempel der Versandstation aufgedrückt (ebd.).

ist. Daraus ergeben sich für das deutsche und österreichische Recht gewisse Abweichungen. Aber auch sonst bestehen Unterschiede, so namentlich hinsichtlich der im einzelnen zugelassenen nachträglichen Verfügungen (IÜ. Art. 15 [1] EVO. und BR. §§ 73 [1]), in der Möglichkeit der Befolgung eines bei der Bestimmungsstation unmittelbar gestellten Antrages (EVO. und BR. §§ 73, [4]). Überhaupt ist die Regelung in EVO. und BR. eine speziellere. Während Art. 16 und 17 IÜ. die Eisenbahn zur Aushändigung des Gutes gegen Bezahlung der im Frachtbrief ersichtlich gemachten Beträge verpflichtet, sprechen §§ 76 (1) EVO. und BR. von der Zahlung der durch den Frachtvertrag begründeten Forderungen, §§ 76 (4) von der Zahlung nach Maßgabe des Frachtbriefes. Die Bestimmung der §§ 70 (2) EVO. und BR., die den Empfänger zur Nachzahlung bei unrichtiger Frachtberechnung verpflichtet, fehlt im IÜ., materiell besteht aber auch hier kein Unterschied. Bei den Vorschriften über Beförderungshindernisse dagegen ist ein solcher vorhanden. Nach IÜ. Art. 18, [3] ist es der Eisenbahn überlassen, wenn ein Hilfsweg vorhanden ist, zu entscheiden, ob es dem Interesse des Absenders entspricht, diesen zu benutzen oder den Absender um anderweitige Verfügung zu ersuchen. Nach §§ 74, [1] EVO. und BR. hat die Eisenbahn in diesem Falle stets das Gut auf dem vorhandenen Hilfswege der Bestimmungsstation zuzuführen. Nur wenn kein Hilfsweg vorhanden ist, hat sie ebenso wie nach IÜ. den Absender um Anweisung zu befragen. (IÜ. Art. 18 [1], EVO. und BR. §§ 74 [2]). Die Bestimmung, daß das Ergebnis der Tatbestandsaufnahme unter allen Umständen der Versandstation mitzuteilen ist (IÜ. Art. 25 [1]) findet sich in EVO. und BR. nicht. Dagegen schreibt BR. § 82 (2) im Gegensatz zu IÜ. Art. 25 (1) und EVO. § 82 (2), die nur eine Mitteilung oder Bekanntgabe der Feststellungsergebnisse an die (sich ausweisenden [EVO.]) Beteiligten am Frachtvertrage vorsehen, die Überlassung einer Abschrift der Niederschrift der Feststellung an den Verfügungsberechtigten auf sein Verlangen vor. Das Fehlen des Abs. (3) in IÜ. Art. 31 gegenüber EVO. und BR. §§ 86 (3) bedeutet keinen materiellen Unterschied. Im IÜ. Art. 36 (1) kann sich bei Verlust des Gutes, der Entschädigungsberechtigte vorbehalten, daß er bei Auffinden des Gutes innerhalb 4 Monaten hiervon benachrichtigt sein wolle, diese Frist ist in den §§ 91 (1) EVO. und BR. nicht aufgenommen. Dann besteht noch ein Unterschied zwischen IÜ. Art. 40 und EVO. sowie BR. § 95. Während nach Abs. (2) dieser letzteren §§ Schadenersatz bei Lieferfristüberschreitung von der Eisenbahn auch in den dort angegebenen Frachtteilbeträgen zu leisten ist, wenn ein Schaden nicht entstanden ist, ist nach IÜ. Art. 40 (1) und (3) die Entschädigung nur dann zu zahlen, wenn ein Schaden entstanden ist. Eine dem Art.42 IÜ. entsprechende besondere Vorschrift über die Verzinsung der Entschädigungsbeträge fehlt in EVO. und BR. Verschieden ist die Regelung der Verjährung der Ansprüche gegen die Eisenbahn wegen Verlustes, Minderung, Beschädigung des Gutes und Lieferfristüberschreitung, für die EVO. und BR. §§ 98 (1) die Frist von einem Jahre vorsehen ebenso wie IÜ. Art. 45 (1). Daneben kennt aber IÜ. noch die dreijährige Verjährung, sofern der Anspruch des Entschädigungsberechtigten sich auf Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit stützt. (IÜ. Art. 45 [1] Schluß). In diesen Fällen gilt EVO. § 98 (6) sowie BR. § 98 (5), d. h. bei Vorsatz (nicht bei grober Fahrlässigkeit) gilt bürgerliches Recht, also in Deutschland § 196, Ziff. 3, BGB. Endlich besteht noch ein wesentlicher Unterschied zwischen IÜ. Art. 46 und EVO. § 98 (5). Nach IÜ. können verjährte oder nach Art. 44 erloschene Ansprüche auch im Wege der Widerklage oder der Einrede nicht geltend gemacht werden. Nach EVO. § 98 (5) können dagegen verjährte Ansprüche auch nach Vollendung der Verjährung noch aufgerechnet werden, wenn die näher bezeichneten Umstände vorliegen. Diese früher auch im österreichischen und ungarischen BR. enthaltene Abweichung ist hier nicht wieder aufgenommen. Es bewendet daher im BR. bei den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen (ipso jure compensatur).

2. Belgien hat in seinen Code de commerce, der dem französischen Recht verwandt ist, im 1. Buche einen Titel VII, vom Frachtgeschäft, der durch Gesetz vom 25. August 1891 eingeführt ist. Sein Kapitel II handelt von der Beförderung durch die Eisenbahnen, das ergänzt wird durch Kapitel I „Von dem Frachtgeschäft“ (Art. 9 C. d. c). Die reglementarischen Bestimmungen über die Beförderung von Gütern, Möbelwagen, Gold-, Kunst- und Wertgegenständen, Fahrzeugen, Leichen und lebenden Tieren sind vom 1. März 1910 (vgl. Ztschr. f. d. i. Eisenbtr. 1911, Beil. S. 7).

Das innere belgische Recht stimmt nach diesen Vorschriften in allen wesentlichen Zügen mit dem des IÜ. überein.

Der Frachtbrief ist nicht obligatorisch. Neben ihm kommt der Beförderungsschein in Betracht. Der Frachtvertrag ist abgeschlossen, sobald das Gut von dem dazu bestellten Beamten der Eisenbahn angenommen ist. (Art. 6 der regl. Best.) Als Zeichen der Annahme wird dem Frachtbriefe – oder abweichend vom IÜ. dem Beförderungsschein – der Datumstempel der Versandstation aufgedrückt (ebd.).

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ist. Daraus ergeben sich für das deutsche und österreichische Recht gewisse Abweichungen. Aber auch sonst bestehen Unterschiede, so namentlich hinsichtlich der im einzelnen zugelassenen nachträglichen Verfügungen (IÜ. Art. 15 [1] EVO. und BR. §§ 73 [1]), in der Möglichkeit der Befolgung eines bei der Bestimmungsstation unmittelbar gestellten Antrages (EVO. und BR. §§ 73, [4]). Überhaupt ist die Regelung in EVO. und BR. eine speziellere. Während Art. 16 und 17 IÜ. die Eisenbahn zur Aushändigung des Gutes gegen Bezahlung der im Frachtbrief ersichtlich gemachten Beträge verpflichtet, sprechen §§ 76 (1) EVO. und BR. von der Zahlung der durch den Frachtvertrag begründeten Forderungen, §§ 76 (4) von der Zahlung nach Maßgabe des Frachtbriefes. Die Bestimmung der §§ 70 (2) EVO. und BR., die den Empfänger zur Nachzahlung bei unrichtiger Frachtberechnung verpflichtet, fehlt im IÜ., materiell besteht aber auch hier kein Unterschied. Bei den Vorschriften über Beförderungshindernisse dagegen ist ein solcher vorhanden. Nach IÜ. Art. 18, [3] ist es der Eisenbahn überlassen, wenn ein Hilfsweg vorhanden ist, zu entscheiden, ob es dem Interesse des Absenders entspricht, diesen zu benutzen oder den Absender um anderweitige Verfügung zu ersuchen. Nach §§ 74, [1] EVO. und BR. hat die Eisenbahn in diesem Falle stets das Gut auf dem vorhandenen Hilfswege der Bestimmungsstation zuzuführen. Nur wenn kein Hilfsweg vorhanden ist, hat sie ebenso wie nach IÜ. den Absender um Anweisung zu befragen. (IÜ. Art. 18 [1], EVO. und BR. §§ 74 [2]). Die Bestimmung, daß das Ergebnis der Tatbestandsaufnahme unter allen Umständen der Versandstation mitzuteilen ist (IÜ. Art. 25 [1]) findet sich in EVO. und BR. nicht. Dagegen schreibt BR. § 82 (2) im Gegensatz zu IÜ. Art. 25 (1) und EVO. § 82 (2), die nur eine Mitteilung oder Bekanntgabe der Feststellungsergebnisse an die (sich ausweisenden [EVO.]) Beteiligten am Frachtvertrage vorsehen, die Überlassung einer Abschrift der Niederschrift der Feststellung an den Verfügungsberechtigten auf sein Verlangen vor. Das Fehlen des Abs. (3) in IÜ. Art. 31 gegenüber EVO. und BR. §§ 86 (3) bedeutet keinen materiellen Unterschied. Im IÜ. Art. 36 (1) kann sich bei Verlust des Gutes, der Entschädigungsberechtigte vorbehalten, daß er bei Auffinden des Gutes innerhalb 4 Monaten hiervon benachrichtigt sein wolle, diese Frist ist in den §§ 91 (1) EVO. und BR. nicht aufgenommen. Dann besteht noch ein Unterschied zwischen IÜ. Art. 40 und EVO. sowie BR. § 95. Während nach Abs. (2) dieser letzteren §§ Schadenersatz bei Lieferfristüberschreitung von der Eisenbahn auch in den dort angegebenen Frachtteilbeträgen zu leisten ist, wenn ein Schaden <hi rendition="#g">nicht</hi> entstanden ist, ist nach IÜ. Art. 40 (1) und (3) die Entschädigung nur dann zu zahlen, wenn ein Schaden entstanden <hi rendition="#g">ist</hi>. Eine dem Art.42 IÜ. entsprechende besondere Vorschrift über die Verzinsung der Entschädigungsbeträge fehlt in EVO. und BR. Verschieden ist die Regelung der Verjährung der Ansprüche gegen die Eisenbahn wegen Verlustes, Minderung, Beschädigung des Gutes und Lieferfristüberschreitung, für die EVO. und BR. §§ 98 (1) die Frist von einem Jahre vorsehen ebenso wie IÜ. Art. 45 (1). Daneben kennt aber IÜ. noch die dreijährige Verjährung, sofern der Anspruch des Entschädigungsberechtigten sich auf Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit stützt. (IÜ. Art. 45 [1] Schluß). In diesen Fällen gilt EVO. § 98 (6) sowie BR. § 98 (5), d. h. bei Vorsatz (nicht bei grober Fahrlässigkeit) gilt bürgerliches Recht, also in Deutschland § 196, Ziff. 3, BGB. Endlich besteht noch ein wesentlicher Unterschied zwischen IÜ. Art. 46 und EVO. § 98 (5). Nach IÜ. können verjährte oder nach Art. 44 erloschene Ansprüche auch im Wege der Widerklage oder der Einrede nicht geltend gemacht werden. Nach EVO. § 98 (5) können dagegen <hi rendition="#g">verjährte</hi> Ansprüche auch nach Vollendung der Verjährung noch aufgerechnet werden, wenn die näher bezeichneten Umstände vorliegen. Diese früher auch im österreichischen und ungarischen BR. enthaltene Abweichung ist hier nicht wieder aufgenommen. Es bewendet daher im BR. bei den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen (ipso jure compensatur).</p><lb/>
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[130/0138] ist. Daraus ergeben sich für das deutsche und österreichische Recht gewisse Abweichungen. Aber auch sonst bestehen Unterschiede, so namentlich hinsichtlich der im einzelnen zugelassenen nachträglichen Verfügungen (IÜ. Art. 15 [1] EVO. und BR. §§ 73 [1]), in der Möglichkeit der Befolgung eines bei der Bestimmungsstation unmittelbar gestellten Antrages (EVO. und BR. §§ 73, [4]). Überhaupt ist die Regelung in EVO. und BR. eine speziellere. Während Art. 16 und 17 IÜ. die Eisenbahn zur Aushändigung des Gutes gegen Bezahlung der im Frachtbrief ersichtlich gemachten Beträge verpflichtet, sprechen §§ 76 (1) EVO. und BR. von der Zahlung der durch den Frachtvertrag begründeten Forderungen, §§ 76 (4) von der Zahlung nach Maßgabe des Frachtbriefes. Die Bestimmung der §§ 70 (2) EVO. und BR., die den Empfänger zur Nachzahlung bei unrichtiger Frachtberechnung verpflichtet, fehlt im IÜ., materiell besteht aber auch hier kein Unterschied. Bei den Vorschriften über Beförderungshindernisse dagegen ist ein solcher vorhanden. Nach IÜ. Art. 18, [3] ist es der Eisenbahn überlassen, wenn ein Hilfsweg vorhanden ist, zu entscheiden, ob es dem Interesse des Absenders entspricht, diesen zu benutzen oder den Absender um anderweitige Verfügung zu ersuchen. Nach §§ 74, [1] EVO. und BR. hat die Eisenbahn in diesem Falle stets das Gut auf dem vorhandenen Hilfswege der Bestimmungsstation zuzuführen. Nur wenn kein Hilfsweg vorhanden ist, hat sie ebenso wie nach IÜ. den Absender um Anweisung zu befragen. (IÜ. Art. 18 [1], EVO. und BR. §§ 74 [2]). Die Bestimmung, daß das Ergebnis der Tatbestandsaufnahme unter allen Umständen der Versandstation mitzuteilen ist (IÜ. Art. 25 [1]) findet sich in EVO. und BR. nicht. Dagegen schreibt BR. § 82 (2) im Gegensatz zu IÜ. Art. 25 (1) und EVO. § 82 (2), die nur eine Mitteilung oder Bekanntgabe der Feststellungsergebnisse an die (sich ausweisenden [EVO.]) Beteiligten am Frachtvertrage vorsehen, die Überlassung einer Abschrift der Niederschrift der Feststellung an den Verfügungsberechtigten auf sein Verlangen vor. Das Fehlen des Abs. (3) in IÜ. Art. 31 gegenüber EVO. und BR. §§ 86 (3) bedeutet keinen materiellen Unterschied. Im IÜ. Art. 36 (1) kann sich bei Verlust des Gutes, der Entschädigungsberechtigte vorbehalten, daß er bei Auffinden des Gutes innerhalb 4 Monaten hiervon benachrichtigt sein wolle, diese Frist ist in den §§ 91 (1) EVO. und BR. nicht aufgenommen. Dann besteht noch ein Unterschied zwischen IÜ. Art. 40 und EVO. sowie BR. § 95. Während nach Abs. (2) dieser letzteren §§ Schadenersatz bei Lieferfristüberschreitung von der Eisenbahn auch in den dort angegebenen Frachtteilbeträgen zu leisten ist, wenn ein Schaden nicht entstanden ist, ist nach IÜ. Art. 40 (1) und (3) die Entschädigung nur dann zu zahlen, wenn ein Schaden entstanden ist. Eine dem Art.42 IÜ. entsprechende besondere Vorschrift über die Verzinsung der Entschädigungsbeträge fehlt in EVO. und BR. Verschieden ist die Regelung der Verjährung der Ansprüche gegen die Eisenbahn wegen Verlustes, Minderung, Beschädigung des Gutes und Lieferfristüberschreitung, für die EVO. und BR. §§ 98 (1) die Frist von einem Jahre vorsehen ebenso wie IÜ. Art. 45 (1). Daneben kennt aber IÜ. noch die dreijährige Verjährung, sofern der Anspruch des Entschädigungsberechtigten sich auf Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit stützt. (IÜ. Art. 45 [1] Schluß). In diesen Fällen gilt EVO. § 98 (6) sowie BR. § 98 (5), d. h. bei Vorsatz (nicht bei grober Fahrlässigkeit) gilt bürgerliches Recht, also in Deutschland § 196, Ziff. 3, BGB. Endlich besteht noch ein wesentlicher Unterschied zwischen IÜ. Art. 46 und EVO. § 98 (5). Nach IÜ. können verjährte oder nach Art. 44 erloschene Ansprüche auch im Wege der Widerklage oder der Einrede nicht geltend gemacht werden. Nach EVO. § 98 (5) können dagegen verjährte Ansprüche auch nach Vollendung der Verjährung noch aufgerechnet werden, wenn die näher bezeichneten Umstände vorliegen. Diese früher auch im österreichischen und ungarischen BR. enthaltene Abweichung ist hier nicht wieder aufgenommen. Es bewendet daher im BR. bei den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen (ipso jure compensatur). 2. Belgien hat in seinen Code de commerce, der dem französischen Recht verwandt ist, im 1. Buche einen Titel VII, vom Frachtgeschäft, der durch Gesetz vom 25. August 1891 eingeführt ist. Sein Kapitel II handelt von der Beförderung durch die Eisenbahnen, das ergänzt wird durch Kapitel I „Von dem Frachtgeschäft“ (Art. 9 C. d. c). Die reglementarischen Bestimmungen über die Beförderung von Gütern, Möbelwagen, Gold-, Kunst- und Wertgegenständen, Fahrzeugen, Leichen und lebenden Tieren sind vom 1. März 1910 (vgl. Ztschr. f. d. i. Eisenbtr. 1911, Beil. S. 7). Das innere belgische Recht stimmt nach diesen Vorschriften in allen wesentlichen Zügen mit dem des IÜ. überein. Der Frachtbrief ist nicht obligatorisch. Neben ihm kommt der Beförderungsschein in Betracht. Der Frachtvertrag ist abgeschlossen, sobald das Gut von dem dazu bestellten Beamten der Eisenbahn angenommen ist. (Art. 6 der regl. Best.) Als Zeichen der Annahme wird dem Frachtbriefe – oder abweichend vom IÜ. dem Beförderungsschein – der Datumstempel der Versandstation aufgedrückt (ebd.).

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Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-06-17T17:32:45Z)

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen05_1914/138>, abgerufen am 22.11.2024.